Leseautobiographie und -sozialisation


Trabajo Escrito, 2019

12 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lesesozialisation
2.1 Primäre literarische Initiation
2.2 Lesekrise
2.3 Sekundäre literarische Initiation
2.4 Adoleszenz

3. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Prototypisches Verlaufsschema der literarischen und Lesesozialisation.

1. Einleitung

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der kritischen Betrachtung meiner eigenen Leseautobiographie. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der sekundären literarischen Initiation. Diese Phase folgt unmittelbar auf die „Lesekrise“, die zu Beginn der Pubertät nach dem Kindesalter stattfindet (siehe Abb. 1). In der chronologischen Darstellung meiner Lesesozialisation (meine Entwicklung in Bezug auf Literatur) beziehe ich mich auf die Grafik „Prototypisches Verlaufsschema der literarischen und Lesesozialisation“ (Abb. 1; Quelle: Garbe et al. 2009, 227).

Dazu werden unter dem Punkt der primären literarischen Initiation – dem ersten Kontakt mit Literatur – der Schrift- und Spracherwerb sowie die Phase lustvoller Kindheitslektüre zusammengefasst. Es folgt eine Ausführung der Lesekrise, darauffolgend die sekundäre literarische Initiation und abschließend die Adoleszenz.

Es wird analysiert, wann welcher Lesemodus von den sieben Lesemodi nach Werner Graf erlernt und genutzt werden konnte. Dabei wird der jeweilige Modus kurz erläutert.

Ergänzend wird ein Fazit gezogen und die Frage geklärt, ob alle Lesemodi nach Graf erfolgreich Anwendung finden konnten.

2. Lesesozialisation

2.1 Primäre literarische Initiation

Meine Großeltern und Eltern sind größtenteils Literaturliebhaber, die mir von klein auf ihre Faszination für Bücher und Geschichten übertrugen (vgl. Graf 1995, 101-103), indem sie mir vorlasen und auch selbst als Vorbilder in Hinsicht auf meine Lesesozialisation dienten. Somit lässt sich als erste Leseinstanz meine Familie bezeichnen, die auf mein heutiges Leseverhalten großen Einfluss hatte.

In der Schule begann ich, sobald ich lesen konnte, Bücher regelrecht zu verschlingen. Gefördert wurde mein Lesevergnügen vor allem durch meine Deutschlehrerin, die mir die Bücherei der Schule zeigte und mich häufig vorlesen ließ. Besonders „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren ist mir aus der Grundschullektüre in Erinnerung geblieben: Während die meisten meiner Mitschüler Kapitel für Kapitel lasen, konnte ich nicht abwarten und las in einer Nacht das gesamte Buch durch. Die Grundschule als formelle Instanz hat erfolgreich die Entwicklungsaufgabe der primären literarischen Initiation übernommen: den Übergang vom Mündlichen zum Schriftlichen, von der Sprache zur Schrift (vgl. Graf 2007, 38f.).

Dadurch folgte die Phase der lustvollen Kindheitslektüre von etwa sieben bis elf Jahren (vgl. ebd., 107f.). Häufig habe ich Freizeitlektüre heimlich bis spät in die Nacht gelesen. Meine Lieblinge sind bis heute die Reihe „Eragon“ von Christopher Paolini und Werke von Cornelia Funke. Deren Schreibstile und Ideen entführten mich in fremde Welten, und mehr als einmal wünschte ich mir, dort zu sein.

2.2 Lesekrise

Die Lesekrise hat die „Entwicklungsaufgabe, […] die kindspezifische Lesekonstruktion so zu transformieren, da[ss] auch unter veränderten psychischen Bedingungen Lesegenuss möglich ist“ (ebd., 113). Die Leselust soll so umgeformt werden, dass sie einen Transfer ins Erwachsenen-Leben schadlos übersteht; dies mündet in der sekundären literarischen Initiation (vgl. ebd., 115-117). Die Lesekrise dient außerdem einer „Neuorientierung im Hinblick auf Lektürestoffe und Lesemodalitäten“ (Garbe et al. 2010, 204).

