Der Schriftspracherwerb in der Volksschule. Ein Basiskriterienkatalog im Test


Essay, 2015

30 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung

2 Was bedeutet Schriftspracherwerb?

3 Die drei Bestandteile des Schriftspracherwerbs
3.1 Lesenlernen
3.1.1 Die präliteral-symbolische Phase
3.1.2 Die logographemische Phase
3.1.3 Die alphabetische Phase
3.1.4 Die orthografische Phase
3.1.5 Die integrativ-automatisierte Phase
3.2 Schreibenlernen
3.3 Literalität
3.4 Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb
3.4.1 Phonologische Bewusstheit – Die zentrale Vorläuferfähigkeit

4 Ziel der Untersuchung und Fragestellung

5 Methodik
5.1 Verwendete Materialien
5.1.1 Modifizierter Basiskriterienkatalog zur Schreibabsicht Erzählen
5.1.2 Analyse der Texte
5.2 Studienteilnehmer
5.3 Durchführung

6 Ergebnisse und Diskussion
6.1 Analyse eines Schülertextes

7 Zusammenfassung und Abschluss

8 Literaturverzeichnis

9 Anhang – Analyse der Schülertexte

1 Einleitung

Im folgenden Essay geht es primär um das Thema des Schriftspracherwerbs. Fragen wie: „Was bedeutet Schriftspracherwerb? Woraus besteht die Schriftsprache und wie wird sie erworben?“, werden auf den folgenden Seiten geklärt. Dabei stützt sich diese wissenschaftliche Arbeit überwiegend auf die Fachliteratur von namhaften Erziehungswissenschaftlern und Pädagogen wie Agi Schründer-Lenzen, Wilhelm Grießhaber und Gerd Mannhaupt. Die Studie dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem sogenannten Basiskriterienkatalog des Bundeinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens. Dieser Katalog formuliert gezielt Kriterien, von denen man erwartet, dass sie von Schülern und Schülerinnen in der Volksschule beim Verfassen von Texten erfüllt werden können. Das Ziel dieser Arbeit ist es, folgende Fragestellung zu beantworten: „Wie viele Schüler und Schülerinnen der Volksschule Bad Dürrnberg sind in der Lage, den Basiskriterienkatalog zur Schreibabsicht Erzählen zu erfüllen?“. Im Anschluss an den theoretischen Teil der Arbeit folgt die Auseinandersetzung mit der durchgeführten Studie, die die Bereiche Methodik, Darstellung der Ergebnisse, Diskussion und Zusammenfassung beinhaltet. Zu guter Letzt finden sich im Anhang die Analysen der einzelnen Schülertexte.

2 Was bedeutet Schriftspracherwerb?

Schriftspracherwerb ist ein Begriff, der erst seit den 1976er Jahren existiert und die beiden Aspekte des Lesen- und Schreibenlernens vereint (Weigl 1976). Nach Schründer-Lenzen (2009: 13) wurden beide Lernbereiche bis in die 1970er immer als zwei separate Fähigkeiten angesehen und daher auch strikt getrennt: Beim Schreiben konzentrierte man sich in erster Linie auf den schreibmotorischen Aspekt und unter Lesen verstand man das visuell gesteuerte Erfassen. Beide Begriffe wurden damals missverstanden bzw. sehr vereinfacht dargestellt und definiert. In der damaligen Zeit ging es in erster Linie darum, orthografisch richtig und handschriftlich korrekt zu schreiben und kontinuierlich zu lesen. Dingen wie Inhalt, Bedeutung und Funktion von Texten bzw. Geschriebenem wurde nicht viel Aufmerksamkeit zuteil. Schriftspracherwerb beinhaltet nicht nur das Beherrschen des Lesens und Schreibens, sondern auch den Aspekt der Literalität, den es zu erwerben gilt.

