Management Anforderungen an die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe


Masterarbeit, 2019

75 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Forschungsfrage
1.2 Aufbau

2. Organisation und Aufgaben einer sich wandelnden öffentlichen Jugendhilfe
2.1 Sozialpolitik auf lokaler Ebene
2.2 Gliederungsstruktur der kommunalen Sozialverwaltung
2.3 Organisation und Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe
2.4 Krisenerscheinungen der öffentlichen Jugendhilfe
2.5 Die öffentliche Jugendhilfe im Wandel
2.6 New Public Management in der öffentlichen Jugendhilfe
2.7 Instrumente der „Neuen Steuerung“ in der öffentlichen Jugendhilfe
2.8 Zwischenfazit

3. Management in der öffentlichen Jugendhilfe
3.1 Management – Grundlegendes
3.2 Sozialmanagement und Sozialwirtschaft
3.3 Management in der öffentlichen Jugendhilfe
3.4 Zwischenfazit

4. Die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe
4.1 Die Rolle von Leitung in Organisationen
4.2 Entstehung von Stellen in der öffentlichen Jugendhilfe
4.3 Die mittlere Leitungsebene innerhalb der Organisation
4.4 Zwischenfazit

5. Management Anforderungen an die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe
5.1 Management Anforderungen an fachliche Steuerungsmodalitäten
5.2 Führen als Managementaufgabe in der öffentlichen Jugendhilfe
5.2.1 Organisationsbezogene Steuerung
5.2.1.1 Das Leitbild
5.2.1.2 Ziele setzen und Prioritäten bestimmen
5.2.1.3 Strategien umsetzen
5.2.1.4 Führung durch schriftliche Veranlassungen, Handlungsanweisungen und gesetzliche Rahmenbedingungen
5.2.1.5 Führung durch Symbolbezug
5.2.2 Personen- und gruppenbezogene Steuerung
5.2.2.1 Führungsstil in der öffentlichen Jugendhilfe
5.2.2.2 Mitarbeiter entwickeln und motivieren
5.2.2.3 Das Mitarbeiter-/Kooperationsgespräch
5.2.2.4 Information als Managementaufgabe
5.3 Reflexion und Gestaltung der Außenbezüge
5.4 Betriebswirtschaftliche Steuerung
5.4.1 Budgetierung und Kontraktmanagement
5.4.2 Controlling
5.5 Rechtliche Steuerungsmodalitäten

6. Fazit
6.1 Erkenntnisse
6.2 Beantwortung der Forschungsfrage

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Jugendhilfe ist ein expandierendes Arbeitsfeld. Zwischen den Jahren 2006 und 2016 ist die Anzahl der Jugendhilfeeinrichtungen, ohne den Einbezug von Tageseinrichtungen für Kinder, in Deutschland um 18 % oder 5569 Einrichtungen gestiegen. Die Quote der von den Jugendämtern in eigener Trägerschaft betriebenen Einrichtungen von 22 %, ist dabei konstant geblieben (Von Hirschberg, Hinsch & Kähler, 2018, S. 13). Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft stellen damit einen bedeutenden Faktor innerhalb der Jugendhilfelandschaft in Deutschland dar.

Diesen Umstand wiederspiegeln die Veröffentlichungen zum Thema „öffentliche Jugendhilfe“ jedoch in keiner Weise. Die meisten Veröffentlichungen der letzten Jahre befassen sich mit medial präsenten Themen wie dem Kinderschutz, die wenigsten befassen sich jedoch mit der gesamt Struktur der öffentlichen Jugendhilfe. Möchte man die öffentliche Jugendhilfe aus der Management Perspektive betrachten fällt schnell auf, dass es diesbezüglich keine spezifische Fachliteratur gibt, obwohl die öffentliche Jugendhilfe ein bedeutendes Arbeitsfeld innerhalb der Sozialen Arbeit darstellt. Es entsteht bei einigen Veröffentlichungen zum Thema viel mehr der Eindruck, dass der öffentliche Teil der Sozialwirtschaft explizit nicht angesprochen wird. Dieser Umstand verwundert zunächst und führt dazu, dass an die Fragestellung dieser Arbeit aus verschiedenen Perspektiven herangegangen werden muss.

Wie die gesamte Sozialwirtschaft ist auch die öffentliche Jugendhilfe einem stetigen Wandel unterworfen. Wie alle Träger ist auch der öffentliche Teil der Jugendhilfe aus Haushaltskonsolidierungsgründen dazu aufgefordert effektiv und effizient zu wirtschaften, um die Legitimität der eigenen Arbeit weiterhin gewährleisten zu können. Darüber hinaus beschleunigen gesellschaftliche Veränderungen und veränderte Ansprüche und Bedarfe der professionell Tätigen diese Prozesse. Aus den daraus resultierenden Anforderungen muss die mittlere Leitungsebene Managementkonzepte entwickeln, die dem jeweiligen Stellenzuschnitt entsprechen.

Die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe, das wird schnell klar, bewegt sich gewissermaßen zwischen verschiedenen „Managementwelten“. Die Einbindung in eine öffentliche Organisation, die mit der Bewältigung sozialer Problemlagen befasst ist bedeutet, die aus der bürokratisch organisierten Verwaltung kommenden Managementanforderungen bewältigen zu können und die der Profession entstammenden Sozialmanagement Anforderungen gleichermaßen abzudecken.

