Von distanzierter Anteilnahme zur empathischen Kommunikation

Jodi Halperns Konzept der klinischen Empathie


Seminararbeit, 2019

28 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

1 Empathiekonzepte
1.1 Definitionen
1.2 Empathie als duales Konzept mit emotionalen und kognitiven Komponenten
1.3 Empathie als leibliches Geschehen in der menschlichen Begegnung
1.4 Empathie als verbaler kommunikativer Akt

2 Halperns Konzept der klinischen Empathie
2.1 Die besondere Situation der Patientin verstehen
2.2 Abgrenzung zur distanzierten Anteilnahme und zur affektiven Verschmelzung
2.3 Wie entsteht klinische Empathie?

3 Ist klinische Empathie lernbar?
3.1 Empathie als lernbare Kompetenz
3.2 Angebote innerhalb und außerhalb der ärztlichen Aus- und Fortbildung
3.3 Wirksamkeitsmessung von Maßnahmen zur Empathieentwicklung

Schlussreflektion: Empathie im Plural denken

Literaturverzeichnis

Einführung

Die Ansprüche an ärztliches Handeln sind gewachsen. Von Medizinerinnen1 wird nicht nur fachliches, sondern auch ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen erwartet. Dies hat gute Gründe. Die Wirkung ärztlicher Empathie ist unumstritten und gut belegt. Die Empathiefähigkeit der Ärztin führt nachweislich zu Präzision in der Diagnostik und verbessert die therapeutische Allianz zwischen Ärztin und Patientin – darüber hinaus sind Beziehungsqualität und Patientinnenzufriedenheit mittlerweile zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor medizinischer Einrichtungen geworden.

Allerdings gibt es einen disziplinübergreifenden Konsens über das WAS und WIE der Empathie bis dato nicht. Auch die Ansichten darüber, was klinische Empathie und empathische Kommunikation sein soll, und die Auffassungen über das richtige Maß an emotionaler Nähe und Distanz gehen weit auseinander.

Die vorliegende Arbeit stellt sich drei Fragen: Was ist ärztliche Empathie? Wie entsteht sie – oder müsste man eher sagen: erscheint sie? Lässt sie sich erlernen oder ausbauen?

Kapitel 1 beschäftigt sich mit verschiedenen Empathiekonzepten und diskutiert vor allem die für die ärztliche Empathie relevanten Aspekte.

Kapitel 2 stellt das Empathiekonzept der US-amerikanischen Psychiaterin Jodie Halpern vor. Halpern forscht seit mehr als 20 Jahren über die Bedeutung der klinischen Empathie. Ihre Arbeit berücksichtigt nicht nur die Diskussionen der Medizin und angrenzender Disziplinen, sondern setzt sich auch mit philosophischen Perspektiven auseinander.

Kapitel 3 diskutiert die Trainierbarkeit klinischer Empathie, stellt verschiedene Interventionsformate vor und beleuchtet die Messbarkeit ihrer Wirksamkeit.

Die Arbeit schließt ab mit einer zusammenfassenden Reflektion und der Bedeutung von Halperns „empathic curiosity“.

1 Empathiekonzepte

1.1 Definitionen

Der englische Psychologe Titchener führte den Begriff ‚empathy‘ als Übersetzung des ursprünglichen, von Theodor Lipps stammenden deutschen Ausdrucks ‚Einfühlung‘ in die Psychologie ein. Sein englischer Begriff wurde zurückübersetzt in ‚Empathie‘ und verdrängte das Wort ‚Einfühlung‘.

Im allgemeinen Verständnis wird Empathie als Konstrukt mit zwei Komponenten verstanden: Empathie beinhaltet zum einen die emotionale Fähigkeit eines Menschen, die Gefühle anderer zu teilen, sie mitzufühlen. Zum anderen beinhaltet sie die kognitive Fähigkeit, das Erleben anderer zu verstehen.

