Medienkompetent durch Waldorfpädagogik

Die Wurzeln der Waldorfpädagogik in Bezug auf heutige Anforderungen


Facharbeit (Schule), 2019

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bestandsaufnahme
2.1 Waldorfpädagogik
2.1.1 Entstehung und Grundlagen
2.1.2 Praxis der Medienpädagogik an Waldorfschulen
2.2 Medienpädagogik in Staat und Gesellschaft
2.2.1 Politik
2.2.2 Erziehungswissenschaft und Medizin

3 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Bei der Wahl der Schule für die eigenen Kinder lernt man sie ggf. kennen. In der Ausbildung zum Erzieher begegnen sie einem wieder – die reformpädagogischen Erziehungsansätze, die „anderen“ Schulen. Doch hatten sie nicht ihre Ursprünge „vor Jahrhunderten“ und ihre Hoch-Zeiten „vor Jahrzehnten“? Und heute im Alltag? Überzeugen sie? Was bieten z.B. die Waldorfschulen den Kindern und Eltern? In dieser Arbeit soll der Blick darauf ins Detail gehen. Und warum mit dem Fokus auf Waldorfpädagogik? Zum einen haben Waldorfschulen in Deutschland und weltweit starken Zulauf und werden immer zahlreicher! Zum anderen können hier Erfahrungen aus dem eigenen Erleben das Bild abrunden.

Ausgehend von Vorurteilen1, wie z.B. „Waldorfschüler würden nicht auf die Leis­tungsgesellschaft vorbereitet“, begegnete mir die Kernfrage dieser Arbeit in dem, was eine Lehrkraft an einer Fachschule für sozialpädagogische Berufe äußerte: „An Waldorfschulen gibt es doch gar keine Computer, oder?“ Dies gab letztlich den Ausschlag zur Eingrenzung der Arbeit auf ein hoch aktuelles Thema. Die Untersuchung der Bezüge der Waldorfpädagogik zu aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen wurde konzentriert auf: Welche Antwort hat die Waldorfpädagogik hinsichtlich des Bildungsthemas Medienkompetenz?

Um Antwort zu bekommen, wird zuerst die Medienkompetenz definiert. Ausgehend vom Ursprung der Walddorfpädagogik und ihrer Grundlagen wird die praktische Umsetzung der Medienpädagogik hinsichtlich des Ziels der Erreichung einer Medienkompetenz umrissen. Aktuelle Literatur und eigene Erfahrungen werden einbe­zogen. In der zweiten Hälfte der Bestandsaufnahme werden medienpädagogische Empfehlungen von staatlicher Seite und von wissenschaftlicher Seite aufgeführt. Die Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien in Kombination mit eigenen Schlussfolgerungen ergeben letztlich ein Fazit, das den Bezug zwischen den aktuellen Anforderungen und der Vorgehensweise der Waldorfpädagogik herstellt.

Diese Arbeit soll dazu beitragen, einen Weg der letzten Jahrzehnte fortzusetzen, denn es sind schon „viele reformpädagogische Ideen tief in das staatliche Schulsystem vorgedrungen“ (Die Zeit, 2010, S.72). Die Erkenntnisse „einer Seite“ können also die Sichtweise einer „anderen Seite“ ergänzen oder erweitern. Dazu ist – auf der Basis von Offenheit und Wertschätzung – ein Voneinander-Wissen nötig. Dies soll mit dieser Arbeit unterstützt werden.

2 Bestandsaufnahme

Was ist Medienpädagogik? Dieter Baacke führte den Begriff in den 1970er Jahren ein und verknüpfte damit „…das grundlegende Menschenbild eines selbstbestimmten und gesellschaftlich handelnden Subjekts“. Er sah Medienkompetenz als Bestandteil der kommunikativen Bildung und stellte das Konzept einer handlungsorientierten Medienkompetenz auf, die nicht fragt, WAS die Menschen mit Medien machen, sondern WIE sie sie kompetent nutzen, d.h. nach Baacke und Theunert (Portal NRW 2019) sachkompetent (mit Wissen), rezeptionskompetent (fähig zur kritischen Nutzung) und partizipationskompetent (fähig zur selbstbestimmten Produktion).

