Schulische Bildung junger Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland


Examensarbeit, 2004

106 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Begrifflichkeiten
2.2 Datenlage
2.3 Migration und zukünftige Entwicklung der Zuwanderung
2.4 Die ausländische Wohnbevölkerung
2.5 Zusammensetzung der ausländischen Schülerschaft

3 Schulbesuch und Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund
3.1 Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
3.1.1 Bildungsbeteiligung an den Schulformen der Sekundarstufe I und II
3.1.2 Niveau der Schulabschlüsse
3.1.3 Bildungsbeteiligung an den Schulformen des Zweiten Bildungswegs
3.2 Besondere Problemstellungen der schulischen Situation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
3.2.1 Regionale und nationalitätenspezifische Unterschiede in der Bildungsbeteiligung
3.2.2 Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien an der Sonderschule für Lernbehinderte
3.2.3 Klassenwiederholer, Schultypwechsel und geschlechterspezifische Unterschiede
3.3 Schulleistungsvergleichstudie „Programme for International Student Assessment“ (PISA)
3.4 Datenkritik zu den offiziellen Schulstatistiken und der PISA-Studie

4 Erklärungsansätze für die Bildungsbenachteiligung der nichtdeutschen Schülerschaft
4.1 Erklärungsmöglichkeiten für die Bildungsbenachteiligung
4.2 Sozio-kulturelle Faktoren
4.2.1 Kulturdifferenzhypothese und Passungsthese
4.2.2 Verbleiborientierung und Einreisezeitpunkt
4.2.3 Kulturelles Milieu im Elternhaus
4.2.4 Bildungserwartungen der Eltern, Selbstplatzierung und Transmigration
4.3 Sozio-ökonomische Faktoren
4.3.1 Bildungsniveau und soziale Stellung der Eltern
4.3.2 Haushaltsgröße und Haushaltsnettoeinkommen
4.3.3 Wohngebiete und Wohnverhältnisse
4.4 Schulorganisatorisch-politische Faktoren
4.4.1 Schul- und Bildungspolitik
4.4.2 Schulsystemimmanente Faktoren
4.5 Sprache und Sprachkompetenz

5 Schulische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund
5.1 Förderung in der Grundschule
5.2 Förderung in der Sekundarstufe I
5.3 Interkulturelle Aspekte im Curriculum verschiedener Fächer
5.4 Lehrerbildung

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Fokus dieser Arbeit richtet sich auf die Darstellung der schulischen Bildung junger Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland. Im Kern dieser Arbeit werden primär der Schulbesuch und die erbrachten schulischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund dargestellt, analysiert und bewertet. Der Arbeit liegt die zentrale These zugrunde, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem nicht dieselben Chancen für eine erfolgreiche Schulkarriere besitzen, wie die Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund.

Das zweite Kapitel dient der Einführung in die Thematik und stellt die Bedeutung der Migration für die Bundesrepublik Deutschland dar. Nachdem die für diese Arbeit relevanten Begrifflichkeiten definiert und kritisch betrachtet werden, wird auf die Defizite der Datenerfassung und ihre Bedeutung für diese Arbeit eingegangen. Anschließend erfolgt eine Betrachtung der Migration und die zukünftige Entwicklung der Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland um schließlich einen Überblick über die Zusammensetzung der ausländischen Wohnbevölkerung und der ausländischen Schülerschaft Deutschlands zu geben. Das dritte Kapitel umfasst den Schulbesuch und die Leistungen der Schülerschaft mit Migrationshintergrund. Im Rahmen dieses Kapitels wird zunächst die Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an den Schulformen des allgemeinbildenden Schulwesens betrachtet und eine Übersicht über ihre erreichten Schulabschlüsse geliefert. Im Rahmen der Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund erfolgt auch eine Darstellung ihrer Repräsentanz an den Schulformen des zweiten Bildungsweges. Zudem wird auf besondere Problemstellungen der schulischen Situation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und im Rahmen dessen auf regionale und nationalitätenspezifische Unterschiede in der Bildungsbeteiligung eingegangen und auf eventuelle Disparitäten hingewiesen. Anschließend wird die Repräsentanz der Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen für Lernbehinderte dargestellt und daraufhin die Klassenwiederholerdaten aufgezeigt. Dann erfolgt eine Darstellung des Schultypwechsels der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I und eine Skizzierung von geschlechtsspezifischen Unterschieden innerhalb der Schülerschaft nichtdeutscher Herkunft. Neben der Darstellung der schulischen Bildungsbeteiligung erfolgt eine Darstellung erfolgt die Vorstellung des Leistungsniveaus der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Rahmen der Schulleistungsvergleichsstudie PISA. So weit möglich erfolgt in den einzelnen Betrachtungsaspekten des Schulbesuchs und der Leistungen der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund ein Vergleich mit den Schülerinnen und Schülern deutscher Herkunft um auf eventuelle Disparitäten und statistische Auffälligkeiten zwischen diesen beiden Gruppen hinzuweisen. Abschließend wird im Kapitel drei eine Datenkritik bezüglich des zur Verfügung stehenden Zahlenmaterials geübt. Im folgenden Kapitel werden Erklärungsansätze für die Bildungsbenachteiligung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund geliefert. Neben der Darstellung der sozio-kulturellen Faktoren, werden als weitere Erklärungsmöglichkeit sozio-ökonomische Faktoren vorgestellt, um dann abschließend auf den Aspekt schulorganisatorisch-politischen Faktoren einzugehen. Im fünften Kapitel wird auf die schulische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund eingegangen. Hier werden Fördermöglichkeiten in der Grundschule und in der Sekundarstufe I aufgezeigt, um dann auf die interkulturellen Aspekte im Curriculum verschiedener Fächer einzugehen. Abschließend erfolgt eine Darstellung der Lehrerbildung im Hinblick auf ihre Qualität in der Aneignung von interkultureller Kompetenz.

Im sechsten Kapitel werden die vorgestellten Daten aus den vorangegangen Kapiteln zusammengefasst dargelegt und kritisch beleuchtet und eine abschließende Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Bildungsbeteiligung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen.

2 Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland

2.1 Begrifflichkeiten

Die Begriffe „Ausländerin/Ausländer“, „ausländische Schülerin/ausländischer Schüler“ werden im Verlauf dieser Arbeit in rechtlichen und statistischen Zusammenhängen verwendet. In diesem Kontext gehören die Begriffe „Ausländerin/Ausländer“, „ausländische Schülerin/ausländischer Schüler“ zur Fachsprache und werden zur Kategorisierung von Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit genutzt.

Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Begriffe „Ausländerin/Ausländer“ und „ausländische Schülerin/ausländischer Schüler“ unter migrations- und bildungstheoretischen Gesichtspunkten als problematisch einzustufen sind. Bei der Beurteilung der Situation dieser Gruppe geht es weniger um ihre Staatsangehörigkeit, als vielmehr um den Zuwanderungsprozess und die Integration dieser Menschen in die deutsche Gesellschaft. (vgl. Herwartz-Emden 2003: 661) Zudem suggerieren die Begriffe „Ausländerin/Ausländer“, „ausländische Schülerin/ausländischer Schüler“ eine Homogenität der Migranten in der Bundesrepublik Deutschland, die nicht gegeben ist.[1] Im Verlauf dieser Arbeit sind diese Begriffe trotz ihrer problematischen Implikationen als wertneutral anzusehen.

Im Übrigen werden die Begriffe „Migrant“, welcher sowohl in Deutschland lebende Personen ausländischer Staatsangehörigkeit als auch Eingebürgerte umfasst und international üblich ist, „Zuwanderer“ oder die Bezeichnung „Personen nichtdeutscher Herkunft“ verwendet. Da viele Kinder und Jugendliche in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und somit über keine eigenen Migrationserfahrungen verfügen, werden Bezeichnungen wie „Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund“ oder „Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien“ benutzt. In diesem Zusammenhang muss jedoch auch der Begriff „Migrant“ oder „Zuwanderer“ problematisiert werden. „Die Sozialwissenschaft hat das begriffliche Dilemma bisher nicht aufzulösen vermocht – „Menschen mit Migrationshintergrund“ oder „aus Zuwandererfamilien“, „Fremde“, „ethnische Minderheiten“, „Allochthone“ und erst recht „Ausländer“ bergen allesamt Abgrenzungsprobleme oder problematische Implikationen“ (Sen et al. 2001: 16).

2.2 Datenlage

Sowohl für die Daten der ausländischen Wohnbevölkerung im Allgemeinen als auch für die Daten der ausländischen Schülerschaft im Speziellen gestaltet sich die von öffentlichen und statistischen Ämtern erfasste Zahlenlage als schwierig. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 280) Das Kriterium der Staatsangehörigkeit als einziges Merkmal zur Erfassung des Migrationsstatusses ist begrenzt aussagekräftig, da Personen mit Migrationshintergrund, die einen deutschen Pass besitzen, nicht in die Ausländerstatistiken eingehen. Im statistischen und rechtlichen Sinne gelten sie als deutsche Staatsbürger und werden auch als solche erfasst.[2] Dieser Umstand betrifft insbesondere die Aussiedler und Spätaussiedler und deren Nachkommen. Obwohl sie faktisch Migranten sind, werden sie nicht gesondert aufgeführt, sondern gehen in die deutschen Statistiken ein. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 1; Karakasoglu-Aydin 2001: 279f.) Dieselbe Schwierigkeit der statistischen Erfassung gilt für die zunehmende Zahl der Migranten und deren Nachkommen, insbesondere jene aus den ehemaligen Anwerbestaaten, die aufgrund von Einbürgerung oder dem Geburtsrecht[3] über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen. (vgl. Hornberg 2000: 4)

Für die Statistiken der ausländischen Schülerinnen und Schüler stellt die uneinheitliche Aufführung der Schüler aus dem ehemaligen Jugoslawien ein Problem dar. Einige Bundesländer führen sie unter „Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien“ andere als „jetziges Jugoslawien“. Alle diejenigen Personen, die nicht aus diesem Gebiet kommen (z.B. Schülerinnen und Schüler aus Bosnien und Kroatien) werden der Rubrik „Sonstige“ zugerechnet, was jedoch ein Nachvollziehen des Verbleibs dieser nicht unerheblich großen Schülerschaft unmöglich macht. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 280f.) Gesicherte Erkenntnisse über den schulischen Verbleib von Flüchtlingskindern sind fast unmöglich, da die Regelungen für die schulische Einbindung dieser Kinder von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind und ihre Anzahl in Schulen nur in einigen Bundesländern statistisch erfasst wird. (vgl. ebda.: 281) Ein weiteres Problem stellt die statistische Erfassung von Kindern von Zirkusangehörigen und Fahrenden dar. Aufgrund ihrer räumlichen Mobilität nehmen diese Kinder nicht regelmäßig am Schulbesuch teil und werden in den Schülerstatistiken nicht gesondert erfasst. (vgl. Hornberg 2000: 4)

2.3 Migration und zukünftige Entwicklung der Zuwanderung

Die Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland ist nicht erst ein Phänomen der Nachkriegszeit oder ein historischer Ausnahmefall. Vielmehr ist Migration ein Charakteristikum von modernen Gesellschaften und eine stetige und rege Erfahrung der meisten Staaten in der Welt. (vgl. Hornberg 2000: 3; Münz 1997: 35) Die europäische Geschichte ist geprägt von der Zu- und Abwanderung von Millionen von Menschen.[4] Städtische Konglomerate und Großstädte bildeten und bilden, dabei die Hauptanziehungspunkte für Migranten. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 21)

Betrachtet man Deutschland aus der historischen Perspektive, wird deutlich, dass eine multikulturelle, multiethnische und multisprachliche Zusammensetzung der Wohnbevölkerung kein neues Phänomen, sondern vielmehr eine stets wiederkehrende gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland ist. Die heute beobachtbare sprachliche und kulturelle Vielfalt in der Bundesrepublik Deutschland verdankt sich im hohen Maße der Migration seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. (vgl. ebda.) Der Schwerpunkt der Zuwanderung und damit auch der Schwerpunkt der Betrachtung der schulischen Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt aus historischen Gründen in den westlichen Bundesländern. Der Anteil der Migranten in der ehemaligen DDR war immer wesentlich geringer, als der in der BRD. (vgl. Herwartz-Emden 2003: 671)

