Identifizierung und Bewertung technologischer Trends im Handel


Masterarbeit, 2015

134 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstrakt

1 Einleitung

Teil 1 – Technologie im Handel

2 Die Rolle des Technologiemanagements
2.1 Grundlagen
2.1.1 Technologie und Technik
2.1.2 Klassifizierung von Technologien
2.1.3 Das Konzept der Technologielebenszyklen
2.1.4 Management von Technologien
2.1.5 Abgrenzung zu Innovations- und F&E-Management
2.2 Technologiefrüherkennung
2.2.1 Charakteristika
2.2.2 Technologiefrüherkennungsprozess
2.2.3 Betrachtungsobjekte und -bereiche
2.2.4 Informationsbegriff und Quellen
2.2.5 Basisaktivitäten
2.2.6 Methoden der Technologiefrüherkennung
2.3 Technologiemonitoring
2.3.1 Charakteristika
2.3.2 Technologiemonitoring-Prozess und Prozessphasen
2.3.3 Organisatorische Verankerung im Unternehmen
2.3.4 Integration in die Organisationsstruktur des Unternehmens
2.3.5 Methoden des Technologiemonitorings
2.3.6 Technologieradar
2.4 Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) (Exkurs)
2.4.1 Charakteristika
2.4.2 Internettechnologien
2.4.3 Mobile Technologien
2.4.4 Zukunftstechnologien

3 Die Struktur des Handels
3.1 Charakteristika
3.1.1 Einordnung des Handels in die Gesamtwirtschaft
3.1.2 Bereiche des Handels
3.1.3 Handelsbetriebe und ihr wirtschaftliches Umfeld
3.2 Technologischer Wandel im Einzelhandel
3.2.1 Charakteristika
3.2.2 Veränderung der Einzelhandelsstrukturen
3.2.3 Entwicklungstendenzen (Trends)
3.3 Unternehmensführung im Handel
3.3.1 Strategisches und operatives Handelsmanagement
3.3.2 Der Prozess des strategischen Handelsmanagements
3.3.3 Herausforderungen und Konsequenzen

4 Zusammenfassung Teil 1 - Überleitung Teil

Teil 2 – Technologieorientierte Früherkennung im Handel

5 Technologische Trends im Handel identifizieren und bewerten
5.1 Das „Retail-Technology-Radar”
5.1.1 Technologiebedarfsprofil
5.1.2 Trendrecherche und Expertenidentifikation
5.1.3 Trendauswertung und Trendanalyse
5.2 Experteninterviews
5.2.1 Identifikation der Experten
5.2.2 Inhalt der Interviews
5.2.3 Erkenntnisse der Experteninterviews
5.3 Innovationsbarrieren

6 Handlungsempfehlung für die Unternehmensführung im Handel
6.1 Der „Retail Technology Approach”- Ansatz
6.1.1 Aufbau des RTA-Ansatzes
6.2.1 Gelebte Unternehmenskultur

7 Fazit und Ausblick

I Literaturverzeichnis

II Anhang

Abstrakt/Abstract

Unbestritten ist, dass der Handel sich dauerhaft in einem Wandlungsprozess befindet, der durch den technologischen Fortschritt eine zusätzlich starke Dynamik bekommt. Dieser Einfluss führt zu einer nachhaltigen strukturellen Veränderung der Handelslandschaft sowie zu einer tiefgreifenden Veränderung im Konsumverhalten der Menschen, was wiederum Auswirkungen auf den Handel zur Folge hat. Immer kürzere Entwicklungszyklen von Technologien und Produkten verschärfen nicht nur den Wettbewerb, sondern führen zukünftig zu einer noch nie da gewesenen Vielfalt an neuen Technologien und technischen Lösungsmöglichkeiten. Wollen Handelsbetriebe in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben, sollten sie sich mit dem technologischen Einfluss tiefgründiger auseinandersetzen und für sich grundlegende Fragen beantworten. Für die Zukunft gilt es, verstärkt technologische Kompetenzen für die unternehmerische Existenz aufzubauen, technologische Chancen zu nutzen und Risiken des Scheiterns zu reduzieren. Neben neuen Technologien müssen frühzeitig relevante technologische Trends erkannt, beobachtet und bewertet werden. Einerseits, um rechtzeitig geeignete Aussagen über ihren zukünftigen Einfluss auf das Unternehmen sowie andererseits, deren potenziellen Einsatz im Unternehmen treffen zu können. Mit Hilfe dieser Aussagen können geeignete Handlungsempfehlungen für das strategische Handelsmanagement abgeleitet werden. Bei der Fülle an neu aufkommenden Technologien gilt es, die Technologien zu finden, die den größten Erfolg für den Handelsbetrieb versprechen.

Undisputable is that retail is in a changing process permanently, which becomes in addition a strong dynamic by the technological progress. This progress leads to a sustainable structural change of the trade scenery, as well as for a radical change of the consumer behavior of humans, which has an effect on trade in return. Shorter and shorter developing cycles of technologies and products aggravate not only the competition, but in future it lead to a never been there variety of new technologies and technical solution possibilities. If commercial enterprises want to remain competitive in future, they should argue with technological influence more profound and answer basic questions for themselves. For the future it’s a matter increasingly of bulding up technological competences for the enterprises existence, utilizing technological chances and reducing risks of failure. Besides new technologies relevant technological trends must be recognized early, be observed and be valued. On the one hand to be able to hit on time suitable statements about their influence on the enterprise in future as well as, on the hand, to figure out their potential application in the enterprise. With the help of these statements suitable action recommendations can be derived for the strategical commercial management. With the fullness in newly upcoming technologies it is a matter of finding the technologies which promise the biggest success for the commercial enterprise.

1 Einleitung

„Der Handel im Wandel“ oder „Der Wandel im Handel“ ist eine gern und vielzitierte Aussage von Managern und Experten des Handels. Dass der Handel sich dauerhaft in einem struktu- rellen Veränderungsprozess befindet, ist unumstritten. Die Frage stellt sich, wie weitreichend und tiefgreifend werden die unterschiedlichen Veränderungen den Handel in seiner funktio- nalen Ausübung in Zukunft treffen?

In der jüngsten Vergangenheit zeichnen sich vier wesentliche Hauptentwicklungstendenzen (Trends) ab, die den Handel in den kommenden Jahren weiter intensiv beschäftigen und damit weiter verändern werden. Diese stehen in einer engen Wechselbeziehung zueinander und beeinflussen sich in einem starken Maße gegenseitig. Neben politischen, volkswirt- schaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, den Auswirkungen des demographischen Wandels, volatilen und in Zukunft mit Tendenz steigenden Rohstoffpreisen ist ein vorantrei- bender Entwicklungstrend der technologische Wandel. Durch den technologischen Fort- schritt bekommt der Wandel im Handel eine zusätzlich starke Eigendynamik.

Die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und der Einsatz ihrer materiellen Ausgestaltung in Form technischer Lösungen führt nicht nur zu einer grund- legenden strukturellen Veränderung der Handelslandschaft und somit zu neuen Herausfor- derungen für Handelsbetriebe, sondern auch zu weitreichenden und tiefgreifenden Verände- rungen im Informations- und Kommunikationsverhalten der Verbraucher. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das Konsumverhalten der Verbraucher, was zu inhärenten Rückkopp- lungseffekten mit dem Handel führt.

In seinem Erscheinen hat der technologische Wandel viele Gesichter, die den Handel in sei- ner heutigen Gestalt weiter verändern werden. Allen voran ist das an einer Veränderung der Handelsstrukturen festzustellen. Besonders stark zeigt sich die Veränderung im Einzelhan- delsbereich durch eine Abwanderung von Kunden vom stationären Geschäft hin zum Online- Geschäft sowie durch neue Betriebstypen und Geschäftsmodelle. Des Weiteren zeigt sich der technologische Wandel durch eine zunehmende Digitalisierung von Handelsbereichen und -prozessen. Dahinter verbirgt sich die Einbindung digitaler Elemente in das stationäre Einkaufserlebnis, um dieses aufzuwerten. Dadurch entsteht ein „Connected Retail“, welcher als Reaktion auf die zunehmende Abwanderung der Kunden verstanden werden kann. Aktu- elle Trends zeigen, wohin der Einzelhandel sich in Zukunft bewegen wird. Dabei spielt das Thema „Retail Technology“ eine bedeutende Rolle.

Der zunehmende Einsatz von Technologie und ihrer materiellen Ausgestaltung in Form von Technik, führt auf der einen Seite zu neuen Einsatz- bzw. Anwendungsmöglichkeiten, auf der anderen Seite allerdings zu enormen Herausforderungen und zu ernsthaften Konsequenzen für alle am Handel Beteiligten. Immer kürzere Entwicklungszyklen von Technologien und Produkten verschärfen zunehmend den Wettbewerb und führen zudem zu einer unüber- schaubaren Vielfalt an neuen Technologien und technischen Lösungsmöglichkeiten.

Handelsbetriebe sollten sich in Zukunft mit diesen Veränderungen tiefgründiger auseinan- dersetzen und für sich grundlegende Fragen beantworten, wollen sie auch zukünftig wettbe- werbsfähig bleiben. Für die Zukunft gilt es, verstärkt technologische Chancen, die sich aus dem Handelsumfeld ergeben zu nutzen, um technologische Kompetenzen für die zukünftige unternehmerische Existenz aufzubauen und somit die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Des Weiteren gilt es, Risiken des Scheiterns in Form von Bedrohungen oder Hemmnissen zu identifizieren und ihnen durch geeignete Maßnahme entgegenzuwirken.

Neben neuen Technologien heißt das, frühzeitig relevante technologische Trends zu erken- nen, diese über einen unbestimmten Zeitraum zu beobachten und in regelmäßigen Abstän- den zu bewerten. Einerseits gilt es, rechtzeitig geeignete Aussagen über ihren zukünftigen Einfluss auf das Unternehmen und andererseits, geeignete Aussagen über ihren potenziellen Einsatz im Unternehmen treffen zu können. Durch diese Aussagen können geeignete Hand- lungsoptionen ermittelt werden, die für das strategische Handelsmanagement bei der Strate- gieplanung eine geeignete Entscheidungsgrundlage liefern.

Bei der Vielfalt an zukünftigen Technologien gilt es, nicht nur neu aufkommende Technolo- gien und technologische Trends zu identifizieren, zu beobachten und zu bewerten, sondern auch die zukünftigen Technologien zu ermitteln, die den höchsten Erfolg bzw. die meisten Potenziale für den Handelsbetrieb versprechen. Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit tiefgründiger mit der Thematik „Identifizierung und Be- wertung technologischer Trends im Handel“.