Empathie ist zu unterscheiden von

1. Sympathie. Damit ist Zuneigung gemeint; sie ist eine emotional positiv gefärbte
Einstellung, die durchaus oberflächlich bleiben kann und nicht unbedingt
ein nennenswertes empathisches Engagement erfordert. Sympathie will nicht das Geheimnis der Anderen entdecken; manchmal lebt sie sogar davon, dass die Andere geheimnisvoll bleibt.
2. Mitgefühl. Mitgefühl bezieht sich entweder auf konkrete Lebewesen oder auf eine Gruppe von Lebewesen und drückt eine Haltung aus in Richtung Verringerung und Vermeidung von Leiden. Dabei nimmt sie auch Stellung, z.B. durch Trösten.
3. Gefühlsansteckung: Hierbei überträgt sich das bei der anderen Person wahrgenommene Gefühl auf die wahrnehmende Person selbst. Wenn sie einem traurigen Menschen begegnet, dann wird sie selbst traurig.

Empathie hilft uns, Wissen über unsere Umwelt zu erlangen und gilt darüber hinaus als fundamental für den Erfolg in zwischenmenschlichen Beziehungen und in der Gesellschaft.

In der Psychotherapie war es Carl Rogers, der der Empathie einen besonderen Stellenwert zuwies. Die empathische Bezogenheit der Therapeutin auf die Klientin war für ihn eine der „notwendigen und hinreichenden Bedingungen“2 für jeden Therapieerfolg. Für den Psychoanalytiker Heinz Kohut war die Fähigkeit, einem anderen Menschen in Empathie zu begegnen, eine „fundamentale Begabung“3.

1.2 Empathie als duales Konzept mit emotionalen und kognitiven Komponenten

Bei der Frage, wie der Mensch Zugang zur geistigen Erfahrung anderer Menschen findet, gibt es zwei entgegengesetzte Positionen: das emotionale Verständnis (Simulationstheorie) und das kognitive Verständnis (Theorie-Theorie).

Die emotionale Simulationstheorie ist zurückzuführen auf Lipps Konzept der „Einfühlung“4. Ursprünglich subsumiert Lipps unter diesen Begriff viel mehr als die Erfahrung von fremdem Bewusstsein, da er zunächst fordert, dass jede Auffassung eines Wahrgenommenen bereits Einfühlung sei. Wahrnehmung muss begleitet sein von einem inneren Mitgehen und dieses ‚In-oder-bei-einer-Sache-Sein‘ bedingt eine Belebung des wahrgenommenen Gegenstandes. Dieses Leben findet man aber nur in seiner eigenen Persönlichkeit. In der Einfühlung leiht man dem wahrgenommenen Gegenstand Merkmale der eigenen Persönlichkeit: Was man bei anderen Menschen einfühlend beobachtet, ist mithin eine Reproduktion der eigenen Erlebnisse. Das heißt im Umkehrschluss auch: Um das Gefühl einer anderen Person zu verstehen, muss man es selbst haben, man muss sich in sie ‚einfühlen‘.

In der Simulation tue ich also so, als wäre ich in der Situation einer anderen Person. Durch diese imaginäre Erfahrung generiere ich mentale ‚Als-ob‘-Zustände, die den Überzeugungen, Wünschen oder Emotionen der anderen Person nachempfunden sind. Diese mentalen Zustände schreibe ich der anderen Person zu. In der erweiterten Variante der Simulationstheorie stelle ich mir vor, an Stelle der anderen Person zu sein und ihre Gefühle zu haben. Ich versuche, zu fühlen, wie es ist, die andere Person zu sein.

Wenn ich von mir auf andere schließe, heißt das dann nicht, dass ich eine Emotion erst selbst erfahren haben muss, um sie einer anderen Person zuschreiben zu können? Nicht unbedingt, argumentieren die Vertreter der Simulationstheorie. Es reicht, einen Anknüpfungspunkt zum eigenen Erleben zu finden, um mich in die Emotionen eines anderen Menschen zumindest ähnlich einfühlen zu können.

Kritiker der Simulationstheorie wenden ein, dass es selbst in der Vorstellung kaum möglich sei, auch nur annähernd dasselbe zu fühlen wie der andere. Und selbst wenn, was sollte für das Verstehen gewonnen sein, wenn man aktuell die Emotion des anderen simuliert? Die Tatsache, eine Emotion zu erleben, schließt nicht automatisch mit ein, sie auch zu verstehen. Ich verstehe nicht einmal meine eigenen Emotionen zur Gänze, wie soll ich da auch noch alle Emotionen des anderen verstehen?