„Schriftspracherwerb ist Denkentwicklung, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende Lebensführung, sowie für aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und kontinuierliches Weiterlernen über die gesamte Lebensspanne notwendig ist. Nur über die Beherrschung der Schriftsprache sind der Ausbau elementaren Weltwissens, anschlussfähige Ausbildung und soziale Handlungskompetenz in einer zukunftsorientierten Gesellschaft gewährleistet.“1

3 Die drei Bestandteile des Schriftspracherwerbs

3.1 Lesenlernen

Folgendes führt Schründer-Lenzen (2009: 87) zum Leseprozess, als Teilaspekt der Schriftsprachbeherrschung, an. Um erklären zu können, wobei es beim Lesen-lernen geht, einigte man sich auf verschiedene Modelle, die diesen Vorgang erklären sollten. Diese Modelle können in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Zum einen gibt es die textgeleiteten oder Bottom-up-Lesemodelle. Diese Lesemodelle definieren Lesen als einen Vorgang, der von einfachen Verarbeitungsmechanismen abhängig ist. Und zum anderen gibt es die wissensgeleiteten oder Top-down-Lesemodelle. Diese Modelle bauen auf dem kontextspezifischen Vorwissen des Lesers auf, welches beispielsweise der Entschlüsselung von Wortbedeutungen dienen kann. Im Folgenden wird genauer auf das Modell von Frith (1985) eingegangen, welches zwar die Stufen des Schriftsprachenerwerbs erklären soll, dabei aber natürlich auch den Erwerb des Lesens beschreibt, auf den sich dieses Teilkapitel konzentriert. Dieses Modell wurde von Günther (1986) ins Deutsche übertragen und um zwei Phasen, die erste und letzte Phase, erweitert:

3.1.1 Die präliteral-symbolische Phase

Diese Phase wird oft als Vorbedingung für den eigentlichen Schriftspracherwerb bezeichnet. Ein zentraler Aspekt ist der Erwerb der Fähigkeit, dreidimensionale Gegenstände in einen zweidimensionalen Raum zu übertragen. Dies verlangt dem Kind ein hohes Maß an Abstraktionsleistung ab. Diese Fertigkeit können Kinder beispielsweise beim Betrachten von Wimmelbüchern oder Bilderbüchern üben. Wichtigstes Element beim Erwerb dieser Fähigkeit ist daher die Bildanschauung. Somit sind Kinder schon im frühen Alter in der Lage mit Hilfe von Bildern und Symbolen Geschichten zu erzählen und „lesen“ zu können. Dieses Nachahmen der Tätigkeit Lesen zeigt, dass Kinder schon eine gewisse Vorstellung von Schriftsprache haben.

3.1.2 Die logographemische Phase

Innerhalb dieser Phase bemerkt das Kind nach und nach, dass Buchstaben etwas mit der Sprache zu tun haben, kann aber beispielsweise die Bedeutung eines Wortes noch nicht erfassen. Das Kind bildet eine visuelle Strategie aus. Es kann Wörter identifizieren, indem es sich visuell markante Schriftformen und Merkmale einprägt und sich daran orientiert (Wortlänge, auffällige Buchstaben). Es ist beispielsweise in der Lage, Logos zu erkennen, abzuspeichern und damit Inhalte zu verbinden (z.B.: McDonald’s). Genau wie diese Logos werden auch Wörter anhand bestimmter Merkmale festgemacht und abgespeichert. Das Kind merkt sich den Buchstaben „X“ im Wort Hexe, es assoziierte das „X“ mit genau diesem Wort. Wenn aber ein anderes Wort mit „X“ auftritt (Taxi, Xylophon), dann wird dieses aber nicht als solches erkannt, sondern wieder mit der Hexe assoziiert. Diesen Vorgang bezeichnet man als Verlesung.

3.1.3 Die alphabetische Phase

Diese Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass das Kind langsam einen Einblick in den Aufbau und die Funktion der Schriftsprache gewinnt. Zudem erlernt das Kind in dieser Phase die Graphem-Phonem-Korrespondenz und beginnt sich an den Regeln dieser zu orientieren. Diese Phase ist durch eine gewisse Kleinschrittigkeit geprägt, da die Prozesse, die hier stattfinden, sehr zeitaufwendig und zum Teil auch schwierig sind (z.B.: Gliedern des gehörten Wortes in seine Phoneme). Durch das Erlernen dieser Fähigkeit ist das Kind außerdem dazu im Stande, neue unbekannte Wörter zu entziffern, was in der vorherigen Stufe nicht möglich war. Fehler, die in dieser Phase auftreten können, sind unter anderem das falsche lesen eines Wortes (z.B.: Achse wird mit „ch“ und nicht mit „x“ gelesen) oder falsche Silbenbetonung. Die Lesearbeit, die Kinder in dieser Phase leisten ist sehr anstrengend und mühevoll, weil die Phoneme in einem ersten Schritt benannt und anschließend noch zu einem Wort zusammengefügt werden müssen.