1.1 Forschungsfrage

Da ich selbst als Einrichtungsleitung in der öffentlichen Jugendhilfe tätig bin, sind im Rahmen des Master Studiums zur Sozialwirtschaft, einige Fragen bezüglich der Aufgabe von Leitungskräften in der öffentlichen Jugendhilfe aufgetaucht. Diese Fragen konnte die Fachliteratur aufgrund des beschriebenen Mangels an entsprechender Fachliteratur, häufig nur unzureichend beantworten. Auf den Zusammenhang zwischen Verwaltungshandeln und dem Bedarf an Sozialmanagement wird zwar in vielen Veröffentlichungen ausführlich hingewiesen, was dies jedoch für Leitungskräfte in der öffentlichen Jugendhilfe selbst bedeutet findet kaum Beachtung. Die Wahl fiel dabei auf die mittlere Leitungsebene da diese das Bindeglied zwischen Verwaltung und Profession darstellt. Aus diesen Überlegungen resultiert folgende Forschungsfrage: Welche speziellen Anforderungen hat die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe zu erfüllen, um den aktuellen Anforderungen gerecht werden zu können?

Daraus leiten sich weitere Fragen ab. Was unterscheidet die öffentliche Jugendhilfe von den übrigen Akteuren? Welchen Einfluss haben Reformprozesse der öffentlichen Verwaltung auf die Arbeit der Leitungskräfte in der öffentlichen Jugendhilfe? Kann überhaupt von „Management“ im Kontext öffentlicher Träger gesprochen werden? Welchen Einfluss haben organisatorische Besonderheiten auf das Management in der öffentlichen Jugendhilfe? Wie ist die mittlere Leitungsebene in die Gesamtorganisation einzuordnen?

1.2 Aufbau

Die vorliegende Arbeit geht diesen Fragen durch die Bearbeitung und Analyse aktueller einschlägiger Fachliteratur nach. Eigene Erfahrungen aus dem erlebten Arbeitsalltag finden vor allem bei der Analyse der Aufgaben der mittleren Leitungsebene Beachtung. Die Arbeit gliedert sich in sechs Teile.

Das 2. Kapitel dieser Arbeit befasst sich mit der organisationalen Einbindung der öffentlichen Jugendhilfe in die kommunalen und politischen Verwaltungsstrukturen. Auf dieser Grundlage werden Veränderungsprozesse, die unter dem Konzept der „Neuen Steuerung“ bekannt geworden sind und denen die öffentliche Verwaltung und damit auch die öffentliche Jugendhilfe in den letzten Jahren ausgesetzt war, betrachtet und analysiert. Aus dieser Analyse gehen erste Ansatzpunkte für Anforderungen an die Leitungskräfte in der öffentlichen Jugendhilfe hervor.

Im 3. Kapitel treten Managementkonzepte in den Mittelpunkt der Betrachtung. Dazu wird zunächst die Frage beantwortet, ob die öffentliche Jugendhilfe in Managementkonzepten mitgedacht wird bzw., ob es sich bei der Steuerung öffentlicher Organisationen um Management handelt. Im weiteren Verlauf erfolgt ein Überblick über aktuelles Management und Sozialmanagement. Schlussendlich werden für die öffentliche Jugendhilfe kompatible Konzepte herausgearbeitet.

Das 4. Kapitel befasst sich mit der mittleren Leitungsebene innerhalb der öffentlichen Jugendhilfe. Hierzu werden die organisatorischen Spezifika herausgearbeitet um dann die sich verändernde Rolle von Leitung innerhalb der bürokratischen Verwaltung zu betrachten.

Im 5. Kapitel soll die Forschungsfrage bearbeitet werden. Dazu erfolgt zunächst eine fiktive Aufgabenbeschreibung einer Bereichsleitung der Hilfen zur Erziehung eines beliebigen Jugendamtes. Auf Grundlage von Merchels „Konzept der mehrdimensionalen Steuerung“ und auf Grundlage der erarbeiteten Erkenntnisse und eigener Erfahrungen, werden die wesentlichen Managementanforderungen der mittlerne Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe aufgezeigt und erläutert.

Das 6. Kapitel schließt mit einer ausführlichen Zusammenfassung, dem Hervorheben der wesentlichen Erkenntnisse und daraus abgeleiteten Handlungserkenntnissen sowie der Beantwortung der Forschungsfrage.

In dieser Arbeit kommen immer wieder Begriffe wie Manager, Führung und Leitung zum Ausdruck. Diese Begriffe werden Synonym zueinander verwendet, da sie sich im Berufsalltag nicht voneinander trennen lassen. Mintzberg (2011) schreibt dazu: „Wie würde es ihnen gefallen, von jemanden gemanagt zu werden, der nicht führt?“ (S. 21).

2. Organisation und Aufgaben einer sich wandelnden öffentlichen Jugendhilfe

In diesem Kapitel sollen zunächst die die strukturellen, politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der öffentlichen Jugendhilfe betrachtet werden. Im weiteren Verlauf findet dann eine kurze Analyse der Krisenerscheinungen der Sozialverwaltung der letzten Jahre statt, um dann zu Reformansätzen, den Neuen Steuerungsmodellen, und damit zu der Grundlage für managerielles Handeln in der öffentlichen Jugendhilfe überzuleiten.

2.1 Sozialpolitik auf lokaler Ebene

Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung übernehmen Städte und Gemeinden öffentliche Aufgaben durch eigene Organe und genießen eine Reihe von Hoheitsrechten (Gebiets- und Verwaltungshoheit, Satzungshoheit, Finanzhoheit, Personalhoheit, Organisationshoheit, Planungshoheit), (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 18-19).

