Schulmediation. Mediation, ein spezielles Konfliktlösungsverfahren mit Hilfe unparteiischer Dritter


Hausarbeit, 2006

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition – Was ist Mediation?

3. Historische Entwicklung und Hintergründe der Mediation

4. Mediation an Schulen
4.1. Mediation ist auf unterschiedlichen Ebenen möglich
4.2. Wer Schulmediation durchführen kann
4.3. Zwei Ansätze beim Einsatz von Streitschlichtung an Schulen
4.3.1. Ausbildung einer Expertengruppe zu Streitschlichtern
4.3.2. Ausbildung aller Schüler zu Streitschlichtern
4.4. Wann wird Schreitschlichtung angewandt?
4.5. Grenzen der Schulmediation

5. Ziele einer Mediation

6. Rolle, Aufgaben und Haltung des Mediators
6.1. Kommunikationstechniken
6.2. Kommunikative Aufgaben

7. Phasen eines Mediationsverlaufs
7.1. 1. Phase: Vorbereitung
7.2. 2. Phase: Einleitung durch den Mediator
7.3. 3. Phase: Darstellung der Parteien – Problemdefinition
7.4. 4. Phase: Sammlung von Informationen
7.5. 5. Phase: Streitfragen identifizieren
7.6. 6. Phase: Optionen entwickeln
7.7. 7. Phase: Verhandeln und Aushandeln
7.8. 8. Phase: Eine Vereinbarung treffen
7.9. 9. Phase: Abschluss

8. Abschließende Bemerkung

9. Checkliste für MediatorInnen

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In China gibt es zwei Symbole für den Begriff „KONFLIKT“:

„eine mögliche positive Veränderung “ und „eine mögliche Gefahr “.

Man kann selbst entscheiden, ob man eine Chance und Gelegenheit zur Klärung nutzen möchte oder ob man sich der möglichen Gefahr aussetzt, in der nicht gebannte wilde Emotionen und Missverständnisse eine Mauer errichten.

Während meiner praktischen Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen, stellte ich fest, dass Konflikte unter Kindern/Schülern, aber auch zwischen Kindern/Schülern und Erziehern/Lehrern den (Schul-)Alltag belasteten. Besonders konfliktreich kann die Klassensituation sein, da es sich um eine unfreiwillige Gemeinschaft handelt. Konflikte werden meist als störend, bedrohlich, destruktiv und schmerzvoll erlebt. Dementsprechend versuchen die Beteiligten, Konflikten auszuweichen. Wenn das nicht möglich ist, eskalieren Konflikte oft in persönliche Auseinandersetzungen oder aufreibende Machtkämpfe. Allerdings beinhalten Konflikte meiner Meinung nach oft auch spannende Momente. Man erfährt Neues über sich selbst und lernt eigene Grenzen kennen. Es ist interessant zu beobachten, wie Kinder und Jugendliche eigenständig kreative Lösungen aus Konfliktsituationen finden – oft schneller und einfacher als Erwachsene. Eine Möglichkeit, Konflikte in der Schule zu bewältigen, bietet die Mediation als ein spezielles Konfliktlösungsverfahren mit Hilfe unparteiischer Dritter.

Seit diesem Semester nehme ich am Projekt „Verhandeln, Mediation und Konfliktberatung in der Sozialen Arbeit“ teil. Ich würde gerne an einer Schule als Schulsozialarbeiter arbeiten, und interessiere mich daher besonders für die Methode und die Herangehensweise an Mediation in der Schule.

Ich werde in dieser Hausarbeit nicht analysieren: Wer ICH bin? Wie ICH Konflikte angehe und warum ICH gerade diesen Weg wähle? Warum ICH in bestimmten Situationen immer in einen Konflikt gerate usw., sondern nach einer theoretischen Auseinandersetzung mit Mediation und speziell Mediation an Schulen, sowie die geschichtlichen Hintergründe zu Beginn der Arbeit, sollen Hinweise zur praktischen Durchführung von Konfliktarbeit in der Schule in Form eines Mediationsverlaufs dargestellt werden, um sich der Rolle als Schulsozialarbeiter, mit den Aufgaben und der Haltung in einer Mediation bewusst zu werden.

Im Verlauf der Arbeit werde ich zur Vereinfachung die männlichen Formen einzelner Personen und Personengruppen benutzen, wie etwa „Schüler, Mediator,...“.