3.1.4 Die orthografische Phase

In dieser letzten, von Frith formulierten Phase, verinnerlicht das Kind Schriftmuster und Kenntnisse über Rechtschreibregeln. Erfahrungen, die es in Bezug auf Betonung und Aussprache von Wörtern gemacht hat, werden gespeichert. Dadurch ist das Kind dazu im Stande, beispielsweise größere Einheiten (häufige Buchstabenkombinationen, Morpheme oder Silben) simultan zu verarbeiten, was wiederum die Geschwindigkeit des Lesens steigert und dem Kind ermöglicht, auch längere Worte flüssig zu lesen. Außerdem verfügt das Kind in dieser Phase des Lesens schon über einen erheblichen Grundwortschatz.

3.1.5 Die integrativ-automatisierte Phase

In dieser letzten, von Günther hinzugefügten Phase werden keine neuen Inhalte erlernt. Es geht primär darum, das bereits Gelernte zu üben und damit zu festigen. Der Leseprozess wird immer mehr automatisiert, läuft daher schneller und mit weniger Aufwand ab. Der Sprachgebrauch, schriftlich und mündlich, steht in dieser Phase im Vordergrund.

3.2 Schreibenlernen

Grießhaber zitiert in seinem Einführungswerk über den Spracherwerb (2013: 90) Reichen, der den Prozess des Schreiben-lernens in folgende fünf Phasen gliedert:

1) „Der Schüler lernt mit der Einführung der Buchstabentabelle das Prinzip des Schreibens und Lesens kennen“2 (Was erfährt er alles: gesprochene Wörter sind aus Lauten zusammengesetzt; geschriebene Wörter sind aus Buchstaben zusammengesetzt; jedem Laut ist ein Buchstabe zugeordnet und umgekehrt – es kann aber auch Ausnahmen geben)
2) Der Schüler entwickelt grundlegende Lautkenntnisse“3 (er erkennt die wichtigsten Laute und kann sie voneinander unterscheiden; er kann Laute aus einem Wort heraushören; er kann zu jedem Laut den entsprechenden Buchstaben schreiben; er erkennt die die Bedeutung der deutlichen Artikulation beim Sprechen)
3) Mit Hilfe der Buchstabentafel kann der Schüler ein beliebiges Wort phonetisch korrekt aufschreiben“4 – dies setzt voraus, dass der Schüler die Fähigkeit besitzt, ein Wort in seine Einzellaute zu zerlegen
4) Der Schüler kann Sätze und ganze Texte phonetisch korrekt aufschreiben“5 – er lernt beim Schreiben nach jedem Wort eine Lücke zu lassen
5) Der Schüler hat die Laut-Buchstaben-Zuordnung verinnerlicht und beherrscht sie nun

Nach Auffassung von Reichen (1955) hat das Kind nach Bewältigung dieser fünf Phasen schreiben gelernt. Viele Fachleute auf diesem Gebiet sind mit dem Konzept von Reichen aber nicht zufrieden, da er offensichtlich nur von starken Lernern ausgeht, aber nicht auf schwache Lerner eingeht bzw. auf Hilfen für diese vollständig verzichtet. Ein weiterer Grund für die Ablehnung des Konzepts ist, dass die Kinder dadurch einstweilen lautrichtig, aber orthografisch falsch schreiben.

3.3 Literalität

Wie eingangs erwähnt, setzt sich der Schriftspracherwerb nicht nur aus dem Lesen- und Schreibenlernen zusammen, sondern beinhaltet auch den Aspekt der Literalität. Doch was bedeutet Literalität? Platte schreibt in der Zeitschrift für Inklusion (2007: Ausgabe 1), dass sich das Wort von dem Englischen „literacy“ ableitet, welches im engeren Sinn die Fähigkeit beschreibt, lesen und schreiben zu können. Im weiteren Sinne fällt unter Literalität aber alles, was den Mensch dazu befähigt, an der Schriftkultur verständig teilzuhaben und teilzunehmen. Ganz allgemein kann man sagen, dass der Begriff Literalität jegliche schriftsprachliche Kompetenzen beinhaltet und darunter auch die Fähigkeit versteht, sich in der Schriftkultur zu Recht zu finden. Wenn man sich diese sehr vereinfachte Definition ansieht, muss man feststellen, dass Literalität eine enorm große Bandbreite besitzt. Darunter kann man die Fähigkeit verstehen, Fahrpläne zu lesen, ein Lexikon zu benutzen, eine Bildgeschichte zu schreiben, Farben und Symbole voneinander zu unterscheiden, Anzeigetafeln in der U-Bahn zu lesen, eine Präsentation zu halten und das zugehörige Handout zu erstellen,… Um die Fähigkeiten des Lesens, des Schreibens und der Literalität erlernen und somit den Schriftspracherwerb gewährleisten zu können, bedarf es nach Auffassung von Schründer-Lenzen „der Aktivierung von Kontextwissen und der Wechselwirkung zwischen Teilaktivitäten wie Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Motivation, kognitive Flexibilität, Abstraktionsfähigkeit und phonologischer Bewusstheit.“6

