Der Einfluss von personalisierten Inhalten auf das Kaufverhalten

Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung im Internet


Bachelorarbeit, 2013

107 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung – Der Third-Person-Effect
2.1 Theoretische Grundlagen des Third-Person-Effects
2.1.1 Soziale Distanz und wahrgenommene Eigenschaften der hypothetisch anderen
2.1.2 Wünschbarkeit der Effekte
2.1.3 Eigenschaften der Befragten
2.2 Zusammenfassung und Rückbezug

3 Die Wirkung von Werbung
3.1 Informationsverarbeitung
3.2 Aufmerksamkeit
3.3 Werbung als strategischer Kommunikationsprozess
3.4 Grundlagen der Werbewirkungsforschung
3.5 Das Medium Internet als Werbeträger
3.5.1 Die Wirkung von Onlinewerbung
3.5.2 Die Macht impliziter Aufmerksamkeit
3.6 Zusammenfassung und Rückbezug

4 Produktempfehlung 2.0 – In Zeiten personalisierter Kundenansprache
4.1 Die Kaufentscheidung
4.2 Personalisierte Inhalte – Die intelligente Kundenansprache
4.2.1 Daten als Voraussetzung der personalisierten Ansprache
4.2.2 Marktsegmentierung – Ein Schritt in Richtung Personalisierung
4.3 Formen des Targetings
4.3.1 Technisches Targeting
4.3.2 User-Declared Information Targeting
4.3.3 Sprachbasiertes Targeting
4.3.4 Behavioral Targeting
4.3.5 Predictive Behavioral Targeting
4.3.6 Retargeting
4.4 Zusammenfassung und kritische Revision

5 Aktueller Stand der Forschung

6 Der Third-Person-Effect im Kontext des Forschungsinteresses

7 Methodik
7.1 Forschungsfrage der empirischen Untersuchung und Hypothesenbildung
7.2 Die Online-Befragung als Erhebungsinstrument
7.3 Fragebogenkonstruktion und Messinstrumente
7.3.1 Aufbau des Fragebogens
7.3.2 Operationalisierung
7.4 Annahmebedingungen der Hypothesen
7.5 Pretest

8 Forschungsergebnisse und Interpretation
8.1 Das Sample
8.2 Die Einschätzung der Werbewirksamkeit von Onlinewerbung
8.3 Die Einschätzung der Werbewirksamkeit personalisierter Inhalte
8.4 Das Merkmal der digitalen Versiertheit
8.5 Große soziale Distanz als Moderat des Third-Person-Effects
8.5.1 Das Geschlecht
8.5.2 Das Alter
8.5.3 Mediales Wissen
8.5.4 Der Bildungsgrad
8.6 Geringe soziale Distanz als Moderat des Third-Person-Effects

9 Prüfung der Untersuchungshypothesen

10 Zusammenfassung und kritische Revision der Forschungsergebnisse

11 Literaturverzeichnis

12 Anhang
I Fragebogen
II Variablen-Übersicht
III Operationalisierung
V Datenträger

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modell des Kommunikationsprozesses (eigene Darstellung in Anlehnung an Schweiger / Schrattenecker 2013: 12)

Abbildung 2: Prozess der Webekommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Schweiger / Schrattenecker 2013: 7)

Abbildung 3: Die Phasen der Kaufentscheidung (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Grafische Darstellung der Messgröße „Geschlecht" (eigene Darstellung)

Abbildung 5: Grafische Darstellung der Messgröße „Alter" (eigene Darstellung)

Abbildung 6: Grafische Darstellung der Messgröße „mediales Wissen" (eigene Darstellung)

Abbildung 7: Grafische Darstellung der Messgröße „Bildungsgrad" (eigene Darstellung)

1 Einleitung

Im Alltag der modernen Gesellschaft zeigt sich Werbung omnipräsent, höchst facettenreich, komplex und vielschichtig. Es vergeht kaum ein Tag, an dem eine Person nicht von einem Produkt überzeugt werden soll. Besonders im Internet strömen tagtäglich nahezu unendlich viele Informationen und Werbeeinblendungen auf einen ein. Man besitzt kaum eine Möglichkeit, Internetwerbung aus dem Weg zu gehen. Es gibt Tage, an denen wird die Einblendung genervt weggeklickt und die Betroffenen sind über die Ablenkung verärgert. An anderen Tagen dagegen, scheint Werbung plötzlich als willkommene Abwechslung und das beworbene Produkt ist im Auge des Betrachters höchst interessant. Dafür verlässt man auch gerne die eigentlich aufgesuchte Seite und klickt auf die Werbeeinblendung.

An einem jener Tage fiel mir auf, dass das beworbene Produkt, das mein Interesse weckte, nicht irgendeines war, es war genau das, welches ich mir kurze Zeit vorher auf einer Onlineshoppingseite angesehen hatte. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass meine digitalen Spuren verfolgt und aufgezeichnet werden, um mir dann relevante Werbung einblenden zu können. Eigentlich war ich immer der Überzeugung, dass mir Werbung im Internet kaum auffällt, geschweige denn, mich auf die Einblendung klicken lässt. Doch an diesem Tag musste ich den Impuls richtiggehend unterdrücken, erneut die Seite aufzurufen und das begehrte Stück nicht doch zu kaufen. Ich entschied mich damals gegen den Kauf des Produktes und installierte mir kurz darauf einen Webblocker, der verhindern sollte, dass mir Werbung eingeblendet wird.

Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht klar, wie wirksam Internetwerbung wirklich sein kann. Ich fragte mich, ob personalisierte Werbung tatsächlich die Menschen in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen kann.

Über einige Zeit hinweg beschäftigte ich mich mit der Frage und holte mir die verschiedensten Meinungen dazu ein. Hierbei war auffällig, dass die meisten mit denen ich sprach, eine Werbewirkung auf sich selbst negierten. Auch fiel mir auf, dass meine gleichaltrigen Freunde oft behaupteten, dass ältere Menschen stärker beeinflusst werden als sie selbst. Diese Meinung entsprach auch meiner persönlichen Einstellung. Immer wieder warnte ich meine Verwandten höheren Alters, vorsichtig im Internet zu sein, keine Daten preiszugeben und auf keine Banner oder Werbeeinblendungen zu klicken.

Sind diese Befürchtungen gerechtfertigt? Oder ist es meine höchst subjektive Wahrnehmung, dass meine Eltern oder Großeltern schneller von personalisierten Inhalten beeinflusst werden? Je mehr Gedanken ich mir über dieses Thema machte, desto bewusster wurde mir, dass ich davon ausging, dass andere stärker durch Massenmedien manipuliert werden als ich selbst. Woher kommt eine solche Wahrnehmung? Ich war der festen Überzeugung, dass meine Familie und meine Bekannten deutlich stärker beeinflusst werden als ich oder meine Kommilitonen mit unserem breiten Wissen über das Internet. Schließlich war ich sowohl mit dem modernen Massenmedium aufgewachsen als auch Studentin eines medien- und kommunikationswissenschaftlichen Fachs.

Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick komprimiert all diese Gedanken in einem einzigen Satz: „Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist.“ Er beschreibt hiermit das Phänomen, dass jeder Mensch eine eigene Realität auf Basis seiner persönlichen Wahrnehmung konstruiert.

Als mir oben beschriebene Situation in den Sinn kam, merkte ich, dass ich eigentlich nicht weniger oder mehr durch personalisierte Inhalte im Internet beeinflusst werde als andere Personen. Warum also bin ich davon ausgegangen, weniger durch Onlinewerbung manipuliert zu werden als meine Familie? Nur weil ich denke, mehr über das Internet und technischen Feinheiten zu wissen? Trifft das Phänomen nur auf mich zu, oder glauben Menschen grundsätzlich, dass personalisierte Werbung keine Wirkung auf ihre Kaufentscheidung hat? Inwiefern bekommen wir überhaupt mit, welche Werbung uns beeinflusst und welche nicht? Hat nicht jeder schon einmal einfach nach einem Produkt gegriffen, um es schlicht auszuprobieren?

All das soll nun im Rahmen meiner Bachelorarbeit unter folgender forschungsleitenden Frage geklärt werden: Weicht die Selbstwahrnehmung von Internetnutzern im Hinblick auf den Einfluss personalisierter Inhalte auf ihr Kaufverhalten von der Fremdwahrnehmung ab?

Die vorliegende Arbeit versucht, das sehr komplexe Thema Werbung so komprimiert wie möglich darzustellen und betrachtet personalisierte Werbung nicht allgemein auf ihre Werbewirksamkeit hin, sondern alleine unter dem kommunikationswissenschaftlichen Ansatz des Third-Person-Effects.

Ausgehend von der Zielsetzung dieser Arbeit ergibt sich folgender Aufbau: Zu Beginn des forschungssystematischen Teils werden zunächst die theoretischen Grundlagen des Third-Person-Effects sowie dessen Determinanten vorgestellt. In Kapitel drei wird im Anschluss daran Werbung mit all ihren Facetten behandelt. Darunter fällt der Vorgang der Informationsverarbeitung, die Erläuterung der Wahrnehmungsressource Aufmerksamkeit sowie eine intensive Diskussion über das Medium Internet als Werbeträger. Die Thematisierung dieser Aspekte dient der Gewinnung eines Mindestmaßes an Struktur, um die weit gestreute Ausdifferenzierung von Werbung zu komprimieren. Im Rahmen dieses Kapitels gilt es auch, die Wirkung von Werbung näher zu betrachten. Der Abschnitt schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.

Das darauffolgende Kapitel beschäftigt sich mit den technischen Möglichkeiten des Internets unter besonderer Berücksichtigung der Werbebranche. Hierbei wird zunächst der Prozess einer Kaufentscheidung dargestellt, um im weiteren Verlauf die technische Finesse der Targeting-Methodik zu erläutern. Die Technologie der personalisierten Ansprache bildet zusammen mit den ersten drei Kapiteln die Basis für die empirische Untersuchung.

Die methodische Annäherung zur Messung eines Third-Person-Effects folgt im zweiten Hauptteil der Arbeit. Um das Forschungsinteresse der vorliegenden Untersuchung hervorzuheben, wird zunächst ein Überblick über den Stand der Forschung gegeben und in dessen Folge der Third-Person-Effect im Kontext der Arbeit diskutiert.

