Sensomotorische Interventionen bei Stoffwechselerkrankungen

Eine Untersuchung von Einflüssen auf die Handschrift bei Parkinson-Patienten


Bachelorarbeit, 2017

65 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Morbus Parkinson
2.1.1 Epidemiologie und Ätiologie
2.1.2 Diagnostische Kriterien der Parkinson-Krankheit
2.1.3 Zu Basalganglien und Lewy-Körperchen
2.1.4 Zum Cue oder Hinweisreiz
2.1.5 Zum On-Off-Phänomen
2.1.6 Zur Motorischen Rehabilitation
2.1.7 Zur Prognose der PPs
2.2 Mikrographie
2.3 Placebo-Effekt
2.4 Zur Intervention Kinesio-Taping

3. Methodik und Material
3.1 Praktische Durchführung
3.2 Hypothese
3.3 Studiendesign
3.3.1 Washout-Phase, Carryover-Effekt und Tagesbaseline
3.3.2 Randomisierung
3.3.3 Doppelte Verblindung
3.3.4 Test-Ort und Test-Zeitpunkte
3.4 Die Tape-Interventionen
3.5 Die Personenstichprobe und Anonymisierung der PPs:
3.6 Handschriftentests
3.6.1 Zum 1. Test, dem Mäandertest MT
3.6.2 Zum 2. Test, dem Handschriftentest/ Schwellentest (ST) nach Haase

4. Ergebnisse
4.1 Der Zeitbedarf beim Schreiben
4.2 Beschreibende Erläuterungen zur Auswertung der Ergebnisse
4.3 H-W-S-auffällig beim ST waren
4.4 Der MT, die AT1-und die RT1-Sequenzen im Vergleich des Zeitbedarfs
4.5 Der MT, die AT1-und die RT1-Sequenzen im Vergleich der getroffenen Ecken
4.6 Der MT, die AT1-und die RT1-Sequenzen im Vergleich der Abweichungen
4.7 FPKOO und HPBOO, auffällig beim ST in ihrer jeweiligen Sequenz
4.8 Besonderheiten beim Vergleich aller RT1- und AT1-Beginner
4.9 Die nachträgliche Selbsteinschätzung der PPs
4.10 Adverse Event und Serious Adverse Event

5. Diskussion
5.1 Kritische Betrachtung des Studienaufbaues und methodischen Vorgehens
5.1.1 Design
5.1.2 Die Vergleichbarkeit und Homogenität der Sequenzen
5.2 Kritische Betrachtung der Ergebnisse

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Hinweis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Haltung eines-Patienten (Mumenthaler und Mattle, 2002, S. 241)

Abb. 2: Beispiele für Mikrographien

Abb. 3: Sinnesorgane der Haut und physikalisches Modell des Tapings

Abb. 4: Viszerokutaner Reflexbogen (Schünke et al./Prometheus 2006, S. 318)

Abb. 5: Steuerung des peripheren vegetativen Nervensystems durch höhere Zentren

Abb. 6: Studienaufbau

Abb. 7: Positionierung des Armtapes

Abb. 8: Positionierung des Rückentapes

Abb. 9: Elektronische Handschriftenmessung

Abb. 10: 4 Mäander auf einem DIN A4-Blatt, längste Seitenlänge 5 cm, kürzeste 1 cm

Abb. 11: Optisch unliniertes Blatt mit Zeilenmarkierungen

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Ätiologie des Parkinson-Syndrom (Mumenthaler und Mattle 2002, S. 243)

Tab. 2: Auswahl sensorischen Cueings

Tab. 3: Schreibtest (ST)-Auszug aus der deskriptiven Statistik- nur Veränderungen ≥ 13%

Tab. 4: Mäandertest (MT) - Auszug aus der deskriptiven Statistik -Veränderungen bei der benötigten Zeit

Tab. 5: Mäandertest (MT) – Auszug aus der deskriptiven Statistik - Veränderungen bei den getroffenen Ecken

