Das Böse im Menschen. Was ist es und lässt es sich aus psychologischer Sicht allgemeingültig formulieren?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung - Das Böse im Menschen philosophisch betrachtet

2 Josef Mengele - ein böser Mensch?

3 Hauptteil - Das Böse im Menschen psychologisch betrachtet
3.1 Definition - Klinische und Persönlichkeitspsychologie
3.1.1 Dunkle Triade
3.1.2 D-Faktor
3.1.3 Antisozialität
3.2 Ursachen - Biologische und Sozialpsychologie
3.2.1 Hirnanomalien
3.2.2 Neurotransmitter
3.2.3 Soziale und genetische Einflussfaktoren

4 Psychologische Experimente zum Bösen im Menschen

5 Fazit - Lässt sich das Böse im Menschen aus psychologischer Sicht allgemeingültig

formulieren?

Literaturverzeichnis

1 Einleitung - Das Böse im Menschen philosophisch betrachtet

Was ist damit gemeint, wenn man über „das Böse" im Menschen spricht?

Mit dem Bösen im Menschen beschäftigt sich jede Religion, jede Kultur und jede Gesellschaft. Auch in der Psychologie ist dies ein umstrittenes Thema. Deshalb wird in dieser Arbeit die Frage „Was ist das Böse im Menschen und lässt es sich aus psychologischer Sicht allgemeingültig formulieren?" bearbeitet.

Nach Eirund & Heil (2009) ist es für das generelle Verständnis „der Zusammenhänge zwischen der philosophischen und der psychologischen Disziplin" wichtig, „dass sich die Psychologie als eigenständige Wissenschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts etabliert hat", zuvor aber als Teildisziplin der Philosophie galt (S. 2). Zunächst wird deshalb der Begriff des Bösen philosophisch betrachtet.

Letztendlich sind Gut und Böse nichts weiter als vom Menschen gemachte moralische Wertungen, da böses Handeln das tatsächliche Böse ist. „Denn nicht das, was man beabsichtigt, sondern das, was man tut, wirkt sich auf die Welt aus", weshalb Schuld keine Frage der subjektiven Einstellung, sondern der objektiven Fakten ist (vgl. Heil 2009: S. 3). Kant ist der Überzeugung, dass in jedem Menschen eine Prädisposition zum Bösen steckt (vgl. Heil 2009: S. 6). Die Schicksalsfrage der Menschheit ist laut Freud deshalb die, „ob und in welchem Maße es ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden" (vgl. Heil 2009: S. 17). Verallgemeinert gesprochen ist das Böse im Menschen Antisozialität, als Beispiel hierzu wird im Folgenden der Fall Josef Mengele betrachtet.

2 Josef Mengele - ein böser Mensch?

Josef Mengele, welcher der Nachwelt als Todesengel von Auschwitz bekannt ist, wurde 1911 in Günzburg geboren. Er wuchs in einem konservativ-christlich und deutschnationalen Elternhaus auf und genoss eine gleichsam gesinnte schulische Erziehung. 1930 begann er sein Medizinstudium in München, promovierte 1933 in dem Thema "Rassenmorphologische Untersuchungen des vorderen Kieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen" und arbeitete daraufhin mehrere Jahre als Kinderarzt. Die zweite Promotion als Doktor der Medizin folgte 1938 mit dem Thema "Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte" (vgl. Knopp).

Das seit Mai 1940 existierende Auschwitz-Lager war ursprünglich ein Konzentrationslager für polnische Häftlinge. Anfang September 1941 gab es dort die ersten Massenmorde in provisorisch abgedichteten Arrestzellen überwiegend kranker und entkräfteter Häftlinge mit Zyklon B1.

Mengele war der leitende Lagerarzt für Zigeuner und somit für die medizinische Betreuung der Häftling zuständig. Sein Aufgabenfeld beinhaltete vor allem den Vernichtungsprozess. Gemeint ist die Beaufsichtigung der Vergasung, die Hinrichtungen, oder je nach Absprache mit dem Krankenhaus das Abspritzen, also die Tötung durch Phenolinjektionen2 sowie die Ausstellung der jeweiligen gefälschten Todesscheine. Auch die Selektion an der Rampe gehörte zu Mengeles Tätigkeitsfeld, wobei er diese entweder mit einer lässigen Handbewegung/-zeichen durchführte, oder dabei eine Opernarie pfiff, wohingegen sich die meisten anderen Ärzte Aufputschmittel oder Alkohol einflößen mussten, um diese entmenschlichende Arbeit moralisch verkraften zu können. Unter anderem führte er Zwangssterilisationen ohne jegliche Erfahrung auf dem Gebiet durch. Die Häftlinge wurden dabei lediglich als Mittel zum Fortbildungszweck gesehen, wer die Eingriffe tatsächlich überlebt hatte wurde vergast (vgl. Knopp 1998).