Im ursprünglichen Sinne gehören zu den „Medien“ alle öffentlich wirksamen „Vermittler“ von Inhalten. Dazu zählen Printmedien, Rundfunk, Fernsehen und die digitalen Medien Internet bzw. Computer und Smartphones. Im Folgenden meint der Begriff „Medien“ in Zusammenhang mit Pädagogik vor allem den Umgang mit digitalen bzw. Bildschirm-Medien, da deren Massenwirksamkeit in Zusammenhang mit den Wirkungen und starker Nutzung zu relevanten, d.h. entwicklungsauffälligen Beeinträchtigungen im persönlichen und damit gesellschaftlichen Bereichen führen kann (vgl. BLIKK 2017).

2.1 Waldorfpädagogik

2.1.1 Entstehung und Grundlagen

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart von Rudolf Steiner (1861-1925) zusammen mit Emil Molt, dem Besitzer der damaligen Waldorf Astoria Zigarettenfa­brik, für die Arbeiterkinder gegründet und nach der Fabrik benannt. Mit dieser Schu­le wurde zum ersten Mal das Prinzip sozialer Gerechtigkeit im Bildungswesen ver­wirklicht. Unabhängig von sozialer Herkunft, Begabung und späterem Beruf erhiel­ten junge Menschen erstmals eine gemeinsame Bildung. Als erste Gesamtschule hatten die Waldorfschulen auch das mit dem vertikalen Schulsystem verbundene Prinzip der Auslese („Sitzenbleiben“) durch eine Pädagogik der Förderung ersetzt.

Die Erziehungsaufgabe wird darin gesehen, das in jedem Menschen verborgene, zur freien Selbstbestimmung fähige Wesen zu fördern und sich um die individuelle Entfaltung des Menschen, hin zu dessen freier Selbstbestimmung, zu sorgen (nach Waldorf 1-2019).

Inhalt und Methode der Waldorfpädagogik beruhen auf Rudolf Steiners „Allgemeiner Menschenkunde“ (u.a. in Steiner 1992). Demnach wird der Menschen als ein geistiges Wesen von vier „Gliedern“ verstanden: physischer Leib, „Lebenskräfteleib“, „Empfindungsleib“ und das individuelle „Ich“ als Wesenskern (nach Kiersch 2007, S.21). Die drei „Leibe“ entwickeln sich phasenweise und, bei Beachtung der jeweils charakteristischen Bedürfnisse, aufeinander aufbauend. D.h. erst wenn z.B. der physische Leib voll ausgebildet ist, respektive sich „entfaltet“ hat, dann werden die Wachstumskräfte frei für die entwicklungsgerechte Entfaltung des „Lebenskräfteleibes“.

Die Entwicklungsphasen des Menschen werden in 7-Jahres-Zyklen eingeordnet, in denen jeweils auch eine andere Form des Lernens zum Tragen kommt.

Von der Geburt bis zum Zahnwechsel sind Aufbauprozesse im physischen Leib, die „Entfaltung“ der physischen Organe, das Erleben und Wahrnehmen des Körpers und der Sinne die Hauptentwicklungsaufgaben. Das Lernen und Erziehen ist handlungsgebunden und geschieht durch Vorbildwirkung, da das Kind von 0 bis 6 Jahren vor allem ein nachahmendes Wesen ist (nach Kiersch 2007, S. 22/23).

Ab dem Zahnwechsel, ca. 8. Lebensjahr, beginnt der „Lebenskräfteleib“ unabhängiger vom physischen Leib seine Kräfte zu entfalten. Er ist Träger der Neigungen und Gewohnheiten, des Gewissens, des Charakters und des Gedächtnisses. Das Kind erschließt sich jetzt die Welt durch sinnvolle Bilder, Gleichnisse und Beispiele, welche die Fantasie anregen. Durch seelische Lebendigkeit und geregelte Fantasie hilft der Erziehende dem Kind, sich die Welt zu enträtseln und sich seine „Richtschnur“ zu entnehmen (nach Kiersch 2007, S. 22/23). Diese Phase des emotionsgebundenen Lernens endet mit der Pubertät, etwa im 14. Lebensjahr.

