Kommunistische Welt und Warschauer Pakt 1955-1989. Prager Frühling 1968 - Herbst des Paktes


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

I. Über das Wasserschöpfen mit einem Sieb

II. Die historische Lage zur Gründung des Paktes

III. Strukturen, Inhalte und die Frage nach der Stärke
(1) Verhandlungsmasse (1955-1964)
(2) Krise (1964-1974)
(3) Zentralismus statt Reform (1974-1981)
(4) Partnerschaftliches Bündnis oder geordneter Rückzug?
IV. Fanal für den Niedergang: Prag, 21. August 1968
(1) Der „Prager Frühling“ und seine bündnispolitische Bedeutung
(2) Die Paktparteien und die Intervention
(3) Über den Faktor des militärischen Oberbefehls der Sowjets
(4) Befehlsempfänger: Erstickter Ruf nach Reform
(5) Spätester Beginn des Niederganges?

V. Weltmacht oder „weltblind“?

VI. Literatur

I. Über das Wasserschöpfen mit einem Sieb

Wenig ist so sicher über Osteuropa im Zeitalter des Ost-West-Konfliktes zu behaupten, wie dass das dortige Experiment des Sozialismus’ endgültig scheiterte. Mit den Umbruchjahren 1989-1991 stürzte das von der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg installierte System sozialistischer Staaten wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich in sich zusammen. Die Gesellschaften der in diesen drei Hinsichten abgewirtschafteten Staaten drängten nicht nur wegen der kurzfristigen Erfahrungen der Wendezeit nach Verwirklichung freiheitlich-marktwirtschaftlicher Systeme westlichen Vorbildes. Von Anbeginn des Ostblockes zog sich eine Kette von Aufständen und Unruhen[1] durch die Länder des sowjetischen Einflussbereiches, so dass eine Aversion der Gesellschaften gegen die Zugehörigkeit zum sozialistischen Lager deutlich wird. Mindestens ist dazu bemerkenswert, dass es einer vom Selbstverständnis nach im Rang einer Weltmacht stehenden Hegemonialmacht Europas nicht gelang, über die Zeit von 1945 bis 1989 eine Konsolidierung des eigenen Blockes herbeizuführen und die Sympathien der osteuropäischen Gesellschaften zu gewinnen.

Geradezu gebetsmühlenartig wird auf die Schwächen der Planökonomie mit Folgen wie Überschuldung, Ineffizienz und Unterversorgung von breiten Bevölkerungsschichten durch Konsumgüter hingewiesen, um den Umstand nachhaltiger Reserviertheit gegenüber Moskau zu erklären. Dennoch könnte es sich nur um ein Symptom eines insgesamt krankhaften Zustandes handeln, dessen Wurzeln in der Bündnis- und Kontrollpolitik Moskaus in Osteuropa und deren Rückwirkungen auf die osteuropäischen Gesellschaften zu suchen sind. Tatsächlich sind drei große Säulen sowjetischer Bündnispolitik zu identifizieren: zum einen das Kommunistische Informationsbüro [KomInform / engl. Communist Information Bureau (ComInform)] zu politischer Lenkung nationaler Kommunistischen Parteien, den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe [RGW / engl. Council for Mutual Economic Assistance (CoMEcon)] als wirtschaftliches und die Warschauer Pakt Organisation [WPO / engl. Warsaw Treaty Organization (WTO)] als militärisches Element. Spätestens 1956 war die KomInform gescheitert, da die Auflösung von Tito als Bedingung an eine Wiederannäherung Jugoslawiens an die Sowjetunion geknüpft wurde[2]. Auch das Element der gegenseitigen Wirtschaftshilfe wurde schon früh fragwürdig, nahm man doch bereitwillig Länder zur Befestigung des politischen Einflussgebietes auf, jedoch mit mangelhaftem wirtschaftlichen Nutzen[3]. Alle drei Komplexe können aufgrund ihres jeweiligen Umfanges in dieser Arbeit nicht behandelt werden, weshalb sich hier auf den Warschauer Pakt als Kontrollmittel für Osteuropa konzentriert wird. Bezüglich des KomInform sei daher auf Adibekov 2002[4] verwiesen, der unter Verwendung neueren Quellenmaterials Gründe und Prozesse des Scheiterns der Organisation deutlich macht, Pons 2001[5] für einen geschichtlichen Überblick und Egorova 1996[6] zum KomInform als Mittel sowjetischer Europapolitik. Wenn auch nicht als Organisation gescheitert, war auch der RGW durch kontinuierliche Ineffizienz lange währendem Scheitern ausgesetzt. So schreibt Zwass 1988[7] über die Organisation, sie hätte anfangs als politisches Integrationswerkzeug und erst spät zu wirtschaftlicher Kooperation gedient und daher einen dornigen Pfad beschritten. Auch Horn et al. 1988[8] liefert Aufsätze, die den Niedergang des Wirtschaftsblockes und des Gesellschaftskonzeptes skizzieren.