Tab. 6: Mäandertest (MT) –Auszug aus der deskriptiven Statistik - Veränderungen bei den Abweichungen

Tab. 7: Ergebnisse von FPKOO und HPBOO, auffällig beim ST in ihrer Sequenz

Tab. 8: Schreibtest (ST)-Ergebnisse von FPKOO und PPEOO

Tab. 9: Mäandertest (MT) Ergebnisse in der Summe aller 4 Mäander bei den AT-Beginnern

Tab. 10: Mäandertest (MT) Ergebnisse in der Summe aller 4 Mäander bei den RT-Beginnern

Abkürzungsverzeichnis

AT (1 oder 2) Armtape (als 1. oder 2. Intervention)

AT-Beginner Sequenz-Reihenfolge AT1-RT2

GF Gesamtfläche

H-W-S Haase-Wirkungs-Schwelle

H&Y Hoehn & Yahr

IPS Idiopathisches Parkinson-Syndrom

KT Kinesiotape

MP Morbus Parkinson

MT Mäander Test

PD Parkinson`s Disease

PNS Peripheres Nervensystem

PP(s) Parkinson-Patient(en)

RT (1 oder 2) Rückentape (als 1. oder 2. Intervention)

RT-Beginner Sequenz-Reihenfolge RT1-AT2

SPSS ein spezielles Statistikprogramm

ST Handschriftentest/Schwellentest nach Haase

VZ Vierzeiler

VNS Vegetatives Nervensystem

WDR-Neuron Wide-Dynamic-Range-Neuron

ZNS Zentrales Nervensystem

Vorwort

„Ob wir nun aber unsere Bemühung bloß für anatomisch erklären,

so müsste sie doch, wenn sie fruchtbar,

ja wenn sie in unserem Falle auch nur möglich sein sollte,

stets in physiologischer Rücksicht unternommen werden.

Man hat also nicht bloß auf das Nebeneinandersein der Teile zu sehen,

sondern auf ihren lebendigen, wechselseitigen Einfluss,

auf ihre Abhängigkeit und Wirkung.“

(J.W. von Goethe, 1796)

Diese Bachelorarbeit im Fach Motorische Neurorehabilitation ist 2017 an der Universität Konstanz mit dem Titel „Bei Parkinson-Patienten hat ein speziell angelegtes Kinesiotape Wirkung auf deren Handschrift“ eingereicht worden. Mein Dank gilt allen Menschen, die mich wissentlich oder unwissentlich in irgendeiner Weise auf dem Weg zum Abschluss der vorliegenden Arbeit begleitet, motiviert, unterstützt oder herausgefordert haben.

Ein besonderer Dank geht an meine Patienten und an die Studienteilnehmer mit ihren Familienangehörigen, ohne deren beeindruckendes Mitwirken das Projekt nicht hätte durchgeführt werden können; an meinen Mann Manfred Krugmann, der großes Verständnis für ein weiteres Studium hatte; an Carina Binder, Sabine Cierocki und Rolf Dalhoff für ihre technische Hilfe bei der Durchführung der Studie; an Dr. Verena Fenner für die Klärung offenen Fragen der Statistik; an meine Tochter Caroline Krugmann für das Wecken meines Interesses an wissenschaftlichem Arbeiten und an Prof. Dr. Christian Dettmers für seine mir sehr entgegenkommende Art des Betreuens durch sein unnachahmliches, ausgewogenes Fördern und Fordern.

Sollte in nachfolgendem Text zur Erleichterung der Lesbarkeit nur eines der Geschlechter verwendet werden, so sind damit aber immer geschlechtsneutral alle gemeint.

Abstract

Use of Kinesio Tape affects the handwriting of Parkinson’s disease patients

Problem definition

Treatment of Parkinson’s disease (PD) patients with a specific Kinesio Tape (KT) therapy for spinal adjustment showed a surprising secondary effect on the handwriting, notably on the micrography. This bachelor thesis tackles the question if there is convincing scientific evidence for this effect i.e. can one observe it systematically while avoiding bias by a placebo effect.

