Matthäusevangelium 6,25-34 - Analyse der Perikope und Bedeutung des Wortes ernten


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Matthäus 6,25 – 34 2
1.1 Textkritik
1.2 Textsegmentierung nach Propositionen
1.3 Textabgrenzung
1.4 Textzusammenhang
1.5 Gattungsanalyse
1.6 Situationsanalyse
6.6.1 Der Verfasser und sein Ort
6.6.2 Sitz im Leben Jesu
6.6.3 Verfassungssituation
6.6.4 Situation der Gemeinde
6.6.5 Wirkungsgeschichte
1.7 Traditionsanalyse
1.8 Redaktionsanalyse
1.9 Motivanalyse

2. qer°zw - ernten 13
2.1 Bedeutung in Mt 6,35-33
2.2 Bedeutung im Neuen Testament

3. Verzeichnis über die in der Arbeit verwendeten Bibelzitate 15

4. Zusatz Redaktionsanalyse

5. Literaturverzeichnis

1. Matthäus 6,25-34

25 Di- toÂto l-gw Ãm²n, mÑ merimn-te tÞ yucÞ Ãmòn t° f-gjte [Ù t° p°jte,] mjd- tþ sðmati Ãmòn t° -ndÀsjsqe. oÇc± Ó yucÑ ple²çn -stin tÒv trofÒv ka± tè sòma to -ndÀmatov?

26 -mbl-yate e¸v t- petein- to oÇrano êti oÇ spe°rousin oÇd- qer°zousin oÇd- sun-gousin e¸v -poqÐkav, ka± é patÑr Ãmòn é oÇr-niov tr-fei aÇt-; oÇc Ãme²v m-llon diaf-rete aÇtòn?

27 t°v d- -x Ãmòn merimnòn dÀnatai prosqe²nai -p± tÑn Ólik°an aÇto pÒcun -na?

28 ka± per± -ndÀmatov t° merimn-te? katam-qete t- kr°na to -gro pòv aÇx-nousin; oÇ kopiòsin oÇd- nÐqousin;

29 l-gw d- Ãm²n êti oÇd- Solomñn -n p-sÛ tÞ dçxÛ aÇto perieb-leto óv -n toÀtwn.

30 e¸ d- tèn cçrton to -gro sÐmeron ínta ka± aÈrion e¸v kl°banon ballçmenon é qeèv oÄtwv -mfi-nnusin, oÇ pollþ m-llon Ãm-v, ìligçpistoi?

31 mÑ oÊn merimnÐsjte l-gontev, T° f-gwmen? Ø, T° p°wmen? Ø, T° peribalðmeqa?

32 p-nta g-r taÂta t- qnj -pizjtoÂsin; oºden g-r é patÑr Ãmòn é oÇr-niov êti crÜzete toÀtwn -p-ntwn.

33 zjte²te d- pròton tÑn basile°an [to qeoÂ] ka± tÑn dikaiosÀnjn aÇtoÂ, ka± taÂta p-nta prosteqÐsetai Ãm²n.

34 mÑ oÊn merimnÐsjte e¸v tÑn aÈrion, Ó g-r aÈrion merimnÐsei -autÒv; -rketèn tÞ Óm-r- Ó kak°a aÇtÒv.[1]

25 Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung?

26 Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?

27 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kurze Zeitspanne verlängern?

28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.

29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.

30 Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgens ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!

31 Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen?

32 Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.

33 Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen: dann wird euch alles andere dazugegeben.

34 Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage[2].

1.1 Textkritik

Schon im Vers 25 findet sich die erste Unstimmigkeit zwischen den unterschiedlichen Handschriften. So dürfte die lange Fassung mit Ù t° p°jte trotz aufgrund einer Entsprechung zu Vers 31 (Ø, T° p°wmen) der ursprünglichen Fassung näher kommen als die Kurzfassung. Dagegen spricht jedoch eine formale Unsymmetrie.[3] Joachim Gnilka spricht davon, dass die Langfassung beizubehalten ist, da sie mit den Versen 26 und 31 eine Dreierstruktur bildet. Weniger wahrscheinlich dürfte der Anschluss mit ka± sein, wie es in der Bearbeitung des syrischen Textes durch Philoxenus zu finden ist[4].

Im Vers 28 lautet der bevorzugte Text oÇ kopiòsin oÇd- nÐqousin, wie es im Sinaiticus[1] u. a. zu finden ist[5]. „ Wahrscheinlich las der Sinaiticus ursprünglich: oÇ x-vousin (= xa±nousin) oÇd- nÐqousin oÇd- kopiòsin. Wegen des Dreier-schemas verdient diese LA Beachtung“[6].

