Wortkanonen - Die Bedeutung von Texten im Dritten Reich


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
1. Was bedeutet es, wenn Bücher brennen?
2. Der Anfang vom Ende
3. Inhalt der Arbeit

II. Exkurs: Die nationalsozialistische Machtergreifung in Deutschland
1. Vorher
2. Nachher

III. Die Macht des Wortes
1. Propaganda
a. Ursprünge des Rassismus
b. Weiterentwicklung
c. Reden und Plakate
2. Journalisten und Schriftsteller
a. Widerstand
b. Konformität
c. Exil
d. „Innere Emigration“
3. Schulkanon
a. Bevorzugte Themen
b. Geduldete Lektüren
c. Verbotene Bücher

IV. Die Frage nach dem 'Warum'
Bibliographie

I Einleitung

Sind Bücher wertvoll? Worin liegt ihr Wert begründet?

Sind sie bedeutend? Verfügen sie über soviel Bedeutung, als dass man sie vor Zerstörung schützen sollte? Stellen sie mehr dar als bloße Ansammlungen von Blät­tern, die mit Tinte beschmiert und unter Zurhilfenahme von Bindemaschinen zum Zusammenhalt gezwungen worden sind?

Kann man sie vielleicht als Erweiterungen unserer Selbst ansehen, als Tresore unserer Gedanken, als Kollektionen ganzer Theorien - als schriftliche Kompression unserer Lebensweise?

Mögen manche von ihnen gar die Essenz unseres Seins in sich tragen?

Können Bücher die Welt verändern?

Und was bedeutet ihre Zerstörung?

1 Was bedeutet es, wenn Bücher brennen?

Am 19.10.1817 führten deutsche Burschenschaftler während des Wartburgfestes eine feierliche Bücherverbrennung durch[1]. Der junge Heinrich Heine, selbst Burschen­schaftler und heute als einer der wichtigsten deutschen Dichter, Schriftsteller und Journalisten angesehen, kommentierte das Ereignis, indem er eine düstere Vorahnung äußerte:

„Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."[2]

Seine Prognose sollte sich bestätigen - nicht mehr im Verlauf des Wartburgfestes, sondern zweihundert Jahre später:

Die Bombe der Bücherverbrennung, deren Zündschnur bereits in der Antike anhand von Einzelaktionen[3] entflammt worden war, detonierte im nationalsozialisti­schen Deutschland, als am 10.05.1933 in Berlin die bislang umfangreichste und radikalste Bücherverbrennung der Geschichte stattfand. Ihr fielen 25.000 Bücher zum Opfer, und sie sollte nur der Auftakt einer Serie ausufernder Gewalt und Zerstörung sein.[4]
Die mit rassistischer Ideologie durchtränkten Parolen, die sogenannten „Feu­ersprüche“[5], welche die Verbrennung der Bücher begleiteten, ließen bereits erahnen: Das von Heine prognostizierte „Ende“ war nicht mehr fern. In einem Regime, das lange Zeit unter einem Deckmantel der „grandiosen Selbstverharmlosung“[6] agiert hatte, rückte es unaufhaltsam näher. Erschreckend war, dass der Großteil der deut­schen Bevölkerung die Bücherverbrennung mit Gleichgültigkeit aufnahm.[7]

Dabei war Heinrich Heines Prognose nicht die erste gewesen, die der Ver­nichtung von Büchern eine Bedeutung jenseits der Grenzen ihres Materials zuge­schrieben hatte. John Milton war bereits im Jahre 1644 davon überzeugt gewesen, dass die Bedeutung eines Buches weit über seinen materiellen Wert hinaus ginge und hatte dieses Wissen wie folgt in seiner Areopagitica festgehalten:

„Wer einen Menschen tötet, tötet ein vernünftiges Wesen, Gottes Ebenbild; aber wer ein gutes Buch vernichtet, tötet die Vernunft selbst, tötet das Ebenbild Gottes, sozusagen als Abbild.“[8]

Die Bücherverbrennung war zwar nicht offiziell von den Nationalsozialisten befohlen worden, fand aber Joseph Goebbels Unterstützung.

2 Der Anfang vom Ende

Im Endeffekt war die Bücherverbrennung ein eher harmloses Element des national­sozialistischen Repression- und Terrorapparates.