Research question

Does a specific KT therapy affect the handwriting of PD patients?

Research methods

The experimental study runs with10 patients as randomized controlled and double-blinded crossover trial. The experimental group has the intervention with a KT specifically applied on the patients’ backs assessed. The patients in the control group have the intervention of a KT applied on their upper arms where an effect on writing was presumed by the motor skills of arm and hand.

Results

Experimental intervention tends to show larger changes in the typeface than in the control intervention. Due to the crossover design of this pilot study with 4 sequences and n = 5 significance is not calculated.

Discussion

The different KT interventions affect the handwriting and – to some extend – with clear indication. Based on these results a pure placebo effect is unlikely. Both KT applications pose an effective tactile cue and also activate the direct or indirect muscle activity. The actual location of the KT is central to the extent of the changes in the typeface.

Conclusions

The observations made in this study suggest for further studies on the effect of sensorimotor interventions within motor rehabilitation on the autonomic nervous system (ANS). An obvious follow-up study could focus on the effect of KT applied on patients’ backs on the ANS via the truncus sympathicus or, alternatively, a corresponding manual mobilization. This could yield a temporary therapeutic treatment for the on-off fluctuations of PD patients.

1. Einleitung

Im Rahmen einer Modifizierung allgemein gelehrter Möglichkeiten, mit Kinesiotapes einen dreidimensionalen Weg in die Aufrichtung der Wirbelsäule zu unterstützen, erhielt ein Parkinson-Patient (PP) während meiner physiotherapeutischen Behandlung diese Aufrichte-Hilfe. Daraufhin zeigten sich mehrere, über die intendierte Wirkung hinausgehende Veränderungen. Vier weitere Parkinson-Patienten (PPs) wurden gleichermaßen getaped, um die beim ersten Patienten gemachte Beobachtung zu überprüfen.

Die protokollierten Reaktionen der Gangverbesserung mit Armpendel ließen sich über die vermehrte Aufrichtung erklären. Auch die verbesserte Stimmung war nicht überraschend, denn die psychophysische Wechselwirkung der inneren und äußeren Haltung ist im Alltag bekannt. Brügger sagt dazu (1980, S. 790): „Tatsächlich leiden viele Menschen an einer unbestimmten allgemeinen Müdigkeit, die sie auch im Nacken, Schultergürtel und Rücken verspüren. [und] dass die genannten Beschwerden zurückgehen, wenn die Betroffenen eine, ihren Organismus entlastende, aufrechte Körperhaltung einnehmen und diese auch in den Arbeitsstellungen beibehalten“. Was aber verblüffte, war die nach wenigen Stunden erkennbar einsetzende Veränderung des Schriftbildes: Alle fünf medikamentös eingestellten PPs konnten diesen Effekt beobachten.

Im Rahmen dieser Arbeit sollte deshalb unter Studienbedingungen untersucht werden, ob das Schriftbild von PPs sich tatsächlich unter dem Einfluss dieses Tapes auf dem Rücken verändern würde. Wäre dies der Fall, so muss davon ausgegangen werden, dass neben einem möglichen Placebo-Effekt und der Wirbelsäulen-Aufrichtung auch etwas anderes als nur die für das Schreiben benötigte Muskulatur beeinflusst wird.

In Kapitel 2 werden zunächst das Krankheitsbild Morbus Parkinson sowie seine für diese Untersuchung besonders relevanten Phänomene und die damit verbundenen Herausforderungen für die (motorische) Therapie erläutert. Anschließend wird der theoretische Hintergrund der für diese Untersuchung gewählten Intervention mit Kinesio-Tape dargelegt. Kapitel 3 beschreibt das Studiendesign und die praktische Durchführung. In Kapitel 4 folgen die Darstellung der Ergebnisse und eine gesonderte Betrachtung von Einzelfällen. In Kapitel 5 werden das Vorgehen und die Ergebnisse kritisch diskutiert und in einen größeren Zusammenhang eingeordnet. Den Abschluss bildet Kapitel 6 mit dem Fazit zur durchgeführten Untersuchung.

