Die Funktion der Verbände im politischen System


Zwischenprüfungsarbeit, 2005

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Die Verbände
2.1 Die geschichtliche Entwicklung der Verbände
2.2 Die rechtlichen Grundlagen für Verbände
2.3 Der staatliche Rahmen der verbandlichen Einflussnahme
2.4 Der Einfluss der Verbände – Adressaten und Methoden

3 Innerverbandliche Demokratiedefizite

4 Die Verbändetheorien
4.1 Der Pluralismus
4.2 Der Korporatismus
4.3 Die neue politische Ökonomie
4.4 Die Konflikttheorie
4.5 Zusammenfassung

5 Verbesserungsvorschläge für die Verbandswirklichkeit

6 Fazit

Thema: Die Funktion der Verbände im politischen System

1 Einführung

Gegenstand dieser Hausarbeit ist das Verbändesystem in Deutschland. Nach einer definitorischen und historischen Einführung des Verbandsbegriffs und der Verbände, sollen im Wesentlichen folgende Fragen beantwortet werden:

Nach der bundesrepublikanischen Verfassung nehmen die Verbände eine mehr oder weniger bestimmte Rolle ein. Welche Rolle ist das und werden die Verbände dieser Rolle gerecht? Wer sind die Adressaten von Verbandseinfluss und mit welchen Methoden wird versucht, Interessen durchzusetzen? Welche demokratietheoretischen Probleme ergeben sich ferner aus der Verbandswirklichkeit und was ist diese Verbandswirklichkeit? Diese Frage führt abschließend zu jener, ob und wie sich die Wirkung der Verbände verändern lässt und wie so Demokratiedefizite abgebaut werden können.

2 Die Verbände

Vereine und Verbände stellen konstitutive Elemente für die Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft dar. Sie zählen zu den bevorzugten Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation und sind in den westlichen Demokratien inzwischen unverzichtbar geworden. In ihr Wirkungsgrad fällt die Vermittlung zwischen der Gesellschaft und dem politischen System. Sie erbringen sowohl Integrations- als auch Legitimationsleistungen.

Definiert sind Interessensverbände als feste,

„organisatorische Zusammenschlüsse, die auf freier Initiative der Interessenten beruhen und die den verschiedenen ideellen und materiellen Gruppen-Interessen Einfluss auf staatliche Entschei-dungen, am Markt oder sonstigen ökonomischen, sozialen oder kulturellen Prozessen verschaffen wollen, ohne daß sie bereit sind, sich unmittelbar durch Übernahme von Regierungsverantwortung am politischen Prozeß zu beteiligen.“[1]

Der Zweck der Ausrichtung unterscheidet Verein und Verband. Vereine werden gegründet, um eine gemeinsame Betätigung ihrer Mitglieder zu gewährleisten. Die gemeinsamen Interessen sollen hier nach innen vertreten werden, während dem Verband die Aufgabe zukommt, die gemeinsamen Interessen nach außen zu vertreten und zu verfolgen.[2] Da die Wirkungen der nach innen gerichteten Vereinsinteressen auf staatliche Institutionen daher so begrenzt sind, wie die demokratie-theoretischen Probleme, die sich daraus ergeben könnten, soll vielmehr das Verbandswesen im Fokus des Interesses dieser Hausarbeit stehen.

Im Gegensatz zu Vereinen und Verbänden sind Parteien als Mit-wirkende der politischen Willensbildung im Grundgesetz ausdrücklich genannt. Geschichtlich ist der Übergang von Verbänden zu Parteien unter funktionslogischen Aspekten oft fließend. So kandidierten in der Weimarer Republik auch Interessenvertreter kleinerer Gruppen wie die der Grundbesitzer als Partei und es ist auch weiterhin eine Verbindung zwischen Gewerkschaften und der SPD existent.

Parteien lassen sich jedoch in verschiedenen Elementen von Verbänden abgrenzen. Verbände sind in der Regel stärker als Parteien nach Funktionsbereichen ausdifferenziert, wenden sich meistens an eine bestimmte soziale Gruppe und sind auch thematisch enger auf die Bedürfnisse ihrer Klientel zugeschnitten. Parteien dagegen versuchen, gerade wenn sie sich als Volksparteien begreifen, möglichst viele verschiedene Interessen zu bedienen, um möglichst viele potentielle Wähler zu erreichen. Ihr Interesse an den Wählerstimmen weißt auf das wohl wichtigste Element der Abgrenzung von Verbänden hin: Parteien beteiligen sich am parlamentarischen Mandatswettbewerb.

Sie sollen politische Verantwortung übernehmen und tun dies mit aus den eigenen Reihen rekrutiertem Personal. Parteien nehmen am politischen Willensbildungsprozess teil. Anders als bei Vereinen, die laut BGB zwar demokratischen Grundsätzen entsprechen müssen, was jedoch in der Praxis nicht einklagbar ist, schreibt das Gesetz bei ihnen einen demokratischen Aufbau vor.

