Qualitätsorientiertes Tourismusmanagement. Umsetzung und Durchführung interner Qualitätsstandards zur Erreichung eines Gütesiegels

Am Beispiel eines Dienstleistungsunternehmens der Tourismusbranche


Diplomarbeit, 2005

121 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ANMERKUNG DER AUTORIN

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

A Einführung
A.1 Ausgangslage und Problemstellung
A.2 Begriffliche Abgrenzung
A.2.1 Qualitätsbegriff
A.2.2 Zertifizierung
A.3 Abgrenzung Dienstleistung - Sachleistung

B Dienstleistungsqualität in der Tourismusbranche
B.1 Dienstleistungsqualität
B.1.1 Unterschiedliche Anforderungen
B.1.1.1 Anforderung aus Sicht der Kunden
B.1.1.2 Anforderung aus Sicht der Wettbewerber
B.1.1.3 Anforderung aus Sicht der Unternehmen
B.1.2 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
B.2 Die sieben Qualitätstechniken für den Dienstleistungsbereich: D7
B.2.1 Vignetten-Technik
B.2.2 Service-Blueprinting
B.2.3 Sequentielle Ereignismethoden (SEM)
B.2.4 Qualitätsmessungen mit Hilfe von Rating-Skalen und Gap-Analysen
B.2.4.1 Das SERVQUAL-Modell
B.2.4.2 Das GAP-Modell
B.2.5 Beschwerdemanagement
B.2.6 Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen (FRAP)
B.2.7 Service-FMEA

C Zertifizierung deutscher Reiseveranstalter
C.1 Vorteile einer Zertifizierung im Tourismus
C.2 Zertifizierungen kritisch betrachtet
C.3 Zertifizierungsmodelle
C.3.1 ISO-Zertifizierungen
C.3.2 Das EFQM-Modell für Excellence
C.3.3 Die „Q“’s (Qualitäts-Gütesiegel für den Schweizer Tourismus)
C.3.3.1 Qualitäts-Gütesiegel Stufe I
C.3.3.2 Qualitäts-Gütesiegel Stufe II
C.3.3.3 Qualitäts-Gütesiegel Stufe III
C.4 Exkurs: Gütesiegel in den verschiedenen Bundesländern Deutschlands
C.5 Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems
C.5.1 Methodik
C.5.2 Entwicklung einer Unternehmensphilosophie für ein Qualitätsmanagement
C.5.3 Information und Motivation
C.5.4 Ist-Analyse
C.5.5 Konzeptionsphase
C.5.6 Realisierung
C.6 Basisanforderungen zur Entwicklung interner Qualitätsstandards
C.7 Instrumente zur Entwicklung interner Qualitätsstandards

D Vorbereitung zur Zertifizierung und Einführung interner Qualitätsstandards am Beispiel der BIS Bremerhaven Touristik
D.1 Das Unternehmen BIS
D.2 Projektplan
D.3 Umsetzung der Instrumente des Qualitäts-Gütesiegels Stufe I
D.3.1 Servicekette
D.3.2 Reklamationen
D.4 Umsetzung der Instrumente des Qualitäts-Gütesiegels Stufe II
D.4.1 Führungsprofil
D.4.2 Basisprofil
D.4.3 Mitarbeiterbefragung
D.4.4 Gästebefragung
D.5 Umsetzung der fünf Dimensionen der Dienstleistungsqualität

E Ein Blick in die Zukunft

LITERATURVERZEICHNIS

Anhang

1 Inhaltsverzeichnis der ISO 9001:2000

2 Instrumente des Qualitäts-Gütesiegels Stufe I

3 Instrumente des Qualitäts-Gütesiegels Stufe II

Eidesstattliche Erklärung

ANMERKUNG DER AUTORIN

Es gibt viele Bezeichnungen für eine Qualitätsauszeichnung. Von Qualitätszeichen, über Gütezeichen bis hin zum Gütesiegel hat man schon einiges gehört. Die rechtlichen Bestimmungen hierfür sind von Land zu Land verschieden. Aus diesem Grund wird nun ein kurzer Überblick über die einzelnen Begriffe vorgenommen, um diese voneinander abzugrenzen.

Qualität wird nach DIN ISO 8402 so definiert: „ Qualität ist die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“.[1]

Unter Güte versteht man „ die Qualität oder Beschaffenheit einer Ware, siehe Qualität “.[2]

Somit können Güte und Qualität gleichgestellt werden.

Unter dem Begriff Gütesiegel versteht man folgendes: „ Mit einer Auszeichnung (Zertifikat, Dokument) versehene Bestätigung durch eine verbands- oder einrichtungsexterne Institution, dass eine Prüfung ergeben hat, dass der geprüfte Verband oder die geprüfte Einrichtung die Voraussetzungen erfüllt, welche die prüfende Institution zum Maßstab für Qualität erhoben hat. (vgl. Zertifizierung) “.[3]

Nach den RAL-Grundsätzen für Güterzeichen sind GütezeichenWörter und/oder Bilder, die als Garantieausweis von Waren oder Leistungen Verwendung finden, die die wesentlichen, an objektiven Maßstäben gemessenen, nach der Verkehrsauffassung die Güte einer Ware oder Leistung bestimmenden Eigenschaften erfüllen “.[4]

Der Begriff Gütezeichen umfasst dabei auch die Begriffe Qualitätszeichen, Qualitätssiegel oder auch Gütesiegel. Aus diesem Grund werden in dieser Arbeit diese Begriffe der Einfachheit halber synonym verwandt.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Der Qualitätskreis

Abbildung 2: Qualitätsdimensionen

Abbildung 3: Blueprint für einen Restaurantbesuch (nach Stauss)

Abbildung 4: Gap-Modell im Überblick

Abbildung 5: Beispiel einer Service-FMEA

Abbildung 6: Die Normenstruktur

Abbildung 7: Servicequalität in Deutschland

Abbildung 8: Qualitätslogo für Deutschland am Beispiel Bremen & Bremerhaven

Abbildung 9: Stufenmodell zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems

Abbildung 10: Geschäftsbereiche der BIS

Abbildung 11: Servicekette einer Reisbuchung

Abbildung 12: Servicekette einer Internetbestellung

Abbildung 13: Reklamationsfragebogen

Abbildung 14: Beispiel für eine Meinungskarte - Vorderseite

Abbildung 15: Beispiel für eine Meinungskarte - Rückseite

Abbildung 16: Beispiel für ein Beschwerdeannahmeformular

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Die drei Dimensionen der Servicequalität aus Kundensicht