Der weitere Untersuchungsvorgang wird dann auf Basis der bisherigen Erkenntnisse sowie auf der Grundlage des theoretischen Teils der vorliegenden Arbeit abgeleitet und empirisch überprüft.

Das letze Kapitel fasst abschließend die gewonnenen Ergebnisse noch einmal systematisch zusammen und bietet mögliche Implikationen für die weitere Forschung in diesem Bereich.1

2 Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung – Der Third-Person-Effect

Das Wesen des Menschen und wie er seine Umwelt wahrnimmt, ist höchst subjektiv. Die Realität sieht für jeden anders aus. Was von der Umwelt wahrgenommen wird, unterliegt der individuellen Interpretation und Bedeutungszuschreibung einer Person. Eine gemeinsame Wissensbasis, wie Normen oder Werte sowie Sprache, Bild und Schrift dienen den Menschen als Orientierungshilfen, um eine gemeinsame objektive Realität zu schaffen (vgl. Peter / Brosius 2013: 463). Jeder Mensch weiß Gegenstände, die er sehen und anfassen kann, in Kategorien einzuordnen und ihnen ihre objektiv richtige Bedeutung zuzuschreiben. Ein Baum ist und bleibt für alle ein Baum. Schwieriger wird es, wenn es um Meinungen oder Einstellungen geht. Dabei ist gerade ihre Einschätzung im gesellschaftlichen Miteinander von hoher Wichtigkeit, die es den Menschen erst ermöglicht, ihre soziale Umwelt besser zu verstehen. Noelle-Neumann (2001) umschreibt mittels eines menschlichen „[…] quasi-statistischen Wahrnehmungssinns […]“ (ebd.: 316) die Möglichkeit der relativ genauen Einschätzung von Mehr- und Minderheitsmeinungen in der Öffentlichkeit. Nichtsdestotrotz nehmen Personen die Realität unterschiedlich wahr. Diese Abweichung wird in der sozialwissenschaftlichen Forschung als Wahrnehmungsphänomen bezeichnet. Jene liefern zentrale Ansätze, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen und sich in ihr verhalten. Auch führen sie dazu, dass „[…] die soziale Realität im Allgemeinen und die Meinungen und Einstellungen anderer Personen im Speziellen in systematischer Weise verzerrt […]“ (Peter / Brosius 2013: 464) wahrgenommen werden. Wahrnehmungsphänomene ziehen im Bereich der Medien indirekte, vermittelte Wirkungen nach sich. Der Third-Person-Effect, als ein solches Phänomen im Medienwirkungsprozess2, dient der vorliegenden Arbeit als kommunikationswissenschaftlicher Ansatz. Im weiteren Verlauf soll dieses Phänomen hinsichtlich der Werbewirksamkeit personalisierter Inhalte im Internet diskutiert und überprüft werden.

2.1 Theoretische Grundlagen des Third-Person-Effects

Der amerikanische Soziologe W. Phillips Davison bemerkte 1983 erstmals das Phänomen, dass der manipulative Einfluss von Medien auf Dritte höher eingeschätzt wird als auf die eigene Person (vgl. Müller 2010: 15). Davison stellte dazu Forschungen an und bezeichnete die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung als Third-Person-Effect3 (TPE). In der folgenden Arbeit ist der Begriff „Selbstwahrnehmung“ als die Wahrnehmung definiert, wie eine Botschaft die eigene Person beeinflusst und der Begriff „Fremdwahrnehmung“ als die Wahrnehmung, wie eine Botschaft dritte Personen beeinflusst.

„A person exposed to a persuasive communication in the mass media sees this as having a greater effect on others than on himself or herself. Each individual reasons: ‚I will not be influenced, but they (the third persons) may well be persuaded‘.“ (Davison 1983: 1)

Davison beschreibt hierbei zunächst die Erscheinung einer Disposition zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung eines Menschen. Er stellt fest, dass Personen tendenziös glauben, dass die mediale Beeinflussung andere Personen stärker betrifft als sie selbst. Diese erste Komponente der Wahrnehmung wurde in der folgenden Forschung um einen zweiten Aspekt erweitert. So ergeben sich aus ebendieser verzerrten Wahrnehmung Konsequenzen für das Verhalten einer Person. Sie passt sich in der Folge an ihre subjektive Wahrnehmung kommunikativer Botschaften hinsichtlich der Einflussgröße an (vgl. Schenk 2007: 550ff.).

Mit der Überschätzung der massenmedialen Wirkung anderer geht gleichzeitig die Unterschätzung der Medienwirkung auf die eigene Position einher (vgl. Huck / Brosius 2007: 355). Die Unterschiede zwischen erster und dritter Person ergeben sich jedoch nur aus der individuellen Wahrnehmung eines Menschen und müssen nicht der Realität entsprechen. Gerade weil der TPE ein individuelles Wahrnehmungsphänomen ist, variiert die Ausprägung der Stärke. Intervenierende Bedingungen moderieren und determinieren den TPE. Moser und Hertel (1998) zählen die soziale Distanz, die Parteilichkeit einer Quelle oder den Inhalt einer Botschaft sowie die Eigenschaften der Befragten zu den wichtigsten Randbedingungen, die im Hinblick auf das Thema der Arbeit nähere Beachtung finden (vgl. ebd.: 147ff.).4

2.1.1 Soziale Distanz und wahrgenommene Eigenschaften der hypothetisch anderen

Unter all den intervenierenden Determinanten des TPE ist die der sozialen Distanz bzw. Abstraktheit nahezu immer feststellbar. Der Begriff „soziale Distanz“ meint in diesem Zusammenhang die nähere oder weitere soziale Umgebung einer Person. Je weiter weg ein hypothetisch anderer Mensch räumlich, gesellschaftlich oder auch kognitiv von der eigenen Person wahrgenommen wird, desto stärker wird auch der Einfluss der Massenmedien auf sie überschätzt (vgl. Huck / Brosius 2007: 360). Somit ist festzustellen, dass der TPE umso stärker auftritt, je größer die soziale Distanz subjektiv empfunden wird.

2.1.2 Wünschbarkeit der Effekte

Weiterer intervenierender Faktor des TPE ist die sogenannte Wünschbarkeit der Effekte. Hierbei ist die persönliche oder gesellschaftliche Einstellung zum medial vermittelten Inhalt der Botschaft bedeutsam. Beinhaltet sie negativ konnotierte oder sozial unerwünschte Themen, erachten Menschen ihren Einfluss auf andere deutlich höher als auf die eigene Person. Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung ist deutlich feststellbar. Grund hierfür sehen Moser und Mertel (1998) beispielsweise in der geringen sozialen Wünschbarkeit sich von Werbebotschaften beeinflussen zu lassen. Sie nennen es „[…] nicht image-förderlich bzw. ,not smart‘ […]“ (Moser / Leitl 2006: 3), von einer eindeutig kommerziellen Botschaft manipuliert zu werden. Ist dagegen die vermutete Medienwirkung der Botschaft positiv und somit sozial erwünscht, kann man eine deutliche Minimierung der Diskrepanz oder gar eine Umkehrung des TPE feststellen.5 Folglich scheint es darauf anzukommen, ob die Wirkung einer Botschaft in der Gesellschaft positiv oder negativ konnotiert ist.

Neben dem Inhalt der Botschaft nimmt auch ihr Format eine nicht zu vernachlässigende Position ein. Ist sie offensichtlich parteilich und damit eindeutig tendenziös, so wird der Einfluss der Botschaft auf andere im Vergleich zu der eigenen Position stark überschätzt (vgl. ebd.: 2). Grund dafür ist die Tatsache, dass je glaubwürdiger und qualitativ hochwertiger eine Botschaft zu sein scheint, ihr umso größere soziale Erwünschtheit zugesprochen wird (vgl. Müller 2010: 29). Gleichwohl spielt aber auch die Intensität der Auseinandersetzung6 mit einem speziellen Thema eine wichtige Rolle bei der Vermutung über die Beeinflussbarkeit der anderen. Diese intervenierende Determinante ist vor allem dann bemerkbar, wenn die befragte Person eine eindeutige Meinung zu dem speziellen Thema besitzt und thematisch hoch involviert ist. Die besonders hohe Disparität ergibt sich dann aus dem subjektiven Empfinden, dass die eigentlich neutralen Medieninhalte, den Inhalt verzerrt wiedergeben würden (vgl. Müller 2010: 31; Schenk 2007: 535).

2.1.3 Eigenschaften der Befragten

Nicht nur die wahrgenommenen Eigenschaften der zu beurteilenden Personen, auch die persönlichen Merkmale des Befragten können den TPE verstärken. Bereits Davison (1983) ging davon aus, dass das Wissen einer Person, das sie sich selbst zuschreibt, die Stärke des TPE beeinflusst (vgl. ebd.: 9). Ist also bei einer Person subjektiv fachspezifisches Wissen vorhanden oder sieht sie sich als Experte auf einem Gebiet, so wird die Wirkung der Massenmedien auf andere im Vergleich stark überschätzt. Weitere Merkmale sind ein subjektiv empfunden höherer Bildungsgrad, höheres Alter sowie eine geringe Nutzung der Medien (vgl. Schenk 2007: 553; Huck / Brosius 2007: 361).