Die Ergebnisse der Studie sollen grundlegend zum erweiterten Verständnis der kausalen Zusammenhänge bei der Parkinson-Erkrankung und der zur Motorischen Therapie benötigten Lösungsansätze beitragen. Die große klinische Bedeutung nicht-medikamentöser Therapien und deren Einfluss auf die Pharmakon-refraktären Langzeitprobleme des IPS werden in der DGN S3-Leitlinie-Kurzversion Idiopathisches Parkinson-Syndrom (2016) betont.

2. Theoretischer Hintergrund

2.1 Morbus Parkinson

„Wer auch immer versucht, in dem alles durchdringenden System der verschiedenen Nerven Einzelheiten herauszugreifen, beugt sich demütig der Tatsache, dass man nicht wirklich weiß, wo anfangen, wie hierarchisieren, weil in einer Synergie keine Hierarchie besteht“, sagt Sonnenschmidt (2016, S. 45). Besser kann die Herausforderung nicht beschrieben werden, der man sich stellt, sobald man das Krankheitsbild Parkinson im begrenzten Rahmen dieser Arbeit und doch umfassend beschreiben möchte. Denn den Parkinson gibt es wohl nicht- jeder Betroffene hat seinen eigenen Parkinson. Die Wahl zwischen der Auflistung allgemein bekannter und bei Bedarf leicht nachzulesender Fakten- und der Auswahl nur derjenigen Abschnitte, die zum Verständnis der nachfolgenden Studie erforderlich sind, fiel deshalb auf Letzteres, stichwortartig ergänzt durch neurologisches Grundlagenwissen.

2.1.1 Epidemiologie und Ätiologie

Morbus Parkinson gehört zu den häufigsten neurodegenerativen Krankheiten weltweit. Rijk, Launer, Berger et al. (2000) beschreiben für Mittel- und Nordeuropa eine Prävalenz von etwa 160/100.000 Einwohnern. Schäffer und Berg (2017) beschreiben die Prävalenz als altersabhängig zwischen 0,4% bei den 50-54jährigen bis zu 4% bei den über 80jährigen.

Zur Ätiologie schreibt Ceballos-Baumann (2014, S. 60): „Kennzeichen für das IPS und die Lewy-Körper-Demenz sind intraneuronale Einschlusskörper, sog. Lewy-Körper, die größtenteils aus Alpha-Synuclein bestehen. Bei anderen Parkinson-Syndomen (Parkinson-Plus), wie der Multisystematrophie (MSA), dem vaskulären Parkinson-Syndrom im Rahmen einer subcortikalen vaskulären Enzephalopathie (SVE) und der progressiven supranukleären Paralyse (PLS) kommt es aufgrund einer prä- oder postsynaptischen Störung der Dopaminprojektion zu ähnlichen Symptomen“. Eine weitere Auflistung zur Ätiologie findet sich in (Tab. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1 Abbildung1

Tab. 1: Ätiologie des Parkinson-Syndrom (Mumenthaler und Mattle 2002, S. 243)

Abb. 1: Haltung eines-Patienten (Mumenthaler und Mattle, 2002, S. 241)

2.1.2 Diagnostische Kriterien der Parkinson-Krankheit

Zu den Parkinson-Kardinalsymptomen sagt Turbanski (2005, S.8), sich auf Gerlach et al. (2003); Mumenthaler & Mattle (2002) und Lemke et al. (2004) beziehend: „Als Kardinalsymptome gelten inzwischen Rigor, Tremor, Bradykinese bzw. Akinese und die posturale Instabilität […] Diese Symptome führen zusammen zu einer allgemeinen Beeinträchtigung der primären Bewegungsautomatismen der Patienten. Diese motorischen Einbußen behindern sowohl die Kleinmotorik (Mikrographie im Schriftbild) als auch die Großmotorik (Gang und Haltung) [(Abb. 1)]. Neben den Hauptsymptomen werden die Patienten darüber hinaus von vegetativen und psychischen Störungen (v. a. Depressionen) beeinträchtigt, die sich ebenfalls nachhaltig auf die Lebensqualität der Patienten auswirken“.