Mengeles Leidenschaft war die Anthropologie, ganz besonders die Zwillingsforschung. Er nutzte die Kindergärten als Rekrutierungsreservoir, um sich insgesamt 21000 Zwillinge als Forschungsobjekte herauszusuchen. Mengele erstellte adäquate Fragebögen, führte Ankunfts- und Regeluntersuchungen durch, alles war streng dokumentiert. Die Versuche bzw. Operationen führte er alle ohne Narkose, als Art zusätzlichen Schmerzempfindungstestung, durch. Beispielsweise hatte er vierjährige Zwillinge wie siamesische Zwillinge aneinandergenäht. Die Mutter erstickte beide später im Lager, um sie von ihren Qualen zu befreien (vgl. Knopp 1998).

Die Frage, mit der es sich zu beschäftigen gilt, lautet: Ist Josef Mengele ein böser Mensch?

Mengele wird immer wieder vorgeworfen ein Sadist gewesen zu sein. Das Wesen eines Sadisten ist es zu foltern, also sexuell lustbetontes Quälen, was Laut Ella Lingens, einer Häftlingsärztin aus Auschwitz, nicht der Fall war. Den Schmerz, den er verursachte, nahm er nicht wahr (vgl. Knopp 1998). Er war Mediziner durch und durch und interessierte sich nicht für die Menschenleben hinter den Häftlingsnummern. In der damaligen Gesellschaft wurden die Menschen nach Rassenzugehörigkeit untergliedert und vor allem bewertet, weshalb Mengele dem „normalen Gesellschaftsbild" entsprach. Es ist also zu schlussfolgern, dass sein unmenschliches, antisoziales Handeln den Moralwerten und dem hohen Status der Wissenschaft bzw. der Medizin in der Gesellschaft sowie der Persönlichkeit Mengeles selbst zuzuschreiben ist.

Die Frage, die daraus resultiert, ist Folgende:

Was ist ein böser Mensch? Mit dem „was" sind sowohl die Definition als auch die Ursachen gemeint. In den nachfolgenden Kapiteln wird sich genau damit beschäftigt und im Fazit diskutiert, ob das Böse im Menschen aus psychologischer Sicht allgemeingültig formulierbar ist.

3 Hauptteil - Das Böse im Menschen psychologisch betrachtet

Was macht einen Menschen aus? Seine Persönlichkeit. Zum einen sind das die grundlegenden Merkmale und Dispositionen, wie Genetik, physische Merkmale und kognitive Fähigkeiten wie Intelligenz oder Wahrnehmungs- und Denkstile. Zum anderen sind das charakteristische Anpassungsweisen wie Bewältigungs-/Abwehr- und Informationsverarbeitungsprozesse sowie volitionale Prozesse wie rationale

Wahlentscheidungen oder Planungs-/ Handlungsinitiierung. Auch Emotionsregulationsprozesse und interpersonale Prozesse wie Bindungs- und Beziehungsformen sowie Kommunikations- und Konfliktlösungsfertigkeiten zählen dazu (vgl. Schneewind 200).

3.1 Definition - Klinische und Persönlichkeitspsychologie

Die Klinische Psychologie untersucht die biologischen, sozialen und entwicklungs- sowie verhaltensbezogenen Grundlagen psychischer Störungen wissenschaftlich.

Die Persönlichkeitspsychologie hingegen beschäftigt sich mit den verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften, welche ein Individuum einzigartig und besonders machen. Unter diesen Aspekten wird in den nächsten Unterkapiteln beschrieben, was die Definition des Bösen im Menschen ist.

3.1.1 Dunkle Triade

Die verbreitete Assoziation eines raffinierten, bösartigen, manipulativen Psychopathen mit dem Inbegriff des Bösen lässt sich durch die sogenannte dunkle Triade erklären.