2. Definition - Was ist Mediation?

„Mediation ist eine Alternative zu gesellschaftlich etablierten Konfliktlösungsmechanismen, wie Urteilen und Schlichten und betont im Gegensatz zu diesen die Selbstbestimmung der Streitparteien. Mit Hilfe eines neutralen Dritten werden die Verhandlungen der Parteien erleichtert.“ (MARX, A., 1999, S.16).

„Mediation ist eine informelle und außergerichtliche Art der Konfliktbearbeitung und strebt gegenseitiges Verstehen, gewaltfreie und konstruktive Kommunikation an. Mediation kann der Gewalt vorbeugen: am besten setzt sie ein, bevor ein Konflikt durch zunehmendes Misstrauen, sich steigernde Vergeltungswünsche zur gegenseitigen Verhärtung führt und in Hass ausufert.“ (vgl. DULABAUM, N.,1998, S.8 f.) Mediation bedeutet „Vermittlung im Konflikt“.

Das Mediationsverfahren aktiviert Schritt für Schritt die kreativen und konstruktiven Fähigkeiten bei den Streitenden und unterstützt sie, eine einvernehmliche Lösung zu finden oder einen Bearbeitungsprozess in Gang zu setzen. Die Mediatoren (die Vermittler), bieten in der Regel zwei Konfliktparteien die Chance, ihre Meinungen und Befindlichkeiten zu äußern. Sie sind zuständig für den Aufbau eines Dialoges. Mit Hilfe von Gesprächstechniken und –strategien, wie z.B. das aktive Zuhören (unausgesprochene Gefühle des Gesprächpartners formulieren), paraphrasieren (mit eigenen Worten inhaltlich das Gesagte des Gesprächpartners wiedergeben), offene Fragen stellen (z.B. Wie siehst du das?, Was ist dir wichtig?, Wie stellst du dir das vor?, Was wünschst du dir?,...), Refraiming (Gesagtes aus dem Rahmen herausnehmen und in einen positiven Rahmen setzen, Perspektive ändern) usw. fasst der Mediator beide Standpunkte zusammen, und ermutigt beide Parteien, Verständnis füreinander zu entwickeln und gemeinsam eine Übereinkunft zu erreichen. Ein Mediator verbessert das Beziehungsklima und begleitet den dynamischen Prozess zur Konflikttrans-formation ohne Entscheidungsbefugnis.

Mediation findet in den verschiedensten Bereichen statt, Familienmediation: Ehe-. Partnerschaftskonflikte, Konflikte zwischen Eltern/Kindern/Erben, Nachbarschafts-mediation: Konflikte zwischen Nachbarn/Eigentürmern/Mietern/Vermietern, Verbraucher-mediation: Konflikte zwischen Verbrauchern/Kunden/Anbietern; Schuldnern/Gläubigern; Dienstnehmern/Dienstleistern; Werkunternehmern/Werknehmer, Wirtschaftsmediation: Konflikte zwischen Wirtschafts- und Arbeitswelt, insbesondere bei Tarifkonflikten, bei Arbeitsvertragskonflikten, Umweltmediation: z.B. Konflikte um Standorte, Industrieanlagen, Mediation im Strafrecht: Täter-Opfer-Ausgleich, Mediation in politischen Konflikten und Schulmediation. Der Mediator sollte daher eine gewisse Feldkompetenz in den Bereiche inne haben, jedoch ist die Aufgabe und die Rolle eines Mediators in allen Bereichen bei den verschiedensten Themen identisch.

3. Historische Entwicklung und Hintergründe der Mediation

Konfliktlösung durch Mediation ist keine neue Errungenschaft der Moderne. In vielen traditionellen Gesellschaften existierten bzw. existieren Formen der Konfliktregelung. Die Wurzeln von Mediation reichen zurück bis ins antike China, in japanisches Gewohnheitsrecht, afrikanisches Brauchtum und im westlichen Kulturkreis in die Evangelien des Neuen Testamentes (Hinweise auf Mediation bzw. auf die einvernehmliche, eigenständige Konfliktregelung statt gerichtlicher Intervention vgl. Matthäus 5, 9; 18, 15-17; Timotheus 2, 5; Korinterbrief 6, 1-5). Ihr Merkmal ist die Unterstützung der Streitparteien durch einen neutralen und unparteiischen Dritten bei der Suche nach einer kooperativen Beendigung des Disputs. Der Streit wird nicht von einer äußeren Instanz entschieden, wie z.B. bei Gericht, sondern ein Vermittler führt die Parteien zu einer Einigung, die von beiden Streitparteien gemeinsam akzeptiert und getragen werden kann. (vgl. MARX, A., 1999, S.9)