2.2 Zusammenfassung und Rückbezug

Das von Davison 1983 erstmals beobachtete Phänomen der tendenziellen Überzeugung, Medien hätten auf andere eine stärkere persuasive Wirkung, ist heute so aktuell wie nie. Grund für die zunehmende Aktualität des vor 30 Jahren formulierten Wahrnehmungsphänomens, ist die stetig wachsende Etablierung der Massenmedien in modernen Gesellschaften. Insbesondere das Internet mit seinen technischen Möglichkeiten der gezielten Werbekommunikation in Verbindung mit der charakteristischen Anonymität in der digitalen Welt, provoziert geradezu eine überschätzte Werbewirkungswahrnehmung bei anderen. Innerhalb der letzen 30 Jahre wurde immer deutlicher, dass der TPE an intervenierende Faktoren gebunden ist, die ihn determinieren. Insbesondere die Abstraktheit scheint die Stärke des TPE zu moderieren. Geringe soziale Distanz führt zu einem weniger stark ausgeprägten TPE. So ist ein sehr guter Freund sowohl räumlich als auch gesellschaftlich und in den meisten Fällen auch kognitiv der eigenen Person sehr ähnlich. Dadurch verkleinert sich der vermutete massenmedial bedingte Einfluss. Ist die Vergleichsperson dagegen sozial entfernt und hypothetisch nur schwer vorstellbar, wird die Wirkung von Massenmedien relativ hoch eingeschätzt. Weitere Determinante des TPE ist die sogenannte Wünschbarkeit der Effekte. Sie kann entweder hinsichtlich des Themas, der Qualität und der Parteilichkeit der Botschaft oder aber dem thematischen Involvement7 einer Person die Stärke des TPE beeinflussen. Neben der sozialen Distanz und der Wünschbarkeit der Effekte, sind die Eigenschaften der Befragten und ihre subjektive Selbsteinschätzung ebenfalls bedeutsame Moderate.

3 Die Wirkung von Werbung

Medienwirkungen, unter anderem auch die der Werbung, werden immer dann in der Öffentlichkeit diskutiert, wenn dramatische Ereignisse mit den Massenmedien in Verbindung gebracht werden. Die Debatten gehen vom Schüren aggressiven Verhaltens durch gewalthaltige Sendungen oder Spiele über die Frage, ob das Internet einsam mache, bis hin zur Debatte um die Verführung werblicher Botschaften zum ungeplanten Kauf eines Produktes. Immer wieder werden diese und noch viel mehr medienkritische Schuldfragen gestellt. Gleichzeitig sind Medien, insbesondere das Internet, immer auch Hoffnungsträger. Zeitungen und Bücher sind ein Zeugnis eines autonomen, politisch informierten Bürgers, das Fernsehen ergänzte in den 70-er Jahren mit seinen Inhalten die Bildungslehre. Das moderne Massenmedium Internet wird als Retter der Demokratie gehandelt, als ein „[…] Indikator für die Fortschrittlichkeit einer Volkswirtschaft […]“ (Schweiger 2013: 15) oder gar als eine unerschöpfliche Informationsressource für die Gesellschaft.

Und doch besitzt es nicht nur positiv vermutete Charakteristika. Aufgrund der schweren Kalkulierbarkeit, ob und welche möglichen Konsequenzen eine Internetpräsenz nach sich ziehen könnte, ist das moderne Massenmedium auch allseits gefürchtet: Shitstorms8, Mobbingattacken, Verletzung der Privatsphäre, Verlust der Autonomie – all das sind mögliche Gefahren des Internets. Es unterliegt neuen Regeln und einer eigenen Struktur, die erst verstanden und akzeptiert werden müssen (vgl. dazu Kapitel 3.5 und 4), um die negativen Folgen zu minimieren und die Vorteile nutzen zu können.

Die Medienwirkungsforschung existiert jedoch auch abseits der kritischen öffentlichen Diskussion. So können Medien sich auch auf die Kognitionen, Affekte und Einstellungen sowie das Verhalten der Empfänger auswirken. Die Wissenschaft beschäftigt sich deshalb insbesondere mit den Fragen nach den Prozessen der Selektion, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und der Verarbeitung einer Botschaft (kognitive Ebene), nach evozierten Gefühlen und Stimmungen (affektive Ebene) sowie „[…] nach verhaltensbezogenen motivationalen Prozessen des Wünschens und Wollens […]“ (Bonfadelli / Friemel 2011: 115) (konative Ebene), die durch mediale Botschaften ausgelöst werden.

Die Intention ein jeder Botschaft ist in den meisten Fällen beabsichtigt, bisweilen jedoch auch unbeabsichtigt und zufällig. So kann das eigentlich Gemeinte auf Seiten des Empfängers missverstanden werden und eine nicht intendierte Wirkung bei ihm hervorrufen. Die Vielzahl aller Einstellungs- und Verhaltensänderungen sind jedoch intendiert: So wollen Nachrichten das Wissen der Rezipienten mit Hilfe von Informationen erweitern und Werbung will sie zum Kauf des beworbenen Produktes anregen (vgl. Schweiger 2013: 22).

Im Vergleich zu anderen Mediengattungen schneidet das Internet als Kommunikationskanal als Auslöser von Medienwirkungen besser ab: „Während beim Fernsehen meist dysfunktionale Wirkungen diskutiert wurden, halten sich beim Internet Hoffnungen und Befürchtungen die Waage.“ (Schweiger 2013: 25) Als Begründung wird der uneingeschränkten Zugang zu Informationen, eine vereinfachte und unmittelbare Kommunikation sowie weltumspannende Plattformen zur internationalen Vernetzung aufgeführt.

Auf die Frage, ob und wie Werbung wirkt und ob ihr persuasives Wesen tatsächlich die Rezipienten zu ungeplanten Käufen verführt, gibt es bisher jedoch noch keine zufriedenstellende Antwort. Zu viele Faktoren bedingen die Werbewirksamkeit online wie offline. Und doch ist grundsätzlich festzustellen, dass als „[…] Maß für die Aufmerksamkeit einer Person und die kognitive Verarbeitung eines Reiz-Inputs […]“ (Schweiger 2013: 29) gilt: Je schneller eine Person auf einen Reiz reagiert, desto aufmerksamer ist sie und desto spontaner erfolgt die Informationsverarbeitung.

3.1 Informationsverarbeitung

Der Begriff der Informationsverarbeitung9 findet in der Kommunikationswissenschaft vielfach im Kontext der Medienrezeption Verwendung. Was passiert während der medialen Nutzung? Dieser Frage geht die Rezeptionsforschung nach und stellt dabei den Kontakt zum bzw. die Interaktion zwischen Empfänger und Medium in den Fokus. Auf der Suche nach der Antwort wurde festgestellt, dass die ursprünglichen Informationen einer Botschaft nicht mit den Informationen übereinstimmen, die der Rezipient wahrnimmt. Sie weichen in ihrer Art, Menge und Beschaffenheit voneinander ab. Dieser Unterschied zwischen Ursprung und Ende lässt die Vermutung zu, dass der Schritt der Informationsverarbeitung zu einer individuellen Interpretation der wahrgenommenen Botschaft führt (vgl. Früh 2013: 133f.).

Als weiteren Aspekt bei der Informationsverarbeitung stellte die Persuasionsforschung heraus, dass nicht jede Botschaft tatsächlich auch verarbeitet wird. Grund hierfür ist die begrenzte Kapazität des menschlichen Gehirns. Nur eine geringe Anzahl an Informationen können für einige wenige Millisekunden im sensorischen Speicher behalten werden. Danach geraten sie sofort wieder in Vergessenheit. Einige wenige entgehen diesem Schicksal und erregen explizit oder implizit Aufmerksamkeit. Ist dies der Fall, wandern die Informationen in das Kurzzeitgedächtnis der Person (Encodierung). Auch hier können nur eine begrenzte Zahl an Informationen aufgenommen werden. Erfüllt eine davon das Kriterium der Relevanz, gelangt sie über den erneuten Vorgang der Encodierung in das menschliche Langzeitgedächtnis. Dort können unzählige Informationen abgespeichert werden, da es, entgegen anderer Speicher, keiner Kapazitätsbeschränkung unterliegt. Aus diesem Grund selektiert das menschliche Gehirn aus seiner Umgebung alle Informationen und trennt wichtige von unwichtigen (vgl. ebd.: 136).10

Das Prinzip der Selektivität ist eine urmenschliche Handlung und hilft Entscheidungen adäquat und situationsbedingt zu treffen (vgl. ebd.: 134). Selektion ist ein Grundprinzip der Informationsverarbeitung und ermöglicht es, irrelevante Informationen auszublenden und wichtige dahingegen zu bündeln (vgl. Tropp 2011: 189). „[…] [D]ie eingehende bzw. aufgenommene Informationsmenge [wird] auf ein erträgliches, nützliches oder angenehmes Maß für die Weiterverarbeitung reduziert.“ (Wirth / Schweiger 1999: 46) Diese Reduktion verläuft mittels bestimmter subjektiver Kriterien und ist somit eine individuelle „[…] Selektionsmenge aus der Menge aller Reize.“ (Früh 2013: 135)

Mit der Frage, wie intensiv Informationen verarbeitet werden, beschäftigen sich auch die sogenannten Rezeptionsmodelle. Das Elaboration Likelihood Model von Petty und Cacioppo (1986) ist eines der bekanntesten und meist zitierten Modelle der Informationsverarbeitung. Aufmerksamkeit ist in ihrem Modell eng mit stabilen und dauerhaften Einstellungen verbunden. Beim Elaboration Likelihood Model werden zwei Routen der Verarbeitung persuasiver Informationen unterschieden. Je nach Ich-Beteiligung einer Person sowie in Abhängigkeit vom Reiz, wird die Persuasion zentral, also mit einer hohen Bereitschaft und Rationalität, oder peripher, d.h. eher heuristisch und damit nur oberflächlich, verarbeitet. Nach dieser Argumentation werden bei der zentralen Route die Informationen aufmerksam, motiviert und ungestört rezipiert, wodurch eine stabile und dauerhafte Einstellung entsteht. Beeinflusst werden können jedoch eher Menschen, die eine Information beiläufig verarbeiten (vgl. Eisend / Küster-Rohde 2008: 13).

3.2 Aufmerksamkeit

Das Prinzip der Selektion ist also immer auch mit dem der Aufmerksamkeit verbunden. Aufmerksamkeit aus kommunikations- und medienwissenschaftlicher Perspektive ist ein Wahrnehmungs- sowie Verarbeitungsprozess, der in einem frühen Wahrnehmungsstadium selektiv, jedoch nicht unmittelbar handlungssteuernd wirkt (vgl. Wentura / Frings 2013: 84). Aufmerksamkeit kann entweder mit Hilfe eines Reizes (Bottom-Up-Verarbeitung) oder bewusst bzw. unbewusst von einer Person gelenkt werden (Top-Down-Verarbeitung) (vgl. Früh 2013: 135).

