Emotionale Kompetenz durch angeleitete Selbstbildung. Empfehlungen für Kurse zur beruflichen Umorientierung von arbeitssuchenden Menschen


Hausarbeit, 2018

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1 Einführung in die Thematik

2 Methodisches Vorgehen
2.1 Induktive Kategorienbildung
2.2 Literraturrecherche

3 Situationsanalyse
3.1 Qualitative Inhaltsanalyse
3.2 Hypothesen

4 Handlungsoptionen
4.1 Wege zur emotionalen Kompetenz
4.1.1 Das suchende Lauschen
4.1.2 Das Emotions-Portfolio
4.2 Subjektorientierte Didaktik nach Erhard Meueler
4.3 Problemorientiertes Lernen (POL)
4.3.1 Problemlösungsmethode „Der erweiterte Siebensprung“
4.4 Alternative Handlungsoptionen

5 Präsentation und Diskussion der Lösungsvorschläge

6 Reflexion

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Reflexionshand

Anhang 2: Das Emotions-Portfolio

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Der erweiterte Siebensprung

Tabelle 2: Prozesshafte Handlungsempfehlung

Tabelle 3: Beispiel eines Unterrichtsverlaufsplans

Abbildung 1: Fallbezogene Kategorienbildung

Abbildung 2: Interdependenz im didaktischen Design

Abbildung 3: Die Reflexionshand

1 Einführung in die Thematik

Arbeitslosigkeit, Umschulung, Wiedereinstieg, Familienpausen – sind nur einige Bei- spiele die Hinweise auf eine „Endstandardisierung der Erwerbsarbeit“ laut dem Sozio- logen Ulrich Beck, geben. Dies sind Veränderungen, die zum einen den typischen Le- bensverlauf betreffen, aber auch einen Gesellschaftswandel. Wenn feste Rollenzu- schreibungen oder Lebensverläufe nur noch schwer generalisierbar sind und Vorgaben nur noch in abgeschwächter Form existieren, bedeutet dies für den Einzelnen eine Individualisierung; eine Art von Freiraum bei der individuellen Ausgestaltung des Le- benslaufes. Doch wenn es um die Erwerbsfähigkeit geht, ist dieser Freiraum nicht frei wählbar und demnach werden die Gestaltungsmöglichkeiten eher als „Zwang“ emp- funden. Durch die Diskrepanz der Individualität und gesellschaftlichen Ansprüchen können Störungen der Identitätsbalance entstehen (vgl. Höffer-Mehlmer, 2012b, S. 32ff.). Hinsichtlich des Lebenslangen Lernens ergibt sich daraus die didaktische Grundannahme, dass das Lernen Erwachsener einen geringen Anteil des Alltags ein- nimmt. Daher wird in erwachsenenpädagogischen Konzepten immer wieder der Nut- zen zwischen der Bildungsveranstaltung und dem Alltag der Teilnehmer1 thematisiert (vgl. ebd., S. 44).

Um ein einheitliches Verständnis der o.g. Didaktik zu erreichen, soll die Definition des Dorsch Online-Lexikon der Psychologie dienen. Die Didaktik „befasst sich mit Theorien der Lehrinhalte (Lehren) und des Unterrichtens (Unterricht). Gemeinsames Ziel der einzelnen didaktischen Ansätze ist es […] das Gesamt der den Unterricht bedingenden Faktoren zu ermitteln und das zw. diesen Faktoren bestehende Interdependenzver- hältnis zu berücksichtigen.“ (Dorsch, 2019)

Um also die Lehrinhalte unter Berücksichtigung der bestehenden Interdependenzver- hältnisse adäquat zu vermitteln, bedarf es an einem besonderen Maße an emotionaler Selbstreflexivität des Pädagogen. Deren Aufgabe besteht nämlich darin , „das Gegen- über in seiner Entwicklung und seinem Lernen zu begleiten und zu unterstützen“ (Arnold, 2018, S. 139).

Wie es nun Pädagogen gelingen kann, ein balanciertes Interdependenzverhältnis zwi- schen Teilnehmerorientierung, Lerngegenstandszentrierung und emotionaler Achtsam- keit herzustellen, wird in dieser Fallarbeit thematisiert.

2 Methodisches Vorgehen

Innerhalb dieses Kapitels erfolgt die Methodenbeschreibung. Zunächst wird die inhaltli- che Kategorienbildung beschrieben, gefolgt von der Literraturrecherche.