Da innerhalb der Verbandslandschaft permanent Bewegung herrscht, ist es schwierig, eine Einteilung der Verbände in verschiedene Handlungsfelder vorzunehmen. Folgende Handlungsfelder lassen sich voneinander Abgrenzen: Wirtschaft, Soziales und Gesundheit, Freizeit und Erholung, Kultur, Bildung, Wissenschaft, Umwelt, Religion und schließlich Politik. Die einzelnen Verbände unterscheiden sich zudem durch ihre Größe, ihre Mitgliedertypen und ihren jeweiligen Mobili-sierungsgrad voneinander.[3] So verschieden wie die einzelnen Verbände, so verschieden sind auch sowohl die jeweiligen Möglichkeiten der politischen Einflussnahme, als auch die Art der Interessen, deren Durchsetzung angestrebt wird.

2.1 Die geschichtliche Entwicklung der Verbände

Bereits seit den Anfängen der Geschichtsschreibung hat es unter-schiedliche soziale Interessen gegeben. Doch erst die Überwindung der Ständeschranken und das Auflösen der Zünfte nach der Französischen Revolution lassen in der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts die Organisation in Verbänden zu.[4] Die Möglichkeit der Interessen-verfolgung setzt ein gewisses Maß an persönlicher Freiheit voraus. Dass bis zu diesem Zeitpunkt Zünfte die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder übernehmen, verhindert das Entstehen von Verbänden. Im Zuge der Industrialisierung wird die für die Arbeit notwendige Qualifi-kation in vielen Bereichen mehr und mehr standardisiert. Die hiermit einhergehende zunehmende Austauschbarkeit des einzelnen indus-triellen Arbeiters nimmt diesem eines seiner wenigen „Druckmittel“ im Antagonismus der Interessen zwischen ihm und dem Arbeitgeber, seine besondere Qualifikation. Karl Marx beschreibt die Wirkung der Indus-trialisierung auf den Arbeiter in dieser Zeit wie folgt:

„...in (einem) durch die kapitalistische Produktionsweise beherrschten Weltmarkt, der den Verkauf (der) Produkte ins Ausland zum vorwie-genden Interesse entwickelt, wird den barbarischen Gräueln der Sklaverei (...) der zivilisierte Gräuel der Überarbeit aufgepfropft.“[5]

Einmal abgesehen von dem klassenkämpferischen Idiom wird deutlich, vor welche Probleme sich ein großer Teil der Arbeiterschaft im weit-gehend ungezügelten Spiel der freien Märkte gestellt sieht.

Da der Staat entgegen der Theorie des Liberalismus mehr und mehr regelnd in den Wirtschaftsbereich eingreift, hängt der wirtschaftliche Erfolg verschiedener Gruppen wesentlich von staatlichem Handeln ab. Ein weiterer Grund, der das Entstehen von Verbänden begünstigt hat, ist die Tatsache, dass die Stände und Zünfte ihren Mitgliedern bis zu ihrer Auflösung Möglichkeiten der Freizeitgestaltung boten und eine Geselligkeitsfunktion besaßen. Diese Lücke helfen nun die Vereine und Verbände zu schließen.[6]

Das sind im Wesentlichen die Gründe, warum sich die Industrie-arbeiterschaft aber auch andere Gruppen in Verbänden und Vereinen zu organisieren beginnen. Die geschichtliche Entwicklung der Verbände lässt sich ab ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert in vier Phasen einteilen.

Die erste Phase beschreibt den Ausgangspunkt, an dem die Geschichte der Verbände ihren Anfang nimmt, bis ca. in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts. Erste industrielle Interessenvertretungen organi-sieren sich zwar schon am Anfang jenes Jahrhunderts, doch erst der Übergang vom Agrar- zum Industriestaat im Zuge der industriellen Revolution ist der entscheidende Antrieb für das industrielle Verbands-wesen. In Deutschland vollzieht sich der Wandel verspätet und mehr als reformerische Maßnahme. So stoßen die napoleonischen Verwaltungsmaßnahmen die Gewerbefreiheit an und das Stein-Hardenbergsche Reformwerk führt zu mehr Verselbstständigung in den Handwerksberufen.[7]

[...]


[1] Albrecht, A.: Verbände, in: Staatslexikon der Görres-Gesellschaft, 6. Auflage, Bd. 8., Freiburg 1963.

[2] Vgl.: Sebaldt, Martin und Straßner, Alexander (Hrsg.): Verbände in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. Wiesbaden 2004, S. 90.

[3] Vgl.: Sebaldt, Verbände, S. 98.

[4] Vgl.: Rudzio, Wolfgang: Die organisierte Demokratie. Parteien und Verbände in der Bundesrepublik. Stuttgart 1977, S. 11.

[5] Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie (1867). 3. Auflage, Das Kapital, S. 232.

[6] Vgl.: Rudzio, organisierte Demokratie, S. 12 f.

[7] Vgl.: Sebaldt, Verbände, S. 74.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Funktion der Verbände im politischen System
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V50514
ISBN (eBook)
9783638467209
ISBN (Buch)
9783638684705
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Funktion, Verbände, System
Arbeit zitieren
Philipp Farwick (Autor:in), 2005, Die Funktion der Verbände im politischen System, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50514

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