Meine Lesekrise in der Pubertät von circa zwölf bis 16 Jahren zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass sich mein Leseverhalten nicht verminderte, sondern intensivierte (vgl. Graf 1995, 114). Zunächst fand eine Literaturverlagerung statt; Graf beschreibt dies folgendermaßen:

„Mit dem Eintritt in die Vorpubertät verliert der kindliche Lesestoff plötzlich seine Attraktivität. […] Die der kindspezifischen Bedürfnis- und Wunschsituation entsprechenden Lesemotivationsmuster garantieren nicht länger die gewohnte lesende Befriedigung.“ (ebd., 114)

Von da an konzentrierte ich mich gänzlich auf Liebesromane der Reihe „Freche Mädchen – Freche Bücher“, bei denen ich mir ein wenig Rat erhoffte für den neuen Umgang der Geschlechter miteinander in der Pubertät. Die Sozialisationsinstanzen „Eltern“ und „Schule“ verlieren Einfluss auf das Leseverhalten und die Wahl der Literatur, welchen die „Peergroup“ gewinnt (vgl. Graf 2007, 82f.). Die Peergroup ist eine Bezugsgruppe, die zur Orientierung dient; in meinem Fall meine Freundinnen zu jenem Zeitpunkt (ebd.).

Etwa in diesem Zeitraum kam der erste „Twilight“-Film in die Kinos, und, fasziniert von der Geschichte, wünschte ich mir das Buch dazu. Meine Eltern schenkten mir für jede Mathearbeit, die besser als eine drei war, ein Buch. Ab dem ersten Teil war ich nicht mehr ansprechbar und konnte nicht aufhören zu lesen: Beim Anziehen, beim Essen, während ich durchs Haus ging – ich konnte nicht aufhören zu lesen. Nach dem Frühstück nahmen meine Eltern mir das Buch weg und gaben es mir erst zurück, wenn meine Hausaufgaben erledigt waren. Hier wird deutlich der siebte Lesemodus angewendet: das intime Lesen meist fiktionaler Lektüre (vgl. Garbe et al. 2010, 177): Die „suchtartige Intensität“ (Graf 2004, 63), mit der die Lektüre inhaliert wird, lässt auf eine starke emotionale Bindung zum Gelesenen schließen. Mit der Liebesgeschichte in Verbindung einer Fantasiewelt kongruiert diese Lektüre absolut mit meiner „thematischen Voreingenommenheit“ (ebd., 67). Emotional involviert in die Geschichte, vergaß ich Raum und Zeit um mich herum und gelangte in einen Flow, eine Art Rausch des Lesens (vgl. ebd., 56; 62). Die Lesemotivation entspricht einer intrinsischen, „bedürfnisorientierte[n] Wunscherfüllung in der Illusion“ (ebd., 67). Jeder intime Leser hat bestimmte Lesewünsche, die in direkten Zusammenhängen mit seinen persönlichen Wünschen stehen. Werden diese Wünsche durch die Lektüre erfüllt, so entsteht ein Glücksgefühl; werden sie nicht erfüllt, so wird das Buch womöglich weggelegt (vgl. ebd., 67). Die beschriebene Lesesucht gilt als Nachteil dieses Lesemodus, da der Rezipient das Buch mehr verschlingt, als den Inhalt tatsächlich aufnimmt und vieles davon im Anschluss wieder vergisst (vgl. ebd., 64).

In der Schule lasen wir Bücher wie „Krabat“ und „Maria Stuart“, welche mir gut gefielen. „Ein Anruf von Sebastian“ hingegen ist mir als eine der unangenehmsten Lektüren des Schulunterrichts im Gedächtnis haften geblieben; die Kapitel habe ich während des Unterrichtes gelesen, um nicht meine Freizeit dafür opfern zu müssen.

Die Schullektüre unterliegt einem Zwang, basiert demnach auf einer extrinsischen Motivation (vgl. Garbe et al. 2010, 176). Die Lektüre wird in einem institutionellen Zusammenhang gelesen (vgl. Graf 2004, 31) und fällt unter die Kategorie der Pflichtlektüren des ersten Lesemodus (vgl. Garbe et al. 2010, 176).

Bald folgten auch die ersten Gedichte und Balladen in größerem Umfang, und ich begann, Gefallen daran zu finden. Als einzige wählte ich die längere Ballade „Johanna Sebus“ aus und hatte Spaß am Auswendiglernen. Besonders reizte mich die Interpretation der bildhaften Wortwahl. Im Vordergrund stand die literarästhetische Qualität der Gedichte – die Motivation, sie zu lesen, erfolgte aus der Faszination am alltagsfremden Sprachgebrauch. Das Leseverhalten entspricht dem ästhetischen Lesemodus (vgl. Graf 2004, 107): Das Gedicht wird als „schön“ empfunden, es wird von einer Sensibilität für Sprache und Textformen berichtet. Im Hintergrund wird der Wunsch angedeutet, den Textsinn zu begreifen, um an die Botschaft des Autors zu gelangen (vgl. ebd., 116).