2.1 Induktive Kategorienbildung

Die Inhaltsanalyse des zu bearbeitenden Falles wurde – in modifizierter Form - nach dem Konzept der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philip Mayring durchgeführt (Æ 3.1). Diese Art der Inhaltsanalyse beabsichtigt „die systematische Bearbeitung von Kommu- nikationsmaterial […].“ (Flick et al., 2008, S. 468). Nach einer induktiven Kategorienbildung entstanden folgende Cluster mit jeweiligen Merkmalen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Fallbezogene Kategorienbildung

2.2 Literraturrecherche

Nach einer Merkmalszuordnung in den einzelnen Kategorien fand eine Schlagwortsu- che, sowie in deutscher Sprache als auch in englischer Sprache, in einer freien Voll- textsuche unter anderem in den Begriffen „self-efficacy“ oder „sympathy – classroom“ in ausgewählten Datenbanken wie u.a. PubMed, die Wiley Online Library und Deut- scher Bildungsserver statt. Eine ausführliche Literraturrecherche wurde in der Zentral- bibliothek der Technischen Universität Kaiserslautern, sowie Springer Online- Datenbank und den Studienbriefen des Master-Fernstudiengangs Erwachsenenbildung durchgeführt.

Die identifizierten Cluster wurden benutzt um die Situationsanalyse darzustellen, sowie aus der gegebenen Didaktik eine alternative Handlungsempfehlung herzuleiten.

3 Situationsanalyse

Zur Systematisierung erfolgt die Analyse anhand der gebildeten Cluster. Eine strenge Separierung des Falles ist nur bedingt möglich, da alle Subsysteme in einer gegensei- tigen Abhängigkeit zueinander stehen und im didaktischen Arrangement miteinander agieren.

Im Anschluss werden Hypothesen dargestellt, die sich aus der Analyse des Falles er- geben.

3.1 Qualitative Inhaltsanalyse

Ausgangssituation

Im vorliegenden Fall handelt sich um Herrn Neu der seit einem halben Jahr als päda- gogischer Mitarbeiter in einer Einrichtung der Erwachsenenbildung namens LernWerk tätig ist. Seit kurzem bietet LernWerk Maßnahmen zur Weiterbildung und beruflichen Umorientierung von älteren Arbeitssuchenden im Auftrag der Agentur für Arbeit an. Diese Maßnahme läuft nun seit eineinhalb Monaten. Die Leitung dieses Projektes ob- lag Herr Alt, einem sehr erfahrenen Kollegen mit langjähriger Berufspraxis, der aber nun aufgrund eines Bandscheibenvorfalles für längere Zeit ausfallen wird. Herr Neu hat nun seit zwei Wochen diesen Kurs übernommen und stellt eine zunehmende Unzufrie- denheit der Teilnehmer mit der Weiterbildungsmaßnahme fest. Diese Unzufriedenheit zeigt sich durch das Zuspätkommen der Teilnehmenden, eine Untätigkeit bei der Ab- wicklung von Arbeitsaufträgen und ein undiszipliniertes Verhalten. Dies sei laut der Leitung von LernWerk nicht der Fall gewesen, als Herr Alt den Kurs begleitete.

Herr Neu

Herr Neu ist ein junger Mitarbeiter. Vor dem Studium der Sozialpädagogik absolvierte er ein Studium in den historisch orientierten Kulturwissenschaften. In diesem Bereich ist ihm der Berufseinstieg nicht gelungen. Er schrieb viele Bewerbungen und generierte sein Einkommen mit Gelegenheitsjobs.

In dieser Zeit musste auch er an Qualifizierungsmaßnahmen der Agentur für Arbeit teilnehmen, die er als reine Zeitverschwendung empfand, bis er sich letztlich entschied Sozialpädagogik zu studieren.

Herr Neu verfügt im sozialpädagogischen Bereich über eine sehr geringe Berufspraxis. Bei der Betrachtung der Lernbiographie von Herrn Neu lässt sich erkennen, dass er sich sehr stark von den eigenen Erfahrungen und den damit verbundenen Emotionen leiten lässt. Die Exzellenz einer Leistung hängt in entscheidendem Maße davon ab, inwieweit ein jener über emotionale Kompetenz verfügt. Das Verknüpfen von gegen- wärtige Situationen mit vergangenen Situationen lässt sich durch die Neuroplastizität erklären; sie beschreibt die bevorzugte Bahnung von häufig aktivierten Assoziations- wegen - vergangene relevante Erfahrungen werden reaktiviert. Zurückliegende Erinne- rungen determinieren das subjektive Gefühlserleben eines Momentes (vgl. Arnold, 2008, S. 133f.). Herr Neu selbst hat mit seiner neuen Studienwahl eine Umschulung vorgenommen und möchte bedingt durch seine eigenen Deutungsmuster, diesen Rich- tungswechsel bei den Teilnehmenden hervorrufen.