In der Werbebranche gilt sie als Grundvoraussetzung für die Wirkung einer Botschaft. Rezipiert eine Person die Werbebotschaft aufmerksam, so kann sie im Idealfall Emotionen hervorrufen, die den Kunden dazu bewegen, das beworbene Produkt auch zu kaufen (vgl. Tropp 2011: 558).

Um möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren, greifen Werbende auf immer buntere, grellere und größere Präsentationen des Produktes zurück. Doch solche Stimuli sind aus wahrnehmungs- und kognitionspsychologischer Perspektive besonders vielschichtig und sollten planvoll eingesetzt werden. Oft sind mediale Reize im Überfluss vorhanden, wodurch der Empfänger mit allen Sinnen auf diese Redundanz reagieren muss. Nicht immer kommt es dadurch zum erwünschten Effekt der einfacheren Informationsverarbeitung. Kognitive Überforderung aufgrund von individuellen Verarbeitungskapazitäten kann ebenfalls Folge sein (vgl. Früh 2013: 141). Kommt es zu einer Überlastung, werden die Informationen nicht mehr wie gewünscht verarbeitet, sondern aussortiert. Gerade in Zeiten der polypolen Marktform moderner Gesellschaften, ist bei der Vermittlung von Informationen nicht nach der Maxime der Quantität zu handeln, vielmehr sind die der Relevanz und Qualität zu berücksichtigen.

3.3 Werbung als strategischer Kommunikationsprozess

Werbung stellt nicht erst in modernen Gesellschaften ein gerne verwendetes und erfolgsversprechendes Werkzeug im Kampf um die Aufmerksamkeit dar, sondern bereits seit Anbeginn des bewussten Wirtschaftens (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 1). Die Rahmenbedingungen, unter denen sie funktioniert, haben sich seither jedoch ebenso verändert wie die Menschheit selbst. Werbung als modernes Marketinginstrument läuft nach anderen Regeln ab als in vergangenen Jahrhunderten. Der Begriff „Werbung“ leitet sich aus dem althochdeutschen Wort „werban“ bzw. „wervan“ ab und bedeutet seiner Wortherkunft nach „sich drehen“, „etwas betreiben“ oder aber „sich um etwas bemühen“ (vgl. ebd.). Hieraus ergibt sich das moderne Verständnis von Werbung als soziale Institution. Sie soll mittels werblicher Botschaften die Empfänger zu Abnehmern der beworbenen Güter machen (vgl. Weber / Fahr 2013: 333). In der modernen Gesellschaft funktioniert „[…] dieses Interaktionsmuster durch das systemische Zusammenwirken hochgradig ausdifferenzierter, organisierter und professionalisierter Handlungsbereiche.“ (ebd.)

Werbung ist ein strategischer Kommunikationsprozess (vgl. Abbildung 1). Das bedeutet, dass sie bewusst versucht, Wissen, Meinungen, Einstellungen oder das Verhalten der Empfänger manipulativ zu beeinflussen (vgl. Siegert / Brecheis 2010: 26). Dabei bedient sie sich verschiedener Mittel und verbreitet sich über Werbeträger wie dem Internet oder anderen Kanälen. Der strategische verläuft wie jeder Kommunikationsprozess nach einem bestimmten Muster: Ein Sender vermittelt eine Botschaft an einen Empfänger. Schafft der Rezipient die Bedeutung der kodierten Botschaft zu verstehen, spricht man von einer gelingenden Kommunikationsstruktur (vgl. Scheier / Held 2012: 39). Somit ist Kommunikation im Grunde der bloße Austausch von Bedeutungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung: Modell des Kommunikationsprozesses (eigene Darstellung in Anlehnung an Schweiger / Schrattenecker 2013: 12)

Die vermittelte Information zielt jedoch immer auch auf eine Wirkung beim Empfänger ab (vgl. Scheier / Held 2012: 40). Die Lasswell-Formel versucht Kommunikation in einem theoretischen Konstrukt darzustellen und bildet dabei die allgemeingültige Struktur von Kommunikationsprozessen ab. Der Kommunikationsprozess wird hierbei in fünf Einheiten gesplittet: „Who says what in which channel to whom with what effect.” (Lasswell 1964: 37) Neben dem Sender (who), der Botschaft (what) und dem Empfänger (whom) implementiert Lasswell zusätzlich noch das Medium (which channel) sowie den Aspekt der Wirkung (what effect). Durch diese Erweiterung dient die Lasswell-Formel oftmals als Grundlage für weitere Forschungsansätze11 in der Kommunikationswissenschaft und auch als Basis für das Verständnis eines werblichen Kommunikationsprozesses in der vorliegenden Arbeit (vgl. Strohner 2001: 30).

Der Prozess der Werbekommunikation selbst, wird in symbolische Kommunikation und Produktkommunikation differenziert (vgl. Abbildung 2). Bei letzterer ist das in einem Kommunikationsprozess beworbene Produkt Träger und Übermittler der Information. Bei symbolischer Kommunikation dagegen stellt sich die Werbebotschaft mittels Zeichen und Symbolen dar und ist physisch nicht greifbar (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 7). Sie wird ihrerseits in Individual- und Massenkommunikation unterschieden. Individualkommunikation ist die direkte zweiseitige Kommunikation mit der Möglichkeit direkter Rückkoppelung zwischen den Kommunikationspartnern (vgl. ebd.: 8). Maletzke (1963) definiert Massenkommunikation als „[…] jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich, durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden.“ (ebd.: 32) Durch die Ausrichtung auf ein anonymes, heterogenes und räumlich getrenntes Publikum, ist die Kommunikationsrichtung einseitig. Hierbei kann keine direkte Rückkoppelung stattfinden, woraus sich folgendes Problem ergibt: Es ist kaum oder nur schwer einzuschätzen, wie der Empfänger tatsächlich auf die massenmediale Botschaft reagiert. Ebenfalls fallen die Möglichkeit des Rollentauschs, der Ausräumung möglicher Missverständnisse sowie die Ergänzung von Informationen weg (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 8).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Prozess der Webekommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Schweiger / Schrattenecker 2013: 7)

Das Medium Internet als modernes Massenmedium schafft es erfolgreich, den Übergang der Massenkommunikation hin zur Individualkommunikation fließend zu gestalten (vgl. dazu Kapitel 3.5 und 4.3). Darin begründet sich einer der Motive für das Aufsehen um das Internet und seine scheinbar unendlichen Möglichkeiten.

3.4 Grundlagen der Werbewirkungsforschung

Das Wesen der Werbung versucht immer eine manipulative Wirkung auf den Empfänger der Werbebotschaft auszuüben. Das heißt: Sie ist intentional und verfolgt das operative Ziel, eine Reaktion hervorzurufen. Sender der Botschaft sind in aller Regel hierbei Unternehmen oder Institutionen. Die Ziele12 der Wirtschaftswerbung beruhen auf kommerziellen Zwecken und der Persuasionsabsicht (vgl. ebd.: 6).

Jegliche Reaktion auf einen werblichen Reiz wird unter dem weiten Begriff der Werbewirkung zusammengefasst. Dazu zählen sowohl die intendierte sowie die nicht intendierte Wirkung auf Individuen als auch jegliche Effekte der Werbung auf die Akteure der Werbekommunikation und ihre Handlungsfelder (Weber / Fahr 2013: 335). Ebenfalls Berücksichtigung finden die werblichen Auswirkungen auf gesellschaftlicher Ebene. So ist Werbung durchaus fähig, Trends und Lebensstile der Menschen zu beeinflussen und zu prägen.

Und doch können die Wirkungen nicht pauschalisiert werden, denn sie sind das Ergebnis multipler und hoch komplexer Prozesse, die an intervenierende Faktoren gebunden sind. Eine Person, die sich mit der Werbung aufmerksam auseinandersetzt, wird anders beeinflusst werden als eine, die die Botschaft heuristisch verarbeitet (vgl. Wirth / Kühne 2013: 313). Auch Merkmale des Werbekontaktes, wie beispielsweise die Art wie die Werbung gestaltet ist oder die Tonalität, spielen eine Rolle bei der Wirkung.

Deshalb definiert kommunikationswissenschaftliche Werbewirkungsforschung den Begriff „Werbewirkung“ weitaus enger. Die intendierte Wirkung sowie die Hinweise, die für einen Werbeerfolg sprechen, stehen im Fokus (vgl. ebd.). Sie sucht nach der Antwort auf die Frage, wie Medien allgemein und Werbung speziell auf die Gesellschaft wirken (vgl. Jäckel 2012: 12).

Die Forschung konzentriert sich im Wesentlichen auf drei Formen der individuellen Reaktion auf den werblichen Stimulus. Inwiefern erinnert sich der Empfänger an den Inhalt der Werbung? Wie wirkt sich die Werbeeinblendung auf die Einstellung gegenüber dem Produkt oder der Marke aus? Und was für ein Verhalten zieht die Werbebotschaft nach sich? Erinnerungswirkungen, Einstellungswirkungen sowie Verhaltenswirkungen sollen dabei aufgezeigt und begründet werden (vgl. Weber / Fahr 2013: 337).13

Werbewirkungsmodelle fungieren als Erklärungsansatz für verschiedene Verhaltensweisen des Menschen. Sie versuchen die Wirklichkeit möglichst detailgetreu abzubilden (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 22). Das erste und bekannteste Stufenmodell ist die von Lewis im Jahre 1898 aufgestellte AIDA14 -Formel. Seither prägt sie nachhaltig das Wirkungsverständnis der Werbekommunikation. Auf ihrer Grundlage existieren nunmehr eine große Anzahl an Modellen der Werbewirkungsforschung15. Im Grunde geht Werbewirkungsforschung also den Fragen nach, ob, warum und unter welchen Bedingungen die Wirkung einer Botschaft am effektivsten ist. Insbesondere die Frage nach der Wirksamkeit innovativer Werbeformate findet in den Untersuchungen besondere Berücksichtigung. Gerade mit der Etablierung des Internets und der voranschreitenden technischen Entwicklung, wird die Werbewirkungsforschung mit immer wieder neuen Themen konfrontiert, die es genauer zu betrachten gilt. Neue Werbeformen ziehen neue Wirkungsformen nach sich. Das Internet eröffnet der Werbekommunikation mehr denn je die Möglichkeit, ihre persuasive Macht zu nutzen und Verhalten zu beeinflussen sowie Einstellungen gezielt zu verändern (vgl. Tropp 2011: 88). Doch führt auch die stetige Veränderung notgedrungen zu einem Umdenken in der strategischen Planung einer Werbekampagne im Netz. Laufend neue Werbeformen, immer höhere Ansprüche seitens der Rezipienten sowie unzählige Konkurrenten verlangen nach einer hohen Sensibilität gegenüber dem einzelnen Kunden. Wer die Bedürfnisse der Konsumenten in den Fokus stellt, dem ist es möglich, Aufmerksamkeit zu erregen und auf dem polypolen Markt erfolgreich zu bestehen (vgl. Alpar / Wojcik 2012: 87).