Gesellschaften wandeln sich gerade über die hier zu betrachtenden Zeiträume. Die Allegorie fließenden Wassers ist angebracht, um ihre Dynamik zu beschreiben. Ein Sieb mag nun an sich ein nützliches Werkzeug sein, doch eingesetzt, um dieses Wasser für die eigene Sache zu schöpfen, muss es scheitern. Selbst wenn man die Frequenz oder Intensität des Schöpfens deutlich erhöht oder die Maschen verengt, so bleibt es doch ein ungeeignetes Werkzeug für den gewünschten Zweck. Daher soll die vorliegende Arbeit anhand des Warschauer Paktes exemplarisch die Frage beantworten, ob die Organisation des Bündnisses sowie Art und Weise des sowjetischen Umgangs mit Bündnis, Partnern und Reformen das falsche Werkzeug für die Sicherung des Moskauer Einflusses in Europa bildeten. Letztendlich führen diese Überlegungen zur übergeordnete Frage, ob die sowjetische Herrschaft in Osteuropa für eine Weltmacht oder eher eine regionale Großmacht mit hegemonialem Anspruch charakterisierend war.

Hierzu wird zunächst im zweiten Teil das historische Umfeld der Gründung des Warschauer Paktes vom 14. Mai 1955 dargestellt. Die Studie der Lage Osteuropas und der politischen Situation der Sowjetunion wird als entscheidend für das Verständnis der Motivation zur Gründung des Paktes und für die Bewertung der sowjetischen Ausgangssituation für die Nachkriegsordnung als schwach oder stark gesehen, selbst wenn die Lage im Rahmen dieser Arbeit nur grob skizziert werden kann. Mit dieser Grundbewertung kann der Grad der Funktionsfähigkeit des Warschauer Paktes als Kontrollmechanismus für osteuropäische Gesellschaften eingeschätzt werden. Im darauf folgenden, dritten Teil muss der Warschauer Pakt nach seinen Strukturen und Inhalten in verschiedenen Phasen seines Bestehens seziert werden, um eine grundsätzliche Aussage über seine nach innen gerichtete institutionelle Stärke im Zusammenhalt der Paktparteien zu erschließen. Zentral sind die Schriften von Fodor 1990, Gitz 1992, Holden 1989, Simon 1985 und Umbach 2005.[9]

Beispielhaft werden hierfür im vierten Abschnitt der Prager Aufstand des Jahres 1968 und die Invasion von Truppen des Warschauer Paktes sowie seine Wirkungen auf die Paktreformen der frühen 1970er Jahre untersucht. Die These dieser Arbeit ist, dass die Unaufhaltsamkeit am Niedergang des Ostblockes spätestens mit dieser Krise festgelegt war und seine logische Konsequenz im Zusammenbruch 1989/90 fand. Große Bedeutung liegt hier bei Pauer 1995[10], der zu neuem Quellenmaterial Zugang erhielt, Valenta 1991[11], der eine akribische Analyse der Entscheidungsfindung zur Invasion schrieb, und der Betrachtung der Prager Politik 1968-70 von Williams 1997[12].

