Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland und das zentralistische System der französischen Republik im Vergleich in Bezug auf die Europäische Union


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


1. Einleitung

Die Europäische Union ist mittlerweile zu einem wichtigen Bestandteil des politischen Lebens von Europa geworden und trifft in wesentlichen zentralen Bereichen, den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen, sowie im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Entscheidungen, welche die Mitgliedstaaten und ihre Bürgen unmittelbar betreffen. Aufgrund der unterschiedlichen Systeme der Mitgliedstaaten der europäischen Union gibt es auch große Unterschiede zwischen diesen, die sich auf die Umsetzung und Auswirkung der EU-Bestimmungen in den einzelnen Staaten beziehen.

Im folgenden werde ich die wesentlichen Rechtsetzungsorgane und Entscheidungsverfahren der Europäischen Union, das föderative System der Bundesrepublik Deutschland und das zentralistische System der französischen Republik darstellen, um anschließend die beiden Systeme im Hinblick auf die jeweiligen Vor- und Nachteile bezüglich der Rahmenbedingungen und der Handlungsspielräume innerhalb der EU Gesetzgebung, sowie auf die sich dadurch ergebenden Probleme innerhalb der einzelnen Staaten, zu vergleichen.

2. Der Entscheidungsfindungsprozess in der EU

2.1 Rechtsetzungsorgane

Nach zahlreichen institutionellen und vertraglichen Ausbesserungen der europäischen Union, die sich auch vielfach aufgrund des Vorwurfes zum Demokratiedefizit vollzogen, haben sich nun drei wichtige Gremien, die für den Entscheidungsprozess verantwortlich sind, herauskristallisiert: der Rat der Europäischen Union, die Europäische Kommission und das europäische Parlament. Der Ausschuss der Regionen und der Wirtschafts- und Sozialausschuss wirken lediglich beratend an der Gesetzgebung mit.

Der Rat der EU, auch Ministerrat genannt, tagt in neun unterschiedlichen Formationen, setzt sich aus je einem Vertreter auf Ministerebene pro Mitgliedsland zusammen und hat die Aufgaben eines Exekutiv- und Legislativorgans inne. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen ist der wichtigste der neun Räte, da er für die Ausführung aller

außenpolitischen Maßnahmen im Rahmen der GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik), verantwortlich ist. Innerhalb seiner zwiespältigen Rolle, da die im Rat tagenden Minister ihre Entscheidungen zwischen der gemeinschaftlichen Interessen und der Interessen ihres Landes abwägen müssen, ist der Rat für manche Bereiche der Rechtssetzung, Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die den Entwurf zum Haushaltsplan der Union miteinbezieht, auswärtige Beziehungen und Verträge, sowie die Ernennung der Kommissions- und GASP Beamten, zuständig.[1]

Die europäische Kommission vertritt die Interessen der EU gegenüber den Interessen der Mitgliedsstaaten, achtet auf die Anwendung und Einhaltung der europäischen Verträge und Rechtsakte und hat das Monopol über die Gesetzesinitiative inne. Die zwanzig, auf fünf Jahre von den Regierungen der Mitgliedstaaten gewählten, Kommissare sind von Dritten unabhängig und dem allgemeinen Wohl der Gemeinschaft verpflichtet. Über die oben erwähnten Aufgaben hinaus, verwaltet die Kommission den EU-Haushalt, beseitigt Steuerdiskriminierungen und entscheidet über Ausgleichsabgaben in der Landwirtschaft und die Genehmigung von Beihilfen für einzelne Länder.[2]

Das europäische Parlament wird nach vertraglich festgelegten Kontingenten, die jedem Land zustehen, aufgeteilt und die Abgeordneten werden direkt durch die EU-Bürger, auf der Basis der nationalen Wahlgesetze, gewählt. Auch wenn das EU-Parlament in seinen Aufgaben häufig unterschätzt wird, übt es durch das Mitentscheidverfahren, in manchen Bereichen, die Gesetzgeberfunktion aus, bestimmt endgültig über die Zusammensetzung der Kommission, wobei es diese durch ein Misstrauensvotum auch abberufen kann, hat das Zustimmungsrecht in wesentlichen politischen Handlungen der Union, übt das Haushaltsrecht aus und informiert die Bürger durch die öffentlichen Verhandlungen.[3]

2.2 Gesetzesnormen

Die Rechtsetzungsorgane der EU können Verordnungen erlassen, die für alle Mitgliedsstaaten verbindlich gelten und über dem nationalem Recht stehen. Eine andere Form der EU Gesetzgebung ist die Richtlinie, die Ziele dieser sind ebenfalls für alle Staaten verbindlich, jedoch kann die Umsetzung auf nationaler Ebene dem jeweiligen nationalen Recht angepasst werden. Entscheidungen der Europäischen Union betreffen einzelne Staaten oder Unternehmen und sind für diese in allen Teilen verbindlich. Außerdem können auch Empfehlungen und Stellungnahmen ausgesprochen werden, die zwar unverbindlich sind, aber bei Beachtung dieser für ein harmonisches „Klima“ in der Union sorgen.[4]