Die kommunale Selbstverwaltung ist in Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes und durch die Verfassungen der Länder garantiert und in den jeweiligen Landesverfassungen inhaltlich ausformuliert. Die Bundesrepublik ist in ihrem Staatsaufbau zweistufig konzipiert. Bund und Länder übernehmen jeweils staatliche Aufgaben. Diese Aufgaben können wiederum an Selbstverwaltungsträger übergeben werden, womit de facto eine Dreigliedrigkeit entsteht. Gemeinden und Städte stellen derartige Selbstverwaltungsträger dar. Als Teil des Staates wird ihre Existenz vom Grundgesetz gefördert und garantiert. So beschreibt Art. 28 GG ihre Existenz zwingend vor und regelt, dass ihre Volksvertretungen aus direkten Wahlen hervorgehen müssen (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 16-17).

Auch wenn heute ein Großteil der ehemals von den kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Allzuständigkeit übernommenen Aufgaben wie Infrastruktur, Wasserversorgung etc. zunehmend staatlich geregelt werden, verbleiben bei den Gemeinden eine Vielzahl an Aufgaben. So sind sie bspw. weiterhin für die Umsetzung der Kinder- und Jugendhilfe, die Sozialhilfe, die Förderung des Wohnungsbaus oder das Betreiben von Krankenhäusern zuständig. Aus der Allzuständigkeit der Gemeinden ergibt sich, dass diese in ihrem örtlichen Wirkungskreis anfallende Probleme als erstes bearbeiten müssen. Gemeinden haben also nicht nur das Recht, ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln, sondern sind dazu verpflichtet. Dabei wird in Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises unterschieden. Auch wenn Kommunen vom Bund übertragene Aufgaben, wie die Jugendhilfe, übernehmen, können diese dem eigenen Wirkungskreis zugeordnet werden, da die Kommunen zwar nicht über das „ob“ entscheiden können, diese Aufgaben jedoch mit eigenen Mitteln und eigenem Ermessenspielraum erfüllen können bzw. müssen.

Die von den Kommunen übernommenen Aufgaben können außerdem in freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben und Pflichtaufgaben unterschieden werden. Zu den freiwilligen Aufgaben gehören z.B. der Unterhalt von Museen, Theatern und Bädern. Zu den Pflichtaufgaben, die Aufgaben der Jugend- und Sozialhilfe (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 19-21).

Gesetzliche Rahmenbedingungen sowie Ziele und Mittel der Sozialpolitik werden also auf Bundes- oder sogar EU –Ebene bestimmt, wobei die konkrete Leistungserbringung durch soziale Dienste und Einrichtungen jedoch (Pflicht-) Aufgabe der Kommunen ist. Während die generalisierten und standardisierten Leistungen der Sozialpolitik (Gesundheitspolitik, Rentenpolitik, Arbeitsmarktpolitik) über nationale Sozialversicherungssysteme abgedeckt werden, entfällt auf die Kommunen die individualisierte, auf Nachrangigkeit und Bedürftigkeitsprüfung ausgerichtete Fürsorgearbeit. Konkret werden diese Aufgaben über Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) und der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) erbracht. Damit stellt die lokale Ebene der Sozialpolitik ein zentrales Element des deutschen Wohlfahrtsstaats dar (Rieger, 2014, S. 132-133).

2.2 Gliederungsstruktur der kommunalen Sozialverwaltung

Die kommunale Sozialverwaltung hat sich in Deutschland aufgrund der beschriebenen kommunalen Selbstverwaltung uneinheitlich entwickelt. Während in einigen Kommunen eine Gliederung nach den in Gesetzten genannten Aufgaben stattfindet, strukturieren andere nach Außen- und Innendienstaufgaben oder teilen Aufgaben nach Bezirken zu. Allen Kommunen gemeinsam ist jedoch die Zusammenfassung von Geschäftsbereichen der Gemeindeverwaltung in Dezernate oder Referate, denen jeweils Beigeordnete, Dezernenten oder Referenten vorstehen. Traditionell sind Verwaltungen hierarchisch und arbeitsteilig organisiert. Dezernenten bspw. leiten also mehrere Ämter in einem Dezernat als ständige Vertretung der/des BürgermeisterIn. Der Dezernatsgliederung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Die Dezernenten vermitteln als politische Wahlbeamte zwischen der Verwaltung und dem Rat sowie den Ratsausschüssen, wie dem Jugendhilfeausschuss. So sind den Sozialdezernenten häufig das Jugend-, Gesundheits- und Sozialamt zugeordnet.

Jedoch besteht auch hier keine Einheitlichkeit, da die Zuordnungen häufig nicht nach sachlichen, sondern politischen Präferenzen vorgenommen werden. Dies führt in der Praxis häufig zu Kooperationsproblemen zwischen bspw. Jugend-, und Sozialamt (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 34).

Das Amt als solches stellt die kleinste, den Verwaltungsvollzug tragende Organisationseinheit innerhalb der Sozialverwaltung dar. Die Amtsleitung und ihre Mitarbeiter sind wie oben beschrieben der Fach- und Dienstaufsicht der Dezernenten unterstellt, die Gestaltung der internen Organisation ist aufgrund des Selbstverwaltungsrechts den Kommunen überlassen.

Der Aufbau eines Amtes hängt vor allem von seiner Größe ab. An der Spitze jeden Amtes steht ein/e AmtsleiterIn die, die Fach- und Dienstaufsicht über ihre Mitarbeiter ausübt. Entsprechend der Anzahl der Mitarbeiter erstreckt sich dann eine unterschiedlich ausgeprägte Leitungsspanne. Je nach Größe des Amtes sind die einzelnen Stellen in Abteilungen, Sachgebiete oder Sachbearbeitungsgruppen organisiert. Je nach örtlichen Erfordernissen wird die durch Ämter bestimmte Organisationsstruktur der Kommunalen Verwaltung durch besondere organisatorische Einheiten wie Arbeits- und Projektgruppen, Stäbe und Nebenstellen ergänzt (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 35-36)

2.3 Organisation und Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe

Auch der Aufbau und die Organisation eines Jugendamts unterscheiden sich entsprechend der Größe und sozialen Struktur der Kommune, nach kommunalpolitischen Schwerpunksetzungen und verwaltungsinternen Richtlinien.