Vor dieser Krise war der Warschauer Pakt ein anderer als danach, was sich unter anderem an der Invasion gegen einen Mitgliedsstaat, den späteren Strukturreformen oder den Stationierungsverträgen sowjetischer Truppen in der Tschechoslowakei erkennen lässt. Schlussendlich muss daher die Frage diskutiert werden, ob nun die UdSSR eine Weltmacht war oder ob sie „weltblind“ die eigenen Fähigkeiten überschätzte und lediglich eine regionale Großmacht darstellte, die mit hegemonialen Vorstößen nach Osteuropa einen schwereren Stand hatte, als man von einer Weltmacht erwartet hätte.

II. Die historische Lage zur Gründung des Paktes

Schon vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde erkennbar, dass das Zweckbündnis der Koalition gegen Hitler nicht weit über den Sieg hinaus tragen würde; zu unterschiedlich waren die Ansichten der Verbündeten über die Nachkriegsordnung[1]. Alternative Sicherheitsideen für die Zeit nach dem Kriegsende entwickelten sich naturgemäß in der Sowjetunion wie auch bei den Westalliierten, die einen Vorgeschmack auf den Ost-West-Antagonismus späterer Zeit lieferten[2]. Schon die leninistische Kriegstheorie über die gegen östlichen Sozialismus gerichtete Aggression von in der Welt dominantem, westlichen Kapitalismus[3] zeigte die fundamentalen Unterschiede in der Weltanschauung auf. Für die jüngere Zeit hatte der Angriff der Deutschen am 22. Juni 1941 die Notwendigkeit einer Neuordnung Osteuropas unter sowjetischer Kontrolle als Puffer gegen deutsche Aggressionen verdeutlicht. Das Konzept eines „Schildes von Republiken, die eben nicht, wie bislang, annektiert sind, sondern als Satellitenstaaten fungieren“[4] versprach für Moskau größte Sicherheit. Nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutsche Reich schälte sich tatsächlich der ideologische und konzeptionelle Antagonismus zwischen Ost und West aus dem Gewand der vormaligen Allianz.

Der Streit entzündete sich weniger über den – wenn auch kritisierten[5] – Umgang der Sowjets mit dem von ihnen besetzten Osteuropa, wachsende Spannungen bauten sich anhand der Nationalen Frage Deutschlands auf.[6] Die kommunistische Agitation in Westeuropa führte dort zu Forderungen nach beschleunigter Einigung gegen die von Osten drohende Gefahr.[7] Die Gründung der NATO 1949 wurde in diesem Zusammenhang von sowjetischer Seite als eine Allianz gegen die eigene Sache begriffen[8]. Als die Blöcke 1950 in der Koreakrise zum ersten Mal mittelbar in einen „heißen“ Krieg verwickelt waren, erkannte man im Westen die Notwendigkeit einer Einbindung der jungen Bundesrepublik in seine Verteidigungskonzeption[9]. Spätestens die Pariser Verträge von 1954, die Aufnahme der jungen Bundesrepublik 1955 in das supra-atlantische Bündnis sowie der Beschluss zur Wiederbewaffnung des „imperialistischen Teils Deutschlands“[10] am 5. Mai 1955 veranlassten die Sowjetunion zum Handeln[11]. Dass diese Entwicklung die für Juli 1955 in Genf anberaumte Viermächtekonferenz nicht verhinderte oder vertagte, zeigt, wie sehr die Sowjetunion die Entspannung mit dem Westen benötigte, um dem sich verschärfenden Klima im Ostblock Herr zu werden[12]. Die Gründung des Warschauer Paktes am 14. Mai 1955 war deswegen notwendige Folge, um die sowjetischen Interessen in Osteuropa zu wahren und einem sich konsolidierenden „kapitalistisch-imperialistischen“[13] Block entgegen zu treten[14].

Dabei war der Inhalt des Vertrages bewusst am Wortlaut des NATO-Vertrags orientiert, so sehr, dass seine überwiegende Funktion in der Herstellung von Gleichheit auf internationalem diplomatischen Parkett gesehen werden kann[15]. Schließlich standen die Westalliierten dadurch nicht mit geeinter Stimme einer isolierten Sowjetunion gegenüber, sondern ein militärisches Bündnis gleichberechtigt einem anderen[16]. Diese Ähnlichkeit reicht so weit, dass einige Autoren den Warschauer Pakt in dieser Anfangsphase für weitgehend inhaltsleer halten[17]. Sogar als Verhandlungsmasse, möglicherweise zugunsten einer paneuropäischen Sicherheitsarchitektur ohne die USA aufzugeben, wurde der Pakt gewertet[18].