Ab Mitte der 1950er Jahre schloss die BRD bilaterale Verträge zur offiziellen Rekrutierung von Arbeitskräften mit den Ländern Italien, Spanien, Türkei, Griechenland, Marokko, Tunesien, Portugal und Jugoslawien. Bei den angeworbenen Personen handelte es sich hauptsächlich um junge männliche Arbeitsmigranten. Durch den einsetzenden Familiennachzug Anfang der 1970er Jahre, der den Arbeitsmigranten ermöglichte, ihre Familien aus den Heimatländern in die BRD zu holen, stieg der Anteil der Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland erheblich an. (vgl. Powell/Wagner 2001: 32f.) Infolge der wirtschaftlichen Rezession Mitte der 1960er Jahre erfolgte 1972 der sogenannte „Anwerbestop“ von Arbeitskräften aus dem Ausland. Ab 1983, unterstützt durch finanzielle Anreize der BRD, kam es zu einer verstärkten Rückwanderung von Arbeitsmigranten zurück in ihre Heimatländer. Die Mehrzahl der Arbeitsmigranten und ihre Familien blieben jedoch in Deutschland, da die Heimatländer zumeist keine attraktiven ökonomischen und sozialen Perspektiven boten. (vgl. ebda.: 33) Die Migranten aus den ehemaligen Anwerbestaaten, stellen heute den Hauptbestandteil der nichtdeutschen Wohnbevölkerung Deutschlands. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 24)

Zu Beginn der 1990er Jahre erfolgte im Zuge des jugoslawischen Bürgerkriegs eine große Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus diesem Gebiet. Derzeit sind die wichtigsten Zuwanderungsgruppen die Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen UdSSR, Polen und Rumänien. (vgl. Herwartz-Emden 2003: 669)

Die Wanderungsbewegungen von Menschen in den verschiedensten Formen und Ausprägungen werden in den kommenden Jahren weltweit zunehmen. (vgl. Angenendt 1997: 1) Dies gilt auch für die Entwicklung der Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschaland. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 26) Dafür sprechen verschiedene Faktoren. Zum einen wird die in absehbarer Zeit erfolgende Erweiterung der Europäischen Union zusätzliche Zuwanderung, auslösen. Zum anderen spricht für eine Zunahme der Zuwanderung in die Bundesrepublik die Tatsache, dass in deutschen Familien weniger Mädchen geboren werden als zur Bestandserhaltung der Bevölkerung notwendig wäre. Dies ist kein spezifisches Problem Deutschlands, sondern eine Entwicklung, die weltweit beobachtbar ist. Die Partnerschafts- und Heiratsmigration wird daher zukünftig einen großen Bestandteil der wachsenden Zuwanderung ausmachen. Einen weiteren Faktor für eine steigende Migration stellt die zunehmende Alterung der deutschen Bevölkerung dar. Sie wird zu einem Anwachsen des Bedarfs an jüngeren Menschen führen, die Dienste wie die Versorgung und Pflege von älteren Menschen abdecken. Dieser Bedarf auf dem Dienstleistungssektor wird langfristig nur durch eine Zuwanderung aus dem Ausland abgedeckt werden können. Beide Faktoren sprechen dafür, dass tendenziell eine zunehmende Nachfrage nach Migrantinnen gegeben sein wird und die Zuwanderung von gering entlohntem Personal, insbesondere im pflegerischen Sektor, zunehmen wird. (vgl. ebda.)

2.4 Die ausländische Wohnbevölkerung

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten Mitte 2004 insgesamt 7,348 Mio. Ausländerinnen und Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland. Dies entspricht einem Anteil von 8,9% an der Gesamtbevölkerung Deutschlands. (vgl. Statistisches Bundesamt 2004) Im europäischen Vergleich liegt diese Quote der ausländischen Wohnbevölkerung im oberen Bereich. Den höchsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung in Europa hat jedoch die Schweiz zu verzeichnen, gefolgt von Luxemburg. Belgien und Deutschland stehen an dritter Stelle. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 294) Beim Vergleich der Ausländerquoten auf europäischer Ebene muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Anteil an Ausländerinnen und Ausländern nicht nur vom Zu- oder Abwanderungsverhalten, der Geburtenentwicklung oder der Sterblichkeit, sondern „(...) stark von der jeweiligen Einbürgerungspraxis und dem Staatsbürgerschaftsrecht abhängt“ (Herwartz-Emden 2003: 665). Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht stellt hohe Anforderungen an die einbürgerungswilligen Ausländerinnen und Ausländer, was den Erhalt der Deutschen Staatsbürgerschaft für Migranten in der BRD erschwert.[5] (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 274; Herwartz-Emden 2003: 665) Dies erklärt auch, warum im Vergleich zu anderen EU-Ländern die Anzahl der Migranten mit deutscher Staatsangehörigkeit relativ gering ist, obwohl viele der Zuwanderer seit langer Zeit in der Bundesrepublik leben. (vgl. Herwartz-Emden 2003: 665)

Betrachtet man die prozentuale Verteilung der ausländischen Bevölkerung auf die einzelnen Bundesländer, wird deutlich, dass der Anteil der ausländischen Bevölkerung von Bundesland zu Bundesland stark variiert. Bezogen auf das Jahr 2003 lebten in den vier Flächenstaaten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen 70% aller Ausländerinnen und Ausländer. Bundesweit hat Hamburg mit 14,6% den höchsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung, gefolgt von Bremen mit 12,7% und Berlin mit 13,2%. Den geringsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung verzeichnen die neuen Bundesländer, in denen der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung bei ca. 2% liegt.[6] Bezogen auf einzelne Städte der Bundesrepublik Deutschland weisen Köln, Ludwigshafen und Düsseldorf mit rund 20%, gefolgt von Stuttgart und München mit rund 24%, den höchsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung auf. An der Spitze der Großstädte mit dem höchsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung steht Frankfurt am Main mit 30,1%. (vgl. Statistisches Bundesamt 2004a)

Die ausländische Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist eine sehr heterogene Gruppe. Dies äußert sich zum einen in den unterschiedlichen Motiven, die eine Migration in die BRD ausgelöst haben. Zum anderen unterscheiden sie sich in ihren Aufenthaltserwartungen, ihren Aufenthaltsstationen, ihrer tatsächlichen Aufenthaltsdauer und ihrem jeweils rechtlich gesonderten Status. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 273f.; Herwartz-Emden 2003: 661f.; Bund Länder Kommission 2003: 21f.) Im Wesentlichen lässt sich die ausländische Wohnbevölkerung Deutschlands daher grob in folgende Migrationsgruppen von unterschiedlichem qualitativem Gewicht aufteilen:

- Arbeitsmigranten aus den süd- und südosteuropäischen ehemaligen Anwerbeländern
- Deutschstämmige Aussiedler aus Rumänien, Polen und Ländern der ehemaligen Sowjetunion
- Bürgerkriegsflüchtlinge (Kontingentflüchtlinge) und Asylbewerber
- Zuwanderer aus Ländern der EU sowie sonstige Personen, die im Rahmen der internationalen Arbeitsmobilität nach Deutschland kommen. (vgl. Baumert/Schümer 2001: 341)

Differenziert man die ausländische Wohnbevölkerung nach den häufigsten Staatsangehörigkeiten, so ergibt sich folgendes Bild für die Bundesrepublik Deutschland:

Tabelle 2.1: Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland nach den häufigsten Staatsangehörigkeiten am 31.12.2001

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 425

Tabelle 2.1 verdeutlicht, dass nach wie vor die Menschen aus den ehemaligen Anwerbestaaten den Großteil der ausländischen Wohnbevölkerung Deutschlands ausmachen. Bezogen auf das Jahr 2001 bilden die Türken mit 26,6% die größte in Deutschland lebende ethnische Gruppe, gefolgt von den Personen aus der Bundesrepublik Jugoslawien mit 8,6%. Der Anteil der italienischen Staatsangehörigen liegt bei 8,4%, der der Griechen bei 5,0%, der der Polen bei 4,2% und der der Kroaten bei 3,1%. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 295)

Im Zusammenhang mit der schulischen Bildung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunft ist die Betrachtung des Altersaufbaus der ausländischen Bevölkerung Deutschlands interessant.

Tabelle 2.2: Ausländische Bevölkerung in der BRD am 31.12.2001 nach Altersgruppen und in Deutschland Geborene

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.) Anteil an der Gesamtzahl der Ausländerinnen und Ausländer

2.) Anteil an der Gesamtzahl der Altersgruppe

Quelle: Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 426

Tabelle 2.2 verdeutlicht die Verteilung der Ausländerinnen und Ausländer auf die verschiedenen Altersgruppen. Zudem gibt sie Auskunft über die Anzahl der Kinder und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft, die in Deutschland geboren sind. Im Jahr 2001 waren insgesamt 1,46 Mio. der in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer unter 18 Jahre alt, was einem Anteil von 20,0% entspricht. Der entsprechende Anteil dieser Altersgruppe an der deutschen Bevölkerung lag im Jahr 2001 bei 18,5%. Die Altersgruppe zwischen 18 und 65 Jahren bildete insgesamt 5,48 Mio. Ausländerinnen und Ausländern einem Anteil von 74,9% an der Gesamtzahl der Ausländer entspricht. Bei der deutschen Bevölkerung lag der entsprechende Anteil bei 63,7%. Die über 65-Jährigen machten 5,1% der ausländischen Bevölkerung Deutschlands aus, während der entsprechende Anteil bei den Deutschen bei 17,8% lag. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 295)

Die dargestellten Anteile der einzelnen Altersgruppen an der Gesamtzahl der Ausländerinnen und Ausländer verdeutlichen eine demografische Besonderheit der ausländischen Wohnbevölkerung Deutschlands. Die zugewanderte Wohnbevölkerung ist deutlich jünger als die deutsche Bevölkerung. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 279; Bund Länder Kommission 2003: 26; Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 295) Diese demografische Besonderheit der ausländischen Bevölkerung ist auf zwei Gründe zurückführbar: Einerseits erfolgt die Migration meist in jungen Jahren. Zum anderen ist die Fertilität in Zuwandererfamilien höher als in deutschen Familien.[7] (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 26) Für die Beurteilung der schulischen Bildung der Schülerinnen und Schüler ist auch ihr Geburtsort von Interesse. Tabelle 2.2 verdeutlicht, dass ein Großteil der unter 18-Jährigen Kinder und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft in Deutschland geboren ist. Fast 87% der unter 6-jährigen Kinder nichtdeutscher Herkunft sind in Deutschland geboren. Bei den unter 18-Jährigen lag der entsprechende Anteil bei etwas über 60%.

Als ein Maßstab für die Bindung der ausländischen Wohnbevölkerung an die Bundesrepublik sowie für ihre Absicht sich dauerhaft niederzulassen, kann die Aufenthaltsdauer der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland angesehen werden. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 274; Hornberg 2000: 35)

Tabelle 2.3: Ausländische Bevölkerung in Deutschland nach Aufenthaltsdauer am 31.12.2003

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: vgl. Statistisches Bundesamt 2004b

Ende 2003 lebten 14% der ausländischen Wohnbevölkerung sechs Jahre und mehr in der Bundesrepublik Deutschland. 10 Jahre und mehr lebten 27% der Personen nichtdeutscher Herkunft in Deutschland. Eine Aufenthaltsdauer von 20 Jahren und mehr konnten 34% der Ausländerinnen und Ausländer in der BRD vorweisen.

Die lange Aufenthaltsdauer eines großen Teiles der ausländischen Wohnbevölkerung und die Tatsache, dass die Mehrheit der unter 18-jährigen in Deutschland geboren ist, verdeutlicht, dass die ausländische Wohnbevölkerung ein fester Bestandteil der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 299)

2.5 Zusammensetzung der ausländischen Schülerschaft

Gemäß den amtlichen Statistiken besuchten im Schuljahr 2002/2003 rund zehn Millionen Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Deutschland. Davon waren rund 1,6 Mio. Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Dies entspricht einem Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler an der gesamten Schülerschaft von 9,8%. Dieser Anteil, der über dem Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in Deutschland liegt, drückt die in Kapitel 2.4 dargestellte demografische Besonderheit der ausländischen Wohnbevölkerung aus. Die allgemeinbildenden Schulen besuchten 961.400 (83,2%) der ausländischen Schülerinnen und Schüler. Berufliche Schulen besuchten 194.300 (16,8%) Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft. (vgl. Statistisches Bundesamt 2004c)

In der Verteilung der nichtdeutschen Schülerschaft auf die einzelnen Bundesländer und in ihrer ethnischen Zusammensetzung, spiegeln sich die Daten aus Kapitel 2.4 wieder. Betrachtet man die Verteilung der nichtdeutschen Schülerschaft auf die einzelnen Bundesländer, so zeigt sich folgendes Bild: Im Vergleich der Bundesländer weisen Bremen mit 40,7% und Hamburg mit 38,5% die höchsten Anteile von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunft auf. In den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg machen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund fast 30% der Schülerschaft aus. 25% der Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz und 22,4% der Schülerschaft in Bayern sind nichtdeutscher Herkunft. In den östlichen Bundesländern liegen die Anteile bei maximal 5%. Die vorgestellten Daten verdeutlichen, dass die einzelnen Bundesländer im Hinblick auf die Integrationsleistungen, die sie zu erbringen haben, schon aufgrund der Quantität der zu beschulenden Kinder und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft unterschiedlich stark gefordert sind. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 13).