Aktuell stellte eine Arbeitsgruppe der International Parkinson and Movement Disorders Society (MDS) um Schäffer und Berg (2017) neue klinische Diagnosekriterien vor. Dabei werden den nicht-motorischen Symptomen und den autonomen Funktionsstörungen mehr Bedeutung als bisher zugestanden. Die posturale Instabilität sollte aufgrund ihres z.T. im Krankheitsverlauf erst späten Auftretens nicht mehr zu den Kardinalsymptomen gezählt werden.

Nachfolgendes ist in Anlehnung an Frommelt und Lösslein (2010) zusammengefasst:

- Verschiedene unterstützende Kriterien zur Diagnose einer Parkinsonerkrankung sind ein einseitiger Beginn, Ruhetremor, persistierende Seitendominanz, Ansprechen auf L-Dopa (initial 5 Jahre) und L-Dopa-Dyskinesien. Es handelt sich um eine langsam progrediente Erkrankung (> 10 Jahre).
- Ausschlusskriterien einer Parkinsonkrankheit sind ein apoplektischer Beginn und Remission, eine ausschließliche Einseitigkeit > 3 Jahre, fehlendes Ansprechen auf L-Dopa, zerebelläre Zeichen und eine supranukleäre Blickparese. Weiter gehören Pyramidenbahnzeichen, eine frühe Demenz mit Sprachstörungen und Apraxie, Tumoren, Enzephalitis und Hydrozephalus dazu, ebenso wie Parkinson-induzierende Pharmaka zu Beginn.

Die Klassifikation der Parkinsonsyndrome ergibt nach Frommelt und Lösslein (2010) folgendes:

- Zu den neurodegenerativen Parkinsonsyndromen gehören die Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson), die Multisystematrophie vom Parkinsontyp (MSA), die progressive supranukleäre Blicklähmung, die Demenz mit Lewy- Körperchen, die kortikobasale Degeneration und das Parkinsonsyndrom bei Morbus Alzheimer.
- Zu den symptomatischen Parkinsonsyndromen zählt das medikamentös induzierte Parkinsonsyndrom (z.B. Neuroleptika, Metoclopramid, Flunarizin), das Parkinsonsyndrom bei Intoxikation (z.B. Kohlenmonoxyd, Mangan, Cyanid, Methanol, MPTP) und das Parkinsonsyndrom bei Basalganglienläsionen (z. B. Enzephalitis, Infarkt, Hypoxie, posttraumatisch).
- Zu den Pseudo-Parkinsonsyndromen werden der Normaldruckhydrozephalus und die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie gerechnet.

2.1.3 Zu Basalganglien und Lewy-Körperchen

sagen Dudel, Menzel und Schmidt (2001), dass sich beim gesunden Menschen die Verschaltung der Basalganglien in einem Gleichgewicht befindet, wohingegen beim Morbus Parkinson es in der Substantia Nigra zu einem Untergang von dopaminergen Neuronen kommt, möglicherweise durch intrazelluläre Ablagerungen von alpha-Synuclein-Aggregaten. Jellinger (2012) meint, dass sich die vielfältigen nicht motorischen Symptome der PPs dadurch erklären, dass nicht nur die Basalganglien, sondern verschiedenste Bereiche im Gehirn, in denen sich Ansammlungen von Lewy-Körperchen befinden, von der Nervendegeneration betroffen sind. Es handelt sich bei diesen histopathologisch um hyaline eosinophile Einschlusskörperchen, die intraneuronal auftreten und sich v.a. in den degenerierten Neuronen der Substantia nigra befinden