Die wissenschaftliche Arbeit ist aufgrund der oben zuvor herausgestellten Thematik in die zwei wesentlichen Bereiche Theorie und Praxis unterteilt. Im theorieorientierten Teil werden zum einen „Die Rolle des Technologiemanagements“ und zum anderen „Die Struktur des Handels“ näher beschrieben. In einem ersten Schritt werden im Kapitel „Die Rolle des Tech- nologiemanagements“ zunächst wichtige Grundlagen geschaffen. Neben einer Begriffsklä- rung umfasst das die Klassifikation von Technologietypen, das Vorstellen des Technologie- lebenszykluskonzepts sowie einiger Zyklusmodelle, das Management von Technologien und eine Abgrenzung der Disziplin Technologiemanagement von benachbarten Disziplinen. In einem weiteren Schritt wird auf die Technologiefrüherkennung Bezug genommen und dabei speziell auf die Charakteristika, den Früherkennungsprozess, die Betrachtungsbereiche und –objekte, den Informationsbedarf und die Informationsquellen sowie auf die Basisaktivitäten und elementaren Methoden der Früherkennung eingegangen. Anschließend wird in einem weiteren Schritt Bezug auf das Technologiemonitoring genommen und dabei speziell auf die Charakteristika, den Monitoringprozess, die Verankerungs- und Integrationsmöglichkeiten des Technologiemonitorings in der Unternehmung, Methoden sowie auf die Weiterentwick- lung „Technologiemonitoring 2.0“ eingegangen. Abschließend wird in diesem Zusammen- hang in einem weiteren Schritt ein kurzer Exkurs in die Welt der Informations- und Kommuni- kationstechnologien gegeben und dabei einige Technologien aus den Bereichen Internet und Mobilfunk aufgezeigt sowie auf Zukunftstechnologien eingegangen.

Im Kapitel „Die Struktur des Handels“ wird zunächst eine Grundlage geschaffen, indem auf die Charakteristik des Handels (Funktion) eingegangen und eine Einordnung in die Gesamt- wirtschaft Deutschlands vorgenommen wird. Des Weiteren werden unterschiedliche Berei- che des Handels aufgezeigt und das wirtschaftliche Umfeld von Handelsbetrieben wird näher beleuchtet. In einem weiteren Schritt wird der technologische Wandel im Einzelhandel the- matisiert. Hierzu wird der Einzelhandel als ein Teilbereich des Handels gesondert herausge- stellt und dabei auf die Charakteristika Bezug genommen sowie auf die Veränderungen der Einzelhandelsstrukturen und auf wesentliche Entwicklungstendenzen (Trends) eingegangen. Abschließend wird in einem letzten Schritt auf die Unternehmensführung eingegangen und dabei speziell das strategische Handelsmanagement betrachtet, der Management-Prozess vorgestellt sowie aktuelle und allgemein gültige Herausforderungen und Konsequenzen auf- gezeigt.

Neben einer kurzen Zusammenfassung der beiden Themenbereiche aus dem theoretischen Teil erfolgt eine kurze Überleitung zum Praxisteil der wissenschaftlichen Arbeit. Im praxisori- entierten Teil werden die beiden Themen aus dem Theorieteil in einen wissenschaftlichen Zusammenhang gestellt, um eine grundlegende Ausgangsbasis für die wissenschaftliche Untersuchung zu liefern. Dabei liefert das Kapitel „Die Rolle des Technologiemanagements die theoretischen Grundlagen für einen Ansatz einer technologieorientierten Früherkennung im Handel und das Kapitel „Die Struktur des Handels“ den wissenschaftlichen Hintergrund über den technologischen Wandel im Handel (Problemstellung).

Der Praxisteil setzt sich aus den beiden Kapiteln „Technologische Trends im Handel identifi- zieren und bewerten“ und „Handlungsempfehlung für die Unternehmensführung im Handel“ zusammen. In einem ersten Schritt wird im Kapitel „Technologische Trends identifizieren und bewerten“ auf das aus der Theorie abgeleitete „Retail-Technology-Radar“ Bezug genommen und dabei auf die Vorgehensweise dieser Methode genauer eingegangen. Dies beinhaltet neben der Ermittlung des Technologiebedarfsprofils die Trendrecherche und Expertenidenti- fikation sowie die Trendanalyse und Trendauswertung. In diesem Zusammenhang werden die für das Radar erstellten Technologiesteckbriefe aufgezeigt. Die Experteninterviews wer- den gesondert betrachtet und dabei auf die Identifikation von Experten, den Inhalt der Inter- views sowie auf die Ergebnisse der Experteninterviews eingegangen. In einem weiteren Schritt wird Bezug auf relevante Umsetzungsproblematiken (Innovationsbarrieren), die bei Technologieentwicklungsprojekten bestehen können, genommen und für eine Diskussion aufbereitet. In diesem Zuge wird das dafür erstellte „Erwartete-Barrieren“-Portfolio aufge- zeigt.

Im Kapitel „Handlungsempfehlung für die Unternehmensführung im Handel“ wird in einem ersten Schritt, der aus den Ergebnissen der Untersuchung abgeleitete „Retail-Technology- Approach“-Ansatz vorgestellt und sein basaler Aufbau beschrieben. Neben diesem Ansatz wird in einem zweiten und letzten Schritt auf die „Gelebte Unternehmenskultur“ als wichtigen Erfolgsfaktor für die Zukunft eingegangen. Abschließend werden zur Abrundung der hier aufgezeigten Thematik ein Fazit sowie ein kurzer Blick in die Zukunft gegeben.

Abbildungen, Tabellen, Beispiele auf die der Autor sich bezieht, die er verwendet oder als weitere Hilfsmittel ergänzend einsetzt, können im Anhang im entsprechenden Verzeichnis auf der Seite 85 eingesehen werden. Gleiches gilt für die Interviewprotokolle der Expertenin- terviews.

Die wissenschaftliche Arbeit zielt primär darauf ab einen systematischen Ansatz für eine technologieorientierte Früherkennung im Handel zu entwickeln. Hierzu liefert der Theorieteil die Grundlagen und den Hintergrund, welche die Ausgangsbasis für die Untersuchung dar- stellen. Vor dem Hintergrund, dass Technologie im Handel zukünftig immer bedeutender und dadurch zunehmend weiter starken Einfluss auf alle Beteiligten am Handel ausüben wird, ist es wichtig, zukünftige technologische Chancen und Risiken zu identifizieren, um daraus Po- tenziale für die Zukunft ableiten zu können. Hierfür wird mit Hilfe der Vorgehensweisen und Methoden der Technologiefrüherkennung der „Retail-Technology-Approach“-Ansatz konzi- piert. Es werden für die Untersuchung dafür drei wesentliche Methoden ausgewählt, die die- sen ersten Ansatz verkörpern sollen. Das Technologieradar wird als „Retail-Technology- Radar“ abgewandelt verwendet, um relevante technologische Entwicklungen im Handelsum- feld zu identifizieren, dazu Informationen zu sammeln und die Entwicklungen weiter zu be- obachten sowie mit Hilfe von Experten diese zu bewerten und anschließend die Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage aufzubereiten. Unterstützend wird der Technologiesteckbrief verwendet, um im „Retail-Technology-Radar“ eingetragene Technologien mit technologiere- levanten Informationen zu hinterlegen. Hierdurch kann schnell auf explizites Wissen zuge- griffen werden. Ebenfalls Anwendung finden wird das Technologieportfolio, um erwartete Barrieren ermitteln zu können. Die herausgestellten Innnovationsbarrieren, bzw. Umset- zungsproblematiken, bilden zusätzlich die Grundlage für eine weiterführende Diskussion. Neben dem Aufzeigen der Vorgehensweise und der für die Untersuchung des wissenschaft- lichen Themas verwendeten Methoden sind Ziele die Wissensvermittlung und speziell ein Verständnis für die angesprochene Problematik „Retail-Technology-Approach“.

Elementare Fragen wie, wie kann eine technologieorientierte Früherkennung im Unterneh- men durchgeführt werden, welche Vorgehensweisen und Methoden stehen dafür zur Verfü- gung, was bedeutet der „Retail-Technology-Approach-Ansatz“ oder was kann unter dem „Retail-Technology-Radar“ verstanden werden, sollen im Zuge der Arbeit eine Antwort fin- den.

Teil 1 – Technologie im Handel

„Technologien von heute sind morgen von gestern“ (Wellensiek, 2015, S.1)

2 Die Rolle des Technologiemanagements

Zur Einleitung in die eigentliche Thematik der Technologiefrüherkennung werden in einem ersten Schritt wichtige Grundlagen geschaffen. In zwei weiteren Schritten werden für den Ansatz einer technologieorientierten Früherkennung im Handel hierfür die Themen Techno- logiefrüherkennung und Technologiemonitoring behandelt. Des Weiteren werden im darauf folgenden Schritt das Technologieradar und der Technologiesteckbrief als Methoden für den Ansatz der technologieorientierten Früherkennung vorgestellt. In einem letzten Schritt erfolgt ein kurzer Exkurs in die Informations- und Kommunikationstechnologien, um den Bezug zum Kapitel „Die Struktur des Handels“ herzustellen.

2.1 Grundlagen

In diesem Punkt werden einleitend in die Thematik kurz die Begriffe Technologie und Tech- nik erklärt sowie das traditionelle und integrative Begriffsverständnis vorgestellt. Anschlie- ßend werden Technologien anhand wesentlicher Kriterien klassifiziert und das Konzept des Technologiezyklusses und einige Lebenszyklusmodelle bedeutender Autoren vorgestellt. Des Weiteren wird das Management von Technologien, bzw. die Aufgaben und Ziele des Technologiemanagements beschrieben sowie die Disziplin Technologiemanagement von benachbarten Disziplinen, wie dem Forschungs- und Entwicklungsmanagement (F&E) und dem Innovationsmanagement abgegrenzt.

2.1.1 Technologie und Technik

Technologie bezieht sich auf die beiden griechischen Wörter „téchne“ und „logos“ und be- deutet im übertragenen Sinne „Die Lehre der Technik“. (Vgl.: Amberg et al., 2014, S. 33) Technologie und Technik werden oftmals synonym verwendet. Auf das griechische Wort „technicos“ bezogen, bedeuten beide Begriffe „handwerkliches“ oder „kunstfertiges Verfah- ren“ (Vgl.: Schuh et al., 2011, S. 33) und dennoch beschreiben sie unterschiedliche Inhalte.