Tabelle 2: Die fünf Dimensionen der Dienstleistungsqualität

Tabelle 3: Vignette-Technik: Beispiel einer neuen Dienstleistung einer Bank

Tabelle 4: Eigenschaften der Servicequalität

Tabelle 5: Eigenschaften und Aktivitäten des Unternehmers als Basisanforderung zur Entwicklung von Qualitätszeichen

Tabelle 6: Projektplan für das Projekt: „ServiceQualität Bremen & Bremerhaven“

Tabelle 7: Qualitätsstandards einer Servicekette aus der Sicht des Gastes

Tabelle 8: Qualitätsstandards einer internen Servicekette

Tabelle 9: Führungsprofil

Tabelle 10: Basisprofil

Tabelle 11: Mitarbeiterbefragung

Tabelle 12: Gästebefragung nach dem Schweizer Qualitäts-Gütesiegel, wie sie vor Ort angewandt werden könnte.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A Einführung

A.1 Ausgangslage und Problemstellung

Qualität ist ein Begriff, der schon lange im Wirtschaftsleben eine große Rolle spielt. Schon früh erkannten Unternehmen, das sie mit Qualitätsprodukten Neukunden gewinnen und bestehende Kundenkontakte pflegen konnten. Ein Erfolgsrezept, mit dem man sich von der Konkurrenz mit gutem Gewissen abheben konnte. Mit diverse Werbeslogans wie „ Geräte von Braun. Weltweit anerkannte Qualität“[5] (Braun, 1965) oder „ Qualität, Zuverlässigkeit, Beständigkeit[6] (Casio, 1975) warben und werben noch heute Unternehmen, um das Interesse der Kunden auf Ihre Produkte zu lenken. Im Laufe der letzten Jahrzehnte änderte sich das Qualitätsbewusstsein jedoch und nicht mehr nur große Marken können mit Qualität überzeugen, sondern auch die Konkurrenz kann nun mit sog. No-Name-Produkten auf dem Markt Fuß fassen. Ähnliche Veränderungen sind auch im Tourismus zu erkennen. Gab es vor einigen Jahren nur in großen Hotelketten wie beispielsweise dem Hilton einen Zimmerservice, so gehört er heute in fast jeder Hotelkategorie zum guten Ton. Doch kann man Produkte und Dienstleistungen einfach miteinander vergleichen? Wie misst man Qualität? Wie misst man Dienstleistungsqualität? Hier stoßen Betriebswirte an ihre Grenzen. Produkte können nach ihrer Beschaffenheit, ihrer Lebensdauer oder ihrer Verarbeitung beurteilt werden. Doch der Tourismus bietet in diesem Sinne keine Produkte sondern Dienstleistungen an. Dienstleistungen sind im Gegensatz zu Produkten immateriell. Man kann sie sich vor dem Kauf nicht anschauen, nicht anfassen. Sie ist nicht greifbar. Von je her ist es für den Menschen schwer etwas zu beurteilen oder zu bewerten, das man nicht sehen, anfassen oder greifen kann. Also forderte die Dienstleistungsbranche andere Kriterien, um ihrem Qualitätsbewusstsein Ausdruck zu verleihen. So wurden die sog. „weichen Faktoren“ wie Freundlichkeit, Schnelligkeit und das Zuvorkommen der Mitarbeiter ausschlaggebend für die Qualität im Tourismus.

Der Mensch ist ein kompliziertes Wesen, das genau weiß, was es möchte. Wenn er beispielsweise einen Urlaub bucht, möchte er nicht nur ein perfektes Hotel am Strand und einen angenehmen Flug, nein, er verlangt den passenden Service hierzu, das perfekte Gesamtpaket. Die Qualität fängt also nicht erst am Urlaubsort an, sondern schon dann, wenn er das Reisebüro betritt. Er möchte freundlich begrüßt werden, vielleicht ein Glas Saft, einen netten Menschen gegenüber, der zuhört, lächelt und dem Gast jetzt schon Lust auf den bevorstehenden Urlaub macht. Der Gast möchte gut gelaunt aus der Türe gehen, zufrieden und in Gedanken an seinen nächsten Urlaub. Dieser Qualitätsgedanke muss in der Unternehmensphilosophie verankert werden. Er sollte jedem Mitarbeiter bewusst gemacht werden und von jedem Mitarbeiter gelebt werden. Er sollte den kompletten Dienstleistungsprozess durchlaufen, beginnend noch vor dem ersten Auftreten des Gastes über das eigentliche Endprodukt bis hin zum After-sale-Service.

Doch wie erkennen Gäste gute Dienstleistungsanbieter? In der Hotel- und Gastronomiebranche beispielsweise ist dies durch die Klassifizierung kenntlich gemacht, sichtbar durch die Anzahl der Sterne von einem bis fünf. Doch bei Reiseveranstaltern gibt es eine solch einheitliche Zertifizierung noch nicht. So gibt es zwar das Gütesiegel „Servicequalität Baden-Württemberg“, „Servicequalität Niedersachsen“ oder auch „Servicequalität Thüringen“, doch nicht jedes Bundesland hat ein Gütesiegel oder Kriterien zur Zertifizierung der Reiseveranstalter. Durch den hohen Konkurrenzdruck und den Kampf, sich auf dem Markt behaupten zu können, ist es für Reiseveranstalter wichtig, ihre Servicequalität den Gästen sichtbar darzustellen und sich dies durch unabhängige, glaubhafte Institutionen in Form eines Gütesiegel bescheinigen zu lassen.

Diese Arbeit zeigt nun auf, was unter Qualität bzw. Qualitätsmanagement zu verstehen ist und inwiefern Qualität den Grundstein für eine spätere Zertifizierung darstellt. Des Weiteren geht die Autorin auf das Qualitätsgütesiegel in der Schweiz ein, das als Vorbild für die verschiedenen Gütesiegel in Deutschland gilt. Anhand der BIS Bremerhaven Touristik, einem Geschäftsbereich der BIS - Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH wird aufgezeigt, welche internen Struktur- und Organisationsveränderungen notwendig sind, um ein Zertifikat zu erlangen.