Doch auch von anderer Seite bestand ein gewisser Handlungsdruck, den eigenen Block in den frühen Fünfziger Jahren zu festigen, denn im Nachklang des Todes von Stalin im März 1953 kam es zu den Aufständen in der DDR Juni/Juli 1953, Polen Juni 1956 und Ungarn Oktober/November 1956, die nur militärische Machtdemonstrationen der Sowjettruppen unter Kontrolle hielten[19]. Angesichts des Vertrags von Wien 1955 über den Abzug von alliierten Truppen aus Österreich[20], forderten die Friedensverträge der Alliierten mit den vormalig deutschen Verbündeten Rumänien und Ungarn nun den Abzug sowjetischer Truppen[21]. Die Schaffung eines kollektiven Sicherheitsbündnisses in Osteuropa war eine willkommene Abhilfe gegen den drohenden Einflussverlust durch Abzug der einflusssichernd stationierten, sowjetischen Verbände.[22] Auf diese Weise wurde ein Verharren der Truppen in Osteuropa legitimiert.

[...]


[1] Fischer, Alexander: Sowjetische Deutschlandpolitik im Zweiten Weltkrieg 1941-1945 (= Studien zur Zeitgeschichte 8), Stuttgart 1975; S. 120-30.

[2] Für die westliche Sicht: Schmidt, Gustav: Strukturen des „Kalten Krieges“ im Wandel, in: Vojtech Mastny / Gustav Schmidt / Norbert Wiggershaus / Dieter Krüger (Hgg.): Konfrontationsmuster des Kalten Krieges 1946 bis 1956 (= Entstehung und Probleme des atlantischen Bündnisses bis 1956 3), München 2003; S. 3-380, hier: S. 224-29; für die sowjetische Sicht: Mastny, Vojtech: Die NATO im sowjetischen Denken und Handeln 1949-1956, in: Ebd. S.383-472; hier: S. 385 und S.387; Ders.: The Soviet Union and the Origins of the Warsaw Pact in 1955, in: Parallel History Project on NATO and Warsaw Pact. Recordings of the Warsaw Pact Committee: Records of the Political Consultative Committee, May 2001; S. 3 (Online unter: http://www.isn.ethz.ch/php/documents/collection_3/PCC_texts/introduction_55.pdf [Stand: 22.10.2005]): Kontinuierlich treffen die gegensätzlichen Weltsichten aufeinander, die sogar in spöttischem Gelächter gegen die andere Seite gipfelten. So geschehen 1954 auf der Berlin-Konferenz der Außenminister der Alliierten anlässlich des Vorschlags des russischen Außenministers Molotov, man möge die NATO für östliche Staaten einschließlich der UdSSR öffnen.

[3]Report on Foreign Policy of Vladimir I. Lenin. Delivered at a Joint Meeting of the All-Russia Central Executive Committee and the Moscow Soviet, May 14th, 1918 “ (= erstveröffentlicht in u.a.: 15./16. Mai 1918, Pravda No. 93 und 94), in: Daglish, Robert (Ed.): Lenin’s Collected Works, Vol. 27, Moscow 19724; S. 365-81, hier insbesondere S. 366-68; Der Überblick in Mastny: NATO ; S. 383-88 zeigt, dass die offizielle weltpolitische Lageeinschätzung in den Vierziger Jahren unter Stalin sehr von Lenins marxistischer Theorie geprägt war.

[4] Furet, François: Das Ende der Illusion. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert, München 19992 (frz. Orginalausgabe u.d.T. „Le passé d’une illusion“, Paris 1995); S. 438/39.