Der überwiegende Teil der ausländischen Schülerinnen und Schüler besaß im Schuljahr 2002/2003 die Staatsangehörigkeit eines ehemaligen Anwerbelandes. Den Großteil der nichtdeutschen Schülerschaft stellten mit 40,2% die Kinder und Jugendlichen mit türkischer Staatsangehörigkeit, gefolgt von den Schülerinnen und Schülern mit der Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates des ehemaligen Jugoslawien (13,9%). Italienische, griechische, portugiesische oder spanische Staatsbürger waren 17,8% der ausländischen Schülerinnen und Schüler. Eine außereuropäische Herkunft hatten 16,1% der nichtdeutschen Schülerschaft, von denen der überwiegende Teil (8,8%) aus Asien stammte. (vgl. Statistisches Bundesamt 2004d) Die ausländische Schülerschaft ist, auch – bezogen auf die Nationalität – quantitativ unterschiedlich über die Bundesländer verteilt. In Bayern und Baden-Württemberg leben überwiegend Schülerinnen und Schüler, deren Familien aus dem ehemaligen jugoslawischen Raum und Italien stammen. Der überwiegende Teil der nichtdeutschen Schülerschaft in den nördlichen und mittleren Teilen der alten Bundesrepublik wird aus Kindern und Jugendlichen gebildet deren Familien eine türkische, spanische, griechische oder polnische Herkunft haben. (vgl. Thränhardt 1999: 26)

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft keine „Seiteneinsteiger“[8] in das deutsche Bildungssystem sind. Etwa 80% der 10- bis unter 15-jährigen und ca. zwei Drittel der 15- bis unter 20-jährigen leben seit der Einschulung in der Bundesrepublik Deutschland. Sie werden oder haben das deutsche Bildungssystem vollständig durchlaufen. (vgl. Herwartz-Emden 2003: 679)

Im folgenden Kapitel wird nun die schulische Bildung der ausländischen Schülerschaft differenziert dargestellt.

3 Schulbesuch und Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund

3.1 Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

3.1.1 Bildungsbeteiligung an den Schulformen der Sekundarstufe I und II

Eine besondere Bedeutung für die zukünftige Bildungs- und Erwerbskarriere von Kindern, kommt dem Besuch eines bestimmten Schultyps in der Sekundarstufe zu. Er ist ausschlaggebend für den zu erreichenden Schulabschluss, welcher wiederum entscheidend für den Zugang zu höheren Bildungseinrichtungen wie Universitäten oder Fachhochschulen ist. Zudem determiniert der Schulabschluss, welche Art von beruflicher Ausbildung nach Beendigung der Schullaufbahn aufgenommen werden kann. (vgl. Diefenbach 2002: 21) Der in der Sekundarstufe I besuchte Schultyp und der erworbene Schulabschluss stellen somit den entscheidenden Filter für zukünftige Positionen im Bildungs- und Erwerbssystem dar. (vgl. ebda.) Tabelle 3.1 illustriert die Anteile von ausländischen Schülerinnen und Schülern an der Schülerschaft in allgemeinbildenden Schulen von 1970 bis zum Schuljahr 2002/2003.

Tabelle 3.1: Anteil ausländischer Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen an der Gesamtzahl der Schüler in Prozent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 283; Hornberg 2000: 45

Betrachtet man die Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund auf der zeitlichen Achse, so ist zwischen 1980 und dem Schuljahr 2002/2003 eine deutliche Verbesserung der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft hinsichtlich des Realschul- und Gymnasialschulbesuchs feststellbar. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen aus Migrantenfamilien an der Realschule stieg von 2,1% im Jahr 1980 auf 6,8% im Schuljahr 2002/2003 und hat sich somit mehr als verdreifacht. Der Anteil der Gymnasiasten stieg im selben Zeitraum von 1,9% auf 3,9% an. Damit hat er sich von 1980 bis zum Schuljahr 2002/2003 mehr als verdoppelt. Einen starken Zuwachs an Schülerinnen und Schülern aus Migrantenfamilien hat auch die Gesamtschule zu verzeichnen. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund stieg von 5,0% im Jahr 1980 auf 12,5% im Schuljahr 2002/2003 und hat sich somit ebenfalls mehr als verdoppelt. Nach wie vor stellt die Hauptschule die am häufigsten besuchte Schulform der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund dar. 18,2% der Hauptschüler im Schuljahr 2002/2003 waren Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien. Als besorgniserregend sind die hohen Anteile der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an den Sonderschulen für Lernbehinderte einzustufen. Hier ist, im Vergleich zu der positiven Entwicklung an den anderen Schulformen des allgemeinbildenden Schulwesens, eine gegenläufige Tendenz feststellbar. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus Migrantenfamilien an Sonderschulen für Lernbehinderte stieg von 7,9% im Jahr 1980 auf 15,8% im Schuljahr 2002/2003. (vgl. hierzu insbesondere Kapitel 3.2.2)