Bei der erweiterten Simulationstheorie kommt noch erschwerend hinzu, dass ich mir nicht vorstelle, an der Stelle des anderen zu sein, sondern gedanklich tatsächlich die Stelle des anderen einnehmen soll. Dazu muss ich ein paar Vorannahmen treffen, was die Persönlichkeit der anderen Person ausmacht. Simulation kommt also auch nicht ganz ohne Theorie aus.

Ein Gefühl steht außerdem nie allein da, sondern ist immer in einen Kontext eingebettet. Das präzise Nachfühlen des Gefühls eines anderen durch Simulation seiner Situation setzt eine präzise Kontextualisierung des Gefühls voraus. Doch dafür müsste man ja die Emotion verstehen, was wiederum gegen ein rein emotionales Verständnis spricht.

Die Theorie-Theorie (therory of mind) behauptet, dass Menschen einen verstandesmäßigen Zugang zur Erfahrung anderer bekommen, indem sie eine alltagspsychologische Theorie bilden, die ihnen ermöglicht, Beobachtungen und Informationen plausibel und ‚verstehend‘ zu erklären. Wir beobachten die andere Person, schreiben ihr innere mentale Zustände zu und formulieren Erklärungen über ihr Verhalten , Überzeugungen und Absichten.

Dieses kognitive Verständnis von Theorie beruht auf verallgemeinerbaren Strukturen im Verhalten, Denken und Fühlen der Menschen. Wir schließen auf einen Zustand, indem wir eine Regel anwenden, z.B.: Wer an einer Bushaltestelle steht, wartet dort auf den nächsten Bus. So machen wir das auch bei den Gefühlen. Wir leiten von dem, was wir von einer Person wahrnehmen und über den Kontext wissen, ab, was diese Person fühlt.

Gegen ein rein kognitives Verständnis der Empathie werden hauptsächlich drei Einwände vor-gebracht:

Empathische Vorgänge laufen viel zu schnell ab, als dass die Beteiligten Zeit genug hätten, mentale Theorien über das Erleben der anderen Person zu bilden. Außerdem könne man kognitiv höchstens den allgemeinen Gefühlstyp erfassen, nicht aber die individuelle Emotion des anderen. Der gewichtigste Einwand liegt aber in der der unübersteigbaren Kluft vom Ich zum Du: Mit unseren alltagspsychologischen Theorien über die andere Person können wir völlig falsch liegen. Streng genommen müssen wir sogar falsch liegen, denn unsere Gedanken über die Eigenschaften und Beweggründe anderer Menschen sind ja Interpretationen unserer inneren Welt. Jede Theoriebildung über die mentalen Zustände der Anderen sind immer die eigenen Theorien.

Heute werden die beiden Aspekte der Empathie nicht mehr so sehr als kontroverse Theorien betrachtet, sondern vielmehr als zwei verschiedene Modi der Vergegenwärtigung verstanden, die beide ihren Wert haben und auch gemeinsam zur Geltung kommen. Dies wird auch von der Neuropsychologie bestätigt:

„Häufig wird die Ansicht vertreten, das Erfassen der emotionalen Zustände von Anderen sei eine Art unmittelbarer, automatischer Prozess, der keine psychologische Schlussfolgerung und Metarepräsentation erfordere. Obwohl dies auf das Verstehen basaler Emotionen zutreffen mag, machen komplexere – z.B. selbstreflexive – Gefühle wahrscheinlich eine mehr kognitive Verarbeitung notwendig.“5

Mitunter werden beide Aspekte auch in ein Konzept der Empathie im engeren und weiteren Sinne gepackt: Empathie im engeren Sinne bedeutet ein emotionales Mitschwingen und vermittelt, wie es sich anfühlt, in der Situation zu sein. Empathie im weiteren Sinne ist eine kognitive Arbeit zum Verständnis der Emotion der anderen Person und die Selbst-Andere-Differenzierung.

Beiden Aspekten gemeinsam ist das Verständnis, dass ich meine eigenen Gefühle oder Vorstellungen auf die andere Person projiziere. Sowohl im Fühlen als auch im Denken bin immer ICH es, der über die Andere nachdenkt oder nachfühlt. Es sind aber nie wirklich deren Gefühle. Damit ist aber die Kluft zu Anderen nicht wirklich überwunden. Lässt sich überhaupt objektiv erschließen, wie es für jemanden ist, eine bestimmte Erfahrung zu haben? Gibt es noch einen anderen Weg des direkten Zugangs?