A.2 Begriffliche Abgrenzung

A.2.1 Qualitätsbegriff

Das Verständnis für Qualität hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Lange Zeit stand das fertige Endprodukt im Vordergrund. Die Kunden legten viel Wert auf die materielle Beschaffenheit sowie auf die technische Ausstattung der Produkte. Heute dagegen reichen diese Werte nicht mehr aus. Die „weichen“ Faktoren vervollständigen die Vorstellungen von Qualität. Hierzu zählen Servicebereitschaft, Kompetenz und Zuverlässigkeit.[7] Für den Kunden ist es wichtig, nicht nur ein Produkt zu kaufen, sondern ein Komplettpaket zu erwerben, welches ihm die Sicherheit gibt, sich für das richtige Produkt entschieden zu haben. Folgende Abbildung zeigt den sog. Qualitätskreis, der verdeutlicht, welche Aspekte das Qualitätsstreben beeinflussen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der Qualitätskreis

Quelle: Berndt, 1995, s. 222

Gerade in der Tourismusbranche spielen diese immateriellen Werte eine große Rolle. Während in der Industriebranche beispielsweise der Hauptkontakt zwischen Kunden und Unternehmen meist erst nach dem Kauf in Form des After-sale-Services stattfindet, findet der Kontakt in der Dienstleistungsbranche schon vor dem Erwerb einer Leistung statt. Der Kunde spielt bei der Erstellung der Dienstleistung eine große Rolle. Nach seinen Vorgaben wird die Leistung erstellt. Fühlt sich der Kunde in diesem Stadium der Geschäftsbeziehung schon unwohl, kann von einem Geschäftsabschluss meist schon abgesehen werden.

Zusammengefasst kann man also sagen: Qualität ist, wenn Kundenwünsche erfüllt werden. Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) hat in der internationalen Norm DIN EN ISO 8402, Punkt 2.1 folgende Definition festgesetzt:

„Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter und vorausgesetzter Bedürfnisse beziehen.“

Qualität ist der wichtigste Faktor für Unternehmen, Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen. Da die Qualität einer Dienstleistung an sich aber für Kunden nicht offensichtlich dargestellt werden kann, ist die Darstellung nach außen in Form eines Zertifikates von großer Bedeutung, um auf dem Markt der Mitbewerber bestehen zu können.

Verantwortlich für die Umsetzung eines solchen Qualitätsmanagementsystems ist die Führungsebene. Die ISO-Norm 8402, Punkt 3.2 definiert Qualitätsmanagement wie folgt:

„Das Qualitätsmanagement umfasst alle Tätigkeiten des Gesamtmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortungen festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung verwirklichen.“

DIN EN ISO 8402

A.2.2 Zertifizierung

Zertifizierungen werden durch amtlich akkreditierte Stellen vergeben. Als unabhängige Dritte überprüfen diese, ob Produkte oder Dienstleistungen vorgegebene Anforderungen erfüllen.

„Als Zertifizierung bezeichnet man Verfahren, mit deren Hilfe die Einhaltung bestimmter Standards für Produkte / Dienstleistungen und ihrer jeweiligen Herstellungsverfahren einschließlich der Handelsbeziehungen nachgewiesen werden können. Im Allgemeinen besteht die Zertifizierung in der Ausstellung eines Zeugnisses.“[8]

Bei der Zertifizierung handelt es sich um einen prozessorientierten, ganzheitlichen Ansatz, in dem das Qualitätsmanagementsystem mit eingebunden wird. Es gibt Mindestkriterien, die vorgeschrieben werden und die schließlich in eine Gesamtbewertung einlaufen. Das Ziel einer Zertifizierung ist die Qualitätsentwicklung und -sicherung, sowie die Kunden-, Mitarbeiter- und Lieferantenzufriedenheit.[9]

A.3 Abgrenzung Dienstleistung - Sachleistung

Um das Problem der Bewertung von Dienstleistungsqualität zu verdeutlichen, soll in diesem Abschnitt der Unterschied zwischen Sach- und Dienstleistungen kurz dargestellt werden. Während Sachleistungen konkret greifbar sind, man sie erkennen, sehen und riechen kann, sind Dienstleistungen dagegen immateriell. D.h. Sachleistungen gehen beim Kauf vom Verkäufer auf den Käufer über und werden übergeben, Dienstleistungen aber werden in Anspruch genommen. Das wiederum bedeutet, dass sie vor dem Kauf nicht in Augenschein genommen werden können um die Kaufentscheidung ggf. zu erleichtern. Dienstleistungen können nicht weiterverkauft werden. Sie können nur einmal in Anspruch genommen werden und verfallen dann. Auch eine Lagerung ist unmöglich. Die Leistung wird direkt vom Leistungserbringer an den Kunden weitergegeben, ohne Zwischenhändler.[10] Sie entsteht während diverser Gespräche zwischen den Mitarbeitern des Dienstleisters und dem Kunden selbst. In diesen Gesprächen formuliert der Kunde, was er unter Qualität versteht. Er definiert somit für sich den Begriff in diesem Moment. Im Gegensatz zu Sachleistungen steigt das Kaufrisiko bei Dienstleitungen aus bereits genannten Gründen. Kommunikation wird zum Schlüsselbegriff für erfolgreiche und anerkannte Dienstleistungen. Zusammengefasst kann man also sagen, dass Dienstleistung eine Frage des Vertrauens und der Kommunikation ist.

B Dienstleistungsqualität in der Tourismusbranche

B.1 Dienstleistungsqualität

Da die Produktqualität für viele Kunden schon als selbstverständlich angesehen wird, wird die Servicequalität zum entscheidenden Faktor in der Wettbewerbspolitik. Heribert Meffert und Manfred Bruhn definieren Dienstleistungsqualität wie folgt:

„Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmalen von Dienstleistungen, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden“.[11]

B.1.1 Unterschiedliche Anforderungen

„… bestimmten Anforderungen gerecht zu werden“. Doch welche Anforderungen sind damit gemeint? Sind es die Anforderungen, die der Kunde an den Dienstleister stellt oder die Anforderungen, die das Unternehmen an sich selber stellt oder sind es die Anforderungen, die das Unternehmen an sich bezüglich der Wettbewerber stellt. Mehrdimensionales Denken wird vom Dienstleistungsunternehmen gefordert, um dem Qualitätsdenken gerecht zu werden.