Jedoch scheint seine geringe emotionale Kompetenz zu Lasten seiner bewussten Fachkompetenz zu gehen.

Herr Neu fällt es mittlerweile schwer vor die Teilnehmenden zu treten und mit ihnen zu arbeiten, da er genau weiß, dass egal was er vorschlagen wird, sie doch nur wieder ablehnend reagieren werden.

Herr Neu registriert nicht bewusst, wie sich die eigenen Erfahrungs- und Deutungsmus- ter in seine Wahrnehmung einmischen, nimmt das Verhalten der Teilnehmer persönlich und baut somit Blockaden auf (vgl. Arnold, 2008, S. 136).

Didaktischer Rahmen

Herr Neu zeichnet sich durch einen hohen Ehrgeiz aus und ist bekannt dafür, dass er seine Unterrichts- und Beratungseinheiten akribisch vorbereitet und über ein hohes Fachwissen verfügt. Seine Veranstaltungen sind in der Regel inhaltlich und methodisch sehr anspruchsvoll. Er hat viel Zeit in die Vorbereitung der Unterrichts- und Beratungs- einheiten investiert und sich sehr bemüht, die Teilnehmenden für sein Konzept zu ge- winnen.

Möglicherweise scheint hier der Anspruch von Herr Neu mit dem Anspruch der Teil- nehmenden zu divergieren. An dieser Stelle soll nun die Kernaussage der subjektorien- tierten Erwachsenenpädagogik nach Erhard Meueler zum Tragen kommen um die Wichtigkeit eines konstruktivistischen Gedankens zu verdeutlichen, die im Falle von Herr Neu in Bezug zu den Teilnehmenden nicht gegeben ist. Meueler beschreibt nach- drücklich „die Wirkmächtigkeit des Einzelnen als Gestalter seiner Biographie sowie Veränderer der lebensweltlichen und gesellschaftlichen Bedingungen des eigenen Le- bens[…]“ (Meueler zitiert aus Arnold, 2015, S. 83).

Herr Neu hat im Gegenteil zu Herrn Alt viele neue Medien und moderne Ansätze mit in das Projekt gebracht.

Menschen reagieren oft mit Widerstand und Ablehnung gegenüber jeglicher Verände- rung. Oft liegen die Ursachen für eine solche Haltung in verborgenen Ängsten, Sorgen und Unsicherheiten mit diesen Veränderungen zurecht zu kommen und den Ansprü- chen gerecht werden zu können (vgl. Dilcher & Hammerschlag, 2013, S. 15).

Mit den Teilnehmenden hat Herr Neu ehrgeizige individuelle Ziele vereinbart. Zudem hat er Erfolgskontrollen eingeführt.

Im Rahmen der Arbeits- und Organisationspsychologie ist der Zusammenhang zwi- schen den mit dem Lehrenden vereinbarten Zielen und dem möglichen Leistungshan- deln entscheidend. Zwar gelten schwierige und herausfordernde Ziele zu einer besse- ren Leistung zu führen, jedoch ist die Schwierigkeit der Ziele subjektiv, also vom Ler- nenden zu definieren. Die subjektive Schwierigkeit meint, dass die gesetzten Ziele in einem realistischen Maß über den bislang gezeigten Leistungen liegen. Nur dann, wenn die vereinbarten Ziele realistisch erscheinen, werden sie als herausfordernd er- lebt und führen zu Willensanstrengungen (vgl. Nerdinger et al, 2014, S. 433).

Die Teilnehmenden

In der Fallbeschreibung geht hervor, dass es sich um „ältere Arbeitssuchende“ handelt, welche im Auftrag der Agentur für Arbeit an diesem Kurs teilnehmen.