Als Basis für das traditionelle Begriffsverständnis dient der Systemansatz, welcher dabei in Wissensbasis (Input), in Problemlösungsweg (Prozess) sowie in Problemlösung (Output) unterscheidet. Übertragen auf Technologie und Technik bezeichnen beide Begriffe die Prob- lemlösung als auch den Lösungsweg. Die Wissensbasis jedoch wird meist ausschließlich als Technologie bezeichnet. Nach Bullinger bezieht sich Technologie auf das Wissen um natur- wissenschaftlich-technische Wirkungszusammenhänge zur technischen Problemlösung und stellt somit die Ausgangsbasis (Input) zur Entwicklung von Verfahren und Produkten dar. Aktivitäten zur Entwicklung technischer Lösungen stellen den Prozess dar. Die gewonnenen Erkenntnisse, in Ergebnisse umgesetzt, werden als Technik (Output) verstanden. Technik stellt somit die speziellen Anwendungen einer oder mehrerer Technologien zu einer be- stimmten Problemlösung dar. (Vgl: Bullinger in Schuh et al., 2011, S. 33 f.)(Vgl.: Schaudel, 2011, S.51)

Nach dem integrativen Begriffsverständnis nach Binder und Kantowski bricht die zuvor auf- gezeigte strikte Trennung wieder auf. Technologie beinhaltet demnach Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten zur Lösung technischer Probleme. Zudem beinhaltet Technologie Anlagen und Verfahren zur praktischen Umsetzung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Technik wird hier als Untersystem der Technologie verstanden, bleibt allerdings in das traditionelle Begriffsverständnis integriert, welches Technik als Materialisierung der Technologie versteht. Technologie wird nach dem integrativen Ansatz somit zum übergeordneten Begriff (Vgl: Bin- der und Kantowsky in Schuh et al., 2011, S. 34)(Vgl.: Schaudel, 2011, S.51)

Auf der Seite 89 kann zu der eben behandelten Thematik die Abb.1 für ein besseres Ver- ständnis eingesehen werden. Technologie wird nach dem integrativen Verständnis als weit- gefasster Leitbegriff definiert, der jedoch wenig aussagt über die Vielfalt mit der Technolo- gien in Erscheinung treten. Nachfolgend werden daher mögliche Typen von Technologien vorgestellt.

2.1.2 Klassifizierung von Technologien

Nach Gerpott, Amberg et al. und Schuh et al. können für die Klassifizierung von Technolo- gien nachfolgend aufgezeigte Kriterien unterschieden werden. Diese stehen in einem engen Zusammenhang, so dass Mehrfachzuweisungen möglich sind. (Vgl.: Schuh et al, 2011, S.35)(Vgl.: Gerpott in Amberg 2014, S.37)(Vgl.: Amberg et al., 2014, S.37) Demnach können Einsatzgebiet oder Funktion, auftretende Interdependenzen zwischen Technologien, unter- nehmens- und branchenspezifische Anwendungsbreite, Grad des Produktbezugs, rechtliche Schützbarkeit sowie Grad der Technologiereife unterschieden werden.

Die Tab. 1 auf der Seite 102 gibt Aufschluss über die jeweiligen Technologietypen. Nachfol- gend wird auf das Kriterium Grad der Technologiereife näher eingegangen, indem entspre- chende Typen grob vorgestellt werden, da hier später der Bezug zum Konzept des Techno- logielebenszyklusses genommen wird. Es kann, wie nachfolgend aufgezeigt, in Schritt- macher-, Schlüssel-, Basistechnologie und verdrängte Technologie unterschieden werden.

Schrittmachertechnologien sind Technologien, die noch teilweise unbekannt sind und am Anfang des Lebenszyklusses stehen. Solche Technologien weisen am Anfang ihrer Entwick- lung ein noch sehr geringes Leistungspotenzial gegenüber bereits etablierten Technologien auf. Sie besitzen jedoch das Potenzial, die zukünftige Wettbewerbslage in bestimmten Be- reichen stark zu beeinflussen. In ferner Zukunft lösen sie die Schlüsseltechnologien ab, da- her werden sie häufig als Zukunftstechnologien bezeichnet.

Schlüsseltechnologien sind Technologien, welche das Entwicklungsstadium bereits abge- schlossen haben. Aufgrund eines gewissen Bekanntheitsgrades sind diese Technologien dabei sich am Markt zu etablieren. Sie lösen die Basistechnologien in naher Zukunft ab. Schlüsseltechnologien weisen hohe wettbewerbliche Differenzierungsmöglichkeiten gegen- über Wettbewerbern auf, sodass diese für Unternehmen eine enorm wichtige Rolle spielen. Durch derartige Technologien ist es möglich, neue technische Bereiche oder sogar Märkte zu erschließen.

Basistechnologien sind alle vorhandenen Technologien, die zur Herstellung von Produkten oder zur Bereitstellung von Leistungen erforderlich sind. Sie sind bereits etabliert und gehö- ren zum technischen Standard. Ihr Entwicklungspotential ist weitgehend ausgeschöpft. Sol- che Technologien lassen keine große strategisch relevante Differenzierung gegenüber Kon- kurrenten mehr zu, jedoch versprechen sie das größte Leistungspotenzial. Zudem werden solche Technologien von anderen Wettbewerbern ebenfalls beherrscht.

Verdrängte Technologien sind alte, ausgediente Technologien, die am Ende des Lebens- zyklusses stehen. Solche Technologien sind in der Altersphase und weisen ein ausgeschöpf- tes Leistungspotenzial auf. Da Schrittmachertechnologien ein höheres Entwicklungspotenzial aufweisen als alte Technologien, verdrängen diese sukzessive die alten, ausgedienten Technologien vom Markt.

Die Abb. 2 auf der Seite 89 zeigt eine Einordnung der Typen, die nach den Kriterien Diffe- renzierungspotenzial und Ausmaß der Durchdringung in eine Impact Matrix eingeordnet sind. Aus dieser geht der Begriff „Embrionische Technologien“ hervor, der zu einem späteren Zeitpunkt erklärt wird. Wie es sich hier andeutet, ändert sich im Laufe der Zeit die wettbe- werbsstrategische Relevanz von Technologien für ein Unternehmen oder eine Branche. Die Vielfalt an Typen sowie der Entwicklungsstand einer Technologie beeinflussen die strategi- schen Handlungsoptionen dabei in entschiedenem Maße. (Vgl.: Schuh et al., 2011, S.47) Nachfolgend wird daher das Konzept des Technologielebenszyklusses grob vorgestellt. We- sentliche Zyklusmodelle bedeutender Autoren werden mit ihren unterschiedlichen Ansätzen kurz betrachtet.

2.1.3 Das Konzept des Technologielebenszyklusses

Das Konzept basiert auf der Grundannahme, dass im Verlauf der Entwicklung einer Tech- nologie gewisse Regelmäßigkeiten auftreten, die dem Muster und den Phasen natürlicher Prozesse ähnlich sind. So wie in der Natur sind auch bei Technologien mehrere zeitabhän- gige Entwicklungsstadien festzustellen. Wie bereits an den Technologietypen kurz aufgezeigt sind allgemein gültige Lebenszyklusphasen Entstehung, Wachstum, Reife und Alter einer Technologie. Beim Entwurf eines Technologielebenszyklus-Modells geht es im Wesentlichen darum, einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen der Zeit (unabhängige Variable) und den charakterisierenden Eigenschaften (abhängige Variable) der Technologieentwicklung zu finden und darzustellen. In der Literatur lassen sich im Vergleich zum gerade aufgezeigten Vier-Phasen-Ansatz diverse weitere und komplexere Ansätze solcher Modelle wiederfinden. (Vgl.: Schuh et al., 2011, S.37ff) (Vgl.: Schaudel, 2011, S.100) (Amberg et al., 2014, S.34) (Vgl.: Tiefel, 2007, S.26ff und 40ff.) Für eine bessere Differenzierung unterteilt Tiefel die Technologielebenszyklus-Modelle in leistungsbezogene und nachfragebezogene Modelle.

Leistungsbezogene Modelle Solche Zyklusmodelle basieren auf dem Ansatz, den Verlauf der Entwicklung einer Technologie über die Veränderung ihrer Leistungsfähigkeit zu modellieren. Bedeutende Ansätze von leistungsbezogenen Zyklusmodellen sind das Modell von A.D.Little und das S-Kurven-Modell von McKinsey. Das Modell von A.D.Little verhilft zur Sen- sibilisierung für die unterschiedlichen strategischen Potenziale einer Technologie in Abhän- gigkeit zu ihrem Alter und gibt zudem ein Indikatorenset zur Bestimmung der Position im Le- benszyklus einer Technologie vor. Der S-Kurven-Ansatz von McKinsey sensibilisiert im Hin- blick auf die begrenzte Leistungsfähigkeit einer Technologie sowie auf die Gefahr von Tech- nologiesprüngen. Zur weiteren Vertiefung kann auf der Seite 115 eine beispielhafte Be- schreibung der Modelle von A.D.Little (Bsp. 1) und von McKinsey (Bsp. 2) auf der Seite 117 eingesehen werden.

Nachfragebezogene Modelle Diese Zyklusmodelle basieren auf dem Ansatz, den Verlauf einer Technologieentwicklung über die Nachfrageseite zu modellieren. Bedeutende Ansätze von nachfragebezogenen Zyklusmodellen sind das Modell von Ford und Ryan, das Modell von Ansoff und das Hype-Cycle-Modell von Gartner & Co. sowie mathematische Technolo- giediffusionsmodelle. Mathematische Technologiediffusionsmodelle dienen zur Beschreibung bisheriger Technologieverläufe. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff Diffusion bzw. Adoption eine wesentliche Rolle. Die Diffusion beschreibt die Durchdringung einer Technolo- gie oder eines Produktes am Markt und die Adoption beschreibt die Annahme bzw. Akzep- tanz der Technologie oder des Produktes am Markt durch den Verbraucher bzw. Nutzer. Das Modell von Ford und Ryan dient zur Sensibilisierung im Hinblick auf den fundamentalen Entwicklungsverlauf einer Technologie. Zur Sensibilisierung auf unterschiedliche Typen der Technologieentwicklung sowie auf die Interdependenzen von Markt-, Produkt-, Technologie- lebenszyklen, kann das Modell von Ansoff herangezogen werden. Das Hype-Cycle-Modell von Gartner & Co. hingegen dient zur Orientierung bei einer sich verändernden medialen Reflektion (Erwartungshaltung) einer Technologie. Eine beispielhafte Beschreibung (Bsp. 3) des Hype-Cycle-Modells kann zur weiteren Vertiefung auf der Seite 118 eingesehen werden.

Nach einer kritischen Analyse der Technologielebenszyklusmodelle von Tiefel lässt sich zu- sammenfassend festhalten, dass eine Ableitung von Prognosen auf zukünftige Entwicklun- gen von Technologien nur schwer möglich ist, und dass diese Modelle mehr der Momentauf- nahme dienen. Sie eignen sich primär jedoch hervorragend als Orientierung- und Sensibili- sierungsinstrumente für das strategische Technologiemanagement und somit auch für das strategische Handelsmanagement. Auf der Seite 102 kann hierzu die Tab. 2 eingesehen werden, welche die primäre Eignung der jeweiligen Modelle auflistet.

Die Klassifizierung von Technologietypen und das Aufzeigen unterschiedlicher Zyklusmo- delle zeigen, wie umfangreich die Aufgaben im Management von Technologie sein können. Nachfolgend wird hierzu grob der Begriff Management definiert und auf Technologie bezo- gen.