[5] Fischer: Deutschlandpolitik; S.120/21: In einem Memorandum an Washington vom 10. Januar 1945 warnte der amerikanische Botschafter in Moskau W. Averell Harriman vor einer Verselbständigung sowjetischer Osteuropapolitik: „Es ist offenbar geworden, dass die Sowjets [...] vielseitige Mittel anwenden, um die Bildung von Regimen sicherzustellen, die wohl nach außen den Anschein von Unabhängigkeit und breiter Unterstützung im Volke aufrecht erhalten, tatsächlich jedoch in ihrer Existenz von Gruppen abhängig sind, die allein vom Kreml ausgehenden Vorschlägen positiv gegenüberstehen.“ Besonders bemerkenswert sei, „dass praktisch kein Unterschied [...] zwischen Mitgliedern der Vereinten Nationen“( Anm.: der Alliierten) „, deren Gebiet von sowjetischen Truppen befreit worden ist, und ehemaligen Feindgebietsländern, die besetzt worden sind“ gemacht würde.

[6] Schmidt: Strukturen; S. 230-33: Die Westmächte hätten sich zum Missfallen der Sowjetunion von der „Fokussierung auf ‚Sicherheit vor Deutschland’“ getrennt. Insbesondere auch S.237: „’Osteuropa’ trat in den Überlegungen der westeuropäischen Regierungen genauso wie in den Europa-Bewegungen selbst relativ schnell zurück [...].“

[7] Mastny: NATO; S. 389-91.

[8] Mastny: NATO; S. 394 verweist auf die Einwände der Sowjetunion im Memorandum an westliche Regierungen vom 31. März 1949 ("Memorandum of the Government of the USSR Concerning the North Atlantic Treaty," March 31, 1949, in: Carlyle, Margaret (Ed.): Documents on International Affairs, Bd. 4: 1949-1950, London 1953; S. 261-65): Darin wird behauptet, England und Frankreich hätten sich dem Druck der USA gebeugt, die von Anfang an Deutschland als Militärmacht wieder etablieren wollten. Die NATO wurde als aggressiv und Andersdenkende ausschließend bezeichnet. Die Absicht, die Sowjetunion und ihre Verbündeten zu isolieren, wird unterstellt.

[9] Schmidt: Strukturen; S. 240-61, insbesondere S. 240/41. Sehr deutlich wird an dieser Stelle, dass erhebliche Vorbehalte von Frankreich und England dagegen bestanden.

[10] Simon: Forces; S. 6 beschreibt sowjetische Auffassungen über den Charakter des Westens.

[11] Mastny, Vojtech: Learning from the Enemy. NATO as a model for the Warsaw Pact (=Züricher Beiträge zur Sicherheitspolitik und Konfliktforschung 58), Zürich 2001; S. 9: Stalin wurde „prone to panic once the alliance began to gain military substance“.

[12] Zwass: Rat, S.247.

[13] Mastny: NATO; S. 383-88 zu den sowjetischen Einschätzungen seit Lenin, der aufgrund seiner Kriegstheorie von 1916 von selbstzerstörerischen Kriegen innerhalb des kapitalistischen Lagers ausging. Eine Einigung unter ihnen sei nur für Übergriffe auf einen systemrevolutionären Staat wie Russland möglich. Besonders die Einmischung äußerer Mächte in den Bürgerkrieg der Zwanziger Jahre zwischen Weißen und Roten Armeen schien diese Theorie zu bestätigen. Stalin postuliert für die Zeit nach dem Krieg in seiner Rede vom 9. Februar 1946 eine „kapitalistische Einkreisung“ und einen „unvermeidlichen Konflikt“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus (S.386).