Auch Vers 33 ist mit einer textlichen Unsicherheit behaftet. In vielen Handschriften findet man die Variation: Findet zuerst die Herrschaft Gottes und seine Gerechtigkeit. Da sich das Possessivpronomen aÇto auf é patÑr im Vers 32 bezieht und Herrschaft und Gerechtigkeit zusammenfasst, ist die Version des Sinaiticus zu jedoch zu bevorzugen[7].

1.2 Textsegmentierung nach Propositionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.3 Textabgrenzung

Mt 6,25–34 muss im Zusammenhang mit, und vor allem als Teil der in 5,1 beginnenden Bergpredigt gesehen werden, die neben den Seligpreisungen auch weitere Charakteristika und Handlungsmöglichkeiten eines vom Glauben an Gott erfüllten Menschen beschreibt. So gehört Mt 6,25-34 zu dem Teil der Bergpredigt, der über falsche und rechte Sorge spricht, beginnend in 6,19. Die Perikope endet mit dem Vers 35 desselben Kapitels. Die Bergpredigt selbst endet in Kapitel 7, Vers 29.

Die Stelle 6,25-34 knüpft mit Vers 25 an die vorhergehenden Lehren an und begründet, warum diese befolgt werden sollen[8]. Sie kann wie folgt grob gegliedert werden: Er beginnt mit einem Verbot (25), dessen Begründung aus der Erfahrung abgeleitet wird. Es folgt eine zweite, zu der ersten parallel laufende Begründung (28b-30), die mit einer kurzen Einleitung (28a) beginnt. In den Versen 31 bis 33 findet man eine Mahnung, welche die beiden vorhergehenden Verbote zusammenfasst.[9]Auffällig in diesem geschlossenen Text sind vor allem die Verse 27 und 34, die das Formschema sprengen[10].

1.4 Textzusammenhang

Die Einleiteworte Di- toÂto (25A) stellen die Verbindung zum vorhergehenden Vers 24 und in weiterer Folge zu den Versen 19-24 dar und geben den Grund an, welcher der folgenden Rede zu Grunde liegt. Das handelnde Subjekt ist im Verb l-gw enthalten und daher nicht näher bestimmt. Aus dem Zusammenhang geht jedoch hervor, dass Jesus als Subjekt auftritt (4,23). Die Angesprochenen - Ãm²n - sind das Volk, das sich um ihn versammelte (5,1). Es wird in weiterer Folge immer wieder angesprochen, alle weiteren Proformen, welche die Adressaten der Predigt betreffen, sind anaphorisch zu deuten[11]. Auch die Verbalformen in 25B C D, 26A F, 28A B, 31A C-E und 35A beziehen sich direkt auf die Hörer der Predigt. l-gw in Vers 29A beinhaltet wiederum Jesus als Subjekt. 25C-D bezieht sich direkt auf 25B. Beide Versabschnitte sind 25B als Nebensätze untergeordnet. 25E-F begründen, warum Sorge nicht angebracht ist und werten gleichzeitig Leben und Leib wichtiger als Nahrung und Kleidung. In der Folge der Rede tauchen immer wieder solche gegensätzliche Satzpaare auf. Das Fragepronomen t°v in 27A gibt keine bestimmte Person an, erhebt aber den universellen Anspruch, dass niemand in der Lage ist, sein Leben durch Sorge zu verlängern. Die Verbalformen aÇx-nousin,; kopiòsin und nÐqousin in 28C-E beziehen sich auf das Subjekt t- kr°na - die Lilien. Auch das Demonstrativpronomen toÀtwn in 29C muss im Hinblick auf die Lilien verstanden werden. Die Konditionalpartikel e¸ d-, die Vers 30 einleiten, deuten auf eine weitere Begründung, sich auf die Fürsorge Gottes zu stützen. 31A schließt mit seiner Forderung, sich keine Sorgen zu machen, wieder an das Anfangsplädoyer von 25B an. Die Sorgen, die in 31C-E beschrieben werden, werden in weiterer Folge in 32A als Probleme der Heiden dargestellt. Im deutschen Text wird häufig in 33A und B das Pronomen sein [Reich] bzw. seine [Gerechtigkeit] verwendet. Beide verweisen auf den himmlischen Vater von 32B. Im griechischen Text (z. B. Nestle-Aland) wird in Klammern der Genetiv to qeo hinzugefügt, um eine eindeutige Beziehung offensichtlich zu machen. Im Vers 34 wird durch oÊn eine Zusammenfassung des gesamten Textes angestrebt.

Im gesamten Text bildet die Wortfamilie „merimn-w“eine partielle Rekurrenz[12].

