Zusammenhang zwischen Erziehung, Bildung und gutem Unterricht


Seminararbeit, 2018

18 Seiten, Note: 1,0

Sophie Koenen (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1 Bildung
2.2 Erziehung
2.3 Unterricht

3. Theorie der Schule

4. Zehn Kennzeichen eines guten Unterrichts

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der folgenden Arbeit wird mein Verständnis der Begriffe Bildung, Erziehung und Unterricht anhand verschiedener Autoren beleuchtet. Anschließend wird eine Theorie der Schule erläutert. Auf deren Grundlage und der Grundlage der vorangegangenen Definitionen werden schließlich zehn Kennzeichen eines guten Unterrichts benannt und veranschaulicht.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Bildung

Der Begriff Bildung wird sowohl im Alltag als auch im Zusammenhang mit Schule sehr häufig verwendet. Oft wird jedoch nicht ausreichend oder überhaupt nicht definiert, was Bildung im jeweiligen Kontext bedeutet. Klaus Zierer (2016) versteht Bildung als einen „intrapersonale[n], lebenslange[n] Prozess, der den ganzen Menschen als „Leib-Seele-Geist-Einheit“ umfasst und in dem er seine Persönlichkeit wesensgemäß und seinsgerecht entfaltet“ (S. 68). Im Folgenden wird erläutert, was dies bedeutet und woraus sich Bildung demnach zusammensetzt.

Wilhelm von Humboldt nennt Bildung den „Weg der Individualität zu sich selbst“ (Wiater, 2013, S. 92). Laut ihm ist Bildung also hauptsächlich eine Bildung des Individuums und somit eine Entwicklung der Einzigartigkeit des einzelnen Menschen. Sie muss aufgrund des von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Lebenskontextes1 für jeden Menschen unterschiedlich gestaltet sein. Dies stellt die seinsgerechte Komponente der Bildung dar. Der Aspekt der Wesensgemäßheit der Bildung wird vor allem bei Wilhelm Friedrich Hegel und Hartmut von Hentig deutlich. Hegel spricht von der „Allgemeinwerdung“ (Wiater, 2013, S. 97) des Menschen. Diese soll durch das Kennenlernen der Welt, insbesondere durch das Kennenlernen von andersartigen Dingen, Lebensweisen und Sachverhalten, vollzogen werden (ebd.). Von Hentig bezeichnet Bildung als „den Vorgang, in dem der Mensch das wird, was er ist“ (Zierer, 2016, S. 60). Die Personwerdung des Menschen vollzieht sich laut Hegel und von Hentig also durch Bildung. Zu ihr gehört auch „dem Nicht-Wissen einen Platz einzuräumen und den Irrtum als menschlich zu betrachten“ (Dörpinghaus & Uphoff, 2013, S. 328). Wenn der Mensch durch Bildung zur Person wird, muss Bildung in diesem Punkt für alle Menschen gleich sein und ist somit wesensgemäß. Eine wesensgemäße Bildung ist gleichzeitig immer eine Selbstbildung. Hentig (2009) verweist hierzu auf die Reflexivität des Verbs sich bilden (S. 39). Es drückt aus, dass Bildung nicht von einer Person auf eine andere übertragen werden kann, sondern immer von einem Menschen für sich selbst stattfinden muss. Hier wird die Intrapersonalität von Bildung offensichtlich. Die Seinsgerechtheit und Wesensgemäßheit der Bildung stehen „in einem engen Wechselwirkungsverhältnis“ (Zierer, 2016, S. 63). Dementsprechend setzen sie sich einander voraus und determinieren sich gegenseitig.

Da Bildung wesensgemäß und seinsgerecht stattfindet, bezieht sie sich auf den gesamten Menschen (Zierer, 2016, S. 65). Folglich kann sie nicht nur empirische Elemente wie Wissen, Können, Fertig- und Fähigkeiten, sondern muss auch die Entwicklung und Modifikation normativer Elemente wie Haltungen, Werte und Einstellungen miteinbeziehen. Insgesamt ist Bildung somit verantwortlich für die Entfaltung der Persönlichkeit eines jeden Menschen (Wiater, 2013, S. 102).