Dieser positive Trend von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien in der Bildungsbeteiligung an den Schulformen der Sekundarstufe I gilt jedoch nur bei ausschließlicher Betrachtung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Vergleicht man die Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in den Schulformen der Sekundarstufe I mit der deutschen Schülerschaft, muss festgestellt werden, dass „Kinder und Jugendliche ausländischer Herkunft (...) im Vergleich zu deutschen Schülern im unteren Bereich der Bildungspyramide deutlich über und im oberen Bereich deutlich unterrepräsentiert“ (Herwartz-Emden 2003: 688) sind. Der Unterschied in der Bildungsbeteiligung lässt sich insbesondere am Gymnasialschulbesuch festmachen. Während jede/r dritte deutsche Schüler/in nach der Grundschule ein Gymnasium besucht, ist dies nur bei jedem fünften Kind mit Migrationshintergrund der Fall. (vgl. Diefenbach 2002: 24; Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 199) Ein weiterer Unterschied besteht in Bezug auf den Hauptschulbesuch, denn Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund besuchen diese Schulform doppelt so häufig wie deutsche Kinder. (vgl. Diefenbach 2002: 24) Eine besonders erhebliche Diskrepanz zwischen Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und den deutschen Schülerinnen und Schülern lässt sich an der Präsenz an der Sonderschule für Lernbehinderte festmachen. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an Sonderschulen für Lernbehinderte ist sechs mal so hoch wie der der deutschen Schülerschaft.[1] Für den Gesamtschulbesuch wird im Vergleich zwischen den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und der deutschen Schülerschaft ein umgekehrtes Verhältnis deutlich. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund besuchen die Gesamtschule häufiger als die Schülerinnen und Schüler deutscher Herkunft.

Im Zusammenhang mit der schulischen Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund wird im Folgenden auch auf die Situation der Schülerinnen und Schüler aus Aussiedlerfamilien eingegangen, da sie faktisch als Zuwanderer anzusehen sind. (vgl. hierzu Kapitel 2.2) Ihre schulische Situation wird exemplarisch an den Daten von 1999 für das Bundesland NRW dargestellt, da es das einzige Bundesland ist, dass die Kinder und Jugendlichen aus Aussiedlerfamilien gesondert aufführt. (vgl. Bundestag Drucksache 14/4357 2000: 183) Die am häufigsten besuchte Schulform ist die Hauptschule, die 28,1% aller Aussiedlerkinder besuchen gefolgt von der Realschule mit 17,5%. Die Gesamtschule besuchten im Jahr 1999 10,3% der Aussiedlerkinder. Das Gymnasium stellt mit 8,3% die am wenigsten besuchte Schulform dar. Die schulische Bildung von Schülerinnen und Schülern aus Aussiedlerfamilien ist im Vergleich mit der Situation der anderen Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund als noch problematischer einzustufen. Dies liegt darin begründet, dass viele der Schülerinnen und Schüler aus Aussiedlerfamilien „Seiteneinsteiger“ in das deutsche Schul- und Ausbildungssystem sind und bei Schuleintritt nur über geringe Deutschkenntnisse verfügen. (vgl. ebda) Der Status des „Seiteneinsteigers“ manifestiert sich bei den Kindern und Jugendlichen aus Aussiedlerfamilien im Alter zum Einreisezeitpunkt. „Etwa ein Viertel der Aussiedler sind beim Zuzug zwischen 6 und 18 Jahren alt, 40% sind unter 25 Jahre alt (...)“ (Herwartz-Emden 2003: 682).

Nach dem Überblick über die Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in der Sekundarstufe I ist in der nachfolgenden Tabelle 3.2 die Bildungsbeteiligung in der Sekundarstufe II dargestellt.

Tabelle 3.2: Anteil der nichtdeutschen Schülerschaft in der Sek. II in Relation zu den 16-19 Jährigen Deutschen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1Legende: BS= Berufsaufbauschule, BGJ= Berufsgrundbildungsjahr, BVJ= Berufsvorbereitungsjahr

2Keine Daten vorhanden

Quelle: Karakasoglu-Aydin 2001: 294

In Tabelle 3.2 sind alle 16-19jährigen erfasst, die sich in einer Form der schulischen Ausbildung befinden, also auch diejenigen, die eine berufliche Schule besuchen.[2] Im allgemein- und berufsbildenden Schulwesen befanden sich, bezogen auf das Jahr 1998, insgesamt 302.320 Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft. Dies entspricht einem Anteil von 84,6% und bedeutet, dass im Jahr 1998 14,4% aller Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft sich in keiner Ausbildung, sei es schulisch oder beruflich, befanden. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 294) Im Vergleich dazu lag die Quote bei den deutschen Schülerinnen und Schülern bei 124,2%, so dass davon auszugehen ist, dass die deutsche Schülerschaft die Sekundarstufe II und ihre unterschiedlichen Angebote entweder anderthalbmal so häufig nutzen oder anderthalbmal so lange durchlaufen wie die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Im Vergleich der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und der deutschen Schülerschaft muss festgestellt werden, dass die deutschen Jugendlichen in größerem Umfang als ihre ausländischen Gleichaltrigen nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulwesens weiterführende Ausbildungsgänge absolvieren.

Als Indikator für einen Platz im dualen Ausbildungssystem kann die Gegenwart der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an den Berufsschulen gesehen werden. (vgl. Hornberg 2000: 48f.) Fast ein Drittel der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zwischen 16 und 19 Jahren hat, bezogen auf das Jahr 1998, keinen Ausbildungsplatz. Demgegenüber stehen lediglich etwas unter 5% der deutschen Schülerinnen und Schülern. Betrachtet man die Anteile der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an den berufsbildenden Schulen auf einer zeitlichen Achse, muss sogar festgestellt werden, dass „[nach] einer Phase steigender Beteiligung an betrieblicher Ausbildung bis Mitte der 1990er Jahre, (...) die Chancen ausländischer Jugendlicher auf einen Ausbildungsplatz wieder gesunken [sind]“ (Bund Länder Kommission 2003: 7). 1995 betrug der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, die eine Ausbildungsstelle nachweisen konnten noch 74,4%, im Jahr 1998 sank er auf 72,8%. (vgl. Tabelle 3.2)

Die zum Ausgleich für ungünstige Bildungsvoraussetzungen bei Jugendlichen sowie zu ihrer Orientierung auf dem Arbeitsmarkt dienenden Schulformen wie das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) und das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), werden von den Schülerinnen und Schülern aus Migrantenfamilien häufiger besucht als von den deutschen. Der Besuch dieser Schulformen ist insofern problematisch, als dass sie keinen besondern qualifikatorischen, sondern eher einen Aufbewahrungs- und „Park“-Charakter besitzen. (vgl. Hornberg 2000: 50) Zudem weisen, bezogen auf das Schuljahr 2002/2003, die hohen Anteile der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Berufsvorbereitungsjahr (18,2%) und im Berufsgrundschuljahr (10,4%) (vgl. Statistisches Bundesamt 2004e) darauf hin, dass Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach wie vor größere Schwierigkeiten bei der Ausbildungsplatzsuche haben als deutsche Jugendliche.[3] (vgl. Beger 2000: 70)