Ebersbach und Wissel (2010, S. 713) beziehen sich mit folgender Aussage auf Braak et al. (2006): „[…] Untersuchungen haben gezeigt, dass Lewy-Körperchen als Zeichen der parkinsonspezifischen Neurodegeneration bereits vor Auftreten motorischer Symptome in anderen Arealen (u.a. Nucleus coeruleus, Bulbus olfactorius) und im Spätstadium regelhaft in limbischen und kortikalen Arealen zu finden sind“. Darüber hinaus kommt es zu degenerativen Veränderungen im Bereich der dorsalen Vaguskerne sowie peripher gelegener sympathischer Ganglien. Zurückzuführen auf diese Veränderungen kommt es zu autonomen Störungen, wie z.B. Blasenfunktionsstörungen, Störungen des REM-Schlafs sowie eine Beeinträchtigung der Geruchsempfindungen im Sinne einer Hyposmie, bis hin zu einer Anosmie. Zusätzlich kann es zu Schmerzen insbesondere in der Schulter-Nacken-Region aber auch in den restlichen Extremitäten kommen, für die häufig zuerst an einen orthopädischen Hintergrund gedacht wird. Durch den erhöhten Muskeltonus und Rigor werden alle Gelenke frühzeitig chronischer Spannungs-Belastung ausgesetzt.

2.1.4 Zum Cue oder Hinweisreiz

Ceballos-Baumann und Fietzek (2013) sagen zu den so genannten externen Schrittmachern, dass vermutlich durch das Cueing [(Tabelle 2)] die dopamindefizitären Verbindungen der Basalganglien zu frontalen Rindengebieten durch dopaminautarke Regelkreise ersetzt werden, die von sensorischen Hinweisreizen abhängig sind. Praktisch würde das bedeuten, dass der Therapeut die Initiation von Bewegungen durch akustische, optische oder andere sensorische Stimuli triggern kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Auswahl sensorischen Cueings

2.1.5 Zum On-Off-Phänomen

Eine große Schwierigkeit bei der Festlegung der idealen Zeit für die motorische Therapie ergibt sich aus der regelmäßig auftauchenden Wirkungsschwankung der Parkinson-Symptome nach mehrjähriger L-Dopa Gabe durch die End-of-Dose-Phase schon nach zwei bis drei Stunden, dem so bezeichneten On-Off-Phänomen. „Mit zunehmender Krankheitsdauer verkleinert sich das „therapeutische Fenster“ zwischen Off- und On-Phasen […] immer mehr“, beschreibt Ceballos-Baumann (2011, S. 193) das Problem. Frank (2004) empfiehlt, dass die Therapiezeiten grundsätzlich in die medikamentösen On-Phasen gelegt werden sollten, da Übungsfähigkeit und Frustrationstoleranz in den Off-Phasen stark reduziert sein können.

Um durch den Einsatz einer dafür von ihm empfohlenen Bedarfsmedikation nicht in den gewohnten Medikationsplan eingreifen zu müssen, wäre es hilfreich, über eine nebenwirkungsarme therapeutische Intervention die On-Phase verlängern oder erwirken zu können.

2.1.6 Zur Motorischen Rehabilitation

Eine kontrollierte Studie von Ellis et al. (2005) sagt aus, dass die Patienten von der Physiotherapie zusätzlich zur Medikation profitieren. Da die meisten motorischen Probleme, einschließlich der Mikrographie, nur teilweise durch dopaminerge Medikamente verbessert werden, besteht ein Bedarf an gezielten Rehabilitationsprogrammen bei Patienten mit PD. Zu diesem Thema sagen Schleip und Baker (2016, S. 25): „Man beginnt gerade erst, die Möglichkeiten zu erfassen und anzuerkennen, die sich dadurch ergeben, dass spezifische biologische Veränderungen mithilfe von Therapie und Körperübungen hervorgerufen werden können und man in einen physiologischen Prozess eingreifen kann“. Speziell zur diesbezüglichen Bedeutung des Rumpfes und der Wirbelsäule konstatieren Bringeland und Boeger (2017, S. 49f): „Zentrierende Halteaktivitäten der Rumpfmuskulatur sind die Basis für Bewegungsmuster der Extremitäten […] Die Wirbelsäule ist der dorsale Anker der oberflächlichen und tiefen faszialen Ketten“.