Im Laufe der Jahrhunderte haben religiöse Einrichtungen, wie Kirchen, Tempel und Moscheen Mittlerfunktionen für eine friedliche Streitbeendigung zwischen ihren Mitgliedern eingenommen. Der örtliche Geistliche, Priester, Rabbi oder Mullah wurde eingeschaltet, meist in Familienkonflikten, um den Parteien Rat zu erteilen, wie sie ihr Verhältnis wieder tragfähig neu organisieren können. (vgl. MOORE, C.W, 1986, S.19 f.)

Das gegenwärtig verbreitete Konzept der Mediation in den USA entsprang der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung der 1960er und 1970er Jahre. (vgl. BESEMER, Ch., 1993, S.46f.) Hintergrund war einerseits ein gewisses Misstrauen in die Fähigkeit, staatlicher Strukturen, wie z.B. Gerichte, faire Lösungen herbeizuführen, andererseits der Anspruch, Menschen zu befähigen, ihre eigenen Belange in die Hand zu nehmen, d.h. ihre Konflikte ohne einen autoritären Eingriff zu lösen (vgl. WALKER, J., 2001,. S. 15). Ebenso wuchs die Kritik am herkömmlichen formalistischen, kostenintensiven und schwerfälligen Gerichtsverfahren und deshalb wandte sich das öffentliche Interesse alternativen Formen der Konfliktbeilegung zu. Einige Verfahren bzw. Konfliktlösungsmechanismen, durch die Konflikte, Streitigkeiten und Fälle außerhalb der herkömmlichen streitigen Gerichtsverfahren gelöst werden, sind z.B. Verhandlungstechniken, Mediation, Schlichtung, Fall-Evaluation durch Experten sowie private Gerichtsbarkeit.

Auf dem Hintergrund der tief greifenden sozialen politischen Veränderungen der 1960er und 1970er Jahre und mit dem Anspruch, die Methode des gewaltfreien Trainings zur Vorbeugung von Gewalt auf Schulen zu übertragen, gründeten amerikanische Quäker (Religiöse Gemeinschaft der Freunde; traditionelle Friedenskirchen) Anfang bzw. Mitte der 1970er Jahre die ersten Projekte zur Förderung gewaltfreier Konfliktaustragung an Schulen. Es folgten ähnliche Programme, wie das „ C hildren´s C reative R esponse to C onflict“ (CCRC), welches versuchte die Abhängigkeit von Konkurrenz und Gewalt auf der psychischen, verbalen und physischen Ebene zu reduzieren.

Ernsthaftes Interesse an der Mediationsmethode entwickelte sich in Deutschland in den späten 1980er Jahren. Es bildeten sich eine Reihe von interdisziplinären Arbeitskreisen, die zur fachlichen Profilierung und Verbreitung der Methode beitrugen. Die ersten Ausbildungsprogramme unter Anleitung amerikanischer Trainer fanden 1989 statt. (vgl. MARX, A., 1999, S.12 f.)

Schulmediation ist in Deutschland ein neues Konfliktlösungsverfahren, das aber immer mehr an öffentlichem Interesse gewinnt. Im Rahmen der öffentlichen und fachlichen Diskussion über Gewalt in der Schule ist das Interesse an Konzepten der Gewaltprävention seit Ende der 1980er Jahre auch in Deutschland enorm gewachsen. Zwar stellte 1990 die von der Bundesregierung eingesetzte „Unabhängige Regierungskommission zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt“ fest, dass Gewalt an deutschen Schulen kein zentrales Problem ist, jedoch betrachten viele Lehrkräfte die Problematik zunehmend als Herausforderung an ihre pädagogischen Fähigkeiten. (vgl. WALKER, J., 2001,. S. 19). Diese Feststellung ist älter als 15 Jahre; mittlerweile hat sich das Schulklima und Verhalten der Kinder und Jugendlichen an deutschen Schulen sicherlich geändert, als Beispiel das Massaker in Erfurt. Dies soll hier nicht bearbeitet werden, soll aber zeigen, dass Gewalt an Schulen doch ein zentrales Problem ist und es Konfliktlösungsstrategien, wie z.B. Mediation benötigt. Ich finde jedenfalls dass die zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen nicht das Problem ist, sondern dass die Lösungen für Konflikte und die Herangehensweise an Konflikte unzulänglich ist. Der Prozess der Modernisierung unserer Gesellschaft und die sich daraus ergebenden stärkeren Anforderungen an Kinder und Jugendliche zwingen Lehrer und somit auch das System Schule und Erziehung, die Methoden der Konfliktlösung zu überdenken und nach neuen Wegen und Methoden zu suchen. Konstruktiver Umgang mit Konflikten ist erlernbar. (vgl. FALLER,K. 1998; S. 15)