3.5 Das Medium Internet als Werbeträger

Gerade das Internet als Medium gilt als Hoffungsträger von Werbetreibenden, eine erfolgreiche Positionierung auf dem Markt zu gewährleisten. Diese Zuversicht begründet sich sowohl in dessen Eigenschaften als auch in der stetig voranschreitenden Etablierung des modernen Massenmediums im gesellschaftlichen Leben der Menschen. Seine Beschaffenheit unterscheidet sich stark von der klassischer Medien. Die technischen Möglichkeiten des World Wide Webs (WWW)16 verändern die Form wie Menschen Informationen wahrnehmen, verarbeiten und verwerten (vgl. Strauss / Frost 2012: 183f.). Das Internet ist längst kein rein technisches Angebot mehr, sondern hat sich als erweiterter Lebensbereich und Spielwiese der Menschen etabliert. In Deutschland nutzen es mehr als 73 Prozent der Bevölkerung, was knapp 52 Millionen Personen entspricht. Selbst knapp 40 Prozent der über 60-Jährigen bewegen sich mittlerweise online (vgl. OVK 2013: 15). Die Nutzer verbringen im Durchschnitt über 24 Stunden im Monat in der digitalen Welt (vgl. comScore 2013: 3). Nachrichten- oder Informationsrezeption zählen dabei zu den beliebtesten Aktivitäten unter den Internetusern (vgl. ebd.: 32). Auch Kommunikation und Transaktionen werden häufig als Motive angegeben. Deutsche verbringen die meiste Zeit im Internet mit Social Media Angeboten. So verbrachten sie allein im Monat Dezember 2012 244 Millionen Stunden auf sozialen Netzwerken (vgl. ebd.: 26). Diese gesellschaftliche Entwicklung der Etablierung und generationsübergreifende Akzeptanz macht sich auch im Online-Werbemarkt bemerkbar. Allein im Jahr 2012 wurden 762 Milliarden Werbeeinblendungen deutschlandweit ausgeliefert (vgl. comScore 2013: 3). Davon erschienen fast ein Drittel auf Social Media Seiten (vgl. ebd.: 47). Die anhaltende Digitalisierung der Medienlandschaft zeigte sich im Jahr 2012 auch in steigenden Online-Werbeumsätzen. Das Brutto-Werbevolumen belief sich auf über sechs Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung um 13 Prozent im Vergleich zum Jahr 2011 (vgl. OVK 2013: 6f.). Somit steigt auch die Bedeutung des Internets als Werbemedium und ist mittlerweile fester Bestandteil im allgemeinen Mediamix (vgl. comScore 2013: 69).

Was macht diesen unglaublichen Reiz des Internets aus? Es sind die vielfältigen Eigenschaften des Web 2.0, die das Internet nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch als Werbeträger so attraktiv macht.

Informationen können nicht nur mittels einer schnelleren Übermittlung zeitnah und mit einer deutlich höheren Reichweite als klassische Medien an ein disperses Publikum versendet werden. Auch eine individuelle, personalisierte Ansprache des Empfängers ist möglich. Zeitlich und örtlich gebundener Informationszugriff oder ihre Vermittlung gehören der Vergangenheit an. Jeder Mensch kann individuell an einem beliebigen Ort, zu einer beliebigen Zeit auf die Informationen zugreifen, die für ihn relevant sind. Hinzu kommt die Möglichkeit, Inhalte, Texte und Formen flexibel an die Umgebung anzupassen. Damit ist die Basis für kooperatives Arbeiten sowie für interaktives und partizipatives Handeln geschaffen. Die Verknüpfung einfacher Texte mit anderen Inhalten oder gar die (audio-)visuelle Erweiterung können eine höhere Reichweite und Wirkung erzielen. Grund dafür ist die Tatsache, dass je mehr Sinne eines Menschen angesprochen werden, desto eher widmet sich die Person auch dem Inhalt einer Botschaft. Der Internetnutzer entscheidet selbst im digitalen Zeitalter, welchen Informationen er seine Aufmerksamkeit schenkt und welche er außer Acht lässt. Seine Autonomie kann Fluch und Segen zugleich für eine Werbekampagne bedeuten. Denn die Implementierung von Rückkoppelungs- und Dialogmechanismen erlaubt den Nutzern eine aktive Mitgestaltung der digitalen Welt.

Daraus ergibt sich der Anspruch der Authentizität im Internet. Nie konnte ungefiltertes Feedback einen so großen Imageschaden zur Folge haben. Internetuser orientieren sich am Feedback anderer Nutzer und bilden sich auf dieser Grundlage ein eigenes Bild (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 144f.). Umso wichtiger ist es deshalb, insbesondere für Unternehmen, eine hohe Sensibilisierung für die Interessen des Kunden, Trends aber auch das Medium Internet selbst zu entwickeln. Nur wenn die Spielregeln des World Wide Webs verstanden und berücksichtigt werden, können diese sich effizient, schnell und mit einer hohen Reichweite auf dem Onlinemarkt platzieren.

Besonders klassische Onlinewerbung zählt nunmehr branchenübergreifend zu einem gefragten Instrument. Über 22 Millionen Internetnutzer sind bereits durch Werbung auf interessante Produkte aufmerksam geworden. Knapp 45 Prozent der User haben eine positive Einstellung gegenüber Werbung und nehmen die beworbenen Produkte auch wahr. Besonders aufgeschlossen gegenüber Onlinewerbung sind Frauen (45,8 Prozent) und junge Internetnutzer zwischen 14 und 29 Jahren (52,0 Prozent) (vgl. OVK 2013: 22). Grund genug für Werbetreibende, im Internet aktiv zu werden. Es bietet den Werbeexperten einen neuen Bereich mit unzähligen Möglichkeiten, auf dem sie wirken und komplementiert das Ziel der langfristigen Gewinnstrategie umsetzen können (vgl. Alpar / Wojcik 2012: 35). Dadurch können neben vieler anderer Vorteile vor allem Streuverluste minimiert, Zielgruppen spezifischer angesprochen, Reaktanz verhindert und die Aufmerksamkeit der Rezipienten erhöht werden.

Glaubt man den Zahlen, ist das Internet mittlerweile ein unentbehrlicher und wesentlicher Bestandteil einer ganzheitlichen Kommunikationsstruktur geworden und findet dementsprechend auch in der Werbewirkungsforschung Berücksichtigung.

3.5.1 Die Wirkung von Onlinewerbung

Die Werbewirkungsforschung im Onlinebereich erweitert die klassischen Werbewirkungsparameter um zahlreiche neue Möglichkeiten. Dazu zählen Ad Impressions (Sichtkontakte), Klickrate, Bouncerate17 (Absprungrate), Klickabsicht und viele weitere Besucheraktionen in Form eines Klicks auf die Werbebotschaft, einem Besuch auf einer Website oder schlicht einer Informationsanfrage. Gegenstand der Werbewirkungsforschung im Internet sind einerseits die Merkmale des werblichen Reizes, andererseits die Darstellung der Werbung. Auch die individuellen Eigenschaften der Empfänger, wie das Involvement einer Person, finden hierbei Berücksichtigung (vgl. dazu den Überblick von Brajnik / Gabrielli 2010).

Ergebnis jüngerer Untersuchungen ist, dass Onlinewerbung ebenso persuasiv wirkt wie klassische Werbung. Auch sie kann ebenfalls eine positive Meinungs- und Einstellungsänderung beim Empfänger hervorrufen (vgl. Siegert / Brecheis 2010: 26).

Feng, Bhargava und Pennock (2007) stellten in ihrer Studie insbesondere die Werbewirksamkeit von Suchmaschinen heraus. Sie konnten empirisch belegen, dass die Klickrate weiter unten auf der Ergebnisliste deutlich geringer ausfällt als bei höher aufgelisteten Vorschlägen.

„Das Wirkungspotenzial liegt auf der Hand: die Suche nach Produkten oder Informationen ist nahe an der Kaufentscheidung und entspricht dem vom User übermittelten Informationsbedarf. Hier greifen also wieder die oben angeführten Wirkungstreiber ,Relevanz‘ und ,Nützlichkeit‘.“ (Weber / Fahr 2013: 348)

Auch die Wirkung von Werbung in sozialen Netzwerken wurde bestätigt. Chatterjee (2011) konnte etwa einen Zusammenhang zwischen der Produktempfehlung eines Meinungsführers und einer höheren Werbewirksamkeit ebendieses Produktes feststellen. Die Meinung der Mehrheit besitzt ebenfalls empirisch bestätigt ein hohes Einflusspotenzial und kann die Wirkung einer Werbung verstärken (vgl. dazu z.B. Katona / Zubcsek / Sarvary 2011).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Onlinewerbung dann am effektivsten ist, wenn sie weder als Störung noch als Manipulation empfunden wird. Relevanz, Nützlichkeit sowie Unterhaltung sind die Schlüsselwörter einer erfolgreichen Werbemaßnahme. Internetwerbung soll die Empfänger anregen, helfen oder sozial integrieren (vgl. Weber / Fahr 2013: 348). Denn nur wenn Onlinewerbung qualitativ hochwertig und leistungsstark ist, kann sie ihr Potenzial auch weiter ausbauen (vgl. comScore 2013: 69).