2.1.4 Management von Technologien

Unter dem Begriff Management kann allgemein eine Institution oder eine Funktion verstan- den werden. Als Institution beinhaltet das Management alle Leitungseinheiten in einem Un- ternehmen, die Entscheidungs- und Anordnungskompetenzen bzw. Weisungsbefugnis ge- genüber hierarchisch untergeordneten organisatorischen Einheiten besitzen. Als Funktion umfasst Management alle zur Steuerung des Unternehmens notwendigen Aufgaben wie Führung, Organisation, Planung, Verwaltung und Kontrolle. (Vgl.: Amberg et al., 2014, S.33f)

Auf das Technologiemanagement bezogen sind nach Amberg et al. hiermit die Gesamtheit aller Aktivitäten gemeint, die zur Erhaltung des Unternehmens sowie zur Stärkung der Posi- tion am Markt durch den Einsatz von Technologie notwendig sind. Tätigkeiten wie das Er- kennen, Auswählen und Bewerten von unternehmensrelevanten Technologien spielen dabei eine fundamentale Rolle. Vor diesem Hintergrund kann das Technologiemanagement als Schnittstelle zwischen den im Unternehmen verwendeten Technologien und den Aufgaben des Managements der Unternehmensführung betrachtet werden.

Der Prozesscharakter des Technologiemanagements kann durch die nachfolgend aufgezeig- ten sechs miteinander vernetzten Grundaktivitäten, bzw. Kernprozesse, beschrieben werden. (Vgl.: Schuh et al. S.15) Aktivitäten können die Technologiefrüherkennung, die Technologie- planung, die Technologieentwicklung, die Technologieverwertung, der Technologieschutz sowie die Technologiebewertung sein, wobei die Bewertung phasenübergreifend fungiert, da in allen Phasen gewisse Bewertungsaufgaben bestehen.

Die Abb. 3 auf der Seite 90 gibt hierzu einen fundamentalen Überblick über die elementaren Kernprozesse und Leitfragen des Technologiemanagements. Nach einer branchenübergrei- fenden Studie des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnologie (IPT) in Zusammenarbeit mit einem Industriekonsortium von sieben Dax-notierten Unternehmen sind als Ergebnis der Studie zehn Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Technologiemanagement herauskristalli- siert worden, die ebenfalls als Aufgaben des Technologiemanagements beschrieben werden können. (Vgl.: Brecher, Klocke, Schmitt und Schuh, 2008, S.2ff) Diese können der Tab. 3 auf der Seite 103 entnommen werden. Die allgemeine Zielsetzung des Technologiemana- gements ist die Sicherstellung der unternehmerischen Existenz durch das Aufspüren, Ver- fügbarmachen und den Einsatz neuer Entwicklungen sowie die Weiterentwicklung von be- reits im Unternehmen bestehenden Technologien. (Vgl.: Schenk, 2015) (Vgl.: Mieke, 2015) Für das Aufspüren neuer technologischer Entwicklungen (Trends) als auch neu auf den Markt kommender Technologien spielt die Technologiefrüherkennung eine wesentliche Rol- le, die nach einer Abgrenzung der Disziplin zu anderen näher betrachtet wird.

Das Technologiemanagement ist umgeben von weiteren Disziplinen, die in einem engen Zusammenhang mit diesem stehen, welche ebenfalls eine Vielzahl an Ansatzpunkten und zum Teil überschneidender Themengebiete abdecken. Hiermit sind vor allem das For- schungs- und Entwicklungsmanagement (F&E) und das Innovationsmanagement gemeint. Daher wird nachfolgend eine kurze Abgrenzung zu den benachbarten Disziplinen vorge- nommen.

2.1.5 Abgrenzung zu Innovations- und F&E-Management

Neben naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fachgebieten umfasst das Technologiemanagement auch bspw. Inhalte der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, der Soziologie und Rechtswissenschaften. Wie bereits zuvor aufgezeigt übernimmt das Tech- nologiemanagement primär eine wesentliche Schlüsselrolle als Querschnittsfunktion zwi- schen Technologie und Management. Neben dem Technologiemanagement beinhaltet die- ser Themenbezug auch die benachbarten Managementbereiche F&E- und Innovationsmana- gement.

Um die drei Managementbereiche voneinander besser abzugrenzen, kann der Ansatz von Brockhoff, der sich in der Literatur wiederfinden lässt, betrachtet werden. (Vgl.: Brockhoff in Klappert et al., 2011, S. 7f) Neben der Beschaffung umfasst das Technologiemanagement von Brockhoff die Speicherung und Verwertung technologischen Wissens im Unternehmen. Dieses Wissen kann sowohl intern, durch die eigenen Forschungs- und Entwicklungsbemü- hungen, als auch extern erworben werden. Das F&E-Management unterscheidet hierbei in die Grundlagenforschung und angewandte Forschung. Die Disziplin F&E stellt somit einen Teilbereich des Technologiemanagements dar.

Zudem unterscheidet Brockhoff zur Abgrenzung von Technologie- und Innovationsmana- gement zwei wesentliche Perspektiven. Das Innovationsmanagement im engeren und weite- ren Sinne. Im weiteren Sinne liegt dem Management von Innovationen ein umfassender In- novationsprozess zugrunde. Dieser beinhaltet neben der Forschung und Entwicklung die Produkt- bzw. Prozesseinführung am Markt. Aus dieser Perspektive heraus bildet das F&E- Management die Schnittmenge zwischen dem Technologiemanagement und dem Inno- vationsmanagement im weiteren Sinne.

„Innovation ist der Prozess der Entstehung eines als neu empfundenen Gutes von der Gene- rierung einer Idee bis zur Einführung auf dem Markt.“ (Mirow, 2010, S.9)

Im engeren Sinne bezieht sich das Innovationsmanagement auf die Phasen, die sich der Forschung und Entwicklung anschließen. Aus dieser Perspektive heraus ist es kein Be- standteil des Technologiemanagements mehr.

Während das Technologiemanagement ausschließlich Technologien, sowohl neue als auch alte, bereits bestehende fokussiert, umfasst das Innovationsmanagement darüber hinaus auch die Erzeugung nicht technologischer Ansätze bzw. Artefakte (Innovationen), wie bei- spielsweise Produkte und Organisationsstrukturen. (Vgl.: Specht, 2015)(Vgl.: Klappert et al., 2011, S. 7 ff)(Vgl.: Mieke, 2015)

Wie gerade aufgezeigt, ist eine wirklich überschneidungsfreie Trennung der Manage- mentdisziplinen nicht immer möglich. Durch die Schnittstellenfunktion von F&E werden die beiden Managementdisziplinen zu einer sich ergänzenden Disziplin, dem Technologie- und Innovationsmanagement (TIM) zusammengeführt. Hierzu kann vertiefend die Abb. 4 auf der Seite 90 eingesehen werden.

Nachdem eine Grundlage für ein weiteres Vorgehen geschaffen wurde, wird nachfolgend der Ansatz für eine technologieorientierte Früherkennung im Handel aufgezeigt. Dies wird reali- siert durch die Betrachtung des Themengebiets Technologiefrüherkennung, einem Teilbe- reich des Technologiemanagements.

2.2 Technologiefrüherkennung

Die Technologiefrüherkennung stellt die grundlegende Basis für eine technologieorientierte Früherkennung im Handel dar, da hier die basale Vorgehensweise zur Identifizierung, Be- wertung und Kommunikation relevanter Informationen zu technologischen Entwicklungen beschrieben wird. In einem ersten Schritt wird daher auf die Charakteristika der Technolo- giefrüherkennung eingegangen. In einem zweiten Schritt wird die Vorgehensweise durch das Aufzeigen des Technologiefrüherkennungsprozess grob beschrieben. Für die Informations- beschaffung spielen die Betrachtungsobjekte und –bereiche sowie der Informationsbedarf und die Informationsquellen eine elementare Rolle, so dass auf diese in zwei weiteren Schrit- ten eingegangen wird. Anschließend erfolgt in einem weiteren Schritt eine Unterteilung der Technologiefrüherkennung in ihre elementaren Basisaktivitäten. Abschließend wird in einem letzten Schritt auf die Methoden der Technologiefrüherkennung Bezug genommen.

2.2.1 Charakteristika

Nach Schuh et al. ist die Technologiefrüherkennung ein wesentlicher Teilbereich der strate- gischen Früherkennung, welcher auch als „Business Intellegence“ bezeichnet wird und stellt die elementare Grundaktivität bzw. Phase der Identifikation des Technologiemanagement- prozesses dar. Ziel der Früherkennung ist das rechtzeitige Bereitstellen relevanter Informa- tionen über aktuelle und künftige technologische Veränderungen im gesamten Umfeld des Unternehmens, um potenzielle Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen. Dieses frühzei- tige Erkennen oder Identifizieren von technologischen Potenzialen und Bedrohungen kann dem Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern. (Vgl.: Schuh et al., 2011, S. 14 f)

Zur Unterstützung strategischer Entscheidungsprozesse im Unternehmen ist es von Vorteil eine transparente Informationsbasis zu schaffen. Diese Informationsbasis umfasst die Be- schaffung, Analyse und Kommunikation gewonnenen Wissens im Unternehmen. Durch ei- nen systematischen Früherkennungsprozess können Unternehmen die Informationsflut be- wältigen und eine belastbare Basis für die Technologieplanung und somit für technologiere- levante Entscheidungen schaffen. (Vgl.: Wellensiek, 2015)

Die Technologiefrüherkennung stellt somit ein Bindeglied zwischen der Strategieformulierung und der Technologieplanung dar. Während die strategische Früherkennung darauf ausge- richtet ist, sämtliche zukünftigen Entwicklungen im Unternehmensumfeld, auch nichttechno- logische Tendenzen zu fokussieren, richtet sich die Technologiefrüherkennung als Teil die- ser Aktivitäten auf die Analyse und Prognose der technologischen Leistungspotenziale neuer Technologien sowie die Bestimmung technologischer Leistungsgrenzen im Unternehmen bestehender Technologien. Als Grundlage für Technologieentscheidungen im Unternehmen gilt es, daher Entwicklungen in relevanten Technologiefeldern zu identifizieren. (Vgl.: Schuh et al., 2011, S.15)

„Den Zug verpasst man nicht am Bahnsteig, sondern beim Aufstehen“ (Schuh, 2013, S.4)

Nachfolgend wird hierzu der Technologiefrüherkennungsprozess und seine vier elementaren Phasen vorgestellt, um den basalen Aufbau dieses Prozesses aufzuzeigen.