1.3 Empathie als leibliches Geschehen in der menschlichen Begegnung

Ja, diesen anderen Weg gibt es – wenn man Empathie als leibliches Geschehen in der menschlichen Begegnung begreift. Durch verkörperte oder persönliche Begegnungen mit anderen Menschen kann die primäre Erfahrung ihrer Gefühle und Absichten ohne Theorien oder Simulationen erworben werden. Wenn wir miteinander interagieren, nehmen wir einfach wahr, wie sich die Andere fühlt. Wenn wir jemanden lächeln sehen, dann brauchen wir keine komplexe Theorie anzuwenden oder uns simulierend in die Situation des Gegenübers hineinversetzen. Man sieht jemandem sein Gefühl an. So, wie wir einen Tisch als Ganzes wahrnehmen, so können wir auch Gefühle anderer Menschen wahrnehmen.

Dieses Verständnis von Empathie folgt der Phänomenologie, die versucht, sich den Dingen möglichst ohne Vorannahmen so zu nähern, wie sie im Bewusstsein in ihren wesentlichen Zügen erscheinen, und sie möglichst exakt zu beschreiben. Bewusstsein existiert nach der Phänomenologie – im Gegensatz zu Descartes’ Vorstellung – nicht unabhängig vom Körper. Für den französischen Philosophen Merleau-Ponty ist der Leib Ausdruck der gesamten Existenz, weil sich diese in ihm realisiert:

„Aber ohne die Einbeziehung der leiblichen Dimension bleibt Empathie blutleer und geisterhaft, weil meine Existenz als Leib und mit der Existenz der Welt und letztlich das Subjekt, das ich bin, konkret genommen untrennbar ist von diesem Leib hier und in dieser Welt hier.“6

Entsprechend ist Empathie auch als Ereignis beschreibbar, das erst durch und in der leiblichen Begegnung zweier Personen überhaupt entsteht. In der Mimik, in den Gesten und Gebärden, im Habitus, im Blick und in den leiblichen Regungen drücken sich leiblich-vitale Emotionen und Stimmungen aus. Für den Heidelberger Psychiater Thomas Fuchs ist deshalb die nonverbale Kommunikation essentiell notwendig:

„Nur eine Begegnung von inkarnierten Wesen, deren Welten einander durchdringen, entspricht der gelingenden Kommunikation.“7

Die Berücksichtigung und Einbeziehung der Leiblichkeit ermöglicht es den Beteiligten, ihre Isolation zu überwinden und sich gegenseitig unmittelbar zu erfahren.

1.4 Empathie als verbaler kommunikativer Akt

Versteht man Empathie nicht nur als duales, sondern als mehrdimensionales Konstrukt, dann ist ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: die sprachliche Kommunikation. Erst in der konkreten Interaktion mit anderen Personen wird Empathie realisiert und damit existent. Empathie muss explizit sprachlich ausgedrückt werden, um wirksam werden zu können.

Diese interaktive Sicht ist hauptsächlich zurückzuführen auf Rogers. Er beschreibt Empathie als Charakteristikum der Interaktion zwischen Therapeutin und Klientin. Die Therapeutin muss die Klientin im gemeinsamen Prozess wahrnehmen, verstehen und dieses Verständnis wiederum der Klientin kommunizieren.8 Die Medizinwissenschaftlerinnen Diane Kunyk und Joanne Olson beschreiben Empathie als dreischrittigen Kommunikationsprozess:

1. Die Akteurin nimmt den emotionalen Zustand der Zielperson wahr, schwingt mit
diesem mit und versucht, den Kontext zu verstehen.
2. Die Akteurin drückt dies gegenüber der Zielperson aus.
3. Die Zielperson nimmt die ausgedrückte Empathie wahr und erlebt sie als stimmig.9

In einer erweiterten Version muss die Zielperson muss der Akteurin auch mitteilen, dass sie sich verstanden fühlt. Nur so kann die Einfühlende sicher sein, dass sie die Zielperson auch tatsächlich verstanden hat. Ohne Beachtung der Rückmeldung(en) ist Empathie nicht mehr anwendbar, daher ist sie als essentielles Element der empathischen Interaktion zu verstehen.