3.5.2 Die Macht impliziter Aufmerksamkeit

In naher Zukunft wird auch der Diskussion um implizite Werbewirkung immer mehr Bedeutung zugesprochen werden. Denn die Wirkung von Werbeinhalten entfaltet sich nicht, wie oftmals vermutet, ausschließlich mit aktiver und konzentrierter Aufmerksamkeit. Implizite Verarbeitungsmechanismen verarbeiten Reize ebenso wie bewusste (vgl. Scheier / Held 2012: 165). Forscher gehen davon aus, dass Menschen 95 Prozent aller Werbeinhalte mit einer geringen Ich-Beteiligung rezipieren (vgl. ebd.: 164). Dieses Ergebnis schränkt Werbung jedoch nicht in ihrer möglichen Wirkung ein. Aufgrund der Relevanz von Produkten, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, kann grundsätzlich jede Werbung explizit oder implizit wirken. Selbst bei geringer Aufmerksamkeit, die so wichtig in der heutigen Medien- und Informationsgesellschaft zu sein scheint, wirkt Werbekommunikation implizit. So werden Produkte, die im Internet beworben werden zwar nicht bewusst wahrgenommen und können auf Nachfrage auch nicht konkretisiert werden. Dennoch, sollen Probanden anschließend Produkte aus einer Reihe verschiedener Artikel auswählen, so fällt die Entscheidung mit hoher Signifikanz auf diejenigen, die im Vorfeld auch eingeblendet wurden (vgl. ebd.: 167).

„Die beiläufige Beachtung von Werbung hatte also auch ohne die bewusste Erinnerung an den Kontakt mit der Werbung einen Einfluss auf die spätere Kaufentscheidung. Sie wirkt implizit. Das Unterbewusstsein hat die Anzeige verarbeitet, auch wenn dies dem Bewusstsein nicht gewahr war.“ (ebd.: 168)

Bislang wird die Wirkung impliziter Werbung in der Werbewirkungsforschung noch größtenteils vernachlässigt. Besonders viele Werbeexperten gehen immer noch von der Vorstellung aus, der Mensch handle nach dem ökonomischen Prinzip der Nutzenmaximierung18. Doch nur weil die Rezipienten sich an den Werbeinhalt nicht explizit erinnern können, kann eine implizite Verarbeitung der Information keineswegs ausgeschlossen werden (vgl. ebd.: 170).

Die Vorstellung des AIDA-Modells ist somit insbesondere im Hinblick auf das Internet unwirksam. Entgegen der Vorstellung, dass keine Kommunikationswirkung ohne Aufmerksamkeit möglich ist, wirkt Werbekommunikation auch dann, wenn die Rezipienten sie nicht bewusst wahrnehmen. Die Nachhaltigkeit der Wirkung entsteht hierbei durch impliziertes Lernen. Der Empfänger einer werblichen Botschaft ist sich der persuasiven Macht nicht bewusst und ist so anfälliger, in seinen Entscheidungen beeinflusst zu werden (vgl. ebd.: 63f.). Das heißt: Menschen treffen die Entscheidung, ein Produkt zu kaufen, keinesfalls immer bewusst und damit kontrollierbar, sondern vielmehr intuitiv und spontan. Dennoch muss das bewusste System des Gehirns überzeugt werden. Somit ergibt sich für die Werbekommunikation das Ziel, implizite Reize zu senden, die die Bedürfnisse der Menschen befriedigen, und gleichzeitig ihr Bewusstsein mit treffenden Argumenten zu überzeugen (vgl. ebd.: 70). Explizite, sachliche Begründungen dienen der Befriedigung des Bewusstseins, damit die impliziten Reize im Unbewussten wirken können (vgl. ebd.). Werbeinhalte, die beides miteinander verbinden, haben die besten Chancen, ein Produkt erfolgreich zu bewerben.

3.6 Zusammenfassung und Rückbezug

Kontakt, Wahrnehmung und die damit verbundene Aufmerksamkeit, die Verarbeitung des Wahrgenommenen sowie die dazu getroffene Einstellung und das Verhalten sind die wichtigsten Stufen der Kommunikationswirkung. Die Wirksamkeit einer Werbemaßnahme setzt einen Kontakt sowie eine aktive Auseinandersetzung damit voraus. Berücksichtigt man all die technischen Neuerungen und Herausforderungen, die das Internet den Nutzern jeden Tag auferlegt und addiert die Summe der Informationen zusammen, die alltäglich auf ihn einströmen, so gelangt man zu folgendem Schluss: die Wahrnehmungsressource der Aufmerksamkeit ist im digitalen Zeitalter Mangelware. Grund hierfür ist das selektive Nutzungsverhalten der Menschen, das sie bei der Informationsverarbeitung einschränkt und zu einer ambivalenten Beziehung zwischen Aufmerksamkeit und Einstellung führt.

In dessen Folge versuchen Werbende mit allen Mitteln auf sich aufmerksam zu machen. Werbung präsentiert sich immer greller, bunter und größer. Überall, auf jeder Website, in jedem Winkel der digitalen Welt versuchen auffällig gestaltete Botschaften, Aufmerksamkeit zu erregen. Das Internet als Plattform ermöglicht Werbetreibenden eine deutlich größere Zahl an Informationen zu verbreiten als klassische Medien. Für Werbende ergibt sich der deutliche Vorteil der Kosteneffizienz, während es für die Rezipienten selbst die Entscheidung ist, wann eine Information, wie oft oder wie sie aufgerufen wird. Diese Macht über Art, Quantität sowie über den Zeitpunkt verschiebt das klassische Kommunikationsmodell vom Sender zum Empfänger. Der Rezipient hat die Möglichkeit selbst zu kommunizieren, Inhalte zu produzieren und zu entscheiden wie viel Aufmerksamkeit er einer Botschaft widmet und welches Produkt er erwirbt. Im Gegensatz zu klassischen Medien ermöglicht das Internet eine aktive Auseinandersetzung mit den Werbeinhalten. Daraus ergibt sich ein verändertes Rezeptionsmodell, das weg von der Massenkommunikation hin zu Individualkommunikation geht.

Doch je intensiver der Versuch der Persuasion betrieben wird, mit desto mehr Informationen sieht sich der moderne User konfrontiert und desto größer ist die Überforderung. Das menschliche Gehirn reagiert selektiv und filtert Wichtiges von Unwichtigem. Selektion ist der Schutz vor einer Informationsüberlastung. Dadurch wird nur eine kleine Teilmenge der Informationen wahrgenommen, die in der Folge auch verarbeitet werden. Die Informationsüberlastung der Rezipienten und die damit einhergehende veränderte Mediennutzung erfordert eine neue Herangehensweise an die werbliche Kommunikationsstruktur. Es geht nicht mehr um die Quantität der Werbemittel, sondern um die Qualität einer Botschaft, die gewahrt werden muss.

4 Produktempfehlung 2.0 – In Zeiten personalisierter Kundenansprache

Durch die dynamische Entwicklung des Internets ergaben sich stetig neue Kommunikationsformen. Immer modernere Technik trieb die Dynamik weiter voran und ermöglichte es dem Medium, ein immenses Wachstumspotenzial zu entwickeln. Rein technisch stellt das Internet die bloße Summe aller Rechner und Geräte dar, die mit Hilfe von Kabelsystemen und Satelliten miteinander verbunden sind (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 142). Sogenannte IP-Adressen dienen der notwendigen Identifikation eines jeden Empfängers, da Informationen vor „[…] dem Verschicken in kleine standardisierte Datenpakete zerlegt werden, die – bestehend aus einer Zieladresse, dem eigentlichen Dateninhalt sowie Steuerzeichen – beim Empfänger dann später wieder zu einer Einheit gebündelt werden.“ (ebd.: 143) Wurde das Internet zu Anfang vorwiegend für militärische Zwecke genutzt, so nahm seit 2006 – die Geburtsstunde des Web 2.0 – die ökonomische sowie private Nutzung immer mehr zu. Der Wachstumsboom seit Anfang des 21. Jahrhunderts nimmt bis heute nicht ab. Im Gegenteil, das Internet scheint immer größere Bedeutung für die moderne Welt zu gewinnen. Die digitale Vernetzung ist nicht mehr aus der physischen Realität der heutigen Informationsgesellschaft wegzudenken. Der Erfolg des Internets zog als logische Konsequenz auch eine kontinuierlich wachsende Etablierung wirtschaftlicher Interessensvertreter nach sich. Je mehr es sich als Medium im Alltag der Menschen durchsetzte, desto breiter wurde auch das kommerzielle Onlineangebot (vgl. Beyer / Carl 2012: 93). Die Bedeutung des Internets hinsichtlich der online getätigten Käufe steigt und wird auch in Zukunft sein Potenzial weiter ausbauen. Bereits jetzt kaufen immer mehr Menschen in digitalen Shops ein. Von 2001 bis 2012 stieg der Anteil der Onlinekäufer um fast 50 Prozent. Zwar sind es meist noch sporadisch getätigte Käufe, doch der Trend deutet auf eine zukünftig intensivere Nutzung der kommerziellen Angebote im Internet hin. In der Generation „unter 30 Jahren“ ist das Internet bereits etablierte Alternative zum traditionellen Handelskauf (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2012: 140ff.). Andere Generationen werden es ihr gleich tun und dem Trend des Online-Shoppings nachgeben.

Für Unternehmen bedeutet das Web 2.0 vor allem effektivere Kommunikationswege und neue Informationskanäle (vgl. Beyer / Carl 2012: 95). Gerade das stellt sich immer wieder als besondere Herausforderung für die Werbetreibenden heraus. Aus dem polypolen Marktcharakter des Mitmach-Webs ergibt sich die Notwendigkeit für Unternehmen, sich von den Mitbewerbern zu differenzieren und eine möglichst medienwirksame Positionierung zu erlangen. Das gelingt nur, wenn sie es schaffen, sich den Gegebenheiten und Spielregeln des modernen Informationszeitalters anzupassen. Doch das allein verspricht nicht den gewünschten ökonomischen Erfolg. Weitaus mehr Faktoren spielen im Internet eine Rolle. Subsumiert man all die, die im Web 2.0 beachtet werden müssen, hat man den Eindruck, dass erfolgreiches Wirtschaften im Internet beinahe unmöglich scheint. Wer jedoch das volle Potenzial des Mitmach-Webs auszuschöpfen weiß und die richtige Kommunikation lernt, darf auf Erfolg hoffen.