In Bezug auf die vorliegende Studie gibt es einige Literalitätsmerkmale, die sich in der Studie als Kriterien des Basiskatalogs zeigen, auf die bei der Korrektur der Texte geachtet wurde, welche auch Grießhaber in seinem Werk anführt: „Überschrift/Titel; Raum-zeitliche Situierung des Geschehens; Einführung und Individualisierung der Personen; Ereignisse; Textgliedernde Mittel; Mittel zur Verkettung propositionaler Gehalte; eine den Text abschließende Passage.“7

3.4 Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb

Tracy weist in ihrem Werk (2008: 5-6) darauf hin, dass die Fähigkeit, Sprache oder Sprachen zu erlernen Teil der genetischen Veranlagung des Menschen ist. Doch gewisse Voraussetzungen müssen vorhanden sein, damit wir solche Dinge ausreichend erlernen können. So ist es auch beim Schriftspracherwerb. Mannhaupt schreibt in seinem Buch (2001: 85 ff.) über einige Voraussetzungen, die man als Mensch mitbringen sollte, um gewährleisten zu können, die Schriftsprache umfassend zu erlernen bzw. die im Schriftsprachenerwerb wesentlich sind. Dies sind unter anderem allgemein kognitive Fertigkeiten, visuelle Fertigkeiten, sprachliche Fertigkeiten und Gedächtnisfertigkeiten. Dabei betont er, genau wie Schründer-Lenzen (2009: 33-34), explizit die Wichtigkeit der phonologischen Bewusstheit, die als zentrale Variable für den Erfolg des schulischen Schriftspracherwerbs gilt. Gedächtnis, Aufmerksamkeit und phonologische Bewusstheit sind drei Faktoren, die nach aktuellem Forschungsstand den Schriftspracherwerb beeinflussen und ermöglichen. Obgleich die beiden ersten Faktoren eher in den Hintergrund geraten, wird der phonologischen Bewusstheit einstimmig die größte Wichtigkeit zugeschrieben. Aufgrund der positiven Dominanz der phonologischen Bewusstheit, wird diese als zentrale Fähigkeit angeführt.

3.4.1 Phonologische Bewusstheit – Die zentrale Vorläuferfähigkeit

Nach Schründer-Lenzen versteht man unter der phonologischen Bewusstheit „eine metakognitive Fähigkeit, mit der es möglich ist, […] sich auf den lautlichen Aspekt von Sprache zu konzentrieren.“8 Diese Kompetenz beinhaltet Abstraktionsfähigkeit, die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung und eine überlegte, explizite Kontrolle. Mit Hilfe dieser Fertigkeit kann zwischen gereimten und ungereimten Wörtern unterschieden werden, kann man feststellen ob sich Wörter reimen oder nicht, eine rhythmisch melodische Differenzierung eines Wortes oder die Unterteilung in Sprechsilben stattfinden. Innerhalb des primären Spracherwerbs (im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren) erwerben Kinder die Fähigkeit, für Lautaspekte sensibel zu sein. Sie bemerken beispielsweise, wenn sie korrigiert werden und versuchen, die eigenen Fehler durch wiederholen zu verbessern. Dieser Lautaspekt kann durch verschiedenste Singspiele, Reime, Lieder, Zungenbrecher usw. schon und wahrscheinlich am Besten im Vorschulalter, also im Kindergarten, geübt und trainiert werden. Dieses Korrigieren der eigenen Fehler und Trainieren des Lautaspekts dient auch der Entwicklung des Wortschatzes, der mit zunehmendem Alter ansteigt und bei ca. sieben Jahren bei bis zu dreitausend Wörtern liegt. Diese rasche Zunahme des Wortschatzes/Vokabulars wird auch als Wortschatzspurt bezeichnet. Es gibt eine Unterscheidung zwischen der phonologischen Bewusstheit im engeren und im weiteren Sinn. Was man darunter genau versteht, definieren Mannhaupt (2013: 84-95) und Schründer-Lenzen (2009: 88) in ihren Werken. Unter der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne versteht man die Fähigkeit Reime zu bilden und zu erkennen, Silben zu segmentieren und zusammenzusetzen, Laute zu assoziieren und Vokale im Anlaut zu erkennen. Im Gegensatz dazu verlangt die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne, die Fähigkeit zu besitzen, ganze Wörter auf lautliche Bestandteile hin abhören zu können. Auch der sichere Umgang mit Phonemen soll beherrscht werden, beispielsweise Lautsegmentierung und Phonemisolierung.