B.1.1.1 Anforderung aus Sicht der Kunden

Da Servicequalität nicht nur das Endprodukt betrifft, sondern die ganze Wertschöpfungskette einer Dienstleistung, vom Pre- bis zum After-sale-Service, wird in der Literatur zwischen Potenzial-, Prozess- und Ergebnis-Qualität unterschieden:[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die drei Dimensionen der Servicequalität aus Kundensicht

Quelle: vgl. Meyer, Anton, 1998, S. 26

Unter Potential-Qualität versteht man die Fähigkeiten eines Menschen, bestimmte Leistungen zu erbringen. Diese Fähigkeiten erfolgen meist durch eine Ausbildung mit erfolgreichem Abschluss und Berufserfahrung. Für Kunden ist bei der erstmaligen Kaufentscheidung die Potentialentscheidung von großer Bedeutung. Fühlt sich der Kunde verstanden und tritt ihm der Dienstleister hilfsbereit gegenüber, so treten beide in die nächste Dimension, der Prozess-Qualität ein. Die Prozess-Qualität entwickelt sich aus der Art, dem Ablauf der Dienstleistungserstellung, der Atmosphäre sowie der Interaktion zwischen Kunden und Dienstleister. Unter Ergebnis-Qualität versteht man die Zufriedenheit des Kunden nach Erhalt der Dienstleistung. Ist oder übertrifft die Leistungserstellung die Vorstellung des Kunden, so stimmt für ihn die Qualität. Beispiele hierfür können sein: Der Erstkontakt des Dienstleisters mit dem Kunden, die Zuverlässigkeit, die Bereitschaft Probleme zu lösen und individuelle Lösungen vorzuschlagen, die Kommunikationsfähigkeit, Umgang mit schwierigen Situationen und Beschwerden und schließlich das fertige Ergebnis der Dienstleistung.[13] Folgendes Schaubild soll noch einmal die drei Dimensionen anhand einer Reisebuchung verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Qualitätsdimensionen

Quelle: Pompl, 1996, S. 63

B.1.1.2 Anforderung aus Sicht der Wettbewerber

Wie kann sich ein Dienstleistungsunternehmen gegenüber seinen Mitbewerbern profilieren? Was bietet die Konkurrenz qualitativ an? Wie hoch ist das Qualitätsniveau der Mitbewerber? Welche Marktposition bezogen auf Qualitätsstandards haben diese?[14] Diese Fragen sollte sich ein Dienstleistungsunternehmen stellen, wenn es qualitativ auf dem Markt bestehen möchte. In dieser schnelllebigen Branche ist ein ständiger Branchenvergleich unabdingbar. Schnell kann ein Unternehmen den Anschluss auf dem Markt und an die Mitbewerber verpassen.

B.1.1.3 Anforderung aus Sicht der Unternehmen

Hierunter versteht man die Anforderungen, die ein Unternehmen an sich selbst stellt, um ein entsprechendes Qualitätsniveau zu erreichen. Diese können sein: die Ausstattung des Dienstleistungsortes, Fachkompetenzen und soziale Kompetenzen der Mitarbeiter, Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter, die mit dem Kunden direkt in Kontakt treten oder auch das Wissen der Mitarbeiter darüber, was Dienstleistung an sich bedeutet.[15]

B.1.2 Dimensionen der Dienstleistungsqualität

Neben den Anforderungen spielen auch unterschiedliche Dimensionen eine wichtige Rolle bei der Betrachtung der Dienstleistungsqualität. Parasuraman, Zeithaml und Berry beschreiben in ihrem Buch „Qualitätsservice“ fünf verschiedene Dimensionen:[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Die fünf Dimensionen der Dienstleistungsqualität

Quelle: vgl. Zeithaml, Parasuraman, Berry, 1992, S. 40

Anforderungen und Dimensionen dürfen nicht getrennt betrachtet werden. Nur zusammen ergeben sie die Qualität, die der Kunde sich wünscht.

B.2 Die sieben Qualitätstechniken für den Dienstleistungsbereich: D7

Qualität ist die wichtigste Voraussetzung für Kundenzufriedenheit. Die D7 stellen in diesem Zusammenhang ausgewählte Werkzeuge dar, die in der Praxis große Erfolge verbuchen können und in den Dienstleistungsbetrieben mehr und mehr eingesetzt werden. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten wie den Sieben Kreativitätswerkzeugen (K7) oder den Sieben Managementwerkzeugen (M7) sind die D7 speziell für den Servicebereich entwickelt worden. Die Techniken helfen bei der Ermittlung von Kundenwünschen, stellen Prozessabläufe dar, um mögliche Fehlerquellen zu definieren, ermitteln Qualitätsmerkmale, geben die Möglichkeit der Qualitätsmessung, analysieren Problemfelder und stellen mögliche Fehlervermeidung und -analysen dar.[17]

B.2.1 Vignetten-Technik

Die Vignetten-Technik wird bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen eingesetzt. Somit werden die Wünsche und Bedürfnisse potentieller Kunden ermittelt. In Szenarien werden dem Kunden verschiedene Situationen oder Dienstleistungen vorgestellt, zu denen er anschließend eine Qualitätsbeurteilung abgeben kann. Hierfür werden für mehrere Merkmale verschiedene Ausprägungen festgelegt. Diese werden in allen möglichen Kombinationen zusammengestellt, auf Kärtchen geschrieben und dem Kunden paarweise vorgelegt. Die bevorzugte Vignette wird mit zwei Punkten bewertet, bei Gleichwertigkeit wird ein Punkt vergeben. So bekommt man die gewünschten Kombinationen der Kunden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Vignette-Technik: Beispiel einer neuen Dienstleistung einer Bank

Quelle: Hoeth / Schwarz: Qualitätstechniken für die Dienstleistung

B.2.2 Service-Blueprinting

Das Service-Blueprinting hat die Aufgabe, einen Dienstleistungsprozess zu visualisieren. Mit Hilfe dieser Technik kann die Dienstleistung systematisch analysiert werden und der Dienstleistungsprozess für alle Mitarbeiter transparent dargestellt werden. Das Service-Blueprinting wird normalerweise nur unternehmensintern erstellt. Es hilft den Mitarbeitern zu begreifen, wie die Prozessabläufe strukturiert sind. Wichtig bei dieser Technik ist, dass die Prozessabläufe aus der Sicht des Kunden dargestellt werden, nicht aus der Sicht der Mitarbeiter. In

