Das Leib-Seele-Problem bei Thomas Nagel


Hausarbeit, 2017

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Philosophie

3. Philosophie des Geistes
3.1 Leib-Seele-Problem
3.2 Qualia-Problem

4. Nagels Einstellung zum Physikalismus
4.2 Die subjektive und objektive Perspektive . 9
4.3 Die Sprache als Begrenzung
4.4 Objektive Tatsachen

5. Fazit

1. Einleitung

Die Privatheit von menschlichen Erlebnissen beschreibt schon Wittgenstein, in seinen Philosophischen Untersuchungen 1 und vertritt damit die Auffassung, dass Empfindungen eine individuelle Qualität aufweisen. Auch Thomas Nagel ist der Meinung, dass Erlebnisse aus einer subjektiven Perspektive empfunden werden, weshalb die Vorgänge dabei nicht allgemein gültig sind.2 I n seinem Aufsatz What is it like to be a bat? untersucht Nagel die Unterschiede subjektiver und objektiver Perspektiven auf die Welt, indem er das Bewusstsein den naturwissenschaftlichen Theorien über die Welt gegenüberstellt. Dabei befasst er sich mit einem der ältesten Probleme der Philosophie des Geistes, dem Leib- Seele-Problem; wie stehen Körper und Geist miteinander im Verhältnis?

Um Nagels Auffassungen zum Leib-Seele-Problem zu untersuchen, wird vorerst eine kurze Einführung in die Philosophie des Geistes gegeben. Anschließend werden die gegensätzlichen Positionen zum Leib-Seele-Verhältnis umrissen, um Nagels Überlegungen einordnen zu können. Anhand der Ausführungen des Philosophen über materialistische Weltanschauungen, subjektive und objektive Perspektiven, sowie seiner Conclusio über objektive Tatsachen, wird schließlich ein Fazit gebildet, welches die Position Nagels in der Leib-Seele-Debatte veranschaulichen soll.

Zur Schaffung der Grundlagen wird im Folgenden die Theoretische Philosophie beschrieben und auf Aspekte des Verhältnis von Geist und Körper eingegangen.

2. Theoretische Philosophie

Der Anspruch der theoretischen Philosophie besteht in Abgrenzung zur praktischen Philosophie darin, die Welt in ihren Erscheinungen deskriptiv zu untersuchen.3 Hierfür wird in beschreibender Weise der Ort des Menschen in der Welt erörtert. Im Unterschied zur praktischen Philosophie, strebt die theoretische Philosophie nach Erkenntnis um ihrer selbst willen, nicht um menschliche Handlungen einzuordnen.4 Die Welt wird beobachtet, um allgemeine Aussagen bilden zu können. Die Auffassungen der Welt werden in Worten wiedergegeben, weshalb die theoretische Philosophie auch als „Wort-auf-Welt- Auffassung“5 bezeichnet wird.

Die drei Hauptbegriffe der theoretischen Philosophie, lassen sich durch „Existenz, Wissen und Sprache“6 formulieren. Anhand dieser Begriffe, entstanden die in vier Bereiche aufgeteilten Disziplinen der theoretischen Philosophie. Diese Disziplinen befassen sich mit den genannten Hauptbegriffen auf unterschiedliche Weise, wobei die Grenzen zwischen den Disziplinen fließend sind.

Die erste Disziplin bildet die Metaphysik. Die Frage nach der Existenz wird behandelt und untersucht, was es in der Welt gibt.

Eine weitere Disziplin formt die Erkenntnistheorie, welche die Frage stellt, was wir in der Welt wissen können.

Als Drittes folgt die Sprachphilosophie. Das vernünftige Denken ist nur durch Sprache möglich und anders herum. Deshalb wird hierbei die gegenseitige Beeinflussung bearbeitet.

Die Philosophie des Geistes wird als Kombination von Metaphysik und Erkenntnistheorie betitelt und beschäftigt sich mit dem Verhältnis von körperlichen und mentalen Eigenschaften.7

Die Philosophie des Geistes wird im Folgenden näher beschrieben, um die Teildisziplinen darzulegen und den Übergang zum Leib-Seele-Problem zu kennzeichnen.