2.1.7 Zur Prognose der PPs

kommen Hely et al. (2008) zum Ergebnis, dass die nicht auf Dopaminergika ansprechenden Symptome, die nach 15 Jahren 80% der IPS Patienten betreffen, problematisch sind und nach 20 Jahren Verlauf eines IPS ca. 80% der Überlebenden die Kriterien für eine Demenz erfüllen.

Seit 2007 wird deshalb Fachpersonal in Deutschland, initiiert u.a. von Mitgliedern der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, der Deutschen Parkinson-Vereinigung und dem Kompetenznetz Parkinson, die Möglichkeit geboten, sich mit Wochenendseminaren zur spezialisierten „Parkinson Disease Nurse (PDN)“ weiterzubilden (DGN S3-Leitlinie IPS-Kurzversion, 2016, S. 58).

2.2 Mikrographie

Damit ist nicht grundsätzlich eine kleine Handschrift gemeint, sondern eine erworbene Störung des Schreibens. Idealerweise liegen zur Beurteilung einer Mikrographie prämorbide Schriftproben vor, wie in (Abb. 2A) dokumentiert. Die Beeinträchtigung der Handschrift in Form der Mikrographie ist von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung, da zum einen das Schreiben ein relevanter Faktor der Alltagskompetenz der Patienten ist; zum anderen im Schreiben bzw. im Schriftbild das zielgerichtete Zusammenwirken der dem Schreiben zugrundeliegenden motorischen, koordinativen und kognitiven Prozesse deutlich wird: „Eine Fingerfertigkeit von ausgesprochener Alltagsrelevanz ist das Schreiben. Schreibbewegungen sind auch klinisch von herausragender Bedeutung, da diese bei vielen Bewegungsstörungen frühzeitig beeinträchtigt sind. […] Die zugrunde liegenden exekutiven Mechanismen, also die Koordination der motorischen Programme und die Integration der sensiblen Feedbackinformation durch das Zentralnervensystem fanden dagegen lange Zeit nur wenig Beachtung“ (Weiss 2006, S.9).

Heidler (2010) sagt, dass Mikrographien ein sensitiver klinischer Marker für die Schwere von Bradykinese und Rigidität bei Parkinsonsyndromen sind. Außerdem spielen bei der Entstehung von Mikrographien die Basalganglien generell eine bedeutsame Rolle, die in das Gesamtsystem exekutiver Funktionen, Antrieb, Initiierung und Sequenzierung von Bewegungen, eingebunden sind (Abb. 2B-C).

Nach Teulings (2002) gibt es neben motorischen Kontrolldefiziten noch andere Schwierigkeiten, die zu Mikrografien führen können, wie z.B. Probleme beim Nutzen propriozeptiven und kinästhetischen Feedbacks. Dies lässt vermuten, dass Patienten kleinere Striche produzieren, als sie geplant haben und aufgrund reduzierter Kinästhesie nicht in der Lage sind, diese Diskrepanz zu entdecken. Heidler (2010) verweist auf Skidmore (2009), wenn er sagt, dass Parkinsonpatienten neben Mikrographien auch andere hypometrische Bewegungen in der Interaktion mit Objekten aufweisen, so dass zudem eine konzeptionelle Hypometrie im Sinne eines systematischen Zeigefehlers dazu führen könnte, dass Willkürbewegungen zu kurz ausfallen oder zu zeitig gestoppt werden.