2.2.2 Technologiefrüherkennungsprozess

Alle im Punkt zuvor ansatzweise aufgezeigten Tätigkeiten der Technologiefrüherkennung lassen sich sequenziell in Reihe angeordnet als Prozess darstellen. Nach Wellensiek können die Phasen Bestimmung des Informationsbedarfs, Beschaffung der Informationen, Bewer- tung der Informationen sowie Kommunikation der Informationen, wie nachfolgend kurz be- schrieben, unterschieden werden. (Vgl.: Wellensiek, 2015)(Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.102ff)(Vgl.: Schaudel, 2011, S.58)

Bestimmung des Informationsbedarfs In der ersten Phase wird neben der Bestimmung des Informationsbedarfs die Vorgehensweise festgelegt. Dies beinhaltet hauptsächlich das Defi- nieren einer Suchstrategie, nach der anschließend systematisch vorgegangen werden kann. Hierbei gilt es, in erster Instanz den Betrachtungsbereich zu definieren. Technologiesuchfel- der zu strukturieren sowie attraktive Anwendungsfelder und potenzielle Technologien zu identifizieren. Nachdem die Suchstrategie festgelegt ist, wird anschließend die Ausgangssi- tuation ermittelt. Dies geschieht vor dem Hintergrund die Suche zu fokussieren und mögliche Suchfelder ableiten zu können.

Beschaffung der Informationen In der zweiten Phase werden die Informationen beschafft. Dies kann durch die Nutzung von Primär- und Sekundärquellen, durch die zusätzliche Nut- zung externer Netzwerke sowie durch den Einbezug von internen und externen Experten erfolgen. Der Einbezug von Experten kann zusätzliche Erkenntnisse zu speziellen Sachver- halten bringen sowie durch diesen Projekte und ferner Innovationen initiiert werden.

Bewertung der Informationen In der dritten Phase wird für die Bewertung die Entschei- dungslogik festlegt. Es gilt ein entsprechendes Zielsystem aufzubauen. Zur Unterstützung kann zunächst eine unabhängige Bewertung durch ein Technologieradar erfolgen. Zusätzlich kann die Methode durch weitere Methoden bspw. mit einem Portfolio ergänzt werden, um so eine bessere Aussagekraft der Informationen zu erzielen.

Kommunikation der Ergebnisse In der vierten Phase werden die bewerteten Informationen aufgearbeitet und bspw. zur Visualisierung in einem Monitoring-Radar, welches Ähnlichkei- ten zum Technologieradar aufweist, gespeichert. Anschließend erfolgt die Kommunikation der Informationen als Entscheidungsvorlage an das strategische Management, bspw. zur Diversifikation.

Der Aufbau des Technologiefrüherkennungsprozess kann in der Abb. 5 auf der Seite 91 ein- gesehen werden. Nachdem dieser grob aufgezeigt wurde, soll nachfolgend etwas detaillier- ter auf die Betrachtungsbereiche und -objekte eingegangen werden.

2.2.3 Betrachtungsbereiche und -objekte

Die bereits in Punkt 2.1.2 unter dem Merkmal Einsatzgebiet und Funktion aufgezeigten Technologietypen stellen den Gegenstand der Technologiefrüherkennung dar. Im engeren Sinne stellen Technologien bzw. Informationen über Technologien und technologisches Wis- sen folglich das Betrachtungsobjekt dar. Dabei kann der Zeithorizont der Beobachtung zwi- schen einer kurzfristigen Ausrichtung von ein bis drei Jahren anhand bestehender Märkte, Produkte und Technologien bis hin zu einer langfristigen Orientierung an technologischen Trends von bis zu 30 Jahren variieren. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S. 92 f)

Nach Wellensiek besteht die elementare Aufgabe darin, relevante Informationen zu gewin- nen, die einen Technologiebezug aufweisen. Durch die Betrachtung der Umweltzustände sowie deren technologische Veränderungen können relevante Informationen für Technolo- gieentscheidungen im Unternehmen gewonnen werden. Ein solcher Bezug kann bspw. di- rekter, technisch-wissenschaftlicher bzw. technologischer Natur sein, wobei sich solche In- formationen in der Regel im direkten Aufgabenumfeld des Unternehmens finden lassen. Aus einer technologischen Perspektive heraus beschreibt das Aufgabenumfeld die Wechselwir- kung des Unternehmens mit unternehmensexternen Elementen innerhalb eines oder mehre- rer Technologiefelder, die auch als Markt oder Branche bezeichnet werden können.

Informationen haben oftmals einen indirekten Bezug zum Technologiemanagement des be- trachteten Unternehmens, welcher nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist. Diese Infor- mationen müssen nicht unbedingt einen technologischen Charakter besitzen und können lediglich technologierelevant sein. Solche Informationen sind oftmals in der unternehmeri- schen Umwelt zu finden und nicht mehr notwendigerweise im direkten Aufgabenumfeld, wel- ches eine Teilmenge der Unternehmensumwelt darstellt. Diese technologierelevanten Infor- mationen werden nach Ansoff auch als sogenannte schwache Signale bezeichnet. (Vgl.: Ansoff in Wellensiek et al., 2011, S.92) Im Gegensatz zu starken Signalen sind solche Sig- nale oftmals Indikatoren für Entwicklungstendenzen (Trends). Aus diesen Tendenzen kön- nen zu einem späteren Zeitpunkt konkrete Chancen und Risiken für das Aufgabenumfeld des Unternehmens entstehen. Frühzeitiges Wahrnehmen von Chancen und Risiken ermög- licht dem Unternehmen einen ausreichenden Spielraum um zu reagieren.

Aus Unternehmenssicht stellt sich aufgrund einer unbegrenzten Menge an Informationen und Informationsquellen die grundlegende Frage nach einer geeigneten Strukturierung der Um- welt, um ein möglichst effektives Suchen nach schwachen Signalen zu ermöglichen. Die Ab- bildung der gesamten Unternehmensumwelt in einem 360° Grad Radar ist aufgrund der Fülle an Entwicklungen nahezu unmöglich. Es lassen sich jedoch aus der Einteilung der Umwelt in Umweltsphären Grundkategorien ableiten, die einen gesamtheitlichen Handlungsrahmen für das Unternehmen aufweisen.

Um eine effiziente Ermittlung des technologisch relevanten Umfelds zu ermöglichen, bedarf es einer Eingrenzung des Beobachtungsraums auf jene Bereiche, in denen sich schwache Signale aktuell vorfinden lassen oder sich zukünftig entwickeln können. Der auf diese Weise eingegrenzte Beobachtungsraum wird folglich als technologisch relevantes Umfeld bezeich- net. In der Literatur hat sich zur Beschreibung des technologischen Informationsbedarfs, bzw. zur Operationalisierung des Beobachtungsraums und Festlegung der Beobachtungsob- jekte, die Definition konkreter Suchfelder bewährt. Im Rahmen der Informationsanalyse muss die Technologiefrüherkennung sicherstellen das technologisch relevante Umfeld in Bezug zum Aufgabenumfeld des Unternehmens zu setzen.

Nachdem die Betrachtungsbereiche und -objekte grob aufgezeigt wurden, soll nachfolgend detaillierter auf die Bestimmung des Informationsbedarfs sowie auf die unterschiedlichen Informationsquellen bei der Informationsbeschaffung eingegangen werden.

2.2.4 Informationsbedarf und -quellen

Um einen möglichen „information overload“, der mit der Wissensexplosion durch die Ver- breitung des Internets einhergeht, vermeiden zu können, bedarf es Informationen nach den Kriterien Objekt, Zweck und Qualität zu unterscheiden. Wellensiek bezeichnet die zuvor ge- nannten Kriterien als Ebenen des Informationsbedarfs. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.99ff.) Diese werden nachfolgend kurz aufgezeigt.

Objektebene des Informationsbedarfs Die Objektebene besteht vereinfach gesagt aus der inhaltlichen Dimension der zu beschaffenden Informationen. Sogenannte Suchfelder dienen zur Beschreibung der zu betrachtenden Technologiefelder und Bereiche des unternehmeri- schen Umfelds. Diese werden mit den Technologien und technologischen Kompetenzen des Unternehmens in Beziehung gesetzt. Für die gerichtete Technologiefrüherkennung grenzen die Suchfelder den Betrachtungsbereich ein. Innerhalb der Suchfelder werden die Betrach- tungsobjekte festgelegt, die am meisten von Interesse sind. Somit klärt die Objektebene der Informationsbeschaffung die Frage, in welchen Bereichen wonach gesucht werden soll. Aus der strategischen Zielsetzung des Unternehmens ergeben sich hierfür die Breite der Suche sowie die Nähe zum direkten Aufgabenumfeld des Unternehmens.

Zweckebene des Informationsbedarfs Die Zweckebene umfasst Anfragen an die Technolo- giefrüherkennung bei denen sich der abgeleitete Informationsbedarf durch einen Zweckbe- zug auszeichnet. Innerhalb der Suchfelder werden in der Zweckebene die eigentlichen In- formationsziele und Absichten konkretisiert, die hinter den Anfragen stehen und die es zu klären gilt. Im Wesentlichen geht darum, aus bestimmten Anfragen auf der Objektebene den Teil des Informationsbedarfs herauszufiltern, der dem zugrunde liegenden Sinn und Zweck entspricht, der mit der Anfrage verfolgt wird. Wellensiek et al. unterscheiden die nachfolgend kurz aufgezeigten Kategorien Technologisches Potenzial, Ökonomisches Potenzial, Integra- tivität, Disposition von Ressourcen sowie Konformität. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.101)

- Technologisches Potenzial Unter dem technologischen Potenzial sind allgemein die technologieabhängigen Chancen und Risiken zu verstehen. Im Rahmen der Tech- nologiefrüherkennung hinsichtlich des technologischen Potenzials ist zunächst die Frage nach den Forschungs- und Entwicklungsperspektiven zu klären. Grundsätzlich lassen sich hierbei Informationen unterscheiden, die eher chancenorientierte Aspekte der Leistungsfähigkeit beinhalten und solchen, die sich hauptsächlich mit möglichen Risiken befassen.
- Ökonomisches Potenzial Unter dem ökonomischen Potenzial werden das Marktpo- tenzial, Kosten- und Einkommensstrukturen und Kundenanforderungen verstanden. In diesem Rahmen besteht die wesentliche Aufgabe der Technologiefrüherkennung darin, grundlegende Informationen bezüglich des Marktpotenzials zu erheben, wel- ches sich dem Unternehmen potenziell durch die Bereitstellung bestimmter Techno- logien eröffnen könnte.
- Integrativität Unter der Integrativiät werden die Transferierbarkeit und das Synergie- potenzial verstanden. Anforderungen an Informationen, die auf die Optimierung sowie den Ausbau vorhandener technologischer Kernkompetenzen abzielen, sollten dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Integration neuer Technologien in eine beste- hende Technologielandschaft nur dann erfolgreich sein wird, wenn die Frage nach der Transferierbarkeit ausreichend geklärt ist, und bspw. zusätzlich mit der Integration die Erschließung von Synergiepotenzialen verbunden ist.
- Disposition von Ressourcen Unter der Disposition von Ressourcen wird das rechtzei- tige Bereitstellen von Ressourcen verstanden. Schafft es die Technologie- früherkennung, die für den Aufbau und die Integration technologischer Potenziale notwendige Verteilung von Produktionsfaktoren, wie Maschinen, Personal, Wissen, etc. bereits während der Suche zu ermitteln, können so frühzeitig besonders interes- sante oder uninteressante Technologiekandidaten identifiziert werden.
- Konformität Unter Konformität wird die Notwendigkeit verstanden, frühzeitig bedeu- tende Hinweise aus dem unternehmerischen Aufgabenumfeld sowie aus der unter- nehmerischen Umwelt auf latente Veränderungen des wettbewerbspolitischen Um- felds und damit die verbundene Verwicklung mit der sozio-ökonomischen Natur zu liefern. Es wird hier die Zielsetzung verfolgt, einen technologischen Entwicklungspfad einzuschlagen, der mit politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen in gewisser Weise übereinstimmt.