Erst nach der Pubertät, im dritten Jahrsiebt, ist die notwendige „Reife für begriffliches Denken im Sinne einer objektivierenden, wertfreien Wissenschaftlichkeit“ und für die Entwicklung eines selbständigen Urteils- und Abstraktionsvermögens gegeben (Kiersch 2017, S. 26). Hier wird der Erzieher zum Lehrer im allg. üblichen Sinne und führt das Kind an die unmittelbare Realität heran, das Lernen ist jetzt ein dem Kind selbst bewusster Vorgang. Hier, ab dem dritten Lebensjahrsiebt, beginnt zwar die „direkte“ Medienpädagogik im anthroposophischen Sinne, doch praktisch und indirekt wurde schon zuvor medienpädagogisch gewirkt.

2.1.2 Praxis der Medienpädagogik an Waldorfschulen

Die im vorigen Kapitel stark verkürzte anthroposophische Sicht auf die Entwicklungspsy-chologie des heranwachsenden Kindes/Jugendlichen führt bzgl. der Medienpädagogik zu den Darlegungen in dem extra aufgelegten Waldorf-Reader „Struwwelpeter 2.0“ (2015):

„Der direkten Medienpädagogik, die heranwachsende Menschen dazu befähigt, Medien sinnvoll zu nutzen, geht [...] die indirekte Medienpädagogik voraus, die genau die Fähigkeiten im Menschen schult, die er braucht, um den Anforderungen des Lebens gewachsen zu sein und damit zugleich den Anforderungen, welche die technisch-mediale Welt an ihn stellt. Die spätere Medienkompetenz wurzelt in einer frühen Medienabstinenz! (dito S. 11). Der junge Mensch soll also erst sich selbst erfahren und urteilsfähig werden, bevor er als Konsument agiert.

Das praktische Zusammenspiel von indirekter und direkter Medienpädagogik wird durch folgende Grafik veranschaulicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Zusammenspiel von indirekter und direkter Medienpädagogik, aus Struwwelpeter 2.0 (2015)

In Struwwelpeter 2.0 (2015) sind auch praktische Anleitungen und reale Beispiele wie das Herstellen einer Radiosendung aufgeführt. Auch bei den (elektronischen) Medien hat anfangs das Erleben durch eigenes Tun Vorrang: also vor dem Konsumieren z.B. erst das praktische Produzieren eigener Medieninhalte (Radiosendung, Film) und dadurch das Verstehen von Zusammenhängen. 2

Auch die Vorbildrolle der Erziehenden wird nicht vergessen und letztlich zusammengefasst in dem Satz von Karl Valentin: „Wir können unsere Kinder erziehen, wie wir wollen, … am Ende machen sie uns doch alles nach.“ (dito S. 38)

2.2 Medienpädagogik in Staat und Gesellschaft

Im Folgenden wird anhand mehrerer Quellen und Zitate, das aktuelle, in der Gesellschaft vorhandene Meinungsbild zur Medienpädagogik wiedergegeben. Informationen und Arbeitsmaterialien von Ministerien der Bundesregierung und der Bundesländer sind enthalten und Stimmen aus der Erziehungswissenschaft und den Medien „kommen zu Wort“.

2.2.1 Politik

Von politischer Seite genannte medienpädagogische Ziele sind vor allem die Stärkung der Medienkompetenz der Kinder und der Schutz vor der Konfrontation mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (BMFSFJ 2019). Ersteres soll möglichst früh durch altersgerechte Angebote gefördert werden. In BMFSFJ (2018) wird ein „Spannender Einstieg ins Kinderinternet“ mit 4 Jahren durch entsprechende kindgerechte Webseiten unterstützt. Als notwendiger Aspekt wird dabei immer auch die Begleitung der Kinder in die Mediennutzung durch Eltern und Erzieher genannt. In BMFSFJ (2017, S.10) wird u.a. auf die UN-Kinderrechtskonvention verwiesen, die das Recht der Kinder auf freien Zugang zu Informationen verbrieft und Einschränkungen nur dort zulässt, wo das Wohlergehen des Kindes sonst beeinträchtigt würde. Es wird geschlussfolgert, dass „ […] sich daraus die Bedingung [ergibt], Informationen, die für Kinder von Belang sind, für diese aufzubereiten (in Sprache, Umsetzung, Darbietung).“ Des Weiteren sind „[…] im Internet Räume zu bieten, die Kindern Zugang zu Informationen in kindgerechter Sprache und Aufbereitung in qualitätsvoller Art und Weise [gewährleisten]“.