3. Philosophie des Geistes

Die Philosophie des Geistes beschäftigt sich mit den mentalen Zuständen des Menschen.8 Die Summe der mentalen Zustände wird im Folgenden oft als Geist oder Bewusstsein bezeichnet.9

Thomas Nagels Zitat über das Bewusstsein, stellt die Schwierigkeiten dieses Themas dar: „Die Existenz des Bewusstseins gehört zu den vertrautesten und zu den erstaunlichsten Dingen auf der Welt.“10

Generell werden zwei Typen von mentalen Zuständen unterschieden, wobei die Trennung nicht immer klar auszumachen ist. Einerseits werden die Empfindungen mit qualitativem Charakter, wie Schmerz, beschrieben. Andererseits gibt es intentionale Zustände, die eine Empfindung über einen anderen Inhalt kennzeichnen, wie etwa Wünsche, Erwartungen oder Furcht vor etwas.11

Die Disziplin der Philosophie des Geistes betrifft mehrere Teilgebiete der Philosophie. Der onthologische Bereich schließt das Leib-Seele-Problem mit ein und beschäftigt sich mit der Lehre vom Sein.

Der epistemische Teil behandelt die Erkenntnis von mentalen Zuständen.

Der Bereich der Semantik untersucht die sprachlichen Ausdrücke für mentale Phänomene. Die Methodologie wird abgedeckt, durch die Frage nach den besten Methoden, zur Klärung mentaler Ereignisse.12

Die onthologische Frage nach der Natur des Mentalen bildet sich im klassischen Leib- Seele-Problem ab: Das Verhältnis zwischen Physischem und Mentalem, Körper und Geist, wird hinterfragt und kausale Verbindungen zwischen beiden gesucht.13 Der Zusammenhang von Psychischem und Physischem wird schon seit der Antike beschrieben und hat im Laufe der Zeit einige Wandlungen erfahren. Im nächsten Kapitel wird ein kurzer Überblick zum Leib-Seele-Problem geschaffen, sowie das sogenannte Qualia-Problem beschrieben, um anschließend Thomas Nagels Herangehensweise an dieses Thema zu behandeln.

3.1 Leib-Seele-Problem

In der Welt gibt es Bereiche des Physischen (Gegenstände aus Teilchen, Molekülen und Atomen), des Biologischen (Lebewesen, die atmen, sich vermehren und altern) und des Mentalen (wie das Denken, Erinnern und Entscheiden).14 Hierbei beschäftigt sich das Leib- Seele-Problem mit dem Verhältnis von Mentalem und Physischem. Es wird hinterfragt, welche Bedeutung es hat, einen Geist zu haben und was die Natur mentaler Eigenschaften ist.15

Die gegensätzlichen Hauptpositionen bei diesen Fragen, werden als Dualismus und Physikalismus bezeichnet. 16 Der Dualismus unterscheidet Körper und Geist in ihrer Existenz, sowie den Eigenschaften voneinander und erklärt das Mentale als eigenständig, nicht vom Physischen ausgehend. Der Physikalismus besagt, dass alles Psychische ursprünglich physischer Natur ist.17 Diese Haltung wird auch häufig als Naturalismus oder Materialismus bezeichnet und interpretiert alle mentalen Eigenschaften als physikalische Vorgänge im Körper, die über Hirnzustände in unser Bewusstsein gelangen.18 Weiter aufgeteilt, ergeben sich folgende Positionen: 19

Der Substanzdualist vertritt die Meinung, dass die Seele eine vom Körper völlig unabhängige Substanz ist, die das eigentliche Ich des Menschen charakterisiert und auch nach dem Tod des Körpers weiter existiert.

Der Substanzphysikalismus besagt, dass der Mensch vollkommen aus physischer Materie besteht und es keine vom Körper abtrennbare Seele gibt.

Der Eigenschaftsdualismus bezieht sich auf mentale Eigenschaften, die sich laut dieser Überzeugung nicht auf physische Eigenschaften reduzieren lassen, sondern ihren eigenen Ursprung besitzen.

Der Eigenschaftsphysikalismus hingegen, reduziert psychische Eigenschaften auf physische Phänomene.