Qualitätsebene des Informationsbedarfs Durch die Angabe der Qualität der Informationen wird die Spezifikation des Informationsbedarfs der Technologiefrüherkennung vervollstän- digt. Indem Anforderungen an eine zugrunde liegende Güte der erhobenen Informationen gestellt wird, kann eine bestimmte Qualität der Informationen gewährleistet werden. Eine hohe Güte der Informationen beinhaltet zum einen bestimmte Anforderungen an bereits be- stehende Informationen und zum anderen an prinzipiell abrufbare Informationen. Nach Wel- lensiek et al. werden die Frühzeitigkeit, der Informationsgehalt, die Validität sowie die Exklu- sivität der Informationen unterscheiden. (Vgl.: ebd, S.102)

- Frühzeitigkeit Wie bereits aus dem Begriff Früherkennung ersichtlich wird, ist der Zeitpunkt, zu dem Informationen von Informationsquellen auf das Unternehmen über- tragen werden, ausschlaggebend für den Wert der Informationen. Mit der Frühzeitig- keit des Informationsflusses wird genauer das Zeitintervall beschrieben, das zwischen dem Entstehen neuer Informationen bis zur Übertragung der Informationen auf das Unternehmen benötigt wird.
- Informationsgehalt Ein weiteres Merkmal für die Qualität der Informationen stellt die Genauigkeit derjenigen Informationen dar, die als Ergebnis einer Informationsanfrage von der Informationsquelle tatsächlich übertragen werden. Die Informationen sind qualitativ hochwertig, wenn sie die Informationsbedarfe in nahezu vollständiger Weise erfüllen und uninteressante oder nicht benötigte Informationen herausgefiltert wer- den.
- Validität Informationen zeichnen sich allgemein durch einen gewissen Wahrheitsge- halt aus, der durch unterschiedliche Informationsquellen stark variieren kann. Das Ausmaß der übertragenen Informationen, auch als Sicherheitsgrad bezeichnet, kenn- zeichnet den Wert der Informationen und ihre Verwendung.
- Exklusivität Das Ausmaß bzw. der Grad, zu dem Informationen nicht nur einem be- stimmten Unternehmen, sondern auch unternehmensfremden Individuen und Institu- tionen zugänglich sind, wird als Exklusivität bezeichnet. Informationen mit besonders hoher Exklusivität haben eine sehr große Bedeutung für Unternehmen, da sie nur für wenige Akteure zugänglich sind.

Nachdem das „Drei-Ebenen-Konzept“ des Informationsbedarfs, welches auf der Seite 91 in der Abb. 6 eingesehen werden kann, aufgezeigt wurde, wird nachfolgend der Bezug zu den Informationsquellen hergestellt, um die verschiedenen Informationsquellen und -arten aufzu- zeigen, die bei der Beschaffung von Information unterschieden werden können.

Informationsquellen

Für die Informationsbeschaffung bedarf es zur Auswahl geeigneter Informationsquellen der Kenntnis über die jeweiligen Ausprägungen. Anhand der nachfolgenden vier Schritte nach Wellensiek et al. werden die verschiedenen Informationsquellen aus den unterschiedlichen Winkeln grob betrachtet und eine Übersicht über die für die Technologiefrüherkennung rele- vanten Informationsquellen gegeben. Es werden hierzu Informationsträger, Herkunft von Informationen, kooperative Informationsquellen sowie eine Übersicht über grundlegende In- formationsquellen unterschieden. (Vgl.: ebd, S.141ff)

- Informationsträger Als Informationsträger werden sowohl Artefakte, als auch Individuen für die Technologiefrüherkennung herangezogen. Artefakte sind leblose Objekte, wie Bücher, Zeitschriften oder Internetserver, auf denen elektronische Daten hinterlegt sind bzw. werden. Diese Art von Informationsträger stellt Wissen in expliziter, formaler Er- scheinungsform bereit. Individuen sind Personen bspw. Mitarbeiter, Berater, Fachex- perten aus der Industrie, dem Handel oder anderen Wirtschaftsbereichen und können als Träger impliziten, informalen Wissens angesehen werden.
- Informationsherkunft Bei der Herkunft von Informationen kann grundsätzlich in unter- nehmensinternes und –externes Wissen unterschieden werden. Somit können Informa- tionsquellen ebenfalls in intern und extern unterschieden werden. Zusätzlich können in- terne und externe Quellen in implizite und explizite Informationsquellen unterschieden werden. Die Verwendung externer Quellen bedarf einer optimalen Informationsversor- gung. Es kann daraufhin weiter unterschieden werden in direkte und indirekte Informa- tionsbeschaffung. Die indirekte Beschaffung erfolgt über Informationsvermittler.
- Kooperative Informationsquellen Die Erfüllung des Informationsbedarfs hängt von der Art der Informationsquelle ab sowie vom Grad der Integration und der Intensität, mit der die jeweilige Informationsquelle in die Beschaffungsaktivitäten der Technologie- früherkennung integriert ist. Die Integration beschreibt dabei das Ausmaß der Verknüp- fung von firmeneigenen Aktivitäten und Ressourcen mit Ressourcen und Aktivitäten, die durch die Partner in die Kooperation mit eingebracht werden. Die Intensität hat zu- sätzlich einen Einfluss auf die Systematisierung der Informationsquellenarten. Die Ur- sache hierfür liegt in den bidirektionalen und interaktiven Austauschbeziehungen zwi- schen den Technologiefrüherkennung betreibenden Unternehmen und den impliziten Informationsquellenarten.
- Übersicht über Informationsquellen Für die Informationsbeschaffung stehen der Tech- nologiefrüherkennung insgesamt viele unterschiedliche Informationsquellen zur Verfü- gung, bei denen thematischen Übergänge teilweise fließend verlaufen. Hierbei kann auf die Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Informationsquellenarten zurückgegriffen werden, die sich des Weiteren in Artefakte, Individuen und Institutionen aufteilen lassen. Artefakte stellen somit Wissen zur Disposition dar. Individuen bzw. personifizierte Informationsquellen sind kognitive Systeme zur Bewältigung der Aufga- ben und Lösung der Probleme und befähigen zu intelligentem Handeln.

Die Abb. 7 auf der Seite 92 gibt Aufschluss über implizite Informationsquellen. Explizite In- formationsquellen können ebenfalls auf der Seite 92 in der Abb. 8 eingesehen werden. Für die Informationssuche ist die Bestimmung von Informationsträgern und –quellen für die Früherkennung grundlegend. Neue Technologien, die irgendwann in technische Entwicklun- gen einfließen, kommen nicht aus dem Nichts. Sie haben lediglich unterschiedliche zeitliche Vorlaufphasen. (Vgl.: Athena, 2012)

Für eine effizientere Gestaltung der Informationssuche hat sich die Unterteilung in Suchper- spektiven mit einem abgestuften Detaillierungsgrad etabliert. Im nächsten Punkt werden die drei elementaren Suchperspektiven der Technologiefrüherkennung kurz vorgestellt.

2.2.5 Basisaktivitäten der Früherkennung

Nach Wellensiek et al. können die Suchperspektiven auch als elementare Basisaktivitäten verstanden werden. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.94ff.)(Vgl.: Schaudel, 2011, S.60ff.) Wie bereits aufgezeigt, kann die Suche innerhalb oder außerhalb des unternehmerischen Tätig- keitsbereichs liegen. Nachfolgend werden die Grundaktivitäten der Früherkennung Techno- logiescanning, Technologiemonitoring sowie Technologiescouting voneinander abgegrenzt.

Technologiescanning Unter dem Scanning von Technologien kann das Abtasten bzw. Auf- spüren von starken und schwachen Signalen im unternehmerischen Umfeld verstanden wer- den. Das Scanning kann hierfür in formales und informales Aufklären unterschieden werden. Informales Scanning führt ein Abtasten nach Signalen ohne festen Themenbezug innerhalb oder außerhalb des Tätigkeitsbereichs durch. Formales Scanning hingegen sucht nach Sig- nalen innerhalb oder außerhalb des Tätigkeitsbereichs mit einem festen Themenbezug.

Technologiemonitoring Unter dem Monitoring von Technologien wird das Beobachten bzw. Weiterverfolgen von identifizierten Signalen mit oder ohne festen Themenbezug verstanden. Im Gegensatz zum Scanning wird das Montoring nur als formale Suche bezeichnet. Diese beobachtet und sucht vertiefend nach Informationen mit speziellen Themenbezug eines be- reits identifizierten Signals. Im Punkt 2.3 wird etwas ausführlicher auf das Monitoring von Technologien eingegangen.

Technologiescouting Unter dem Scouting von Technologien kann ein spezielles Aufklären über bereits identifizierte oder aktuell gerade neu aufkommende Technologien verstanden werden. Wie das Monitoring, so ist auch das Scouting als formale Suche zu verstehen. Da- bei wird innerhalb oder außerhalb des Tätigkeitsbereichs eine auftragsmäßige Beschaffung von Detailinformationen zu speziellen Technologien durchgeführt.

Des Weiteren können die Basisaktivitäten durch Zielsetzung, Suchfeldgröße, Zeithorizont, Themenbezug und Informationsgehalt in ihren Eigenschaften voneinander differenziert wer- den. Hierzu gibt die Tab. 4 auf der Seite 104 einen grundlegenden Überblick.

Alle drei Suchperspektiven zielen gemeinsam darauf ab, durch eine mehr oder weniger ge- zielte Informationssuche zukünftige technologische Chancen und Risiken zu ermitteln, so dass Potenziale erkannt und böse Überraschungen vermieden und daraus technologische Handlungsoptionen als Entscheidungsgrundlage für die Strategieplanung herausgearbeitet werden können. (Vgl: Wellensiek et al. in Schuh und Klappert (Hrsg.), 2011, S.94)

Für die unterschiedlichen Aufgaben, die bei der Informationssuche, -beschaffung und - bewertung sowie der Kommunikation zu bewältigen sind, können eine Vielzahl an Methoden unterstützend eingesetzt werden. Nachfolgend wird hierzu kurz Bezug genommen.