Abbildung 3 wird ein fertiger Blueprint für einen Restaurantbesuch beispielhaft dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Blueprint für einen Restaurantbesuch (nach Stauss)

Quelle: Scheuer, Thomas, 2004 unter http://www.expression.de

Die graue Fläche zeigt den Teil des Dienstleistungsprozesses, an dem der Kunde direkt beteiligt ist. Diese Dienstleistungen wird der Kunde später bewerten. Ist er mit einem oder mehreren Punkten nicht zufrieden, sinkt für Ihn die Qualität des Restaurants. Nur in diesem Bereich kann das Restaurant Qualitätspunkte beim Kunden sammeln. Die Aktivitäten außerhalb der grauen Flächen sind notwendig, um den Kunden zufrieden zustellen. Der Kunde kann diese aber nicht sehen und somit nicht bewerten. Nur wenn das Komplettpaket stimmt, kann das Unternehmen den Kunden zufrieden stellen. Es gehört somit viel mehr dazu, als dem Kunden nur das Endprodukt, in diesem Fall die Speisen, zu präsentieren.

Problematisch bei diesem Modell ist allerdings die lückenlose Erstellung der Prozesse. Nicht selten sind mehrere Abteilungen an einem Prozess beteiligt. Somit müssen verschiedene Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen zusammenarbeiten, um die einzelnen Kernprozesse zu ermitteln.

Positiv ist zu erwähnen, dass bereits bei der Erstellung eines Blueprint erste Probleme auftreten können und diese somit unmittelbar in das Qualitätsmanagement mit eingebracht werden können. Für neue Mitarbeiter dagegen bietet ein Blueprint einen Art Wegweiser, der sie über die Strukturen des Unternehmens aufklärt.[18]

B.2.3 Sequentielle Ereignismethoden (SEM)

Bei der Sequentiellen Ereignismethode (SEM) erstellen die Kunden einen Service-Blueprint. Durch Befragung, nach einer in Anspruch genommenen Dienstleistung, versucht das Unternehmen, Eindrücke und Erlebnisse, die der Kunden an den Schnittstellen zwischen dem Dienstleister und sich selber bekommen hat, zu analysieren. So bekommt das Unternehmen Eindrücke darüber, wie der Kunde seine gebuchte Dienstleistung tatsächlich wahrgenommen hat. War er zufrieden oder gab es teilweise kritische Situationen, mit denen der Kunde unzufrieden war? Nur durch derartige Befragungen erhält das Unternehmen detaillierte Aussagen aus der Sicht des Kunden über die angebotenen Leistungen.[19]

B.2.4 Qualitätsmessungen mit Hilfe von Rating-Skalen und Gap-Analysen

B.2.4.1 Das SERVQUAL-Modell

Trotz der Schwierigkeit, Dienstleistungsqualität zu erfassen oder zu erklären, gibt es zwei zentrale Ansätze, die dies versuchen: Das SERVQUAL-Modell von Zeithaml, Parasuraman und Berry sowie das GAP-Modell. Servqual ist die Abkürzung für Service Quality. Anhand dieses Modells kann die Kundenzufriedenheit festgestellt werden. Kundenzufriedenheit wird definiert als die Differenz zwischen den Erwartungen des Kunden auf der einen Seite und dem tatsächlichen Ergebnis der Dienstleistung auf der anderen Seite. Ist die wahrgenommene Dienstleistung gleich oder höher als die erwartete, so ist der Kunde zufrieden, im umgekehrten Fall wäre der Kunde unzufrieden.

Um die Kundenzufriedenheit zu messen, wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt. Als Grundlage dienen die fünf Dimensionen der Dienstleistungsqualität (siehe Kapitel B.1.2), die durch 22 Items dargestellt werden (vgl. Tabelle 4), die von Fall zu Fall angepasst werden können. Zu jedem Item wird eine Doppelskala erstellt, die zum einen die Erwartung des Kunden ausdrückt („so soll es sein“), zum anderen die erlebte Qualität des Kunden wiedergibt („so ist es“). Erwartungen und Wahrnehmungen werden getrennt auf einer 7-Punkte-Skala von „stimme völlig zu“ bis „lehne entschieden ab“ erfasst. Die Differenz gibt Aufschluss darüber, wie weit das Erlebte von der erwarteten Dienstleistung abweicht.[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Eigenschaften der Servicequalität

Quelle: Zeithaml/Parasuraman/Berry, 1992, in: M. Bruhn, S. 202

Allerdings hat dieses Modell auch seine Schwächen. Die Aussage „so soll es sein“ kann von jedem anders gedeutet werden. Zum einen kann damit das gewünschte Niveau in Verbindung gebracht werden, zum anderen aber auch das Mindestniveau oder sogar das Idealniveau. In diesem Fall könnte das Idealniveau so hoch angesiedelt sein, dass eine Verbesserung gar nicht mehr möglich ist. Des Weiteren können ebenso Abweichungen im Verständnis dieser Aussage bei verschiedenen Kundengruppen liegen. Durch positive oder negative Fragestellungen können Antworten beeinflusst werden. Da die Befragung erst ex-post erhoben wird, handelt es sich um nachträgliche Erwartungen, die durch das bereits Erlebte beeinflusst werden können.[21]

B.2.4.2 Das GAP-Modell

Auch dieses Modell stammt von Zeithaml, Parasuraman und Berry. Das Gap-Modell analysiert Schwachstellen, sog. Gaps, die sich hinsichtlich der Erstellung einer Serviceleistung ergeben können. Je mehr dieser Gaps während einer Serviceleistung entstehen, desto größer wird die Differenz zwischen den Erwartungen der Kunden und den tatsächlich erbrachten Leistungen des Dienstleisters. Die Kundenunzufriedenheit steigt und im schlimmsten Fall droht der Verlust der Kundenbeziehung. An jeder Lücke können Veränderungen die Qualität der Endprodukte beeinflussen.[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Gap-Modell im Überblick

Quelle: Müller, Hansruedi, 2004, S. 30 in Anlehnung an Parasurama, Zeithaml, Berry

Gap 1 bezeichnet die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Kunden und den Erwartungen, die der Dienstleiter glaubt, der Kunde hätte sie. Gründe für diese unterschiedlichen Ansichten können vielseitig sein. Zum einen mangelnde Marktforschung, zum anderen ungenügende innerbetriebliche Kommunikation. Dies kann beispielsweise die mangelhafte Kommunikation zwischen dem Management und den Kunden sein, oder auch die Kommunikation zwischen dem Management und den Frontmitarbeitern. Ein weiterer Grund ist die mangelhafte Berücksichtigung der Kundenbeziehung. Dies kann dann passieren, wenn Kundenakquisition wichtiger erscheint als Kundenbindung.[23]