Nun wurde zwar erläutert, was phonologische Bewusstheit ist, welche Bedeutung sie jedoch hat, ist noch umstritten und heiß diskutiert. Einige Forscher vertreten den Standpunkt, dass die phonologische Bewusstheit als Vorläufer des Schriftspracherwerbs gilt. Dazu analysierte man Studien, bei denen herauskam, dass es sich hier um phonologische Bewusstheit im engeren Sinne handeln musste. Manche wiederum sind der Ansicht, dass sie als Folge oder Ergebnis des Schriftspracherwerbs fungiert. Auch hier wurden Studien durchgeführt, die zu dem Ergebnis kamen, dass es sich hierbei um phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne handelte. Mannhaupt schreibt über eine Studie von Carillo (1994), durch die bei spanischen Kindern nachgewiesen werden konnte, dass phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne schon im Kindergarten ausgebildet wird, phonologische Bewusstheit im engeren Sinne aber den Schriftspracherwerb benötigt.

4 Ziel der Untersuchung und Fragestellung

Ziel der Untersuchung war es festzustellen, wie viele Kinder dem Basiskriterienkatalog des bifie’s gerecht werden und diesen erfüllen können. Im Themenheft für den Kompetenzbereich „Verfassen von Texten“ (2012: 123) wird darüber geschrieben, dass viele dieser Kriterien, die im Basiskriterienkatalog verankert sind, auch im Lehrplan für die Volksschule für das Unterrichtsfach Deutsch angeführt und gefordert werden. Man hat also gewisse Erwartungen an die Schüler und Schülerinnen der Volksschule und fordert diese auch ein. Und genau darauf zielt diese Studie ab. Festzustellen, ob diese Kriterien und Erwartungen überhaupt bewältigbar sind und erfüllt werden können. Dahingehend wurde auch die Fragestellung formuliert: „Wie viele Schüler und Schülerinnen der Volksschule Bad Dürrnberg sind in der Lage, den Basiskriterienkatalog zur Schreibabsicht Erzählen zu erfüllen?“

5 Methodik

5.1 Verwendete Materialien

Die Materialien, die in dieser Studie zum Einsatz kamen, stammen ursprünglich aus dem Themenheft für den Kompetenzbereich „Verfassen von Texten“ (2012), welches auf der Homepage des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens zu finden ist. In diesem Heft werden unter anderem Basiskriterienkataloge angeführt, welche die Lehrkräfte bei der Beurteilung von Schülertexten unterstützen sollen, und ein hohes Maß an Objektivität, Fairness und Transparenz ermöglichen. Sie werden als Grundlage der Bewertung und anschließenden Beurteilung von Texten gesehen. Diese Kataloge beziehen sich auf die drei Schreibabsichten Erzählen, Informieren und Appellieren.

Im Lehrplan der Volksschule (2003: 2) wird im Teilbereich Verfassen von Texten folgendes von den SuS erwartet: Schüler und Schülerinnen sollen sich auf der Grundlage ihrer persönlichen Mitteilungsbereitschaft und der erworbenen Fähigkeiten in den Bereichen Sprechen, Schreiben und Rechtschreiben selbstständig schriftlich äußern können. Sowohl ichbezogen, als auch partnerbezogen. Das heißt der Lehrplan nennt Kompetenzen, über die Schüler und Schülerinnen am Ende der vierten Klasse verfügen sollen. Doch wie soll man überprüfen, ob diese Fähigkeiten wirklich ausreichend erworben wurden? Und genau hier kommen die Kriterienkataloge ins Spiel. Diese erleichtern das Bewerten und Beurteilen der Leistung der Schüler und Schülerinnen und ermöglichen lernorientierte Rückmeldungen sowie Ansatzpunkte für die Weiterarbeit. Für die Studie an der Volksschule Bad Dürrnberg wurde der Basiskriterienkatalog zur Schreibabsicht Erzählen verwendet. Dieser Katalog wurde der zentralen Fragestellung dieser Arbeit angepasst und ihn dahingehend modifiziert.