2.2.6 Methoden der Technologiefrüherkennung

In der Literatur lassen sich eine Menge Methoden für die Technologiefrüherkennung identifi- zieren. In Anlehnung an den Technologiefrüherkennungsprozess mit seinen vier Phasen können nach Wellensiek et al. den jeweiligen Phasen verschiedene Methoden zugeordnet werden. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.149ff.) Hierzu kann die detaillierte Tab. 5 auf der Seite 105 eingesehen werden, die Aufschluss gibt, welche Methoden in welchem Phasenab- schnitt eingesetzt werden können. Nach Schaudel können, wie nachfolgend kurz aufgezeigt, Methoden zur Prognose in explorative, quantitative und normative Methoden unterschieden werden. (Vgl.: Schaudel, 2011, S.63)

Explorative Methoden - Unter explorativen Methoden kann allgemein die Prognose möglicher technologischer Entwicklungsalternativen verstanden werden. Die Prognose kann durch ver- schiedene Verfahren der Kreativitätstechnik, durch vollständige Problemzerlegung, Enumeration sowie durch systematische Analogie erfolgen. Drei Beispiele für explorative Methoden sind die Morpholologie, der horizontale Relevanzbaum und die Delphi-Methode.

Quantitative Methoden - Unter quantitativen Methoden kann allgemein die Prognose wahr- scheinlicher technologischer Entwicklungsalternativen verstanden werden. Die Prognose extrapoliert technologische Trends aus der Vergangenheit in die Zukunft und kombiniert sie mit neuen Erkenntnissen. Vier Beispiele für quantitative Methode sind die Trendextrapolati- on, die Regression, die Lebenszyklusanalyse und das sogenannte Input-Output-Modell.

Normative Methoden - Unter normativen Methoden kann allgemein die Prognose wün- schenswerter technologischer Entwicklungsalternativen verstanden werden. Die Prognose definiert den zukünftig angestrebten technologischen Output. Von diesem Output ausgehend werden entsprechende Bedingungen abgeleitet, unter denen sich gegenwärtig Technologien in Richtung der gewünschten Zukunft entwickeln. Einige Beispiele für normative Methoden sind die Szenario-Technik, die Pattern-, Profil- und Seer-Methode sowie das Profil Quest und Technologie-Assessment.

Die hier aufgezeigten Methoden stellen einen nützlichen Werkzeugkasten dar, mit dessen Hilfe die jeweiligen Phasen der Technologiefrüherkennung unterstützt werden können. Hier- zu kann auf der Seite 106 die Tab. 6 eingesehen werden, die das thematisiert. Die Metho- denwahl ist dabei abhängig von der zugrunde liegenden Phase bzw. Aktivität.

Wie bereits im Punkt zuvor aufgezeigt wird, ist das Technologiemonitoring eine der drei Ba- sisaktivitäten und zudem Hauptelement der Früherkennung. Nachfolgend wird daher das Technologiemonitoring etwas ausführlicher betrachtet.

2.3 Technologiemonitoring

Im Vergleich zu den anderen Basisaktivitäten genießt das Monitoring in der Früherkennung eine Sonderstellung. Die nachfolgenden Ausführungen sollen dies bekräftigen. Hierzu erfolgt zunächst eine charakterisierende Beschreibung des Technologiemonitorings. Anschließend wird die Vorgehensweise vorgestellt, indem der Monitoring-Prozess mit seinen Phasen grob behandelt wird. Des Weiteren werden Verankerungs- und Integrationsmöglichkeiten des Technologiemonitorings vorgestellt. Anschließend erfolgt in einem weiteren Schritt ein Bezug zu den Verankerungsmöglichkeiten des Technologiemonitorings im Unternehmen und des- sen Integrationsmöglichkeiten in die Organisationsstrukturen. Des Weiteren wird grob auf die Methoden des Technologiemonitorings eingegangen sowie das Technologieradar und der Technologiesteckbrief kurz vorgestellt, da diese Methoden im Praxisteil der wissenschaftli- chen Arbeit Anwendung finden. In einem letzten Schritt erfolgt abschließend ein kurzer Be- zug zur Weiterentwicklung des Technologiemonitorings und der Begriff Technologie- montoring 2.0“ wird kurz erklärt.

2.3.1 Charakteristika

Das Technologiemonitoring ist im Vergleich zum Technologiescanning schon wesentlich spezifischer ausgerichtet. Wie bereits aufgezeigt, stellt das Technologiescanning den Erst- kontakt zu neuen Technologien und technologischen Trends her. Diese werden im Rahmen des Technologiemonitorings über einen längeren Zeitraum systematisch verfolgt, wobei der Fokus auf dem Beobachten bereits bestehender Technologien liegt. Folglich gibt es keinen genauen Endzeitpunkt. Es wird zwar auf den Ergebnissen des Technologiescannings aufge- baut, doch ist das Leistungsspektrum des Technologiemonitorings dadurch nicht vollständig bestimmt. Wie beim Technologiescanning liegt der Fokus beim Technologiemonitoring auch auf noch unbekannten Ereignissen und Entwicklungen. Dadurch tauchen Elemente des Technologiescannings im Technologiemonitoring wieder auf. Die Beobachtung über einen längeren Zeitraum erfolgt mit dem Hintergrund, nicht nur den Stand der Technik, sondern speziell Entwicklungsrichtungen und – tendenzen (technologische Trends) ermitteln zu kön- nen. Wesentliche Grundlage von unternehmerischen Entscheidungen ist das Erkennen wich- tiger Entwicklungstrends, wobei hier das Technologiemonitoring eine wichtige Schlüsselrolle bei der Trenderkennung übernimmt. Die Hauptlast der Trenderkennung im Vergleich zu den anderen Basisaktivitäten liegt hierbei größtenteils beim Technologiemonitoring. (Vgl: Wellen- siek et al., 2011, S.97)(Vgl.: Schimpf, 2008, S.5ff)

Wie bereits aufgezeigt, befasst sich das Technologiemonitoring hauptsächlich mit bestimm- ten Technologiebereichen bzw. – feldern sowie technologischen Entwicklungen und unter- zieht diese Entwicklungen und Bereiche einer kontinuierlichen und detaillierten Betrachtung. Die Betrachtung orientiert sich dabei wesentlich stärker an vorgegebenen technologischen Suchfeldern. Daher wird das Technologiemonitoring aus Unternehmenssicht auch als Inside- out- oder intrinsische Perspektive bezeichnet. Das Scanning wird in diesem Zusammenhang hingegen als Outside-in- oder extrinsische Perspektive bezeichnet. (Vgl.: Wellensiek et al., 2011, S.97f)(Vgl.: Schaudel, 2011, S.63) Die Abb. 9 auf der Seite 93 soll hierzu einen Über- blick geben.

Um rechtzeitig von möglichen Weiterentwicklungschancen oder Substitutionsgefahren zu erfahren, ist es sinnvoll, eingesetzte technologische Kernkompetenzen stetig an externen Entwicklungen zu spiegeln. So können frühzeitig immer wieder bedeutende Rückschlüsse auf kommende Entwicklungen gezogen werden.

Getreu nach dem Motto: „Entwicklungsschritte gezielt überwachen“ (Athena, 2012)

Neben Elementen des Scannings enthält das Monitoring auch Elemente des Scoutings. Das Scouting ist vielmehr ein Spezialfall des Monitorings, da hier eine auftragsmäßige Beschaf- fung von detaillierten Informationen durchgeführt wird. Diese Beschaffung ist zeitlich be- grenzt und fokussiert bereits identifizierte Technologien und Informationsträger. (Vgl.: Wel- lensiek et al., 2011, S.98)

Die zuvor im Ansatz beschriebenen Tätigkeiten lassen sich sequenziell in Abfolge in einem Prozess darstellen, der im nachfolgenden Punkt betrachtet wird. Die geschieht vor dem Hin- tergrund, die Vorgehensweise beim Monitoring von Technologien aufzuzeigen.

2.3.2 Technologiemonitoring-Prozess und Prozessphasen

Die Vorgehensweise der Technologiefrüherkennung des Fraunhofer IAO basiert auf dem Technologiemonitoring-Prozess, welcher aufbauend auf praktischen Erfahrungen und exis- tierenden theoretischen Modellen aus der Literatur in vier elementare nachfolgend aufge- zeigte Hauptphasen eingeteilt ist. Die vier Hauptphasen sind Identifikation relevanter Tech- nologie- und Anwendungsfelder, Informationssammlung relevanter Technologie- und An- wendungsfelder, Bewertung relevanter Technologie- und Anwendungsfelder sowie Kommu- nikation der Ergebnisse des Technologiemonitorings (Lang-Koetz und Schimpf, 2010, S.10f.)

Identifikation relevanter Technologie und Anwendungsfelder Für ein zielgerichtetes und ef- fektiv gestaltetes Technologiemonitoring werden in der ersten Phase relevante Technologie- bzw. Anwendungsfelder abgegrenzt. Dies verringert die Menge an relevanten Informationen und führt auf diese Weise zu einer besseren Fokussierung späterer Aufgaben des Technolo- giemonitorings. Als Basis bei der Identifikation relevanter Technologien und Technologiefel- der dienen bspw. existierende Kompetenzen und technologische Möglichkeiten, heutige und zukünftig erforderliche Funktionalitäten bestehender Anwendungen bspw. in Form von Pro- dukten, Prozessen und Dienstleistungen. Des Weiteren dienen Investitions- und Anlagegü- ter, die mit Technologie- oder Anwendungsfeldern verbunden sind, wie bspw. spezielle Pro- duktionsanalagen sowie technologische, gesellschaftliche, ökonomische oder ökologische Trends, die den Technologieeinsatz im relevanten Einsatzbereich maßgeblich beeinflussen. Die Identifikation von Technologie- und Anwendungsfeldern tritt in bedeutendem Maße mit der Definition und Anpassung der Technologiestrategie in eine Wechselbeziehung. Auf der einen Seite hängen relevante Technologien von der Strategie des Unternehmens ab und auf der anderen Seite sind heutige und zukünftige technologische Entwicklungen in der Strate- gieplanung zu berücksichtigen.