Weitere, u.a. in MFKJKS (2016) genannte Punkte sind die systematische Wissens-vermittlung und es sollten Angebote für Vorschulkinder (welche „…in diesem Alter schon regelmäßig Medienerlebnisse haben…“) gemacht werden, die das Verarbeiten (der Medienerlebnisse) mittels Rollenspielen, Malen o.ä. ermöglichen.

Im Sächsischen Bildungsplan wird u.a. festgestellt, dass sich zahlreiche Anlässe im Tageslauf bieten, die auch durch den Einsatz von Medien Anregungen und Impulse für Bildungsprozesse ermöglichen (Sächs. Bipl. 2011, S. 82). Des Weiteren geht es nach Sächs. Bipl. (2011, S. 88) bei der Kommunikativen Bildung in Kitas nicht nur um Sprachförderung, sondern auch um die Kommunikation mit Hilfe von Schrift und Medien u.a. durch das „…Kennenlernen von schriftlichen und symbolischen Sachinformationen (zum Beispiel in Computerspielen)“. Im Hort sollten „[…] das fortschreitende Interesse und die Lust, sich Welt über Ausdrucksmöglichkeiten wie Schrift und Medien anzueignen, genutzt werden, indem vielfältige Betätigungsmög­lichkeiten bereit stehen, beispielsweise PC, Schreibmaschine, […] Video- und Fotoapparat, Diktiergerät, […]“ (Sächs. Bipl. 2011, S. 92).

Konkrete Empfehlungen für die Praxis (max. Nutzungsdauern, Regeln) findet man schnell und einfach bei no-ZOFF (2015), auf zwei A4-Seiten gebündelt, und bei der EU-Initiative klicksafe (LMK 2019).

[...]


1 Allg. Fragen bzw. Vorurteile zur Waldorfpädagogik werden u.a. in FAZ (2014), Mopo (2017) und Blickpunkt 7 (2018) beantwortet.

2 Aus eigenem Erleben (2. Blockpraktikum) sowie aus dem Schulalltag des eigenen Kindes kann die künstlerisch-handwerkliche Ausprägung und das bildhafte Unterrichten in den ersten Schuljahren, der wissenschaftliche Unterricht vom 9. bis 12. Schuljahr und die Einführung sowie die Anwendung von Computertechnik ab der 8./9.Klasse durch den Verfasser bestätigt werden.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Medienkompetent durch Waldorfpädagogik
Untertitel
Die Wurzeln der Waldorfpädagogik in Bezug auf heutige Anforderungen
Hochschule
DPFA Akademien Gruppe GmbH  (Fachschule für Sozialwesen)
Veranstaltung
Fachrichtung für Sozialpädagogik
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
14
Katalognummer
V501827
ISBN (eBook)
9783346045041
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dozentkommentar: Ihre Arbeit ist klar strukturiert; sie weist eine präzise Fragestellung auf, auf die im Fazit explizit Bezug genommen wird. Sie arbeiten mit geeigneter / aktueller Literatur und betten diese in eine eigene Argumentation ein. Das, was im Rahmen einer "Kleinen" Facharbeit möglich ist, haben Sie herausgeholt. Auch sprachlich ist alles i.O. (Verwendung von Fachtermini, wissenschaftlicher Duktus). Deshalb: "Sehr gut".
Schlagworte
Medienkompetenz, Waldorfpädagogik, Medienpädagogik
Arbeit zitieren
Uwe Stodolny (Autor:in), 2019, Medienkompetent durch Waldorfpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501827

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