Infolgedessen ist sie eine lebenslange Aufgabe, denn der bildende Einfluss der Lebenswelt findet ständig statt (Zierer, 2016, S. 66). Daraus erschließt sich, dass Bildung kein Ende hat. Sie ist folgerichtig ein dynamischer Prozess und kein Ergebnis (Zierer, 2016, S.67). Wenn Bildung als Ergebnis festgehalten wird, stellt dies stets nur eine „Momentaufnahme“ dar (ebd.).

Bei Klafki (2013) wird Bildung in materiale und formale Bildung unterteilt (S. 62). Die materiale Bildung beinhaltet die Bildungsinhalte, die formale Bildung konzentriert sich hingegen auf die Entwicklung der Seele des Lernenden (ebd.). Er fordert die Zusammensetzung materialer und formaler Bildung und nennt diese kategoriale Bildung (Klafki, 2013, S. 68). Durch diese Zusammensetzung der beiden Ebenen von Bildung findet eine „doppelseitige Erschließung“ (Wiater, 2013, S. 102) des Bildungsinhaltes statt. Das heißt, dass sich dem Menschen einerseits Inhalte auf Ebene der materialen und andererseits Haltungen auf Ebene der formalen Bildung erschließen. Diese Kombination stellt schließlich die kategoriale Bildung dar und umfasst die „Leib-Seele-Geist-Einheit“ (Zierer, 2016, S. 68) des Menschen. Theodor Wiesengrund-Adorno warnt ausdrücklich davor, die normativen Elemente der Bildung zu vernachlässigen (Wiater, 2013, S. 100). Wenn Bildung auf ihren ökonomischen Nutzen reduziert wird und deshalb nur Wissen ohne Werte vermittelt werden, kommt es zu einer Halbbildung (Wiesengrund-Adorno, 1978, S. 89). Wiesengrund-Adorno (1978) nennt diese den „Todfeind“ (S.95) der Bildung. Demnach darf die formale Bildung nicht zu Gunsten der materialen Bildung vernachlässigt werden, wenn Bildung als solche garantiert werden soll.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Bildung eine seinsgerechte und wesensgerechte Komponente haben muss, ein lebenslanger und intrapersonaler Prozess ist und durch die Vermittlung von materialer und formaler Bildung auf den ganzen Menschen bezogen stattfinden muss, wie eingangs von Zierer (2016) definiert.

2.2 Erziehung

Über Jahrhunderte hinweg wurden unzählige, teils widersprüchliche Definitionen des Begriffs Erziehung formuliert. So ist Jean-Jaques Rousseau (1983) in den 1760er Jahren der Meinung, dass Erziehung die Differenz dessen ist, was der Mensch von Geburt an hat und was er als Erwachsener benötigt (S. 10). Er geht davon aus, dass der Mensch von Natur aus gut ist (Kuhlmann, 2013, S. 33). Erziehung erfolgt laut ihm dadurch, dass das Kind von störenden Einflüssen abgeschirmt wird und zur Erziehung notwendige Einflüsse bereitgestellt werden. Ein aktives Eingreifen des Erziehenden in die Entwicklung des Kindes ist nicht vorgesehen. So lautet seine Forderung „durch Nichtstun alles zu tun“ (Rousseau, 1983, S. 104). Dieses scheinbare Nichtstun, das nur aus Beobachtung und Beeinflussung der Umwelt besteht, wird „negative Pädagogik“ genannt. Der Erzieher gleicht hier einem Gärtner, der das Kind großzieht, ohne es maßgeblich zu beeinflussen (Zierer, 2016, S. 28). Als Gegensatz dazu existiert die Auffassung des Erziehenden als Handwerker, der das Kind formt (a.a.O., S. 29). Diese Position wird beispielsweise von John Locke in den 1690er Jahren vertreten (ebd.)2.

An beiden genannten Theorien ist jedoch Kritik zu üben. Bei der Sicht des Erziehers als Gärtner wird die Dialogizität des Menschen unterschlagen (Zierer, 2016, S. 29). Der Mensch als Wesen braucht einen Gegenüber, mit dem er interagieren kann. „Der Mensch wird am Du zum Ich“ (Buber, 1958, S. 29), lautet Martin Bubers berühmtes Zitat, das die Dialogizität des Menschen in einem Satz ersichtlich macht. Erziehung muss demnach ein „interpersonaler Akt“ (Zierer, 2016, S. 42), also eine Interaktion zwischen Erzieher und Zögling sein.