3.1.2 Niveau der Schulabschlüsse

Ein wichtiger Indikator für den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind die Schulabschlüsse, die sie erreichen. Der bei Verlassen der allgemeinbildenden Schule erworbene Abschluss, ist entscheidend für die berufliche Perspektive. (vgl. Hornberg 2000: 50) Auf dem Lehrstellenmarkt sind die Anforderungen bezüglich der geforderten allgemeinbildenden Abschlüsse in den letzten Jahren gestiegen. Viele Anbieter von Lehrstellen, vor allem im Bank- oder Versicherungssektor, ziehen Abiturientinnen und Abiturienten vor. Die Zahl der Berufe, für die ein Hauptschulabschluss ausreichend ist, schrumpfte im selben Zeitraum kontinuierlich. (vgl. ebda.) Betrachtet man das Niveau der Schulabschlüsse der Schülerinnen und Schüler mir Migrationshintergrund auf einer zeitlichen Achse, so wird zunächst sichtbar, dass diese in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 295; Bund Länder Kommission 2003: 3; Schulze/Soja 2003: 199)

Zieht man die Daten aus den 1970er Jahren heran, wird das Maß der Verbesserung der Schulabschlüsse der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund deutlich. Einen deutschen Schulabschluss erlangten 1970 nur ein Drittel der Schulpflichtigen nichtdeutschen Schülerinnen und Schüler. (vgl. Bundestag Drucksache 14/4357 2001: 177) Schlossen 1983 nur 3,8% aller ausländischen Schülerinnen und Schüler ihre Schullaufbahn mit der Allgemeinen Hochschulreife ab, so hat sich ihr Anteil seither mehr als verdoppelt und lag im Jahr 1999 bei 9,7%. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 201) 1999 verließen 28,9% der ausländischen Schulabsolventinnen und -absolventen die Schule mit einem Realschulabschluss, während es im Jahr 1983 lediglich 14,2% waren. (vgl. Hunger 2001: 135) Die Anzahl der ausländischen Schülerinnen und Schüler, die nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht keinen Hauptschulabschluss vorweisen konnten, reduzierte sich von 30,1% im Jahr 1983 auf 19,3% im Jahr 1999 drastisch. Im Jahr 2000/2001 stieg dieser Anteil wieder leicht auf 20,3% an. Im Jahr 1983 erwarben 47,5% der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund einen Hauptschulabschluss. 1999 lag der entsprechende Anteil bei 41,0%. Dieser im Jahrzehnten-Vergleich geringe Rückgang der Hauptschulabschlussquote, ist durch den steigenden Anteil der nichtdeutschen Schülerinnen und Schüler erklärbar, die einen Hauptschulabschluss erreichen, statt die allgemeinbildende Schullaufbahn ohne jedweden Abschluss zu verlassen. (vgl. ebda.)

Auch wenn die dargestellten Daten für eine positive Bilanz des Bildungserfolges sprechen, gilt dieser positive Trend wie bei der Beurteilung der Bildungsbeteiligung an den Schulformen der Sekundarstufe I nur bei alleiniger Betrachtung der Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 2ff.) Stellt man die Schulabschlüsse von nichtdeutschen Schülerinnen und Schülern denen der deutschen Schülerschaft gegenüber, relativiert sich der Eindruck der positiven Entwicklung der Schulabschlüsse erheblich und macht die weiterhin bestehende Diskrepanz zwischen den Bildungserfolgen beider Gruppen deutlich. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 201)

Tabelle 3.3: Deutsche und ausländische Schulabsolventen nach Schulart

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 201

Im Zeitraum von 1997 bis 1999 kam es zu keiner nennenswerten Veränderung des Abstandes zwischen den Bildungserfolgen deutscher und ausländischer Kinder und Jugendlicher. (vgl. Tabelle 3.3) Jugendliche aus Migrantenfamilien erwerben fast doppelt so häufig einen Hauptschulabschluss wie deutsche Jugendliche. (vgl. Diefenbach 2002: 32) Nur jeder zehnte ausländische Schulabsolvent verlässt 1999 die Schule mit einer allgemeinen Hochschulreife, jedoch jede/r vierte deutsche/r Schülerin und Schüler. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 201) Lediglich 40% der ausländischen Schulabgängerinnen und Schulabgänger verlassen die Schule mit einem weiterführenden Schulabschluss, während es bei den deutschen Schülerinnen und Schülern 67% sind. (vgl. ebda.) Der im Vergleich zu der deutschen Schülerschaft deutliche geringere Schulerfolg der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund wird insbesondere anhand der Zahlen der nichtdeutschen Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss deutlich. Knapp 20% der Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Migrationshintergrund verlassen die Schule ohne Hauptschulabschluss. Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Anteile der nichtdeutschen Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss bezogen auf den Schultyp verschoben haben. Die Migrantenjugendlichen ohne Hauptschulabschluss kommen zunehmend von Sonderschulen für Lernbehinderte und nicht mehr wie einst von Hauptschulen. (vgl. Powell/Wagner 2001: 23) Die „Misserfolgsquote“, also der Anteil jener Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, liegt bei den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund somit nahezu zweieinhalbmal so hoch wie bei deutschen Jugendlichen. Jeder fünfte Jugendliche ohne Schulabschluss ist heute, wie auch schon vor 20 Jahren, ausländischer Herkunft. (vgl. Solga 2003: 710) Demgegenüber ist der Anteil der deutschen Schülerschaft ohne Hauptschulabschluss mit 8% im Vergleich relativ klein. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 201) Die vorgestellten Daten verdeutlichen, dass „die Abstände zwischen dem Erfolg der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und dem der deutschen (...) faktisch über die vielen Jahre, in denen das deutsche Bildungssystem mit Zuwanderung zu tun hat, ungefähr gleich geblieben [sind]“ (Bund Länder Kommission 2003: 5).