Allen Jugendämtern gemeinsam ist die sogenannte Zweigliedrigkeit (§70 KJHG). Aufgrund dieser unterteilt sich das Jugendamt in einen Verwaltungsteil und den Jugendhilfeausschuss. Der auf politischer Ebene fungierende Jugendhilfeausschuss setzt sich zu 3/5 aus Vertretern des Rates, sowie zu 2/5 aus gewählten Vertretern der Jugend- und Wohlfahrtsverbände, der Schulen und anderen mit Erziehung und Bildung befassten Institutionen zusammen. In der Beschlussfassung stehen diesen VertreterInnen der Kirchen, Justiz und Polizei, der Verwaltung und Politik beratend zur Seite. Aufgabe des Jugendhilfeausschusses ist es, sich mit den grundlegenden Angelegenheiten der Jugendhilfe zu befassen, das heißt, dem Jugendhilfeausschuss sind die finanziellen und generell bedeutsamen Entscheidungen vorbehalten. Er entscheidet über die Verteilung der von der Vertretungskörperschaft bereitgestellten Mittel (Fischer, 2005, S. 122).

Der Verwaltungsteil des Jugendamts setzt sich aus VerwaltungsleiterIn der Gebietskörperschaft bzw. einer in seinem Auftrag handelnden Amtsleitung und den sozialpädagogischen und verwaltungstechnischen Fachkräften zusammen. Ihre Aufgabe ist die Erledigung des laufenden Geschäfts. Um dies gewährleisten zu können, sind die anfallenden Aufgaben in nahezu allen Jugendämtern organisatorisch in Abteilungen oder Sachbereiche aufgeteilt. In fast allen Jugendämtern gibt es:

- Soziale Dienste, die häufig nach regionaler Aufteilung die sozialpädagogischen Fachaufgaben bearbeiten.
- Die Wirtschaftliche Jugendhilfe, deren Aufgabe die Finanzierung der Leistungen und Aufgaben, die finanzielle Förderung der freien Träger und die Festsetzung von Kostenbeiträgen ist.
- Amtsvormundschaften und Beistandschaft, zur Wahrnehmung der rechtlichen Vertretung von Kindern und Jugendlichen in gesetzlichen Angelegenheiten
- Zentrale Dienste, die sich mit dem Erfassen statistischer Daten, dem Planungs- und Organisationmanagement auseinandersetzten (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, 2014, S. 1).

Damit stellt das Jugendamt die Kerninstitution der öffentlichen Jugendhilfe dar. Die Jugendhilfe verpflichtet sich aufgrund ihrer Aufgaben zum aktiven Handeln nach dem Sozialstaatgebot. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, folgt sie in der Leistungserbringung einigen Strukturmaximen, die auf alle darin tätigen Akteure Einfluss nehmen:

- Ein kooperativer, institutioneller Umgang gehört neben der Förderung einer pluralistischen Trägervielfalt zu den strukturbildenden Aufgaben des Jugendamts.
- Das Jugendamt hat seine Leistungen unter dem Primat der Fachlichkeit in teamförmigen Arbeitsorganisationen zu erbringen
- Die Arbeit mit jungen Menschen findet vor Ort statt. Die kommunale Verankerung entspricht dieser Notwendigkeit.
- Das Jugendamt in seiner Aufsichtsrolle als weiteres Strukturmerkmal öffentlicher Jugendhilfe (Fischer, 2005, S. 121).

In Deutschland existieren derzeit 563 Jugendämter, die diesen Aufgabenkatalog und dessen Ausgestaltung auf kommunaler Ebene wahrnehmen (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, 2014, S. 2).

Die öffentliche Jugendhilfe agiert innerhalb des wohlfahrtsstaatlichen Arrangements in einer Doppelrolle. In vielen Kommunen erbringt die öffentliche Jugendhilfe, wenn kein freier Träger ein entsprechendes Angebot bereithält, auch eigene soziale Dienstleistungen. Öffentliche Jugendhilfeeinrichtungen unterstehen dann direkt der Verwaltung des Jugendamts. Der strategische Handlungsspielraum im sozialen Institutionsgefüge ist in diesen Einrichtungen sehr eingeschränkt. Sie sind direkt an die politischen Vorgaben und administrativen Ausführungen der Verwaltung gebunden. Dies führt aus verschiedenen Perspektiven zu Problemen (Fischer, 2005, S. 122-124).

2.4 Krisenerscheinungen der öffentlichen Jugendhilfe

Die Finanzierungsprobleme der öffentlichen Haushalte haben in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit sowie auch in der kommunalen Verwaltung, als ein konkreter Erbringer sozialer Leistungen, zu massivem Kostendruck geführt. In Folge dessen gerieten Kostensteigerungen der Ausgaben für Soziale Leistungen in den Fokus öffentlicher und politischer Aufmerksamkeit. Aufgrund der schwindenden Möglichkeit defizitäre öffentliche Einnahmen durch Einnahmensteigerungen auszugleichen, rückte die Frage nach der Effektivität sozialer Leistungen und die ihrer Erbringer, in den Vordergrund (Backhaus- Maul, 2014, S.125-126).