Bei der Sicht des Erziehers als Handwerker wird hauptsächlich die Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen unterschlagen und somit auch seine Unberechenbarkeit (a.a.O., S. 29). Es wird erwartet, dass der Erzieher den Zögling ohne dessen Widerstand oder Äußerung eines gegenteiligen Willens nach seinen Vorstellungen formen kann. Erziehung ist allerdings ein Versuch, bei dem man eben nicht voraussagen kann, was geschieht oder ob das gewünschte Resultat erreicht wird (Brezinka, 1990, S. 87). Der Zögling muss sich immer aufgrund seines freien Willens für die Erziehung entscheiden, damit diese Erfolg haben kann. Dann kann sie ihm als „Lebenshilfe“ dienen (Brezinka, 1971, S. 207). Sie zielt darauf ab, den Zögling in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen und zu lenken (Zierer, 2016, S. 37).

Ein weiteres wichtiges Merkmal von Erziehung ist ihre Intentionalität: Erziehung wird immer vorsätzlich und mit einer bestimmten Absicht ausgeführt (Zierer, 2016, S. 34), denn wie in den vorausgehenden Schilderungen angemerkt, geschieht der Prozess der Erziehung zwischen zwei Personen, von denen eine versucht, der anderen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu helfen und dazu deren Einverständnis benötigt. Diese Handlung kann nur bewusst ablaufen.

Wie im vorherigen Kapitel festgehalten, findet Persönlichkeitsentwicklung lebenslang statt. Daraus lässt sich folgern, dass Erziehung ebenfalls ein lebenslanger Prozess ist und sich nicht nur auf Kinder beschränken kann. Helmut Zöpfl und Herbert Huber (1990) bezeichnen die Einschränkung des Erziehungsbegriffs auf Kinder sogar als „widersinnig“ (S.102).

Erziehung lässt sich demnach festhalten als eine intentionale Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung des Zöglings seitens des Erziehers und stellt einen lebenslangen Prozess dar.

2.3 Unterricht

Die etymologische Betrachtung des Verbs unterrichten, führt zum mittelhochdeutschen Verb underrihten, das die Bedeutung einrichten, anweisen, zurechtweisen trug (Zierer, 2016, S. 43). Heute wird unterrichten reflexiv und nicht-reflexiv gebraucht. In der reflexiven Verwendung bedeutet es sich Kenntnis verschaffen, im nicht-reflexiven Gebrauch steht es für lehren oder einen anderen Menschen informieren (ebd.). Ebenso wird Unterricht von Seiten der Lernenden in der reflexiven Bedeutung verstanden, von Seiten der Lehrperson hingegen in der nicht-reflexiven Bedeutung als Lehren gesehen (ebd.).

Während die Termini Erziehung und Unterricht nun auf den ersten Blick streng voneinander trennbar erscheinen, lehnt dies die Pädagogik konsequent ab (Zierer, 2016, S. 44). Unterricht wird vielmehr als eine „Sonderform der Erziehung“ (Zöpfl & Huber, 1990, S.103) charakterisiert. Ein offensichtlich gemeinsames Merkmal ist die Intentionalität. Wie bereits erwähnt, kann Erziehung nur bewusst ablaufen. Ebenso verhält es sich mit Unterricht: er verläuft bewusst, absichtlich und geplant. Die Lehrperson ist sich ihrer Rolle als jene bewusst und versucht, Wissen, Fertigkeiten, Werte und Haltungen zu vermitteln (Sandfuchs, 2004, S. 490). Bei genauer Betrachtung weist Unterricht einen um einiges höheren Grad an Planmäßigkeit als Erziehung auf. Es liegt für den Unterricht ein Lehrplan vor, in dem die Lerninhalte bestimmt sind, die Unterrrichtszeiten sind von der jeweiligen Institution fest vorgegeben und die Zielerreichung wird durch Klausuren et cetera kontrolliert (Zierer, 2016, S. 47).

Jedoch hat auch Unterricht trotz seinem hohen Grad an Planung Grenzen: er ist gleich der Erziehung ein Versuch. Wie bereits im vorherigen Absatz beschrieben, versucht die Lehrperson, Inhalte zu vermitteln. Auch Unterricht erfordert das Einverständnis des Lernenden, der frei in seiner Entscheidung ist, diesem ablehnend gegenüberzustehen. Dementsprechend ist ein Erfolg von Unterricht gleich dem der Erziehung nicht obligatorisch (a.a.O., S. 491).