2.3 Entscheidungsverfahren in den „drei Säulen“ der EU

Die erste Säule der Europäischen Union regelt die gemeinsame Wirtschaftspolitik sowie den gemeinsamen Binnenmarkt. Zwar liegt das Gesetzesinitiativrecht nur bei der Kommission, dennoch können das europäische Parlament und der Ministerrat die Kommission zur Vorlage bestimmter Vorschläge auffordern. Für die Durchsetzung bestimmter Rechtsakte muss der Ministerrat zustimmen und nimmt damit ebenfalls eine wichtige Stellung ein. Nach zahlreichen Reformen wird auch das EU-Parlament in die Entscheidungsfindung, bezüglich der ersten Säule, miteinbezogen. So kann dieser in einem Anhörungsverfahren von der Kommission und dem Rat angehört werden, wobei seine Stellungnahme beachtet werden muss. Bei manchen Zustimmungsverfahren kommt nur eine Entscheidung zustande, wenn das Europa-Parlament zustimmt, und bei dem mittlerweile häufig angewandten Mitentscheidungsverfahren teilen sich das Parlament und der Rat die Gesetzgeberfunktion über den von der Kommission eingebrachten Vorschlag.

Die zweite Säule der EU betrifft die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Das entscheidende Organ dieses Kooperationbereichs ist der Europäische Rat. Dieser stellt gemeinsame Leitlinie und Strategien auf und trifft die Beschlüsse bezüglich der gemeinsamen Aktionen in diesem Bereich.

Das Verfahren im Bereich der Zusammenarbeit in der Innen- und Justizpolitik, das die dritte Säule der EU ausmacht, beruht auf der Regierungszusammenarbeit. Die Mitgliedstaaten und die Kommission haben das Initiativrecht, wobei auch andere institutionelle Organe der EU, wie das Parlament, angehört werden.[5]

3. Das politische System der Bundesrepublik Deutschland

3.1 Staatsaufbau und die wichtigsten Organe

Die Bundesrepublik ist ein föderativer Staat, was bedeutet, dass die Verteilung der Befugnisse zur Gesetzgebung zwischen Bund und den 16 Ländern kooperativ aufgeteilt ist und alle Länder eigenständige Akteure mit eigenen Gesetzgebungsbefugnissen sind. Die wichtigsten Entscheidungsträgerorgane in diesem Verbund sind der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung.

Der Bundestag ist die „Volksvertretung“ schlechthin, da in diesem der „Volkswille“ des repräsentativ-demokratischen Systems Deutschlands durch Wahlen geäußert wird. Der Bundestag, oder besser gesagt seine Abgeordneten, werden in freien, unmittelbaren, allgemeinen und gleichen Wahlen vom Volk gewählt, treten für vier Jahre zusammen, sind nicht an Weisungen anderer gebunden und unterstehen nur ihrem Gewissen. Da die Abgeordneten einer Partei angehören und sich innerhalb der Bundestages in Fraktionen einteilen, um die Problembearbeitung spezifizierter angehen zu können, sind diese auch zu einer einheitlichen politischen Linie und Fraktionsdisziplin verpflichtet und deshalb in Wirklichkeit nur bei Gewissensfragen in eigenen Entscheidungen freigestellt. Eine der wichtigsten politischen Funktionen des Bundestages ist die Wahl des Bundeskanzlers und somit auch indirekt die Wahl der Bundesregierung, denn nur wenn die absolute Mehrheit der Abgeordneten den vorgeschlagenen Kanzler wählt, kann dieser sein Amt antreten. In einem Misstrauensvotum kann der Bundestag während der Legislaturperiode dem Bundeskanzler und seinen Ministern das Vertrauen entziehen und diese somit zu einem Rücktritt „zwingen“. Der Bundestag hat, zusammen mit den anderen Entscheidungsorganen, die Gesetzesinitiative inne und wirkt auch bei auswärtigen Angelegenheiten und den völkerrechtlichen Vereinbarungen wesentlich mit, so dass auch Gesetze in diesen Bereichen erst eine Zustimmung des Parlaments benötigen, um geltend zu sein. Seine parlamentarische Kontrollfunktion erfüllt der Bundestag mit der, bereits oben erläuterten, Möglichkeit, dem Kanzler sein Misstrauen auszusprechen sowie mit dem Recht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, die unüberschaubare Vorgänge und Entscheidungen der Bundesregierung oder einzelner Abgeordneter vertieft untersuchen und diese auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit hin überprüfen.[6]

[...]


[1] Vgl. Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.), Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration, Bonn 2002, S. 315-321.

[2] Vgl. ebd., S. 142-152.

[3] Vgl. ebd., S. 192-202.

[4] Vgl. ebd., S. 111.

[5] Vgl. ebd., S. 109-118.

[6] Vgl. Pilz, Frank/Ortwein, Heike, Das politische System Deutschlands. Systemintegrierende Einführung in das Regierungs-, Wirtschafts- und Sozialsystem, München (u.a.) 1995, S. 159-188.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland und das zentralistische System der französischen Republik im Vergleich in Bezug auf die Europäische Union
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Aktuelle Fragen der Europapolitik
Note
1,7
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V50507
ISBN (eBook)
9783638467131
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vergleich: Föderalismus BRD und Zentralismus Frankreich in der EU
Schlagworte
System, Bundesrepublik, Deutschland, System, Republik, Vergleich, Vor-, Nachteile, Systeme, Europäischen, Union, Aktuelle, Fragen, Europapolitik
Arbeit zitieren
Anonym, 2004, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland und das zentralistische System der französischen Republik im Vergleich in Bezug auf die Europäische Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50507

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