Gap 2 bezeichnet die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Kundenerwartungen und ihrer Umsetzung in Standards für die Servicequalität. Mögliche Gründe hierfür können sein: die fehlenden kundenorientierten Strukturen in den Dienstleistungsunternehmen, d.h. die Ablaufprozesse, Standards und Normen wurden nicht auf den Kunden zugeschnitten. Die fehlende Überzeugung des Managements, Leistungsqualität zu fördern oder auch den Fokus auf den Produktionsprozess zu setzen statt auf Kundenerwartungen.[24]

Gap 3 bezeichnet die Lücke zwischen den gesetzten Standards und deren tatsächlicher Realisierung. Trotz richtiger Qualitätsstandards können die erstellten Dienstleistungen von den Kundenerwartungen abweichen. Ein Grund hierfür können Defizite in der Personalpolitik sein, wenn bei Rekrutierungen nicht auf Kundenzufriedenheit geachtet wird. Weiter kann die ungenügende Qualifizierung der Mitarbeiter ausschlaggebend sein oder auch die technischen Systeme, die die Umsetzung der Standards nicht ermöglichen.[25]

Gap 4 zeigt die Diskrepanz zwischen der tatsächlich erbrachten und der versprochenen Dienstleistung auf. Mögliche Ursachen hierfür sind unrealistische Versprechen der Dienstleister, die sie nicht einhalten können, um Kunden erst einmal zu locken. Oder auch mangelhafte interne Kommunikation zwischen der Kommunikationsabteilung und den Mitarbeitern, die die Dienstleistung letztendlich erbringen.[26]

Gap 5 ist die wichtigste Lücke. Hier entscheidet der Kunde, was Qualität ist. Sie zeigt die Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Kunden und den tatsächlich erbrachten Leistungen. Je geringer die Gaps 1 bis 4 gehalten werden, desto geringer wird die Diskrepanz bei Gap 5. Ziel eines jeden Dienstleisters sollte es daher sein, diese Gap 5 so klein wie möglich zu halten, um größtmögliche Kundezufriedenheit zu erlangen. Die Gap 5 lässt sich schließlich durch die Servqual ermitteln.[27]

B.2.5 Beschwerdemanagement

Beschwerden sind Ausdruck von Unzufriedenheit. Manche Kunden beschweren sich, wenn sie mit der erbrachten Leistung nicht zufrieden sind, direkt beim Dienstleister, andere wiederum wechseln einfach den Dienstleister bei ihrer nächsten Buchung. Ein Kunde ist somit verloren. Aus diesem Grund ist ein Beschwerdemanagement von großer Bedeutung. Nur durch Beschwerden oder Anmerkungen durch den Kunden erfährt das Unternehmen, was es falsch gemacht hat und kann seine Leistung zukünftig verbessern. Wenn der Kunde sieht, dass bei seiner nächsten Buchung alles so läuft, wie er es sich wünscht und sieht, dass seine Beschwerde ernt genommen wurde, bucht er auch ein weiteres Mal bei diesem Unternehmen. Um möglichst viele Beschwerden zu erfassen, sollte der Beschwerdeweg für den Kunden so einfach wie möglich sein z.B. durch vorgefertigte Beschwerdezettel oder durch „Kummerkästen“, in die der Kunde sein Anliegen einwerfen kann. Alle Beschwerden sollten grundsätzlich vom Dienstleister ernst genommen werden und ggf. sollten Reaktionen in Form von Wiedergutmachungen erfolgen. So kann man den Kunden noch stärker an sich binden, trotz möglicher Unannehmlichkeiten, die der Kunde zuvor hatte. Eine Beschwerdeanalyse ist unbedingt durchzuführen. Bei häufigerem Auftreten derselben Beschwerde sollte dann ein Lösungsweg gefunden werden, damit dieser Fehler möglichst nicht noch einmal auftritt.[28]

B.2.6 Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen (FRAP)

Die FRAP liefert dem Unternehmen Informationen darüber, wie häufig ein Problem auftritt und welche Bedeutung diesem Problem zukommt. So können die Handlungsprioritäten festgesetzt werden, in welcher Reihenfolge Lösungen für die Probleme erarbeitet werden sollen. Anhand einer Fünf-Stufen-Skala wird das Maß der Verärgerung des Kunden gemessen. Diese Skala reicht von „ Ärgert mich, kann aber schon einmal passieren “ bis hin zu „ Hat mich so geärgert, dass ich einen anderen Dienstleister ausgewählt habe “.[29]

B.2.7 Service-FMEA

FMEA („Failure Mode and Effects Analysis“) bedeutet Fehlermöglichkeiten- und Einflussanalyse zur Verbesserung der Dienstleistung. Mit dieser Analyse sollen zukünftig Fehler frühzeitig erkannt, die Ursachen hierfür festgelegt und geeignete Maßnahmen zur Fehlervermeidung entwickelt werden.[30]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Beispiel einer Service-FMEA

Quelle: Gläbe / Thomann, 2005, S. 48

Prozessabläufe werden gedanklich durchgespielt, mögliche Fehler sowie die Folgen werden in einer Tabelle erfasst. Den möglichen Fehlern werden anschließend Ursachen zugeteilt, Maßnahmen werden entwickelt und die sich daraus ergebend Wirkung überprüft. Abbildung 5 verdeutlicht am Beispiel eines Pizzalieferservices eine mögliche FMEA.

C Zertifizierung deutscher Reiseveranstalter

C.1 Vorteile einer Zertifizierung im Tourismus

Eine Zertifizierung ist ein Qualitätszeichen, durch das eine Vertrauensbasis zum Kunden aufgebaut werden kann. Der Kunde weiß, dass in diesem Unternehmen Qualität groß geschrieben wird und Menschen dort arbeiten, die sich ständig Gedanken über Dienstleistungsverbesserung machen. Mögliche Unsicherheiten gegenüber dem Dienstleister werden so beim Kunden abgebaut. Seine Erwartungen, den angebotenen Leistungen gegenüber, werden durch dieses Zeichen nochmals bestätigt. „ Qualitätszeichen sind demzufolge Indikatoren für Produktqualitäten und stellen mithin sicher, dass Abhängigkeiten und Informationsdefizite nicht zum Nachteil der Reisenden ausgenutzt werden.“[31]

Auch zur Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz sind Qualitätszeichen eine gute Möglichkeit. Da sich die Leistungen in der Tourismusbranche von denen der Konkurrenz kaum unterscheiden, hilft es den Kunden, sich für dasjenige Unternehmen zu entscheiden, welches sich für gute Qualität und netten Kundenservice ausgezeichnet hat.