Der klassische Marketingmix erfüllt im Internet nicht mehr seinen Zweck. Im Web 2.0 beteiligt sich der Internetnutzer aktiv an der Gestaltung des Inhalts. Das starre Kommunikationsmodell „vom Sender zum Empfänger“ hat im Internetzeitalter keinen Bestand mehr. Das WWW dient der Befriedigung sozialer Bedürfnisse wie Informationsaustausch, Beziehungspflege sowie Kooperation (vgl. ebd. 95). Die bisher gültigen vier P’s (Price, Product, Placement und Promotion) sind deshalb nur noch bedingt für die Werbekommunikation im Internet geeignet. Die alten Regeln müssen erweitert und innovative Ideen in die Umsetzung mit einbezogen werden. Priorität gilt schließlich der erfolgreichen Positionierung auf dem Markt sowie der Aufmerksamkeitsgenerierung trotz des medial bedingten Informationsüberflusses. Nach Kolibus (2001) konvertieren im Online-Marketingmix die P’s zu C’s. Content, Commerce bzw. Convenience, Colocation sowie Communication bzw. Community sind danach die Erfolgsfaktoren für die digitale Werbekommunikation (vgl. ebd.: 163). Vereinfacht bedeutet das, je besser Inhalte sowohl auf der eigenen als auch auf unternehmensfremden Internetseiten dar- und bereitgestellt werden, desto eher setzen sich Rezipienten auch aktiv damit auseinander (vgl. Beyer / Carl 2012: 94).

Nie war es so einfach und gleichzeitig doch so schwer, Kunden anzusprechen. Auf die richtige Art und Weise kommt es an. Das für den Kunden interessante Produkt muss zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle platziert werden. Um die Gradwanderung zwischen Akzeptanz und Reaktanz zu meistern, bedarf es eines umfassenden Wissenstandes über die individuellen Nutzerinteressen und -bedürfnisse. Es ist nicht mehr nur der bloße Inhalt der Werbung, sondern das „wie“ ist von Bedeutung. Werbliche Kommunikation über das Medium Internet erfordert Fingerspitzengefühl. Das reine Einblenden von Werbebotschaften führt nur sehr selten zur erhofften Verhaltens- und Einstellungsänderung. Der Rezipient muss selbst aktiv werden und die ursprünglich gewählte Internetseite für das beworbene Produkt verlassen, um auf die Website des Werbenden zu gelangen. So einfach wie das klingt, ist es jedoch nicht. Die immer weiter divergierenden Interessen der Nutzer sowie verschiedene Einstellungen, Wertehaltungen oder Motive erschweren den Prozess des digitalen Werbens weiter. Der Inhalt der Anzeige muss Bedürfnisse oder Interessen der einzelnen Kunden ansprechen, um eine Wirkung hervorzurufen. Erst wenn dies der Fall ist, lässt der Nutzer sich vom eigentlich gewählten Inhalt ablenken, wodurch eine Werbewirkung bei ihm hervorgerufen werden kann (vgl. Mühling 2009: 47).

4.1 Die Kaufentscheidung

Das Internet eröffnet der Werbekommunikation mehr denn je die Möglichkeit, ihre persuasive Macht zu nutzen und Verhalten zu beeinflussen sowie Einstellungen gezielt zu verändern (vgl. Tropp 2011: 88). Die digitale Vielfalt an Onlineshops bietet unkompliziertes und schnelles Einkaufen für jeden Geschmack. Die Theorie der digitalen Werbekommunikation ist vergleichsweise simpel: Werbung als Reiz (Stimulus) soll die gewünschten Reaktion (Kaufabsicht) beim Empfänger hervorrufen (vgl. Moser 2007: 12). Doch die rasant fortschreitende Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie führt nicht nur zu einer veränderten Kommunikationsstruktur, sondern verändert auch das Kaufverhalten der Nutzer. Diese stetige Veränderung führt zu laufend neuen Werbeformen sowie unzähligen Konkurrenten. Die Folge der Mediendiversifikation ist eine wachsende Fragmentierung der Konsumenten (vgl. Tropp 2011: 100). Ihre immer höheren Ansprüche verlangen nach einer besonderen Sensibilität gegenüber dem Kunden (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 17). Doch wann ist ein beworbenes Produkt auch interessant genug, um gekauft zu werden? Das Modell des Konsumentenverhaltens von Engel, Blackwell und Miniard aus dem Jahr 1995 versucht den komplexen Kaufentscheidungsprozess zu vereinfachen (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 23)19:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Phasen der Kaufentscheidung (eigene Darstellung)

Sie unterscheiden den Prozess in fünf Phasen, die linear aufeinander folgen (vgl. Hofbauer / Dürr 2011: 17). Die erste Phase ist die der Problemerkenntnis. Hier nimmt eine Person eine Diskrepanz zwischen dem Ist- und dem ideellen Zustand wahr. Auslöser hierfür können externe Reize aber auch situationsbedingte Einflüsse sein (Problemwahrnehmung) (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 22). Daraufhin wird in der Phase der Informationsverarbeitung versucht, die Disparität mit Hilfe bereits vorhandener Informationen zu lösen. Ist dies nicht möglich, so werden externe Informationen aufgenommen (Suche nach Lösungsalternativen). In Phase drei werden die gesammelten Informationen verarbeitet und gespeichert. Im Anschluss an die Informationsverarbeitung folgt die Phase des Entscheidungsprozesses. Alle Alternativen werden bewertet und diejenige aus dem Set an Möglichkeiten ausgewählt, welche den Erwartungen entspricht und somit den inneren Konflikt aufzulösen vermag (Bewertung der Alternativen) (vgl. Weise 2008: 58f.). Nach der Entscheidungsphase wird das Produkt entsprechend der Wahl gekauft (Entschluss). Die letze Phase nach Engel, Blackwell und Miniard (1995) ist die nach dem Kauf. Nach dem Erwerb des Produktes kann sich bei Konsumenten entweder das Gefühl der Zufriedenheit oder das der Unzufriedenheit einstellen (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 23). Stellt sich das als unangenehm empfundene Gefühl der Dissonanz ein, kann es zu erneutem Suchverhalten und damit zu einer Verhaltens- oder Einstellungsänderung kommen (Konsequenzen der Entschlussrealisierung) (vgl. ebd.: 2013: 23f.).

Weinberg entwickelte 1981 eine Systematisierung von Kaufentscheidungsprozessen, die sie in affektive, kognitive sowie reaktive Prozesse einteilt. Mittels dieser bewährten Typologie lassen sich vier idealtypische Kaufentscheidungen kategorisieren (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 35). So unterscheidet man extensive, limitierte sowie habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen (vgl. Hofbauer / Dürr 2011: 34).20

Mit Hilfe der einzelnen Phasen der Kaufentscheidung sowie der Systematisierung können Werbende lernen, wann gezielte Signalreize und Farben gesetzt (impulsiv) und wann hinreichend Informationen bereitgestellt werden sollten (extensiv), aber auch wann die Produktzufriedenheit der Kunden gestärkt (habituell) und wann, mit Hilfe markenspezifischer Reize und emotionaler Produktdifferenzierung, Aufmerksamkeit erregt werden kann (limitiert) (vgl. Weise 2008: 56ff.).

4.2 Personalisierte Inhalte – Die intelligente Kundenansprache

Dieses Wissen alleine reicht aber noch nicht aus, um sich auf dem Werbemarkt im Internet erfolgreich zu positionieren. Dafür muss umfassendes Wissen vorhanden sein. Werbende sollten wissen, was der einzelne Kunde erwartet, was er sich wünscht, was seine Bedürfnisse sind und wie er sich im Internet verhält.

In Folge der zunehmenden Diversifikation und Individualisierung geht der Trend immer stärker in Richtung einer unternehmerischen Umorientierung auf die einzelnen Nutzerinteressen (vgl. Alpar / Wojcik 2012: 26). Der Fokus liegt hierbei auf dem individualisierten, multioptionalen Kundenverhalten (vgl. Bender 2008: 174). Onlinewerbung als solche eignet sich dafür ausgesprochen gut. In ihrer simpelsten Form bedeutet sie das Platzieren von Werbebotschaften auf unternehmensfremden Internetseiten (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 148). Klassischer Weise erfolgt dies in Form von Bannern, die in ihrer Ausprägung stark an Printanzeigen erinnern, E-Mails oder E-Mail Newslettern (vgl. Kilian / Langner 2010: 61; Schweiger / Schrattenecker 2013: 145). Aber auch Pop-Up Werbung, Interstitials-Unterbrecher-Werbung, Mikrosites und Websitesponsoring sind beliebte Werbeformate21 (vgl. Mühling 2009: 48ff.). Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Werbebotschaften von den relevanten Zielgruppen gefunden oder weitergeleitet werden können. Außerdem sollten die „[…] Informationen in ausreichender Breite und Tiefe, abgestimmt auf die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppen, zur Verfügung gestellt werden.“ (Schweiger / Schrattenecker 2013: 145f.) Der Hang zur Selbstinszenierung des modernen Nutzers im WWW, kommt den Werbenden bei der Umsetzung dieser Aufgabe zu Gute. Persönliche Daten besitzen eine hohe Rentabilität für die Sender von Werbebotschaften. Je etablierter das Internet ist, desto gläserner und freizügiger werden die Nutzer im Umgang mit ihren Daten. Das moderne Massenmedium ist voller Informationen über die Interessen und Gewohnheiten der Besucher, wodurch eine Ausrichtung auf individuelle Bedürfnisse möglich wird.

Bei personalisierter Werbung sind die Inhalte auf die Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtet. Hierbei geht es in erster Linie um eine individuelle und interaktive Orientierung an ihren Wünschen. Je intensiver die Interaktion mit den Kunden ist, desto höher kann auch der Grad der Individualisierung sein (Heinemann 2012: 137f.).

Die Personalisierung eines Angebots ist die kundenspezifische Ansprache auf Basis des Nutzungsverhaltens eines einzelnen Users. Die Idee der individualisierten Ansprache fußt auf der Einschätzung, dass sich Internetnutzer bei der Informationssuche an Normen und Werten anderer orientieren. Meinungen oder Empfehlungen sind wichtige Anhaltspunkte zur eigenen Meinungsbildung im Hinblick auf ein Produkt oder eine Marke (vgl. Kopp 2009: 52).