In der Fokussierung der Teilnehmenden muss deutlich werden, dass sich diese in einer Maßnahme der Arbeitsagentur zur Weiterbildung und beruflichen Umorientierung be- finden und möglicherweise diese Maßnahme nicht im primären Interessenbereich der Teilnehmer liegt. Sowohl für ALG1 – als auch Hartz 4-Empfänger gilt laut §2 Absatz 1 SGB II, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte verpflichtend, laut der Eingliede- rungsvereinbarung, aktiv an allen Maßnahmen teilnehmen müssen, welche die Ein- gliederung in Arbeit fördern. Hieraus lässt sich zunächst schließen, dass der Großteil der Teilnehmenden extrinsisch motiviert ist.

Laut Winther ist der Sachbezug des Lerngegenstandes als Bedingung von intrinsisch- motivierten Handeln nur dann gegeben, wenn sich die Auseinandersetzung mit der Thematik auf Sachverhalte bezieht, die für das lernende Individuum zum Gegenstand seiner Interesse zählen (vgl. Winther, 2006, S. 98).

Abgesehen von einer extrinsischen oder intrinsischen Motivation bezüglich der Weiter- bildungsmaßnahme, ist die Einteilung der Gesamtsituation unter dem humanistischen Ansatz in normative und nicht-normative Lebensereignisse unter Berücksichtigung der eigenen Lernbiographie im Lebenslauf zu beleuchten. So bedeutet der Lebenslauf die Fusion von sozioökonomischen und soziokulturellen Lebenslagen, gekoppelt mit dem psychologischen Begriff der subjektiv erlebten Biographie. In kritischen, nicht- normativen Lebensereignissen, wie die Arbeitslosigkeit, in der die gewohnte „Person- Umwelt-Balance“ gestört ist, ist die individuelle Perzeption oft von großer pädagogi- scher Relevanz. In diesen Situationen ist die personale Kontrolle wichtig, die in einem Individuum die Überzeugung hervorruft, Einfluss auf die Bewältigung dieser Situationen zu haben und einen positiven Effekt in der Selbstwirksamkeitsüberzeugung zu erken- nen (vgl. Siebert, 2015, S. 54).

Auch das biologische Alter der Teilnehmenden muss in dem didaktischen Arrangement Raum finden, da im zunehmenden Erwachsenenalter häufig eine Umstrukturierung des eigenen Lernens festzustellen ist. Demnach wird beispielsweise ein geringes Lerntem- po durch eine stärkere Leistungsgenauigkeit ausgeglichen (vgl. Siebert, 2015, S. 20).

Die Teilnehmenden betonen immer wieder, wie kompetent und sympathisch Hr. Alt gewesen sei. Sie schätzten seine Art und sind der Meinung, dass sie unter seiner Lei- tung viel gelernt haben.

Die Teilnehmenden empfinden Hr. Neu nicht als sehr kompetent und sympathisch wel- ches sich in ihrem undisziplinierten Verhalten wiederspiegelt.

Die Unzufriedenheit mit der Bildungsmaßnahme unter der Führung von Herr Neu zeigt sich durch das Zuspätkommen der Teilnehmenden, ein nicht-bearbeiten der Arbeits- aufträge und ein undiszipliniertes Verhalten.

Demotivation, gereiztes Verhalten, Blockaden und Widerstände sind Signale für das Vorhandensein von Konflikten. Ein Widerstand bedeutet eine prinzipielle Ablehnung von Vorschlägen oder Anweisungen, blockierende oder demotivierende verbale Rück- meldungen und resultieren in einer geringen Aufnahmefähigkeit (vgl. Wehner et al, 2010, S. 11). In der Analyse von Konflikten sind die verschiedenen Ebenen eines Kon- fliktes zu unterscheiden um ein besseres Verständnis der Konfliktsituation zu erlangen. An erster Stelle steht die Sach- und inhaltliche Ebene, bei der das Thema bzw.

[...]


1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum ver- wendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitge- meint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Emotionale Kompetenz durch angeleitete Selbstbildung. Empfehlungen für Kurse zur beruflichen Umorientierung von arbeitssuchenden Menschen
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Veranstaltung
Fallarbeit zum Modul 500 - "Lernwerk"
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V503581
ISBN (eBook)
9783346059130
ISBN (Buch)
9783346059147
Sprache
Deutsch
Schlagworte
emotionale Kompetenz, angeleitete Selbstbildung, Rolf Arnold, Fallanalyse, Wege zur emotionalen Kompetenz, das suchende Lauschen
Arbeit zitieren
Jenny Richards (Autor:in), 2018, Emotionale Kompetenz durch angeleitete Selbstbildung. Empfehlungen für Kurse zur beruflichen Umorientierung von arbeitssuchenden Menschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/503581

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