3.1.3 Bildungsbeteiligung an den Schulformen des Zweiten Bildungswegs

Neben den allgemeinbildenden und den berufsbildenden Schulen gewinnen die Abendschulen für die nichtdeutschen Schülerinnen und Schüler an immer größerer Bedeutung. Betrachtet man die Verteilung der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft auf einer zeitlichen Achse so wird deutlich, dass gerade die Abendgymnasien einen immer stärkeren Zulauf von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund zu verzeichnen haben. Der Anteil der nichtdeutschen Schülerschaft an den Abendgymnasien stieg von 6,6% im Jahr 1990 auf 15,8% im Schuljahr 2002/2003 und hat sich damit mehr als verdoppelt. Auch bei den Abendrealschulen ist ein Anstieg der Anteile der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zu verzeichnen. Lag ihr Anteil im Jahr 1990 noch bei 23,8%, stieg er auf 28,3% im Schuljahr 2002/2003. Die Anteile der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft an den Abendhauptschulen sind im Zeitvergleich von 1990 bis 2002/2003 rückläufig. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an dieser Schulform sank von 47,2% im Jahr 1990 auf 41,7% im Jahr 2002/2003. Obwohl der Anteil der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft an den Abendhauptschulen sank, muss festgehalten werden dass auch im Schuljahr 2002/2003 die Abendhauptschule nach wie vor die am häufigsten besuchte Schulform des zweiten Bildungsweges darstellt. (vgl. Statistisches Bundesamt 2004c; Karakasoglu-Aydin 2001: 282f.) Bei dem hohen Anteil der Abendhauptschüler dürfte „es sich neben den klassischen Adressaten der Weiterbildung (...) vor allem um diejenigen ausländischen Jugendlichen [handeln], die auf dem ersten Bildungsweg nicht erfolgreich waren, arbeitslos sind und sich in vom Arbeitsamt finanzierten Maßnahmen wie z. B. „Arbeiten und Lernen“ befinden“ (Karakasoglu-Aydin 2001: 282). Der Personenkreis aus denen sich die Abendgymnasiasten zusammen setzen, dürften vor allem bildungsorientierte Ausländergruppen sein, die mit einem relativ hohen Bildungsniveau in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Das Abendgymnasium bietet ihnen, bei Problemen mit der Anerkennung heimatlicher Bildungsabschlüsse die Möglichkeit, sich berufsbegeleitend nachzuqualifizieren. (vgl. ebda.: 283)

[...]


[1] Der Anteil der deutschen Schülerinnen und Schüler bezogen auf die gesamte Schülerschaft Deutschlands an den Sonderschulen für Lernbehinderte hält sich seit Anfang der 1990er Jahre bei 2,2%. (vgl. Karakasoglu-Aydin 2001: 289)

[2] Die berufsbildenden Schulen wurden in die Betrachtung der Bildungsbeteiligung in der Sekundarstufe II mit aufgenommen, da auch an ihnen die Möglichkeit des Erwerbs allgemeinbildender Abschlüsse besteht. Der Anteil der ausländischen Jugendlichen, die einen Schulabschluss des allgemeinbildenden Schulwesens an einer berufsbildenden Schule erwerben, hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. (vgl. Hornberg 2000: 6)

[3] Zu den Chancen ausländischer Jugendlicher in der beruflichen Ausbildung vgl. Granato 2000, 2000a; Granato/Schapfel-Kaiser 2002; Granato 2003

[1] Zur Problematik des Begriffs „Ausländer“ in der statistischen und rechtlichen Fachsprache vgl. auch Bund Länder Kommission 2003: 21f.; Hornberg 2000: 14.

[2] Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetztes ist „(...) vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelungen, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. (Bundeszentrale für politische Bildung 1998: 79)

[3] Das Geburtsrecht („ius soli“) wird seitdem 1. Januar 2000 in der Bundesrepublik Deutschland angewendet. (vgl. Powell/Wagner 2001: 11) In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erwerben mit der Geburt auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Geburtsrecht ist jedoch daran geknüpft, dass zumindest ein Elternteil seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat und eine Aufenthaltsberechtigung oder seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt. (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 51ff.)

[4] Hierbei ist die Integration der Hugenotten und Holländer in Preußen im 17. Jahrhundert, die Migration von Millionen von Europäern in die USA im 18. und 19. Jahrhundert oder die Wanderung von hunderttausenden Polen in das Ruhrgebiet, um nur einige der großen Wanderungsbewegungen vom und zum europäischen Kontinent zu nennen, erwähnenswert. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 21)

[5] Zu den Anforderungen die in Bezug auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft gestellt werden vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002: 56ff.

[6] Die Begriffe „alte“ und „neue“ Bundesländer wurden kommentarlos aus der zitierten Literatur übernommen. Ihre Verwendung dient der Verdeutlichung der Unterschiede in den einzelnen Bundesländern, welche insbesondere zwischen dem Osten und dem Westen der Bundesrepublik Deutschland bestehen. (vgl. hierzu insbesondere: Deutsches PISA-Konsortium 2002: 19ff.)

[7] Frauen deutscher Nationalität hatten bezogen auf das Jahr 1999 durchschnittlich 1,73 (1991: 1,70) Kinder. Frauen griechischer Nationalität hatten bezogen auf dasselbe Jahr 2,23 (2,86), türkische Frauen 2,61 (2,67), italienische Frauen 2,60 (2,59) und Frauen mit Staatsangehörigkeiten des ehemaligen Jugoslawien 2,20 (1,73) Kinder. (vgl. Bund Länder Kommission 2003: 26)

[8] Unter „Seiteneinsteiger“ bzw. „Quereinsteiger“ werden im Folgenden Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft verstanden, die nicht in Deutschland geboren sind und in das deutsche Schulsystem erst im Verlauf der Primar- oder Sekundarzeit eintreten.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Schulische Bildung junger Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Soziologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
106
Katalognummer
V50411
ISBN (eBook)
9783638466400
Dateigröße
741 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Für die Examensarbeit war keine bestimmte Veranstaltung ausschlaggebend, bzw. Grundlage. Die Themenfindung entwickelte sich im Laufe des Studiums aus reinem Interesse.
Schlagworte
Schulische, Bildung, Migrantinnen, Migranten, Bundesrepublik, Deutschland
Arbeit zitieren
Sema Dayi (Autor:in), 2004, Schulische Bildung junger Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50411

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