1.5 Gattungsanalyse

Mt 6,25-34 lässt sich grob in die Gattung der symbuleutischen Texte einordnen, je Textabschnitt in weitere Unterkategorien. Wie den Rest der Bergpredigt lässt sich auch dieser Abschnitt als protreptisch bezeichnen. Als protreptisch kann unter anderem die Aufforderung gelten, sich von anderen zu unterscheiden und unter Umständen seinen Weg in die andere Richtung als der Rest zu gehen. Eine solche Aufforderung findet sich in 6,31 – 33.[13]

Der gesamte Abschnitt kann den symbleutischen Argumentationen zugeordnet werden, genauer den Argumentationen in der Geschichte des Urchristentums.

„Die Rede über die Sorge bietet ein besonders großes Arsenal von Argumenten: Die Rede richtet sich doch wohl an eine sesshafte und relativ vermögende Gemeine, die vor dem Verlust der Prioritäten gewarnt wird“[14].

Als weitere Hinweise auf die Gattung der Argumentation gelten mit also eingeleitete Imperative, die Folgerungen aus dem vorher Genannten ziehen (31 und 34)[15].

Mt 6,26.28 kann zur Gattung der Beispiele gezählt werden, die in symbuleutischen Kontexten die Aufgabe hat, aus vergangenem Handeln Gottes eine Motivation für die Gegenwart abzuleiten. So soll z. B. Mt 6,26 und 28 zur Sorglosigkeit motivieren. Für die Tatsache, dass es sich hierbei um ein Beispiel handelt und nicht um einen Vergleich, spricht unter anderem, dass in den beiden Versen um eine Verhältnisbestimmung zwischen Gott und dem Nicht-Sorgenden geht[16].

Vers 27 ist ein Gleichnis im engeren Sinn und dient wiederum der Motivation zur Sorglosigkeit. Durch den symbuleutischen Kontext erhält der Vers auch eine argumentierende Funktion[17].

Mt 6,33 ist eine protreptische Anwendung einer einfachen Aufforderung. Darunter versteht man die Verwendung von Sätzen, die zum Wichtigen auffordern. So zeigen auch Vers 26 und 28 eine Aufforderung, Analogien und Gemeinsamkeiten wahrzunehmen und sie in das eigene Handeln aufzunehmen. Vers 28 hat zusätzlich die Funktion einer rhetorischen Frage mit Schelt-Charakter[18].

34b lässt sich in die Gattung der Sentenzen einordnen, deren Funktion darin liegt, am Ende einer Einheit als abschließender Kommentar oder Begründung einer Mahnung zu fungieren[19].

[...]


[1] Nestle-Aland: Das Neue Testament. Griechisch und Deutsch, 14f.

[2] Nestle-Aland, Neues Testament 14f

[3] Vgl. Luz, Mt 472

[4] Vgl. Gnilka, Mt 247

[5] Vgl. Gnilka, Mt 248

[6] Gnilka, Mt 248

[7] Gnilka, Mt 250

[8] Vgl. Luck, Mt 94

[9] Vgl. Luz, Mt 473

[10] Vgl. Luz, Mt 473

[11] 25A,B,C,D, 26A,E,F, 28A,B, 29A, 30D, 31A,B,C,D,E, 32B,C, 33A,B 34

[12] 25B, 27A, 28A, 31A, 34A, 34B

[13] Vgl. Berger, Formgeschichte 218

[14] Berger, Formgeschichte 94

[15] Vgl. Berger., Formgeschichte 98

[16] Vgl. Berger, Formgeschichte 29

[17] Vgl. Berger Formgeschichte 46

[18] Vgl. Berger, Formgeschichte 117f, 198

[19] Vgl. Berger, Formgeschichte 65

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Matthäusevangelium 6,25-34 - Analyse der Perikope und Bedeutung des Wortes ernten
Hochschule
Universität Salzburg  (Fachbereich Bibelwissenschaften und Kirchengeschichte)
Veranstaltung
Einführung in die Methoden der Bibelauslegung
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V49841
ISBN (eBook)
9783638461962
ISBN (Buch)
9783640328581
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Analyse der Perikope nach klassischem Modell (Textkritik, Situationsanalyse, Textabgrenzung, etc.)
Schlagworte
Matthäusevangelium, Analyse, Perikope, Bedeutung, Wortes, Einführung, Methoden, Bibelauslegung
Arbeit zitieren
Gertraud Proßegger (Autor:in), 2005, Matthäusevangelium 6,25-34 - Analyse der Perikope und Bedeutung des Wortes ernten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49841

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