Ursache für den Veränderungsdruck im System der sozialen Dienste ist damit vor allem die Ende der 1980er Jahre beginnende Phase der staatlichen Haushaltskonsolidierungspolitik, die sich zunächst an der politischen Kritik des immer teurer werdenden Sozialstaats bemerkbar machte und später zu umfangreichen Sparprogrammen im Sozialsektor genutzt wurde. Damit verbunden stieg auch die Erwartung an die Verwaltung, effizienter mit stagnierenden Ressourcen umzugehen. Zusammenfassend lassen sich so zwei hauptsächliche Faktoren für die gegenwärtige Situation der Sozialen Kommunalverwaltung ausmachen:

Seit Ende der 1960er Jahre sind die Kommunen einer vermehrten Leistungserbringung und damit immer höheren finanziellen Belastungen ausgesetzt. Ausgeblieben ist jedoch bis heute eine Reform der kommunalen Einnahmen. Erhöhte Ausgaben bei sinkenden Einnahmen führen dazu, dass sich Kommunen auf zu erfüllende Pflichtaufgaben konzentrieren und freiwillige Leistungen, wie bspw. Maßnahmen der Jugendarbeit, aus Kostengründen nicht erfüllt werden können (siehe Kapitel 2.2). Um Antworten auf Sparzwänge zu finden, beschreiten Kommunen neue Wege. So wurde versucht, durch die Implementierung neuer Steuerungsmodelle und Privatisierungen, eine Aufgabenentlastung zu erreichen (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 9).

Die Reformagenda während der Schröder Jahre verstärkte diese Tendenzen. Der Sozialstaatsumbau hin zum aktivierenden Wohlfahrtsstaat, also der Ab- und gleichzeitige Umbau des Sozialstaates, wird ebenfalls mit einem höheren Effizienzbedürfnis in Zeiten internationaler Staatenkonkurrenz begründet. Neben gesellschaftspolitischen Zielen, die im Fordern und Fördern ihren Ausdruck finden, soll ein aktivierender Staat nur noch seine Kernaufgaben erledigen. Damit kommt den Kommunen eine neue Rolle bei der Lösung sozialpolitischer Probleme zu, die aufgefordert sind, ihre Aufgaben effizienter und kostengünstiger zu erbringen, indem sie sich als Dienstleistungsunternehmen positionieren (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 12-13).

Reismann (1998) verweist auch darauf, dass sich die bürokratische Verwaltung in den 1990er Jahren, abgesehen von der finanziellen, auch in einer Systemkrise befand. So gelang es der „alten Verwaltung“ nicht, auf gesellschaftliche Trends wie der Individualisierung der Lebensstile und veränderten Ansprüche von Bürgern und Leistungsempfängern, aber auch der eigenen Belegschaft, adäquate Antworten zu finden. Der damit einhergehende Vertrauensverlust führte zu einer Legitimationskrise der kommunalen Verwaltungsstrukturen (S. 53).

Fischer (2014) verweist neben der Kritik an der bürokratischen Verwaltungsorganisation auf einen weiteren Kritikpunkt an der Verwaltung des Jugendamts. Neben den beschriebenen Finanzierungnöten bezeichnet er die Verflechtung der Verwaltung mit der politischen Gestaltungsebene als aktivitätshemmend. Die Ursache dafür sieht Fischer in der fehlenden Aufgabentrennung zwischen der Entwicklung strategischer Vorgaben und der operativen Ausführung. Die Arbeit des Amts sieht er, gerade in Phasen fiskalischer Schwäche, durch einen grundsätzlichen Mangel an verbindlichen Zieldefinitionen und politischer Prioritätensetzung erschwert (S. 123-124).

Auch wenn seit einigen Jahren, aufgrund guter Konjunktur und Arbeitsmarktdaten, eine leichte fiskalische Entspannung in einigen Kommunen zu beobachten ist, ist die gegenwärtige Situation auch durch neue politische Instrumente wie die Schuldenbremse, nach wie vor von Sparzwängen gekennzeichnet. Durch Reformprojekte der als veraltet und ineffektiv geltenden Verwaltung in ihrer Binnenorganisatin und der Möglichkeit, die externen Leistungserbringer zu steuern, sollen neue Handlungsansätze es ermöglichen, neuen Handlungsspielraum zu erlangen (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 9).

Die öffentliche Jugendhilfe unterliegt aufgrund gesellschaftlicher und politischer Modernisierungsprozesse, knappen öffentlichen Mitteln und veränderten Erwartungen der der Adressaten an die Leistungserbringer, umfangreichen Veränderungen.

2.5 Die öffentliche Jugendhilfe im Wandel

Basierend auf den im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Krisenmerkmalen (die aufgrund der vielfältigen Diskussionen zum Thema sicherlich nur einen groben Überblick geben können) der öffentlichen Verwaltung und explizit der Verwaltung der öffentlichen Jugendhilfe, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformbemühungen abgeleitet und in unterschiedlichem Umfang in den einzelnen Kommunen umgesetzt.

Bereits in den 1990er Jahren, mit Einführung des KJHG, vollzog das Jugendamt einen Wandel von einer Kontroll- und Eingriffsbehörde, zu einem Anbieter von Unterstützungsleistungen für junge Menschen und deren Angehörigen. Parallel dazu wandelt sich auch das Verhältnis der öffentlichen Jugendhilfe zu den anderen Akteuren der Jugendhilfe sowie deren Aufbau- und Ablauforganisation. Angestoßen wurde dieser Prozess von Seiten der öffentlichen Verwaltung, die sich in einem Restrukturierungsprozess zum Dienstleistungsunternehmen befindet. Hintergrund ist die Frage, welche Aufgaben durch die öffentliche Jugendhilfe erfüllt werden müssen und welche durch andere Akteure erfüllt werden können. Im Kern geht es also um das Verhältnis des Staates zu anderen gesellschaftlichen Akteuren (Fischer, 2005, S. 142-143).