[14] Zwass: Rat, S. 247: „Die RGW-Gründung war eine Reaktion auf den Marshallplan, an den sich einige Ostländer wie Polen oder die Tschechoslowakei anschließen wollten, der Warschauer Pakt auf den vorbereiteten Anschluss der Bundesrepublik Deutschland an die NATO.“ Daher ist die Wertung Filitovs bezüglich der gesamten Epoche der UdSSR unverständlich, in: Filitov, Aleksey M.: Soviet Security Concepts in Historical Retrospective, in: Kurt R. Spillmann / Andreas Wenger (Eds.): Russia’s Place in Europe. A Security Debate (= Studies in Contemporary History and Security Policy 1), Bern 1999; S. 147-62 (Online unter: http://cms.isn.ch/public/docs/doc_23_259_en.pdf [Stand: 24.5.2005]), hier S. 161: „Maintenance of largely hollow structures such as the Warsaw Treaty Organisation or Council for Mutual Economic Assistance (COMECON) became a top priority, while more relevant state interests and needs were pushed aside. This development had already begun during Stalin’s last years.“ Aus damaliger ideologischer wie sicherheitspolitischer Sicht kurz nach Stalins Ende konnte es eigentlich für die Sowjetunion kaum relevantere Staatsinteressen und Bedürfnisse geben als die Neuorganisation des Kontrollsystems über Osteuropa über diese Mitteln. Ob die Ausführung dieser Neuorganisation dann nicht zum Vorteil der UdSSR gereichte, soll hier noch untersucht werden. Filitovs Aussage scheint einer Bewertung ex post zu entspringen.

[15] Gitz: Forces; S.18/19.

[16] Holden: Pact; S. 7: Die Notwendigkeit für eine Bündnisbildung verdeutlichte sicherlich auch das Aufkommen durch den Westen gestützter Kollektivorganisationen in weiten Teilen des Globus’ wie z.B. ANZUS für den Pazifik oder SEATO für Südostasien. Wobei dies zwar wirtschaftlich-diplomatische Organisationen waren, im sowjetischen Weltbild sich aber für die imperialistisch-kapitalistische Sache vereinnahmen ließen.

[17] Mastny: Soviet Union; S. 1.

[18] Mastny, Vojtech: Neue Forschungsresultate zum Kalten Krieg aus osteuropäischen Archiven, in: Kurt R. Spillmann / Andreas Wenger (Hg.): Zeitgeschichtliche Hintergründe aktueller Konflikte VII (= Züricher Beiträge zur Sicherheitspolitik und Konfliktforschung 54), Zürich 1999; S. 7-18, hier S. 12: Es sei 1955 darum gegangen, „die Westmächte durch diplomatische Mittel in eine Situation hineinzumanövrieren,in der sie gezwungen werden könnten, die [...] NATO zusammen mit der [...] Warschauer Allianz ‚wegzuverhandeln’“, um einen paneuropäischen, sowjetisch dominierten Ersatz zu schaffen.

[19] Fowkes, Frank B. M.: Eastern Europe 1945-1969. From Stalinism to Stagnation, Harlow (GB) 2000; S. 56-63.

[20]Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, 8. Juni 1955“, StF.: BGBl. Nr. 152/1955 mit Änderung i.d.F. BGBl. III Nr. 179/2002 (DFB); hier: Teil III Art. 20: Zurückziehung der Alliierten Streitkräfte. Online unter: http://www.demokratiezentrum.org/pdfs/staatsvertrag1955.pdf [Stand: 23.10.2005].

[21] Simon: Forces; S. 5: Die in diesem Zusammenhang stets beschworene Notwendigkeit der Sicherung von Nachschub und zur Aufrechterhaltung der Kommunikationswege für die sowjetische Besatzungszone in Östereich war damit hinfällig. Es war der Sowjetunion auf der Konferenz der Außenminister der Alliierten in New York vom 3.11. bis 12.12. 1946 das Recht zugestanden worden, ihre Streitkräfte zum Schutze der Verbindungslinien nach Österreich stationiert zu lassen. Im Einzelnen regeln dieses Sonderrecht folgende Artikel der Friedensverträge von Paris mit Ungarn und Rumänien: „ Treaty of Peace with Hungary, Paris, 10 February 1947“: Part IV Withdrawal of Allied Forces, Article 22 (1); „ Treaty of Peace with Roumania, Paris, 10 February 1947“: Part IV Withdrawal of Allied Forcces, Article 21 (1). (Online unter: http://www.austlii.edu.au/au/other/dfat/treaties/1948/2.html [Stand: 21.10.2005])

[22] Fodor: Organization; S.33; Simon: Forces; S. 4: Aus Sicht der UdSSR-Führung „soviet troops stationed [...] were already providing the geostrategic advantages” eines kollektiven Sicherheitssystems.

[...]


[1] Im Einzelnen folgende Aufstände: DDR 1953, Polen und Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, Polen 1980/81.