Phase 2: Informationssammlung zu relevanten Technologie- und Anwendungsfeldern Die zweite Phase dient der Sammlung relevanter Informationen zu den identifizierten Technolo- gie- und Anwendungsfeldern. Für gewöhnlich stehen dem Unternehmen nicht alle Informati- onen, die benötigt werden zur Verfügung. Daher ist eine strukturierte Einbindung externer Informationsquellen und –träger in dieser Phase von großer Bedeutung. Informationen kön- nen auf diese Weise mit der entsprechenden Qualität und Informationsdichte mit einem mög- lichst geringen Aufwand zusammengetragen werden. Um Technologie- und Anwendungsfel- der möglichst objektiv bewerten zu können, ist ein ausgewogenes Portfolio aus verschiede- nen Quellen notwendig, da die Strukturen und die Qualität der Informationen in einem hohen Maße variieren. Für die Informationsbeschaffung können zwei unterschiedliche Informati- onsquellen verwendet werden. Relevante Informationen können zum einen formal und zum anderen informell genutzt werden. Bei der Analyse von formalen Informationsquellen kann seit einigen Jahren auf eine Fülle von Datenbanken und zusätzlichen Informationsquellen im Internet zugegriffen werden. Darüber hinaus bestehen verschiedene Instrumente, um die Analyse durch geeignete Informationstechnologien zu unterstützen. Informelle Informations- quellen im Gegensatz zu formalen Informationsquellen sind insbesondere bei der Beobach- tung von Feldern mit einer hohen Dynamik sowie für die ungerichtete Suche wertvoll, da die- se einen aktuelleren Bezug aufweisen als formale Informationsquellen. Bei ihrer Verwendung steht die Interaktion mit internen und externen Netzwerken im Fokus. Generell können alter- nativ auch soziale Netze eine wichtige Quelle für Informationen darstellen, wie im Punkt 2.3.7 unter dem Begriff Technologiemonitoring 2.0 dargestellt.

Phase 3: Bewertung relevanter Technologie- und Anwendungsfelder In der dritten Phase sind die gesammelten Informationen zu den Technologie- und Anwendungsfeldern einer themenbezogenen Bewertung zu unterziehen. Hierfür werden die zuvor gesammelten Infor- mationen im Kontext der Technologiestrategie des Unternehmens gefiltert und analysiert sowie anschließend interpretiert. Mit Hilfe verschiedenster Methoden der Planung, Analyse oder Bewertung von Technologien und Anwendungen kann dies erfolgen. Besonders Me- thoden und Experten spielen eine grundlegende Rolle, um eine möglichst objektive Bewer- tung und Fokussierung von Technologien in Einzel- oder Gruppenbewertungen und deren Anwendungen gewährleisten zu können. Die Wahl der jeweiligen Methoden hängt ganz ele- mentar von der Verfügbarkeit der Ressourcen und Informationen sowie dem Entwicklungs- stand des jeweiligen Technologie- und Anwendungsfeldes ab. Allgemein gelten für alle Me- thoden, dass sie entsprechend den individuellen Anforderungen jedes Einzelfalls angepasst werden können.

Phase 4: Kommunikation der Ergebnisse des Technologiemonitorings In der vierten und letz- ten Phase stellt die Kommunikation der Ergebnisse einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Nur wenn die Informationen, bzw. die gewonnenen Erkenntnisse, an die richtigen Stellen im Un- ternehmen kommuniziert werden, kann das Technologiemonitoring seine volle Wirkung ent- falten. Neben der internen Managementebene zur Entscheidungsunterstützung sind auch Mitarbeiter mit technischen Schwerpunkten sowie interne und externe Interessengruppen, wie bspw. andere Unternehmensbereiche oder –funktionen, Eigner, Partnerunternehmen oder auch Interessensverbände Zielgruppen der Kommunikation sein. können sowohl exis- tente Kommunikationskanäle, wie bspw. Firmenzeitschriften oder Newsletter für die Kommu- nikation der Ergebnisse des Technologiemonitorings verwendet werden. Auf der anderen Seite können neue Kanäle aufgebaut werden.

Auf der Seite 93 kann hierzu vertiefend die Abb. 10 des Technologiemonitoringprozess ein- gesehen werden. Nachdem der Prozess vorgestellt wurde, wird im nächsten Punkt auf die organisatorischen Verankerungsmöglichkeiten des Technologiemonitorings näher eingegan- gen.

2.3.3 Organisatorische Verankerung im Unternehmen

Für eine organisatorische Verankerung des Technologiemonitorings im Unternehmen ver- weisen Lang-Koetz und Schimpf auf sechs wesentliche Verankerungsmöglichkeiten, die nachfolgend kurz aufgezeigt werden. (Vgl.: Lang-Koetz und Schimpf, 2010, S.) Möglichkeiten können das Top-Management, das mittlere Management, interne Experten und F&E- Mitarbeiter, externe Experten und Moderatoren sowie speziell ausgebildete Mitarbeiter sein.

Top-Management Die Aufgaben des Top-Managements sind die Verantwortung der Strate- gieplanung und -entwicklung. Das Top-Management ist daher direkt ins Technologiemonito- ring einzubinden. Strategische Veränderungen bzw. Entwicklungen können auf diese Weise direkt bei der strategischen Planung berücksichtigt, angestoßen und durchgesetzt werden.

Mittleres Management Das mittlere Management ist für die Umsetzung der Unternehmens- strategie verantwortlich. Mitarbeiter des mittleren Managements verfügen oft über die nötige fachliche Kompetenz, um Entwicklungen und Technologietrends zu bewerten und strategi- sche oder technologische Potenziale abzuschätzen.

Interne Experten und F&E-Mitarbeiter Interne Experten und F&E-Mitarbeiter sind ebenfalls entscheidende Träger von aktuellem Fachwissen. Eine Herausforderung besteht allerdings bei der Einbindung, da diese oftmals im Tagesgeschäft fest eingeplant sind. Durch ihren Ein- satz in der organisatorischen Hierarche unterliegen diese einem internen Wettbewerb um Ressourcen. Zweckmäßig ist daher eine Zuweisung spezieller Funktionen. Ein Beispiel dafür ist die Funktion des sogenannten Technologie-Gatekeepers.

Externe Experten, bspw. aus Forschungseinrichtungen, stellen alternativ eine zusätzliche Möglichkeit dar, den Zugang zu bestimmten fachlichen Kompetenzen zu gewährleisten. Die Einschätzungen erfolgen aus einer anderen Perspektive, da die externen Experten von einer organisatorischen Zugehörigkeit losgelöst technologische Entwicklungspotenziale betrach- ten. Hier besteht jedoch ein höherer Aufwand im Vergleich zur Einbindung interner Experten und F&E-Mitarbeiter, da diese extern dazu gewonnen werden müssen. Dies kann über ex- terne Projekte und Kooperationen erfolgen.

Externe Moderatoren Bei der methodischen Durchführung dienen externe Moderatoren als Motivatoren, Unterstützer oder unparteiische Konfliktlöser. Auf diese Weise können auch spezielle Methodenkompetenzen des Technologiemonitorings über externe Moderatoren in das Unternehmen mit eingebracht werden.

Speziell ausgebildete Mitarbeiter Durch die gezielte Schulung und ein effektives Coaching von Mitarbeitern in die Verfahrensweise und Methoden des Technologiemonitorings, wie bspw. in einzelne Analysen (Potenzial- oder Patentanalyse), kann die Einbindung des Tech- nologiemonitorings in die Handelsunternehmung effektiv gestaltet sowie das strategische Management unterstützt werden. So können mit den eingesetzten Ressourcen qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielt werden.

Für das Gelingen solcher Technologiemonitoring-Vorhaben sind in jedem Fall die Unterstüt- zung der Unternehmensführung sowie ein aufgabenspezifisches Projektmanagement unver- zichtbar. Des Weiteren sollte die Einbindung unterschiedlicher Personen und Unternehmens- funktionen für die spezifische Situation in der jeweiligen Unternehmung angepasst werden.

Nachfolgend wird darauf Bezug genommen, wie das Technologiemonitoring in die Organisa- tionsstrukturen integriert werden kann.

2.3.4 Integration in die Organisationsstruktur des Unternehmens

Zur Integration einer technologieorientierten Früherkennung in die Organisationsstruktur ste- hen nach Lang-Koetz und Schimpf vier wesentliche Möglichkeiten zur Verfügung. Es kann, wie nachfolgend kurz aufgezeigt, in zentral oder dezentral gesteuertes sowie spezielles oder informelles Technologiemonitoring unterschieden werden.

Zentral gesteuertes Technologiemonitoring Bei einem zentral gesteuerten Technologiemoni- toring übernimmt eine zentrale Steuerungseinheit primär die Koordination sämtlicher Aktivitä- ten sowie die Organisation der dezentral vorhandenen Geschäftsbereiche, Regionen und oder Projekte. So können die in den jeweiligen Bereichen getätigten Beobachtungen und Bewertungen aktueller sowie zukünftiger Entwicklungen im technologischen Umfeld des Un- ternehmens mit der Zentrale ausgetauscht werden. Das bedeutet auch zu schauen, was Wettbewerber, Forschungsinstitutionen sowie Start-up-Unternehmen und andere kontextbe- zogene Unternehmen machen. Eine solche Aufgabenableitung ist allgemein der Forschung und Entwicklung oder dem Technologie- und Innovationsmanagement zugeordnet.

Dezentrales gesteuertes Technologiemanagement Bei einem dezentral gesteuerten Techno- logiemonitoring wird das Durchführen des Technologiemonitorings überwiegend in den je- weiligen dezentralen Geschäftsbereichen, Regionen bzw. Projekten koordiniert und umge- setzt. Große Herausforderung stellt hierbei der Austausch von Informationen und Erkennt- nissen zwischen den verschiedenen Bereichen dar. Ebenfalls gilt es, die Identifikation und Koordination von kooperativen Technologiemonitoring-Projekten zu lösen.

Spezielles Technologiemonitoring Ein spezielles Technologiemonitoring-Projekt zu initiieren kann sinnvoll für spezifische Themengebiete und Fragestellungen sein. Das dafür zusam- mengestellte abteilungsübergreifende Projektteam erhält einen klaren, zeitlich begrenzten Auftrag zur Durchführung des Technologiemonitoring. Eine interdisziplinäre Zusammenset- zung des Teams erhöht die Akzeptanz im Unternehmen und schafft die Voraussetzung da- für, dass die relevanten Informationen ins Unternehmen kommuniziert werden. Projektbasier- tes Monitoring ermöglicht des Weiteren eine themenspezifische Einbindung von externen Experten.

Informelles Technologiemonitoring Einen wichtigen Beitrag zur Identifikation und Bewertung technologischer Trends leisten persönliche Kontakte sowie eine insgesamt informelle Kom- munikation im Unternehmen. Entsprechende Richtungsvorgaben können durch eine gezielte Kommunikation der Strategien gegeben werden. Ebenso können Mitarbeiter auf Informationen über attraktive Technologieentwicklungen sensibilisiert werden. Die Bereitstellung von finanziellen und zeitlichen Ressourcen sollte hierfür adäquat erfolgen.

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Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Identifizierung und Bewertung technologischer Trends im Handel
Hochschule
Technische Hochschule Wildau, ehem. Technische Fachhochschule Wildau
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
134
Katalognummer
V499541
ISBN (eBook)
9783346064851
ISBN (Buch)
9783346064868
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Technologische Trends, Handel, Identifizierung, Bewertung, Retail Technology Radar
Arbeit zitieren
André Böhme (Autor:in), 2015, Identifizierung und Bewertung technologischer Trends im Handel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/499541

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