Wegen der anhaltenden und kompromisslosen Infragestellung der bürokratischen Verwaltungsorganisation, ist die öffentliche Jugendhilfe einem permanenten Druck zur Anpassung an sich verändernde gesellschaftliche Rahmenbedingungen ausgesetzt. Um sozialstaatliches Handeln zu legitimieren, rückt daher auf inhaltlicher Ebene zunehmend die Qualität der Leistungen bzw. deren Messbarkeit, als Indikator für eine effiziente, ergebnisorientierte und bürgernahe Dienstleistungserstellung, in den Vordergrund (Fischer, 2005, S. 144).

Fischer (2005) beschreibt den Handlungsdruck, entstanden als Folge der beschriebenen Kritikpunkte, als „Modernisierungslücke“, die sich nach Einschätzung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmodernisierung (KGSt) aus dem Jahr 1993, in vier wesentlichen Komponenten konkretisiert (S. 145), die auch aus heutiger Perspektive aktuell sein dürften:

- Strategielü>- Managementlü>- Attraktivitätslü>- Legitimationslü>Zur Schließung der „Modernisierungslücke“ in der Binnenorganisation der Öffentlichen Verwaltung bedient man sich seit Anfang der 1990er Jahre einem Reformpacket, das unter dem Namen der „Neuen Steuerung“ bekannt wurde und durch welches managerielles Handeln Einzug in die Ämter der BRD hielt.

2.6 New Public Management in der öffentlichen Jugendhilfe

In der BRD ging es zu Beginn der Debatte um die wettbewerbszentrierte Verwaltungsmodernisierung überwiegend um die Lösung innerorganisatorischer Probleme der öffentlichen Verwaltung und weniger, wie in vielen anderen Ländern, um einen generellen Rückbau des Sozialstaates. Vor allem in kostenintensiven Verwaltungen wie der öffentlichen Jugendhilfe, rückten jedoch seit Mitte der 1990er Jahre Konsolidierungsüberlegungen mehr und mehr in den Mittelpunkt.

Unter dem von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) eingeführten Begriff der „Neuen Steuerungsmodelle“ wurde in Deutschland ein Maßnahmenkatalog bekannt, der international unter dem Begriff des New Public Management (NPM) Anwendung findet. Dieses in den 1980er Jahren entwickelte „Managementkonzept“ dient als Sammelbegriff für internationale Konzepte der Verwaltungsrationalisierung durch die Implementierung betriebswirtschaftlicher Instrumente.

Ziel des New Public Management ist die Umgestaltung der überdimensionierten, bürokratischen und schwerfälligen, hoheitlich agierenden Verwaltung, zu einem Dienstleistungsunternehmen, welches die von ihm erbrachten Leistungen in Form von Produkten zum Wohle des Kunden in effektiver und effizienter Weise erbringt (Fischer, 2005, S. 162).

Gelingen soll dies, indem Effizienzkriterien für den öffentlichen Sektor entwickelt und Wettbewerbselemente verankert werden. So wurde bspw. die Vorrangstellung der freigemeinnützigen Träger 1996 im SGB VIII um privat-gewerbliche Träger erweitert. Die Einführung von Leistungsstandards und Steuerungsinstrumenten soll Leistungsmessung und Ergebniskontrolle ermöglichen. Des Weiteren wird auch die Dezentralisierung der Verwaltungseinheiten mit dem Hintergrund einer stärkeren Verselbstständigung angestrebt. NPM kann nicht als geschlossenes Reformprojekt betrachtet werden, sondern als ein ständiger Prozess, der mit Begriffen wie Deregulierung, Privatisierung, Auslagerung und Verselbstständigung von Verwaltungsaufgaben, der Einführung von Markt- und Wettbewerbselementen in das Handeln der Verwaltung und der Implementierung von betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten, beschrieben werde kann (Dahme, Schütter, & Wohlfahrt, 2008, S. 60-61).

Im inneren der Verwaltung steht die „Neue Steuerung“ also für eine ökonomisch interpretierte Reformierung der Verwaltungsführung. Nach außen hin steht die „Neue Steuerung“ für die Begrenzung der öffentlichen Aktivitäten auf Kernaufgaben, die für den Erhalt der souveränen Handlungsfähigkeit des Staates unabdingbar sind. Mit dem bürgerorientierten Umbau der staatlichen Institutionen geht die „Neue Steuerung“ über die politische Leitvorstellung des schlanken Staates hinaus. Im Kern geht es also um eine Veränderung der bürokratischen Organisationskultur und Binnenstruktur sowie der Reformierung der Informations- und Entscheidungsprozesse der öffentlichen Verwaltung. In seiner Außenbeziehung richtet sich staatliches Handeln verstärkt an Kunden- und Marktorientierung aus (Fischer, 2005, S. 164).

2.7 Instrumente der „Neuen Steuerung“ in der öffentlichen Jugendhilfe

Die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe beschreibt in einem gemeinsam mit dem deutschen Städtetag erstellten Positionspapier von 1999, welche Instrumente der neuen Steuerung, unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenheiten der öffentlichen Jugendhilfe, für den Umbau zu einem kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen am geeignetsten erscheinen. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wesentlichen Instrumente der Neuen Steuerung gegeben werden, da ihre Einführung einerseits für einen erhöhten Bedarf an Management Kenntnissen in den Leitungsebenen der öffentlichen Jugendhilfe verantwortlich ist und zugleich deutlich gemacht werden kann, wo genau dieser Bedarf zu verorten ist.