5.1.1 Modifizierter Basiskriterienkatalog zur Schreibabsicht Erzählen

Der Basiskriterienkatalog in dem Themenheft des bifie kann für alle Textsorten der Schreibabsicht Erzählen verwendet werden. Der vorliegende Katalog behandelt vier Bereiche. Ein wesentlicher Bereich ist der Inhalt, in dem es grundlegend einmal darum geht, die Schreibabsicht zu erfüllen. Darüber hinaus wird von den Schülern und Schülerinnen erwartet, den Protagonisten des Textes Namen zu geben, die geforderten W-Fragen in der Einleitung zu beantworten und eine Überschrift zu formulieren, die für den Leser/die Leserin ansprechend ist und neugierig macht. Schülerinnen und Schüler sollen die Kompetenz haben, die Erzählperspektive einzuhalten und einen Text zu verfassen, der dem Thema der Aufgabenstellung entspricht. Ein weiterer Bereich ist der Aufbau. Hier ist es wichtig, dass der Verfasser eines Textes die Kompetenz besitzt, die Struktur eines erzählenden Textes aufrecht zu erhalten, im Falle der Bildgeschichte die Reihenfolge der Bildgeschichte beizubehalten und keine Bilder zu vergessen. Zusätzlich sollte man in einem erzählenden Text immer auf einen aufbauenden Spannungsbogen achten, der in einem Höhepunkt endet. Gedankensprünge oder Unstimmigkeiten sollten vermieden werden. Abwechslungsreich gestaltete Satzanfänge und sinnvoll miteinander verbundene Sätze sind Fähigkeiten, die unter den Bereich der sprachlichen Angemessenheit fallen. Wortwiederholungen sollten unbedingt vermieden werden. Die sprachliche Richtigkeit ist der Bereich, der den vorliegenden Kriterienkatalog komplett macht. Die Rechtschreibung rückt hier in den Vordergrund. Schülerinnen und Schüler sollten die Fähigkeit besitzen, mit ihrer Rechtschreibung den Anforderungen des Lehrplans gerecht zu werden. Außerdem sollten sie die Kompetenz besitzen, Wörter und Sätze grammatikalisch richtig zu bilden und die Erzählzeit während des ganzen Textes beizubehalten. Die vorliegende Studie beschäftigt sich im Besonderen mit der Bildgeschichte, deshalb musste der Basiskriterienkatalog des bifie auf diese Textsorte abgestimmt und daher verändert und teilweise ergänzt werden.

[...]


1 Agi Schründer-Lenzen: Schriftspracherwerb und Unterricht. Bausteine professionellen Handlungswissens. 3. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009, S. 14.

2 Wilhelm Grießhaber: Spracherwerbsprozesse in Erst- und Zweitsprache. Eine Einführung. 2. Aufl. Duisburg: Universitätsverlag Rhein-Ruhr 2013, S. 90.

3 Wilhelm Grießhaber: Spracherwerbsprozesse in Erst- und Zweitsprache, S. 90.

4 Vgl. ebd.

5 Vgl. ebd.

6 Agi Schründer-Lenzen: Schriftspracherwerb und Unterricht, S. 15.

7 Wilhelm Grießhaber: Spracherwerbsprozesse in Erst- und Zweitsprache, S. 97-98.

8 Agi Schründer-Lenzen: Schriftspracherwerb. 4. Aufl. Wiesbaden: Springer VS 2013, S. 86.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Der Schriftspracherwerb in der Volksschule. Ein Basiskriterienkatalog im Test
Hochschule
Universität Salzburg
Note
2
Autor
Jahr
2015
Seiten
30
Katalognummer
V504117
ISBN (eBook)
9783346055484
ISBN (Buch)
9783346055491
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schriftspracherwerb, volksschule, basiskriterienkatalog, test
Arbeit zitieren
Josepha Stangassinger (Autor:in), 2015, Der Schriftspracherwerb in der Volksschule. Ein Basiskriterienkatalog im Test, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504117

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