Aus diesem Grund werden dem Rezipienten mittels sogenannter Recommender-Systeme (Empfehlungsmaschinen) Produkte empfohlen, die Ähnlichkeit mit bereits erworbenen haben oder von Internetnutzern mit einem korrelierenden Nutzerprofil präferiert wurden. Der Erfolg der Personalisierung ergibt sich daraus, dass Angebote aus einer größeren Masse so herausgesucht werden, dass sie von dem Einzelnen wieder als überschaubar und interessant empfunden werden (vgl. Hopf 2011: 32). Personalisierte Werbung gestaltet sich reziprok auf Seiten des Senders und des Empfängers. Die gezielte Werbung offeriert einen informellen Mehrwert für den Kunden und der Werbetreibende kann Streuverluste minimieren (vgl. ebd.: 36f.).

Trotz oder gerade aufgrund der Aktualität personalisierter Werbung, existiert noch kein einheitliches Begriffsverständnis. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „personalisierte Werbung“ oder auch „Targeting“22 synonymhaft für personalisierte Inhalte verwendet. Sie werden als Träger persuasiver Werbebotschaften verstanden, die auf eine Umsatzsteigerung in Form einer Transaktion abzielen. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Begriffsbestimmungen ergibt sich für die Arbeit folgende Definition: Personalisierte Inhalte sind individualisierte Werbeangebote an Rezipienten, die sich in Form von auf den Kunden zugeschnittene Ansprachen und personalisierten Produktangeboten äußern (vgl. Dietrich 2011: 45).

4.2.1 Daten als Voraussetzung der personalisierten Ansprache

Je mehr Menschen Informationen über sich ins Netz stellen, desto größer wird die ökonomische Rentabilität für Unternehmen (vgl. Beyer / Carl 2012: 95). Egal welche Seite ein Nutzer besucht, welche Stichworte er bei Suchmaschinen eingegeben oder welche Produkte er erworben hat, das Internet scheint es zu wissen und trumpft bei der nächsten Internetsitzung mit zielgenauen Werbeangeboten auf. Erklärung dafür sind aggregierte und ausgewertete Verhaltensmuster, die mit soziodemographischen Angaben verknüpft, ein neues Zeitalter der Marktsegmentierung23 verlauten lassen (vgl. Siegert 2010: 445). Daten gelten dabei als die Basis für eine solch personalisierte Nutzeransprache.

[...]


1 An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, dass die vorliegende Arbeit ausschließlich maskuline Formulierungen verwendet. Dies ist einzig der besseren Lesbarkeit geschuldet und integriert gleichermaßen das weibliche Geschlecht.

2 „Der Begriff Medienwirkung umfasst in einem weiten Sinn alle Veränderungen, die – wenn auch nur partiell oder in Interaktion mit anderen Faktoren – auf Medien bzw. deren Mitteilungen zurückgeführt werden können. Diese Veränderungen können sowohl direkt die Eigenschaft en von Individuen, Aggregaten, Systemen, Institutionen betreffen, wie auch den auf andere Weise induzierte Wandel dieser Eigenschaften.“ (Winfried Schulz zit. n. Schweiger 2013: 19)

3 Der Begriff „Effect“ impliziert nicht zwangsläufig, dass tatsächlich eine durch Massenmedien bedingte Wirkung hervorgerufen wird (vgl. Huck / Brosius 2007: 61).

4 Der Frage nach den Ursachen des TPE wird aufgrund der nicht hinreichend bestätigten Ansätzen in dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen (siehe dazu auch Kapitel 5).

5 Wenn der Medieneinfluss als positiv erachtet wird und dadurch auch die Selbstbewertung positiv ausfallen würde, geht der Mensch von einer höheren Beeinflussung bei der eigenen Person aus als bei dritten. Man spricht dabei vom First-Person-Effect, der jedoch in dieser Arbeit im Hinblick auf das Thema nicht weiter konkretisiert wird (vgl. Müller 2010: 26).

6 In der vorliegenden Arbeit wird die Intensität der Auseinandersetzung auch Involvement oder Ich-Beteiligung genannt. Beide Begriffe werden in Anlehnung an die gesichtete Literatur verwendet.

7 Unter Involvement „[…] ist das Engagement, mit dem sich jemand einem Gegenstand oder einer Aktivität widmet […]“ (Schweiger / Schrattenecker 2013: 33) zu verstehen. Es bemisst die individuelle, persönliche Bedeutung, die eine Person einer Sache entgegenbringt. Je höher das Engagement ist, desto höher ist auch die objektgerichtete Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und -speicherung (vgl. ebd.).

8 Sogenannte Shitstorms sind Social-Media-Krisen, die dann auftreten, „[…] wenn Konsumenten eigene, extrem negative Erfahrungen mit einem Unternehmen schildern oder kritische Medienmeldungen an ihre Social-Media-Freunde weiterleiten […]“ (Henning-Thurau / vor dem Esche / Bloching 2012: 12) und dadurch ein großer Imageschaden des Unternehmens hervorgerufen werden könnte.

9 Information ist hierbei ein bedeutsamer Reiz wie vom Rezipienten wahrgenommene Informationsangebote. Verarbeitung dagegen bedeutet die Bedeutungskonstruktion der Information (vgl. Früh 2013: 134).

10 Die vorliegende Arbeit beschreibt den Vorgang der Informationsverarbeitung in Anlehnung an das Multispeichermodell von Atkinson uns Shiffrin aus dem Jahr 1968. Dieses ist nicht mehr in allen Details vertreten, seine Grundgedanken tauchen allerdings auch heute noch in etlichen Theorien auf (vgl. ebd.: 136).

11 Aufgrund der großen Bedeutungstragweite des Phänomens der Kommunikation, beschäftigen sich seit jeher zahlreiche Wissenschaftler mit der Medienwirkungsforschung. Der Umfang der Arbeit lässt nicht zu, einen vollständigen Überblick darüber zu geben, weshalb an dieser Stelle auf Kaase / Schulz (1989), Bentele (1993), Noelle-Neumann (2000) sowie auf Schmidt / Zurstiege (2000) verwiesen wird.

12 Nach Felser (2001) möchte Werbung informieren, unterhalten, motivieren, sozialisieren sowie verstärken (vgl. ebd.: 10ff.).

13 Eine detailliertere Aufschlüsselung der einzelnen Wirkungen und ihrer Wirkungsmechanismen geben Weber und Fahr (2013: 337ff.).

14 Das Akronym AIDA steht für Attention, Interest, Desire und Action. Das Modell bildet die Teilwirkungen eines werblichen Kommunikationsprozesses streng linear ab. Voraussetzung ist die bewusste Wahrnehmung eines Werbeinhalts, der in der Folge das Interesse an der Botschaft weckt. Auf Basis des persönlichen Interesses verknüpft das menschliche Gehirn die spezifische Problemstellung mit der dargestellten Problemlösungseigenschaft und kommt zu dem Schluss, dass das beworbene Produkt den Erwartungen entspreche. Das Modell wird mit einem Kaufabschluss abgeschlossen (vgl. Kroeber-Riel 1984: 617).

15 Da der Umfang der Arbeit diesbezüglich eine nähere Auseinandersetzung nicht zulässt, wird auf die chronologischen Modellübersichten von Bongard (2002: 215f.) und Moser (2007: 12ff.) verwiesen.

16 Erst das World Wide Web (WWW) ermöglicht es, dass multimediale Daten mit Hilfe des Hypertext Transfer Protokolls (http) und des Client-Server-Systems dargestellt werden können (vgl. Schweiger / Schrattenecker 2013: 143).

17 Unter einer Bouncerate versteht man die Prozentzahl der Besucher einer Internetseite, die dieselbe Seite wieder verlassen, ohne etwas auf der Seite gemacht zu haben (vgl. Weinberg / Pahrmann / Ladwig 2012: 30).

18 Nach der klassischen Wirtschaftstheorie ist der Mensch ein „Homo oeconomicus“, der seine Entscheidungen nach Abwägen aller Alternativen trifft. Demzufolge fällt die Entscheidung auf diejenige, die das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet (vgl. Scheier / Held 2012: 59).

19 An dieser Stelle einen gesamten Überblick über den komplexen Prozess einer Kaufentscheidung und das Konsumentenverhalten zu geben, ginge, im Hinblick auf den Umfang der Arbeit, zu tief. Für eine tiefere Diskussion sei an dieser Stelle stellvertretend auf Solomon (2013) verwiesen.

20 Für eine detailliertere Auseinandersetzung mit dem Kaufentscheidungsprozess sei an dieser Stelle auf Weise (2008) verwiesen.

21 Zur klassischen Onlinewerbung kann man eine Vielzahl verschiedener Werbeformate und -formen zählen. Die Vielfalt erschwert eine klare Kategorisierung, weshalb sich diese Arbeit auf die Nennung der wichtigsten beschränkt (vgl. dazu Kopp 2008).

22 Der Begriff „Targeting“ leitet sich von dem englischen Wort „target“ ab, das so viel bedeutet wie etwas anzuvisieren oder anzuzielen (vgl. dict.cc Deutsch-Englisch-Wörterbuch 2002-2013).

23 Eine Segmentierung ist die „[…] Unterteilung eines Marktes in klar abgegrenzte Käufergruppen, die jeweils spezielle Produkte / Leistungen nachfragen bzw. einen eigenen Marketing-Mix erfordern.“ (Schweiger / Schrattenecker 2012: 54)

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss von personalisierten Inhalten auf das Kaufverhalten
Untertitel
Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung im Internet
Hochschule
Universität Passau
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
107
Katalognummer
V501581
ISBN (eBook)
9783346056962
ISBN (Buch)
9783346056979
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Arbeit wird auf eine CD verwiesen. Diese ist nicht Teil der Veröffentlichung!
Schlagworte
einfluss, inhalten, kaufverhalten, diskrepanz, selbst-, fremdwahrnehmung, internet
Arbeit zitieren
Alicia Utz (Autor:in), 2013, Der Einfluss von personalisierten Inhalten auf das Kaufverhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501581

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