Grundlage für die Implementierung eines Gesamtkonzepts der Verwaltungsmodernisierung im Jugendamt ist die Entwicklung eines Leitbilds. In diesem werden längerfristige Aussagen über das Verständnis der wahrzunehmenden Aufgaben und wie diese umgesetzt werden sollen gemacht. Es enthält folgende Elemente:

- Grundverständnis von Zweck und Aufgabe der jeweiligen Verwaltungseinheit,
- Festgelegter Rahmen, innerhalb dessen sich die Beziehungen der verschiedenen Zielgruppen bewegen und
- die Formulierung allgemeiner (Leistungs-) Ziele und Qualitätsstandards. Leitbilder können nicht verordnet, sie müssen kommunikativ entwickelt werden“ (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 8).

Das Ziel der Schaffung über Kontrakte gesteuerte Unternehmensähnliche dezentrale Organisations- und Führungsstrukturen, soll mit Hilfe folgender Instrumente erreicht werden:

Das Kontraktmanagement bezeichnet Absprache- und Verhandlungsergebnisse über Leistungsziele, Produkte und Ergebnisse zwischen Verwaltung und Politik und zwischen Verwaltungsspitze und den Fachbereichen sowie zwischen deren Leitung und den MitarbeiterInen auf der Grundlage von Budgets. Kontraktmanagement stellt somit ein Planungs-, Steuerungs-, und Controlling Instrument dar (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 10-11).

Budgetierung: Budgets sind im Haushalt festgelegte Gelder, die über einen bestimmten Zeitraum zur Erreichung der vereinbarten Ziele zur Verfügung stehen. Einerseits sind sie flexibel einsetzbar und schaffen ein größeres Finanzbewusstsein in den Fachbereichen, andererseits stellen Budgets eine Mittelbegrenzung dar, durch die in den Fachbereichen zu mehr Wirtschaftlichkeit beigetragen werden soll (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 9).

Dezentrale Ressourcenverantwortung: Aufgaben, die bisher zentral über Querschnittsämter wie das Personalamt oder die Kämmerei wahrgenommen wurden, wie bspw. Personal- und Finanzangelegenheiten, werden nun auf das Jugendamt übertragen und wenn möglich von der Vorgesetzten- auf die Sachbearbeitungsebene. Ziel ist, dass Entscheidungen in nächster Nähe zum Entscheidungsgegenstand getroffen und verantwortet werden. Die gleichzeitige Übertragung von einerseits Entscheidungsbefugnissen über den Einsatz von Personal- und Sachmitteln bei gleichzeitiger Übertragung der Ergebnisverantwortung, soll Leistungspotenziale und Motivation freisetzen und gleichzeitig Kosten sparen (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 9).

Controlling: Durch zentrale Steuerungs- und Controlling Funktionen soll sichergestellt werden, dass sich die dezentralen Fachbereiche den gemeinsamen Unternehmenszielen (Leitbilder) verpflichtet fühlen und sich nicht verselbstständigen. Diese Aufgabe übernimmt ein zentraler Steuerungsdienst. Das Controlling ist damit ein Instrument der organisatorischen Binnensteuerung und dient der Gesamtsteuerung der Verwaltung. Durch Information und Kontrolle der Zielerreichung und der Kostenentwicklung, spielt es auch auf operativer Ebene eine wichtige Rolle. Für die öffentliche Jugendhilfe müssen die strategischen Ziele der Jugendhilfeplanung miteinbezogen werden (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 13-14).

Das Ziel der Output Steuerung soll durch folgende Instrumente erreicht werden:

Produkte: Grundgedanke der Output Steuerung ist die Annahme, dass die Leistungen und Ergebnisse des Dienstleistungsunternehmens Jugendamt im Mittelpunkt des Handelns stehen. Der Produktbeschreibung kommt daher ein zentraler Stellenwert zu. Grundlagen für die Entwicklung von Produkten in der Jugendhilfe durch die Kommunalverwaltung sind vor allem durch Gesetze, Beschlüsse der Vertretungskörperschaft und des Jugendhilfeausschusses, bestimmten Aufgaben und den damit verbundenen Zielen zu schaffen. Produktbeschreibungen enthalten Leistungsumfang, Definition, Finanzen und Merkmale der Qualität und Quantität der damit verbundenen Zielerreichung. Die einzelnen Produkte werden dann zu Produktgruppen zusammengefasst. In einer dezentralisierten Organisationsstruktur werden als Produkt alle Leistungen bezeichnet, die von anderen außerhalb des Fachbereiches benötigt oder nachgefragt werden. Einem Produkt können eindeutig Kosten zurechenbar sein. Darüber hinaus müssen sie einem Verantwortungsbereich zugeordnet werden können (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 11).

Berichtswesen und Kennzahlen: Für die Erfassung von Produkten und damit zusammenhängenden Leistungen bedarf es der Einführung eines betrieblichen Rechnungswesens, also eines auf Produkte abgestimmten Berichtswesens, verbunden mit einer entsprechenden Kostenrechnung. Ziel der Kosten- und Leistungsrechnung, einem Teilgebiet des innerbetrieblichen Rechnungswesens, ist es Informationen zur Steuerung der Produkte-, Preis-, und Absatzpolitik zu erhalten. Kosten- Leistungs-Rechnungen helfen die Frage zu beantworten, ob die richtigen Produkte dem richtigen Kundenkreis angeboten werden (Evaluation) (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 12-13).

Qualitätsmanagement: Dienstleistungsunternehmen sind darauf angewiesen, auf veränderte Kundenbedürfnisse schnell und flexibel reagieren zu können. Qualitätsmanagement für Dienstleistungen muss Prozessorientiert sein. Das heißt, im Rahmen organisationaler Qualitätspolitik wird festgelegt, welche Ziele die Verwaltung verfolgt (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, 1999, S. 14).