Woher wissen wir, dass die Empathiebotschaften, die zwischen zwei Menschen hin und her schwingen, auch tatsächlich das Einfühlen und Verstehen beinhalten? Wenn die Zielperson rückmeldet: ‚Ich fühle mich von dir so richtig verstanden.‘, so bedeutet dies doch eher, dass sie sich verstanden fühlt – und weniger, dass sie von der Akteurin objektiv richtig verstanden wurde. Nun wissen wir alle, wie wunderbar es ist, sich von einem anderen verstanden zu fühlen. Daraus ergibt sich die Frage: Ist es dann nicht eher das gegenseitige Bemühen, den anderen Menschen zu verstehen, und die hin und her schwingende Annäherung, das Wichtige? Ist das nicht wichtiger als das tatsächliche Einfühlen?

2 Halperns Konzept der klinischen Empathie

2.1 Die besondere Situation der Patientin verstehen

Klinische oder ärztliche Empathie bezeichnet Empathie im therapeutischen Kontext und bezieht sich in dieser Arbeit hauptsächlich auf die Empathie der Ärztin zu ihrer Patientin. Die Begriffsdiskussionen über klinische Empathie folgen im Wesentlichen denen über die allgemeine Empathie. Zusätzlich betont werden die moralischen Komponenten sowie die Handlungsorientierung. Empathie muss zu einer helfenden therapeutischen Handlung führen.

Mohammedreza Hojat, Professor für Psychiatrie an der Thomas-Jefferson-Universität in
Philadelphia, definiert Empathie folgendermaßen:

„[…] eine vorrangig kognitive Fähigkeit, die ein Verständnis für die Erfahrungen, Sorgen und Perspektiven des Patienten umfasst, kombiniert mit der Fähigkeit, dieses Verständnis auch zu kommunizieren.“10

In diesem Sinne handelt es sich bei Empathie um einen willentlichen und bewussten Akt des Perspektivenwechsels, bei dem ein emotionales Involvieren nicht notwendig wird und der bereits eine Verhaltensdimension umfasst.

Die britischen Medizinwissenschaftler Stewart Mercer und William Reynolds bekräftigen
die Auffassung der ärztlichen Empathie als mehrdimensionales Konstrukt und entwickeln eine dreistufige Definition. Demnach ist Empathie die Fähigkeit,

1. die Situation, die Perspektive, die Gefühle der Patientin zu verstehen und die damit
verbundenen Bedeutungen;
2. dieses Verstehen zu kommunizieren und dabei auf seine Richtigkeit zu überprüfen;
3. diesem Verstehen entsprechend zu handeln und die Patientin in einer helfenden (therapeutischen) Weise zu unterstützen.11

Halperns zentrale Überlegungen zur klinischen Empathie kreisen um den Akt des Verstehens. Nach ihrem Verständnis darf das Verstehen sich nicht in einer allgemeinen Zuschreibung erschöpfen, dass sich die Patientin in einem bestimmten emotionalen Zustand befindet. Das Hauptziel klinischer Empathie liegt darin, die spezifische Bedeutung einer Situation der Patientin umfassend zu verstehen:

[...]


1 In der folgenden Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die weibliche Form verwendet. Sie bezieht sich auf Menschen jeglichen Geschlechts .

2 Rogers 1991, 165.

3 Kohut 1981, 129.

4 Vgl. Lipps 1903, 188.

5 Decety & Jackson 2004, 72.

6 Merleau-Ponty 1966, 464.

7 Fuchs 2000, 24.

8 Vgl. Rogers 1967, 20.

9 Kunyk und Olson 2001, 317.

10 Hojat 2007, 32.

11 Vgl. Mercer and Reynolds 2002, 9-10.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Von distanzierter Anteilnahme zur empathischen Kommunikation
Untertitel
Jodi Halperns Konzept der klinischen Empathie
Hochschule
Hochschule für Philosophie München
Veranstaltung
Fühlen, was andere fühlen. Empathie in interdisziplinärer Perspektive
Note
2.0
Autor
Jahr
2019
Seiten
28
Katalognummer
V500487
ISBN (eBook)
9783346030948
ISBN (Buch)
9783346030955
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Halpern, Empathie, klinisch, Arzt, Curiosity, empathic
Arbeit zitieren
Gerda-Marie Adenau (Autor:in), 2019, Von distanzierter Anteilnahme zur empathischen Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/500487

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