Die philosophischen Meinungen der Antike entsprechen der dualistischen Position. Platon unterscheidet den Körper von der Seele und sieht in der physischen Hülle die Vergänglichkeit, währen die Seele ewig existiert.20 Auch Aristoteles trennt die Seele klar vom Körper und teilt diese nochmals in vegetative, animalische und vernünftige Teile.21

Der Philosoph Descartes brach in vielen Überzeugungen mit der Antike, doch ähnelt seine Auffassung von Körper und Seele in vielen Punkten derer von Platon. So ist Descartes zwar der Meinung, dass alle physiologischen Vorgänge im Körper auf Physik beruhen, doch grenzt er die Seele vom Körper ab und schreibt ihr keinen physiologischen Ursprung zu.22

Die beiden gegensätzlichen Auffassungen des Dualismus und Materialismus besitzen viele Teilformen, in denen sich die Naturwissenschaften und die Psyche in unterschiedlicher Gewichtung gegenüberstehen. Eine weitere, daraus resultierende Fragestellung betrifft das sogenannte Qualia-Problem, welches im Folgenden näher beleuchtet wird.

3.2 Qualia-Problem

Der Versuch, mentale Zustände naturwissenschaftlich einzuordnen, stößt irgendwann an den Begriff der Qualia. Der qualitative Charakter von Empfindungen wird durch die Qualia (von lat. qualis „wie beschaffen“23 ) beschrieben. Das bedeutet, Empfindungen fühlen sich auf bestimmte Weise an. Diese mentalen Empfindungen sind nicht einfach auf bestimmte physische Zustände des Körpers oder Gehirns zurückzuführen. Wie Beckermann passend formuliert „Gehirnzustände hat man, aber man erlebt sie nicht.“24 . Diese Haltung spiegelt den zuvor beschriebenen Eigenschaftsdualismus wieder, da mentale Eigenschaften nicht mit physischen Eigenschaften gleichzusetzen oder auf diese zu reduzieren sind. Auch Wittgensteins Privatsprachenargument 25 beruht auf der Überzeugung, dass Empfindungen nicht absolut definierbar sind, sondern immer relativ und nicht vergleichbar empfunden werden. Diese qualitative Auffassung von Empfindungen spricht gegen den Eigenschaftsphysikalismus.26

[...]


1 Schulte, Joachim (Hg.), Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, 1. Aufl., Frankfurt am Main 2003 S. 155.

2 Diehl, Ulrich (Hg.), Thomas Nagel, What is it like to be a Bat? Englisch/Deutsch = Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?, Stuttgart 2016.

3 Johannes Hübner, Einführung in die theoretische Philosophie, Stuttgart [u.a.] 2015, S. 1.

4 Wolfgang Detel, Robin Celikates, Stefan Gosepath, Matthias Lutz-Bachmann, Logik. Grundkurs Philosophie, 3., durchges. Aufl., Stuttgart 2011, S. 7.

5 Ebd., S. 8.

6 Hübner, Einführung in die theoretische Philosophie, S. 2.

7 Ebd.

8 Ansgar Beckermann, Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes, Berlin [u.a.] 1999, S. 1.

9 Ebd.

10 Thomas Nagel, Karin Wördemann, Geist und Kosmos. Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist, Erste Auflage 2016, S. 81.

11 Ebd., S. 13.

12 Ebd., S. 2–3.

13 Ebd., S. 2.

14 Beckermann, Das Leib-Seele-Problem, S. 7.

15 Ders., Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes, S. 5–6.

16 Ders., Das Leib-Seele-Problem, S. 20–21.

17 Ebd.

18 Ebd., S. 7.

19 Ebd., S. 20–21.

20 Ebd., S. 8–15.

21 Ebd.

22 Ebd., S. 15–19.

23 Beckermann, Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes, S. 15.

24 Ebd.

25 Schulte, Joachim (Hg.), Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, S. 155.

26 Beckermann, Das Leib-Seele-Problem, S. 100.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Leib-Seele-Problem bei Thomas Nagel
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
14
Katalognummer
V501017
ISBN (eBook)
9783346040220
ISBN (Buch)
9783346040237
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leib-seele-problem, thomas, nagel
Arbeit zitieren
Josephine Roth (Autor:in), 2017, Das Leib-Seele-Problem bei Thomas Nagel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/501017

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