Nicht zu vergessen ist allerdings, dass sich die Kosten, die bei einer Zertifizierung entstehen, auch rechnen lassen müssen. Lassen sich die Kosten durch den Mehrwert der Kunden, die durch eben dieses Zertifikat eine Leistung in Anspruch nehmen, ausgleichen?[32] Wenn die Zertifizierung letztendlich richtig als Marketinginstrument eingesetzt wird, werden sich die Kosten auf jeden Fall rentieren.

Weitere Vorteile sind schließlich mehr Gewinn für das Tourismusunternehmen. Bietet ein Unternehmen gute Leistung und gute Qualität, so schlägt sich dies im Geschäftserfolg nieder. Das hierfür benötigte Qualitätsmanagementsystem verringert letztendlich die Kosten, die für Beschwerden und mangelhafte Leistungen den Kunden gegenüber gezahlt werden müssen. Der Eindruck, das Unternehmen möchte in seiner Gesamtheit den Kunden zufrieden stellen, freut den Kunden. Der Gast merkt, dass der Dienstleister nur das Beste für ihn möchte.

Aber auch für die Mitarbeiter selber bringt es Vorteile. Da sie in die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems involviert werden, fühlen sie sich mit ihm verbunden, die Mitarbeiter sind motivierter, die Fluktuationsrate sinkt und die Mitarbeiterzufriedenheit steigt. Zudem bietet die Ausbildung zum Qualitäts-Trainer eine wertvolle Zusatzausbildung. Auch für das Ferienland Bremerhaven hat es Vorteile. Qualität fördert Image und Imageförderung schadet keinem. Im Gegenteil, es spricht sich herum, wenn eine Stadt etwas für seine Gäste tut, Geld und Zeit in Qualitätsverbesserungen steckt[33]. Durch die branchenübergreifende Zertifizierung vermittelt das Land einheitlichen Service und kann durch gemeinsame Marketingmaßnahmen bestehende Kunden weiter überzeugen und neue Kunden gewinnen.

C.2 Zertifizierungen kritisch betrachtet

Doch Zertifizierungen haben nicht nur positive Aspekte. Kritisch betrachtet kommt man zu dem Entschluss, dass gerade in der Tourismusbranche Qualitätszeichen statt zum Vertrauen eher zur Verwirrung der Kunden führen. Da es noch keine einheitlichen Zertifizierungsstandards in Deutschland für die Tourismusbranche gibt, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, sein Unternehmen mit einem Qualitätszeichen auszeichnen zu lassen. Diese Auszeichnungen verlangen unterschiedliche Anforderungen und werden von verschiedenen Instanzen vergeben. Während in der Hotellerie die Hotelsterne schon ein Begriff sind und viele Kunden wissen, was sie darunter zu verstehen haben, können sich viele unter der Vielzahl an Qualitätszeichnen nichts oder nicht viel vorstellen. Durch die Überflutung an Qualitätszeichen besteht die Gefahr, dass diese schließlich von den Kunden nicht mehr wahrgenommen, unter Umständen sogar nicht mehr ernst genommen werden und somit kein Erfolgsfaktor mehr für das Unternehmen sind.

Qualitätszeichen sollen unter anderem dem Kunden die Möglichkeit geben, verschiedene Leistung der verschiedenen Anbieter untereinander zu vergleichen. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn es sich um dasselbe Qualitätszeichen handelt, wie beispielsweise die Hotelsterne. Dabei ist zu beachten, dass diese Qualifizierungen im Ausland anders bewertet werden als in Deutschland. Ein 3-Sterne Hotel in Griechenland entspricht nur einem 1 bis 2-Sterne Hotel in Deutschland. Handelt es sich allerdings um verschiedene Qualitätszeichen, so wird es schwierig für den Kunden, angebotene Dienstleistungen untereinander zu vergleichen und dies verwirrt ihn zusätzlich.

Zudem möchte der Kunde gerne wissen, für was das Qualitätszeichen steht. Es sollte für den Kunden schnell ersichtlich sein, ob es sich bei der Auszeichnung um die ganze Dienstleistung oder nur um Teilleistungen handelt. Wichtig wäre auch, dass das Qualitätszeichen den Informationsbedürfnissen des Kunden gleich kommt. Was nützt es dem Kunden, wenn ein Unternehmen ein Qualitätszeichen für umweltfreundliches unternehmerisches Handeln bekommt, die Qualität der angebotenen Leistungen, die für den Kunden von Interesse wären, aber nicht überzeugen kann.[34]

C.3 Zertifizierungsmodelle

Zertifizierungen bescheinigen nicht, wie viele vielleicht meinen, die Qualität der Leistungen eines Unternehmens, sonder nur die Einführung eines Qualitätsmanagements- bzw. Sicherungssystems. Die daraus resultierende Qualität der Dienstleistungen sollte als selbstverständlich angesehen werden. Im Folgenden werden die drei bekanntesten Zertifizierungsmodelle ISO-Zertifizierung, EFQM-Modell und Q-Gütesiegel kurz dargestellt. „ Infolge weitgehender rechtlicher Verankerung bzw. der Unterstützung von Bund und Ländern haben diese Zertifizierungssysteme ein relativ hohes Ansehen und genießen teilweise quasi „amtlichen“ Charakter.[35]

C.3.1 ISO-Zertifizierungen

Am bekanntesten ist wohl die ISO 9000 ff. Normen-Reihe aus dem Jahre 1994, die Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssystemen vorgibt. In Abbildung 6 wird die Normenstruktur der 9000er-Reihe, die bis 1999 Grundlage für eine Zertifizierung war, dargestellt.