Die Darstellung der Instrumente der „Neuen Steuerung“ macht deutlich, dass betriebswirtschaftliche Instrumente im Verwaltungshandeln der öffentlichen Jugendhilfe seit geraumer Zeit angewendet werden. Schlagwörter wie Budgetierung, Dezentralisierung, Kontraktmanagement und Qualitätsmanagement dürften den meisten in ihrem beruflichen Alltag schon des Öfteren begegnet sein. Je nach Position und Stelle finden sie in unterschiedlicher Weise Anwendung. Die Management Ebenen der öffentlichen Jugendhilfe werden häufig mit Anforderungen, die aus den Instrumenten der Neuen Steuerung entstehen konfrontiert.

2.8 Zwischenfazit

Die öffentliche Jugendhilfe in Deutschland wird durch die Jugendämter auf örtlicher Ebene von den Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung als pflichtige Aufgabe erbracht. Dabei steht sie jedoch unter einem Gesetzesvorbehalt, der durch das KJHG und die jeweiligen Landesbestimmungen ausgefüllt wird. Ihr expliziter organisatorischer Aufbau ist in den einzelnen Kommunen zwar nicht einheitlich geregelt, in ihrem Grundsatz gleichen sich die jeweiligen kommunalpolitischen und verwaltungstechnischen Strukturen jedoch. Die Struktur der Jugendhilfe ist darüber hinaus im KJHG geregelt. Neben der Bereitstellung und dem Betrieb eines Jugendamtes ist demnach jede Kommune verpflichtet, dieses zweigliedrig zu betreiben. Diesen Vorgaben müssen sich auch alle reformistischen Ansätze unterordnen.

Als kostenintensiver Teil der kommunalen Fürsorge, war und ist die Jugendhilfe direkt von sozialstaatlichen Krisen betroffen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Einnahmenproblemen der Kommunen bis hin zu veränderten Bedürfnissen der Bürger. Hinzu kommt eine generelle Kritik an der bürokratischen Arbeitsweise der kommunalen Ämter, die heute nicht mehr als zeitgemäß wahrgenommen wird.

Das Jugendamt war somit zu Beginn der 1990er Jahre einem enormen Reformierungsdruck ausgesetzt. Diese Diskussion, die einerseits auf fachlicher und andererseits auf gesellschaftlicher und politischer Ebene geführt wurde, fand ihren Niederschlag in der Neuverfassung des SBG VIII, fachlichen Diskursen und den Reformbemühungen in der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der Implementierung von Instrumenten der „Neuen Steuerungsmodelle“ mit dem Ziel, die kommunalen Leistungserbringer zu Dienstleistungsunternehmen unter möglichst wettbewerbsähnlichen Bedingungen, umzubauen.

Um ihre Ziele zu erreichen bedient sich das Konzept der „Neuen Steuerung“ Instrumenten, die der Betriebswirtschaftslehre entstammen und die bereits im Jahr 2007 in verschiedener Ausprägung in über 87% der befragten Jugendämter Anwendung finden (Grohs, 2007, S. 256). Nach wie vor schlägt den betriebswirtschaftlichen Instrumenten der „Neuen Steuerung“ von Seiten der Profession und von Fachkräften der Sozialen Arbeit große Skepsis entgegen. Diese findet ihren Ausdruck in zahlreichen kritischen fachlichen Veröffentlichungen zum Thema „Neue Steuerung“. Sicherlich kann eine kritische Perspektive auf Veränderungsprozesse hilfreich sein um Fehlentwicklungen, wie sie auch im Rahmen der Verankerung der Neuen Steuerung gemacht wurden, zu korrigieren. Da die Instrumente der Neuen Steuerung heute jedoch der Arbeitsrealität entsprechen und teils gesetzlich verankert sind, müssen sich vor allem die Leitungskräfte im gesamten Trägerspektrum der sozialen Arbeit mit dem veränderten Anspruch an betriebswirtschaftliche Kompetenzen auseinandersetzen. Die in diesem Kapitel beschriebenen Veränderungsprozesse sind bis heute nicht abgeschlossen. Die öffentliche Jugendhilfe ist als Teil der öffentlichen Verwaltung einem fortlaufenden Veränderungsprozess ausgesetzt. Diese Prozesse stellen auf allen Ebenen neue Anforderungen an das Management der Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

3. Management in der öffentlichen Jugendhilfe

Im 2. Kapitel wurden die politischen, organisatorischen und strukturellen Rahmenbedingungen der öffentlichen Jugendhilfe dargestellt, sowie die Verankerung verschiedener betriebswirtschaftlicher Instrumente in die Arbeitsabläufe der öffentlichen Verwaltung und damit auch in die Verwaltung der öffentlichen Jugendhilfe. Spätestens bei der Beschreibung der Instrumente der „Neuen Steuerung“ wird deutlich: Aufgaben, Anforderungen, organisationaler Aufbau, Erwartungen an die Führung etc. verändern sich und erfordern neue Strategien. Althergebrachte Konzepte greifen in komplexer werdenden Zusammenhängen häufig nicht mehr. Daraus resultierend bedarf es einem Management für die öffentliche Jugendhilfe, welches auf diese Fragen antworten findet.

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Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Management Anforderungen an die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe
Hochschule
Hochschule Esslingen
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
75
Katalognummer
V507059
ISBN (eBook)
9783346072788
ISBN (Buch)
9783346072795
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Management, Sozialwirtschaft, Jugendamt, Öffentliche Jugendhilfe, Sozialmanagement, Soziale Arbeit
Arbeit zitieren
Johannes Buchwitz (Autor:in), 2019, Management Anforderungen an die mittlere Leitungsebene in der öffentlichen Jugendhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507059

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