Die Dunkle Triade ist durch die drei Persönlichkeitsmerkmale Psychopathie, Narzissmus, und Machiavellismus definiert. Diese Persönlichkeiten haben zugleich ein stark sowie schwach ausgeprägtes Empathievermögen. Sie haben einen „scharfen Blick fürs Innenleben der Mitmenschen", also eine stark ausgeprägte kognitive Empathie, allerdings eine schwach ausgeprägte emotionale Empathie, weshalb sie weder Schuld- noch Schamgefühle empfinden können (vgl. Gelitz 2018).

Psychopathie war früher der Überbegriff für Persönlichkeitsstörungen und wurde anhand der Degenerationslehre und Darwins Evolutionstheorie als vererbbare kriminelle Anlage erklärt. Eine Art „angeborener psychopathischer Degeneration im Bereich des Gehirns, die intellektuelle und moralische Schwächezustände bedingt", aus heutiger biopsychologischer Sicht mit Hirnanomalien und dem MAO-A Gen als Ursachen für das Böse im Menschen vergleichbar (vgl. Dulz et al. 2017: S. 4).

Heute wird Psychopathie als eine schwere Form der Antisozialen Persönlichkeitsstörung (ASP) definiert. ASP ist durch Rationalisierung, Rücksichtslosigkeit, Unverantwortlichkeit, Gesetzeslosigkeit, Betrug, Impulsivität sowie fehlendes Schuldgefühl diagnostiziert (vgl. Müller 2012: S. 4 ff.).

Psychopathie selbst lässt sich mittels der 20 Kriterien aus Robert Hares Psychopathy Checklist Revised (PCLR) diagnostizieren, der Schweregrad je nach Ausprägung anhand von 0 bis 2 (volle Ausprägung) Punkten ermitteln. Ab einem PCLR-Wert von 30 Punkten erfolgt die Diagnose Psychopathie. Man unterscheidet dabei zwischen zwei Faktoren. Der erste ist „interpersonell-affektiv", der, der die „Persönlichkeitsmerkmale und emotionale Abnormitäten erfasst". Der zweite ist „antisozial-deviant", der, der „behaviorale und am extremen Ende der Verhaltensebene angesiedelte, kriminologische Abnormitäten hervorhebt" (vgl. Dulz et al. 2017: S. 15).

3.1.2 D-Faktor

Aufgegriffen und weiterentwickelt wird die Dunkle Triade im sogenannten „Dark Faktor" einer Persönlichkeit (D-Faktor) (vgl. Weber-Tuckermann 2018).

Zu Machiavellismus, Narzissmus und Psychopathie kommen hierbei Egoismus, Sadismus, Gehässigkeit, moralische Enthemmung, Selbstbezogenheit und übertriebene Ansprüchlichkeit hinzu. Ausschlaggebend sind ein übertriebener Egoismus und individuelle Überzeugungen, die Schuldgefühle und moralische Skrupel verhindern. Es handelt sich dabei also um eine extreme Form der individuellen Nutzenmaximierung, bei der Betroffene bereitwillig Schaden für andere riskieren oder böswillig herbeiführen. Der D-Faktor beschreibt die Gemeinsamkeiten aller dunklen Persönlichkeitseigenschaften und damit ihren gemeinsamen Kern. Des Weiteren ist statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit bei einem hohen D-Faktor groß, dass er als guter Indikator für die Vorhersage dient, gegen jegliche Art von moralischen oder sozialen Regeln zu verstoßen (vgl. Moshagen, Hilbig & Zettler 2018: o.S.).

[...]


1 Zyklon B ist die Bezeichnung für ein Schädlingsbekämpfungsmittel, dessen Wirkstoff Blausäure als Gas aus Pellets austritt.

2 Der farblose, kristalline Feststoff ist eine wichtige Industriechemikalie und dient als Zwischenprodukt besonders zur Herstellung diverser Kunststoffe.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Böse im Menschen. Was ist es und lässt es sich aus psychologischer Sicht allgemeingültig formulieren?
Hochschule
Fachhochschule des Mittelstands
Veranstaltung
Seminar
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
17
Katalognummer
V507879
ISBN (eBook)
9783346072177
ISBN (Buch)
9783346072184
Sprache
Deutsch
Schlagworte
böse, menschen, Antisoziale Persönlichkeitsstörung, antisozial, psychologie, psyche, das böse
Arbeit zitieren
Vivienne-Elyn Spruck (Autor:in), 2019, Das Böse im Menschen. Was ist es und lässt es sich aus psychologischer Sicht allgemeingültig formulieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507879

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