[2] Gräfe, Karl-Heinz: Kominform – die Konferenzen 1947 und 1948, in: UTOPIE, 84 (1997), S. 51-60; hier S. 60.

[3] Hierfür sind Kuba, die Mongolei und Vietnam die wohl prominentesten Beispiele.

[4] Adibekov, Grant M. / Beyerlein, Bernhard H. (Hg.): Das KomInform und Stalins Neuordnung Europas (= Zeitgeschichte, Kommunismus, Stalinismus 1), Frankfurt/M. 2002.

[5] Pons, Silvio: Stalin, Togliatti, and the Origins of the Cold War in Europe, in: JCWS, 3 (2001); S. 3-27.

[6] Egorova, Natalia I.: Stalin’s Foreign Policy and the Cominform 1947-53, in: Francesca Gori (Ed.): The Soviet Union and the Cold War in Europe 1943-1953 (= International Conference on "The Soviet Union and Europe in the Cold War, 1943 - 53" in Cortona, 23.-24.9.1994), Basingstoke 1996; S.197-207.

[7] Zwass, Adam: Der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe 1949-1987. Der dornige Weg von einer politischen zu einer wirtschaftlichen Integration, Wien 1988.

[8] Horn, Hannelore / Knobelsdorf, Wladimir / Reiman, Michal (Hgg.): Der unvollkommene Block. Dies Sowjetunion und Ost-Mitteleuropa zwischen Loyalität und Widerspruch (= Berliner Schriften zur Politik und Gesellschaft im Sozialismus und Kommunismus 1), Frankfurt/M. 1988.

[9] Fodor, Neil: The Warsaw Treaty Organization. A Political and Organizational Analysis, Basingstoke 1990; Gitz, Bradley R.: Armed Forces and Political Power in Eastern Europe. The Soviet/Communist Control System (= Contributions in Political Science 292), New York 1992; Holden, Gerard: The Warsaw Pact. Soviet Security and Bloc Politics, Oxford 1989; Simon, Jeffrey: Warsaw Pact Forces. Problems of Command and Control (= Westview Special Studies in Military Affairs), Boulder 1985 und Umbach, Frank: Das rote Bündnis. Entwicklung und Zerfall des Warschauer Paktes 1955-1991 (= Militärgeschichte der DDR 10), Berlin 2005.

[10] Pauer, Jan: Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes. Hintergründe – Planung – Durchführung (= Hamburg, Univ. Diss. 1993), Bremen 1995.

[11] Valenta, Jiří: Soviet Intervention in Czechoslovakia 1968. Anatomy of a Decision, rev. ed., Baltimore 19912.

[12] Williams, Kieran: The Prague Spring and its aftermath. Czechoslovak politics 1968-1970, Cambridge 1997.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Kommunistische Welt und Warschauer Pakt 1955-1989. Prager Frühling 1968 - Herbst des Paktes
Hochschule
Universität Hamburg  (Historisches Seminar, Arbeitsbereich Europäische Geschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar: Die Sowjetunion als Weltmacht 1945-1989
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
31
Katalognummer
V50699
ISBN (eBook)
9783638468695
ISBN (Buch)
9783638661195
Dateigröße
595 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Prager Frühling und seine Niederschlagung besiegelten den Niedergang des Hegemonialsystems der UdSSR. Bereits im Vorfeld zur Gründung des Warschauer Paktes vom 14. Mai 1955 war die UdSSR schwach und schwächte sich durch ihre folgende Bündnispolitik noch mehr, was sich besonders in den strukturellen Reformen nach 1968 zeigt. Auszug der Bewertung: "Eine beeindruckende, argumentativ im Rahmen einer HS-Arbeit überzeugende Hausarbeit. [...] Arbeitsaufwand beachtlich. 1 (sehr gut)"
Schlagworte
Kommunistische, Welt, Warschauer, Pakt, Prager, Frühling, Herbst, Paktes, Hauptseminar, Sowjetunion, Weltmacht
Arbeit zitieren
Nico Nolden (Autor:in), 2006, Kommunistische Welt und Warschauer Pakt 1955-1989. Prager Frühling 1968 - Herbst des Paktes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50699

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