Unbestreitbar ist die Dialogizität des Unterrichts. Unterricht erfolgt immer durch den Einsatz einer Lehrperson, die die Lernenden unterrichtet. Auch im Merkmal Dialogizität stimmen Erziehung und Unterricht folglich überein. Im Gegensatz zur Erziehung tritt im Unterricht aber ein bestimmter Sachverhalt, der sogenannte Unterrichtsstoff „als Bindeglied zwischen beide[n] Personen“ (Zierer, 2016, S. 45). Die Lehrperson, der Lernende und der Unterrichtsstoff stehen in einem engen Wechselwirkungsverhältnis zueinander und sind gleichwertig. Das wird im Didaktischen Dreieck veranschaulicht, ein Dreieck, dessen Ecken mit Schüler, Stoff und Lehrer betitelt sind (a.a.O., S. 46). Auf diese Konstellation wirken sich zusätzlich Faktoren des inneren und äußeren Umfelds aus, in dem der Unterricht stattfindet (ebd.). Unterricht ist und soll also gut geplant sein, besser als es bei Erziehung normalerweise der Fall ist.

Um diesem Anspruch Genüge zu tun, muss eine gute Ausbildung der Lehrperson gegeben sein. Im Gegensatz zur Erziehung, die vor allem auch im häuslichen Umfeld stattfindet, ist der Unterricht professionalisiert, das heißt, die Lehrperson muss sozusagen ein „Spezialist“ (Zierer, 2016, S. 48) in ihrem Gebiet sein.

Ein weiterer Unterschied zur Erziehung lässt sich hieraus folgern: die Institutionalisierung von Unterricht. Institutionalisierung versteht sich als „als eine klare Rollenverteilung der unterrichtenden und der zu unterrichtenden Menschen“ (a.a.O., S. 49) und die Vorgabe von Richtlinien und Regeln, die die Rahmenbedingungen des Unterrichts vorgeben (Zierer, 2016, S. 50). Diese Institutionalisierung ist bei jeglicher Art von Unterricht zu finden, nicht jedoch bei allem erzieherischen Handeln.

Dennoch sind Unterricht und Erziehung untrennbar miteinander verbunden, was bereits an den geschilderten gemeinsamen Merkmalen deutlich werden dürfte. Zudem weißt der Bildungs- und Erziehungsvertrag der Bayerischen Verfassung schon im Titel darauf hin, dass im Unterricht auch erzogen werden soll.

Unterricht weist also, wie in der vorhergehenden Schilderung erläutert, die gleichen Merkmale wie Erziehung auf, einige sind ein wenig akzentuierter und einige wenige kommen hinzu. Alles in allem ist so eindeutig Zöpfl und Hubers (1990) Definition von Unterricht als eine „Sonderform der Erziehung“ (S.103) widerspruchslos anzuerkennen.

3. Theorie der Schule

Eine bekannte Theorie der Schule geht auf Helmut Fend zurück. Er ordnet die Schule als Bildungssystem in einen „größeren gesellschaftlichen Zusammenhang“ (Fend, 2008, S. 11) ein. Seine Grundannahme lautet, dass „Bildungssysteme als institutionelle Akteure der Menschenbildung“ (ebd.) dienen. Bildungssysteme werden nicht als autonome, geschlossene Akteure betrachtet, sondern stehen im wechselseitigen Austausch mit anderen Systemen (Trieb, 2017, S. 274).

Die wichtigsten Bezugssysteme des Bildungswesens sind das politische System, das ökonomische System, beziehungsweise die Wirtschaft, das kulturelle System und die Sozialstruktur (Fend, 2008, S. 36). So liefert das Bildungssystem beispielsweise Qualifikationen, beziehungsweise qualifizierte Arbeitskräfte, im Austausch gegen finanzielle Mittel des ökonomischen Systems (ebd.).

[...]


1 Vgl. hierzu Heidegger, 2001, S. 135: „Geworfenheit dieses Seienden in sein Da“

2 Vgl. hierzu Locke & Wohlers, 2007

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Zusammenhang zwischen Erziehung, Bildung und gutem Unterricht
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
18
Katalognummer
V497883
ISBN (eBook)
9783346018908
ISBN (Buch)
9783346018915
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zusammenhang, erziehung, bildung, unterricht
Arbeit zitieren
Sophie Koenen (Autor:in), 2018, Zusammenhang zwischen Erziehung, Bildung und gutem Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497883

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