4. Mediation an Schulen

Schulmediation ist eine junge Entwicklung; sie bedeutet eine Verhandlungsführung bei Konflikten zwischen zwei oder mehreren Schülern, die sich nicht mehr verständigen können. Die Mediatoren werden Konfliktlotsen, Streitschlichter oder Peer-Mediatoren genannt (Peer = Gleichaltrige, Gleichgesinnte). Das Besondere an der Schulmediation ist, dass sie sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern und Jugendlichen selbst durchgeführt wird. Fälschlicherweise wurde der Begriff „Streitschlichter und Streitschlichtung“ in die Praxis übernommen, obwohl Mediation nicht schlichtet, sondern vermittelt. Da aber der Begriff „Schlichtung“ in der Praxis aber angewandt wird, werde ich ihn in dieser Hausarbeit übernehmen. (Unterschied Schlichter/Vermittler: Der Schlichter hört sich die Anliegen der beide Konfliktparteinen an und bildet daraus einen Einigungsvorschlag oder einen Kompromiss. Diesem Kompromiss können dann die beiden Konfliktparteien zustimmen oder auch nicht. Im Gegensatz zum Mediator, oder Vermittler, er ist nicht befugt eine Entscheidung zu treffen oder Vorschläge einzubringen.)

Konfliktlotsen sind Schüler, die sich in einer AG oder im Wahlunterricht ein Maß an Sozialkompetenz aneignen, mit dem sie Altersgleichen helfen, ihre Konflikte zu lösen. Die Schüler bewerben sich zur Mitarbeit als Konfliktlotse, absolvieren eine Grundausbildung und erweitern ihr Repertoire in der weiterführenden AG mit ihren Schulmediatoren. In der Konfliktlotsen-AG wird der Gruppenkonsens gefestigt, werden die räumlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die Präsentation vor der Schulöffentlichkeit geübt, Fälle beraten und neue Gesprächspläne entwickelt. Mediationen, die Schüler allein durchführen können, werden der Mediation durch Erwachsene vorgezogen, da Konfliktinterventionen durch Erwachsene häufig von Kindern und Jugendlichen als Einbruch in die Privatsphäre erlebt wird. Gleichaltrige kennen ihre Lebenswelt besser und sprechen die gleiche Sprache. Die junge Generation übt sich in Fähigkeiten einer verantwortungsbewussten künftigen Bürgergesellschaft. Dennoch gibt es Fälle, in denen die Konfliktlotsen allein überfordert sind oder ein gemischtes Doppel mit erwachsenen Mediatoren nötig ist. Dies bietet sich im Lehrer-Schüler-Konflikt an. Ein Konfliktlotse vertritt vorerst die Belange des Schülers, ein Schulmediator die Belange des Lehrers. (vgl. WALKER, J. 2001, S.101 f.)

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Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Schulmediation. Mediation, ein spezielles Konfliktlösungsverfahren mit Hilfe unparteiischer Dritter
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Veranstaltung
Methoden der Sozialen Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
25
Katalognummer
V50210
ISBN (eBook)
9783638464758
ISBN (Buch)
9783638660884
Dateigröße
680 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ich werde in dieser Hausarbeit nicht analysieren, wie ICH Konflikte angehe,sondern nach einer theoretischen Auseinandersetzung mit Mediation und speziell Mediation an Schulen, sowie die geschichtlichen Hintergründe zu Beginn der Arbeit, sollen Hinweise zur praktischen Durchführung von Konfliktarbeit in der Schule in Form eines Mediationsverlaufs dargestellt werden, um sich der Rolle als Schulsozialarbeiter, mit den Aufgaben und der Haltung in einer Mediation bewusst zu werden.
Schlagworte
Schulmediation, Methoden, Sozialen, Arbeit
Arbeit zitieren
Birgit Plan (Autor:in), 2006, Schulmediation. Mediation, ein spezielles Konfliktlösungsverfahren mit Hilfe unparteiischer Dritter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50210

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