2.3 Sekundäre literarische Initiation

Meine sekundäre literarische Initiation findet ihren Ursprung in der Oberstufe im Alter von 17 bis 19 Jahren.

Im Privaten beschäftigte ich mich in diesem Zeitraum gerne mit Frank Schätzing und Ähnlichem, das herausfordernd und fesselnd geschrieben ist. Meine Prioritäten lagen plötzlich vermehrt bei Formulierungen und der Sprache; hier taucht eine veränderte Form des ästhetischen Lesemodus auf: Nicht länger beschränkt sich die Vorliebe auf „Schönes“, nun ist auch „Anspruchsvolles“ und „Herausforderndes“ dazu gekommen. Es wird Begeisterung empfunden für Texte, die „sprachlich über den Erwartungshorizont hinausgeh[en]“ (ebd., 107). Frank Schätzing beschreibt seitenlang eine Empfindung, einen Geruch, ein Gefühl, ohne, dass etwas passiert, aber so faszinierend geschrieben, dass man einen Absatz häufiger als einmal lesen möchte und manchmal des Verständnisses halber auch muss. Passend lässt sich dies bezeichnen als „sinnlich wahrnehmbares Sprachmaterial“ (ebd., 108). Die Handlung wird vorerst einmal zurückgestellt und der Fokus liegt auf der ästhetischen Qualität des Textes; die Literatur in dieser Form erhält Kunstcharakter (vgl. ebd., 111). Allerdings muss beachtet werden, dass Schätzings Schreibweise auch als „fesselnd“ beschrieben wird: Hier überschneiden sich demnach zwei Lesemodi; das ästhetische Lesen und das intime Lesen. Auf der einen Seite steht der Sinn für sprachliche Kunst in bestimmten Textpassagen, auf der anderen Seite impliziert das Wort „fesseln“, dass das Buch die lesende Person nicht mehr loslässt, sie also emotional involviert ist (vgl. ebd, 49f.).

Zudem fing ich an, Bücher wie „David Copperfield“ von Charles Dickens und „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ zu lesen, aus einer Liste der Bücher, „die man gelesen haben sollte“. Angewendet wird hier das „partizipatorische Lesen; dies meint ein Lesen zur Teilhabe an einer sozial-kommunikativen Praxis“ (Garbe et al. 2010, 177). Das Lesen steht im Kontext mit dem öffentlichen Diskurs; es wird gelesen, um „mitreden“ zu können. Besonders wichtig sind der Transfer des Gelesenen in die sozial-kommunikative Praxis und die Aktualität des Gelesenen (vgl. Graf 2004, 71), was hier durch die „Liste der Bücher, die man gelesen haben sollte“, vorliegt (vgl. ebd., 79). Ein weiterer Aspekt des partizipatorischen Lesens ist die Allgemeinbildung: Der Wunsch, diese Bücher zu lesen, orientiert sich an „gesellschaftlichen Bildungsstandards“ (ebd., 88).

Einige Werke wie „Effi Briest“ von Theodor Fontane oder „Im Krebsgang“ waren mir ein Graus, andere wie „Emilia Galotti“, „Der Hauptmann von Köpenick“ und vor allem „Götz von Berlichingen“ und „Faust“ von Goethe sind mir sehr positiv in Erinnerung geblieben. Meine Begeisterung für Poesie und Lyrik wurde hier maßgeblich verstärkt und durch meinen sehr guten Deutschlehrer gefördert: Freiwillig lernte ich eine Passage aus „Faust“ auswendig und wurde immerzu gebeten, laut vorzulesen. Zwischendurch blätterte ich oft wieder zurück zu Textstellen, die mich faszinierten. An dieser Stelle wird ein Aspekt der Pflichtlektüre deutlich: die Transformation von extrinsischer in eine intrinsische Motivation (ebd., 38f.). Die Werke, die mir nicht gefielen, unterlagen dem gewohnten institutionellen Zwang; die Lektüre jedoch, die mich ansprach, vertiefte ich freiwillig und setzte mich damit weitergehend auseinander. Es entstand eine Aufmerksamkeit für das Ästhetische (vgl. ebd., 38). In diesem Fall hat die „Pflichtlektüre im institutionellen Rahmen […] eine initiatorische Wirkung innerhalb der Lektürebiografie“ (ebd., 39) entfaltet: eine Vorliebe für Lyrik und insbesondere für Werke von Goethe.