In der ISO 8402 wurden die wichtigsten Grundlagen und Begriffe wie Qualität, Qualitätspolitik, Qualitätsmanagement definiert. Während die ISO 9000 und die ISO 9004 lediglich Leitfäden zur Leistungsverbesserung darstellten, also Bedingungen, die erfüllt werden konnten, stellten die ISO 9001 - 9003 Forderungen an ein Qualitätsmanagementsystem dar, die auf dem Weg zur Zertifizierung erfüllt werden mussten[36]. Im Jahre 2000 wurden die Qualitätsnormen überarbeitet, um das System zu vereinfachen. Ergebnis war der Wegfall der ISO 9002 und 9003. Sie werden zukünftig in der ISO 9001:2000 mit erfasst, allerdings mit „ eingeschränktem Anwendungsbereich “.[37] Die ISO 8402 fiel ebenfalls weg und wurde stattdessen in die ISO 9000:2000 integriert.

Das Thema dieser Arbeit bezieht sich hauptsächlich auf die ISO 9004 Teil 2, die speziell auf die Anwendungen im Bereich der Dienstleistung eingeht. Sie basiert auf den Grundsätzen der ISO 9001 und gibt Vorschläge und Anregungen zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems. Die Elemente der ISO 9001 sind im Anhang 1 (Inhaltsverzeichnis der ISO 9001:2000) einzeln aufgeführt. Schwerpunkte der ISO 9004 Teil 2 sind die Bereiche „ Kundenzufriedenheit, Struktur eines Qualitätsmanagementsystems für Dienstleister, Kommunikation: Kunden und Mitarbeiter sowie Ablaufelemente eines Systems[38]. Mit dem Einsatz der ISO 9004, Teil 2 soll eine Dienstleistungsqualität geschaffen werden, die zu höherer Kundenzufriedenheit führt und schließlich zu einer verbesserten Marktposition. Grundlage hierfür bilden die drei Dimensionen, die in Kapitel B.1.1.1 (Anforderung aus Sicht der Kunden) beschrieben werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Die Normenstruktur

Quelle: vgl. B. Rothery, 1994, S. 29 und SAQ, 1996, S. 15

[...]


[1] TÜV Informationstechnik GmbH unter http://www.trusted-site.de (03.07.2005)

[2] Wikipedia – Die feie Enzyklopädie unter http://de.wikipedia.org (03.07.2006)

[3] Qualityback unter http://www.qualitypack.de (03.07.2005)

[4] RAL, 2003, S. 7

[5] http://www.slogans.de (09.05.2005)

[6] http://www.slogans.de (09.05.2005)

[7] vgl. Müller, Hansruedi, 2004, S. 40

[8] Wikipedia - Die freie Enzyklopädie unter http://de.wikipedia.org (21.05.2005)

[9] vgl. Freyer/Dreyer, 2004, S. 74

[10] vgl. Prof. Dr. Simmet, Heike, 2004

[11] Meffert H./Bruhn M., 1995, S. 199

[12] vgl. Meyer, Anton, 1998, S. 26

[13] vgl. Bruhn, 1995, S. 30

[14] vgl. Bruhn, 1995, S. 30

[15] vgl. Bruhn, 1995, S. 31

[16] vgl. Zeithaml, Parasuraman, Berry, 1992, S. 40

[17] vgl. Hoeth / Schwarz, 2002

[18] vgl. Thessenvitz Marketing unter http://www.thessenvitz.de (04.06.2005)

[19] vgl. Prof. Dr. Georgy, Ursula unter http://www.fbi.fh-koeln.de (09.06.2005)

[20] vgl. MoveOn unter http://www.moveon2000.de (02.06.2005)

[21] vgl. Prof. Dr. Georgy, Ursula unter http://www.fbi.fh-koeln.de (02.06.2005)

[22] vgl. Johannes Kepler Universität, Institut für betriebliche und regionale Umweltwirtschaft unter http://www.oeko.uni-linz.ac.at (02.06.2005)

[23] vgl. Pompl, Wilhelm, 1996, S. 91

[24] vgl. Prof. Dr. Georgy, Ursula unter http://www.fbi.fh-koeln.de (02.06.2005)

[25] vgl. St. Galler Business School unter http://www.sop-hamburg.de (02.06.2005)

[26] vgl. Pompl, Wilhelm, 1996, S. 91

[27] vgl. Müller, Hansruedi, 2004, S. 31

[28] vgl. Seidel, Wolfgang / Stauss, Bernd, 2003 unter http://www.symposion.de (09.06.2005)

[29] Prof. Dr. Georgy, Ursula unter http://www.fbi.fh-koeln.de (04.06.2005)

[30] vgl. EASi Engineering GmbH 2005 unter http://www.easi.de (09.06.2005)

[31] Wöhler, Karlheinz, 2004, S. 28

[32] vgl. Bruhn/Hadwich, S. 16 f.

[33] vgl. THÜHOGA – Servicequalität Thüringen unter http://www.q-th.de (30.06.2005)

[34] vgl. Bruhn/Hadwich, S. 15 f.

[35] Freyer / Dreyer, 2004, S. 75 f.

[36] vgl. Brakhahn, W. / Vogt, U., 1996, S. 34

[37] Dr. Werner, Wolfgang, 2004, S. 4, Folie 4

[38] Brakhahn, W. / Vogt, U., 1996, S. 134 f.

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Qualitätsorientiertes Tourismusmanagement. Umsetzung und Durchführung interner Qualitätsstandards zur Erreichung eines Gütesiegels
Untertitel
Am Beispiel eines Dienstleistungsunternehmens der Tourismusbranche
Hochschule
Hochschule Bremerhaven  (HS Bremerhaven)
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
121
Katalognummer
V50005
ISBN (eBook)
9783638463232
ISBN (Buch)
9783656531449
Dateigröße
2196 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Mystery-Person Checkliste aus dem Anhang kann unter http://www2.quality-our-passion.ch/file//werden_sie_qbetrieb/ stufe_II/instrumente_stufe_II/d/Mystery_Checkliste_Stufe%20II .pdf downgeloaded werden.
Schlagworte
Qualitätsorientiertes, Tourismusmanagement, Umsetzung, Durchführung, Qualitätsstandards, Erreichung, Gütesiegels, Beispiel, Dienstleistungsunternehmens, Tourismusbranche
Arbeit zitieren
Tanja A. Mehl (Autor:in), 2005, Qualitätsorientiertes Tourismusmanagement. Umsetzung und Durchführung interner Qualitätsstandards zur Erreichung eines Gütesiegels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50005

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