„Schwarze Listen“, die bestimmte Autoren und Themen ausschlossen, Litera­tur, die im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie uminterpretiert oder neu er­schaffen wurde, und Extrempropaganda als multimediales Netz zur Konditionierung des Volkes waren die textuellen Eckpfeiler, mit denen das Regime die Massen kon­trollierte, fing und festhielt.

Im Verlauf ihrer Diktatur steigerte sich der Hochmütigkeit der Nationalsozialisten noch: Der „'Wanderpokal' Erde“[9] und die „Arisierung“ Europas erschienen als greifbar nah, die Konsolidierung der Macht im Innern war erreicht. Ab und an ließ man die Zügel nun ein wenig schleifen: vor allem bei der Prüfung von Texten.

Zwar wurden sämtliche jüdische Schriftsteller und Werke rigoros aus dem Schulkanon, dem Handel und den Bibliotheken verbannt und indiziert, doch ließ man ansonsten erstaunliche Schlupflöcher im Einheitswall der ideologisch akkuraten Lite­ratur - sie wurden als Wege für kritische, wenn auch meist codierte, Untertöne in Zeitungen und Büchern genutzt.

Die Permeabilität von leiser Kritik soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass of­fenes Opponieren in Hitlerdeutschland jederzeit gewaltsam niedergerissen wurde.

Viele Autoren sahen sich deshalb gezwungen, ihr Werk im Exil weiterzufüh­ren, was aber meistens diverse Probleme mit sich brachte.

Die in der Heimat verbliebenen Schriftsteller hatten indes mit dem Regime klarzukommen, was bedeutete, dass sie mit dem Strom schwimmen oder verstummen mussten – wenn sie sich nicht permanenter Gefahr aussetzen wollten.

Trotz der Schwierigkeiten waren Texte ein fester Bestandteil des nationalsozialisti­schen Regimes: als Redevorlage, Gesetzesentwurf, gleichgeschalteter Zeitungsartikel oder Plakatbeschriftung; als subtil-sublimer Zeitungskommentar oder widerständleri­sches Flugblatt; als regimekonformes, regimehuldigendes oder kritisches, meist als Parabel konzipiertes, Buch.

Texte trugen Anteil an der Konstituierung von Emotionen und Attituten. Sie waren weder der Grund noch der Auslöser für die radikalste Menschenvernichtung der Moderne und ihres gefährlichsten Krieges, bei dem erstmals Atomkraftwaffen eingesetzt wurden, aber sie bilde(te)n ein relevantes Medium für Gedanken und In­tentionen - für den Anfang vom „Ende“.

[...]


[1] vgl. http://de.wikipedia.org, Bücherverbrennung

[2] http://www.literaturschock.de/Bodies/specials/buecherverbrennung/

[3] vgl. http://www.exil-club.de/dyn/50320.asp?Aid=19&Avalidate=596660792&cache=6229

[4] vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/buecher/index.html

[5] http://www.exil-club.de/dyn/50314.asp?Aid=19&Avalidate=596660792&gid=0&cache=5257

[6] Chronik des Zweiten Weltkrieges, Jost Dülffer, 8

[7] vgl. http://www.exil-club.de/dyn/50366.asp?Aid=19&Avalidate=596660792&cache=5971

[8] http://www.literaturschock.de/Bodies/specials/buecherverbrennung/

[9] Chronik des Zweiten Weltkrieges, 8

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Wortkanonen - Die Bedeutung von Texten im Dritten Reich
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Literarische Kanonbildung
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V49961
ISBN (eBook)
9783638462877
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit konzentriert sich auf das Thema "Texte im Dritten Reich". Hierbei wird die Stellung der Schriftsteller und Journalisten durchleuchtet und kategorisiert (Widerstand, Konforme, Exil, "Innere Emigration"). Es folgt ein Blick auf den Schulkanon im Dritten Reich mit seinen bevorzugten, geduldeten und verbotenen Lektüren. Die Arbeit schließt mit einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema.
Schlagworte
Wortkanonen, Bedeutung, Texten, Dritten, Reich, Literarische, Kanonbildung
Arbeit zitieren
Nadine Schneider (Autor:in), 2004, Wortkanonen - Die Bedeutung von Texten im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49961

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