2.4 Adoleszenz

Heute sieht es weitestgehend ähnlich aus; ergänzt werden meine genannten Lektürevorlieben durch Ratgeber wie „Lass los und werde Meister deiner Zeit“ von Lothar Seiwert und dauerhaft seit einigen Jahren eine Pferdezeitschrift namens „Mein Pferd“. Zudem interessiere ich mich sehr für Musiktheorie und habe mich auch mit Lektüre zu diesem Thema eingehend beschäftigt. Für diese Interessenliteratur kommen verschiedene Lesemodi infrage. Die Motivation für die Zeitmanagementlektüre, die Pferdezeitschrift und Literatur über Musiktheorie ist die Aneignung von Wissen. Betrachtet man lediglich diesen Aspekt, so lässt sich diese Lektüre in den Modus des instrumentellen Lesens eingliedern. Dieser Modus dient der Beschaffung von Informationen und erfolgt freiwillig (vgl. Garbe et al. 2010, 176). Zu beachten ist hierbei die Zweckrationalität, mit der die Lektüre im instrumentellen Modus angegangen wird: Mit einem Minimum an Zeit- und Energieaufwand soll ein Maximum an Effektivität erzielt werden, es geht um eine „subjekt-neutrale Informationsaufnahme“ (Graf 2004, 45) ohne sozialen Kontext mit dem Ziel, die Kernaussage eines Textes schnellstmöglich herauszuarbeiten (vgl. ebd., 44) – zum Beispiel das Nachschlagen in einem Lexikon. Dies liegt hier nicht vor, denn nicht nur das Wissen wird aus der Lektüre extrahiert, sie wird durchgearbeitet, in das reale Leben transferiert und ausführlich reflektiert. Diese Punkte deuten auf den partizipatorischen Lesemodus hin: Die Pferdezeitschrift hat einen pragmatischen Bezug zur Gestaltung meiner Freizeit; der Lesemotivation liegt das Interesse am Hobby zugrunde (vgl. ebd., 81). Ebenfalls ist es möglich, dass „ein Hobby […] zum Lebensinhalt werden“ kann (ebd., 82): Aus meiner Liebe zur Musik entstand ein Interesse an Musiktheorie, aufgrund dessen ich mich mit Literatur zu diesem Thema auseinanderzusetzen begann. Die Lektüre über Zeitmanagement fällt dabei in eine weitere Kategorie des partizipatorischen Lesemodus: die Ratgeber-Literatur. Der Inhalt soll verstanden und im Alltag praktisch umgesetzt werden; die Lektüre dient zur Persönlichkeitsentwicklung und erfüllt den Zweck, etwas zu lernen, dass das Leben verbessern kann (vgl. ebd., 87). Das Buch enthält einen „Nutzengewinn“ (ebd., 87) für den Leser. Ein weiterer Modus, mit dem die Lektüre über Zeitmanagement antizipiert werden kann, ist das Lesen zur diskursiven Erkenntnis: Dieser Modus beschäftigt sich mit der „Suche nach ‚Wahrheit‘ und ‚Erkenntnis‘“ (Garbe et al. 2010, 177). Es entsteht während des Lesens ein Prozess, bei welchem Textinformation und Selbsterfahrung abgeglichen werden, um die Erkenntnis, die durch das Lesen erlangt wird, zu prüfen (vgl. Graf 2004, 105).

[...]

Final del extracto de 12 páginas

Detalles

Título
Leseautobiographie und -sozialisation
Universidad
Leuphana Universität Lüneburg
Calificación
1,3
Autor
Año
2019
Páginas
12
No. de catálogo
V501088
ISBN (Ebook)
9783346028907
ISBN (Libro)
9783346028914
Idioma
Alemán
Palabras clave
leseautobiographie
Citar trabajo
Belana Kulik (Autor), 2019, Leseautobiographie und -sozialisation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501088

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