Diese Aussagen lassen den Schluss zu, dass neben den kognitiven und rein muskulären Einschränkungen bei PPs noch weitere Faktoren an der Klein-Motorik des Handschreibens beteiligt sind, die bei großmotorischen Bewegungen nicht so frühzeitig ins Gewicht fallen. Deighton (1998) vermutet beispielsweise, dass die hohe Konstanz von Buchstabenformen einer Person ein Beleg dafür sein könnten, dass Motorprogramme für das Schreiben als räumlicher Code und nicht in Form von Anweisungen an bestimmte Muskelgruppen gespeichert sind. Womöglich erzielt dann eine spezielle Kinesiotape-Anlage, die bei PPs eine Veränderung der Handschrift bewirkt, diesen Effekt auch nicht nur über Beeinflussung der beklebten Muskulatur.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Beispiele für Mikrographien

A. Mikrographie im dokumentierten Zeitverlauf am Beispiel der Unterschriften Alexander Humboldts aus seinen Briefen; B. Beispiel einer im Schreibverlauf zunehmenden Verkleinerung der Buchstabengröße, Schwierigkeit, die horizontale Schreibrichtung einzuhalten und die vorgegebene Schreibfläche zu nutzen; Studienteilnehmer PPEOO; C. Beispiel einer Verkleinerung der Schriftgröße; Studienteilnehmer KPAOO mit Tremor der Schreibhand.

2.3 Placebo-Effekt

Jeanmonod (2010) beschreibt den Placebo-Effekt in der Physiotherapie als eine unspezifische und spontane Veränderung der Symptome, die nicht auf der physiologischen Wirkung einer Behandlung auf die Strukturen basiert. Frommelt und Grötzbach (2010) berufen sich nachfolgend auf Lyubomirski et al. (2005) und auf Moskowitz et al. (2008), wenn sie sagen, dass Hoffnung und Vertrauen der wirksamste Effekt von Placebo-Präparaten ist. Die Erwartung des therapeutischen Nutzens und das Erwecken positiver [Placebo-] oder negativer [Nocebo-] Gefühle durch die Therapie [oder das Charisma des Arztes oder Therapeuten] haben mit dem Wirkstoff Optimismus eine empirisch nachgewiesene Wirkung auf das Ergebnis. Kentenich und Pietzner (2011) stellen fest, dass es innerhalb einer Heiler-/Arzt-Patienten-Beziehung keine therapeutische Maßnahme gibt, die ohne potentiellen Placebo-/Nocebo-Effekt wirksam ist.

Zur Wirkung von Placebo bei Parkinson Patienten fanden de la Fuente-Fernández, Ruth, Sossi et al. (2001) heraus, dass, wenn PPs Salzlösung injiziert wurde mit dem Hinweis, es handele sich um ein neues, die Motorik deutlich verbesserndes Medikament, bei denjenigen Patienten, die auf das Placebo ansprachen, eine bis zu 200% höhere Dopaminproduktion als zuvor nachweisbar war. Benedetti, Colloca, Torre et al. (2004) wiesen nach, dass verabreichtes Placebo über das Gehirn sowohl Schmerzen als auch die Parkinson-Erkrankung beeinflussen kann. Es wurde gezeigt, dass eine Placebo-Behandlung bei PP`s reduzierte Aktivität in einzelnen Neuronen des subthalamischen Kerns verursacht. Die Veränderungen in der Aktivität waren eng verknüpft mit klinischer Verbesserung. Wenn die klinische Placebo-Antwort fehlte, trat auch keine Abnahme der Aktivität ein. Die aufgeführten Befunde sprechen dafür, dass in der Arbeit bzw. bei Studien mit Parkinson-Patienten der Placebo-Effekt eine (noch) größere Rolle spielt, als bei anderen Probanden.

Ergänzend dazu sagen Goetz et al. (2008), daß die Anerkennung von Faktoren, die die Placebo-Reaktion beeinflussen, in einzelne Studienkonzepte für klinische PD-Versuche aufgenommen werden sollten. Darüber hinaus sehen sie die Finanzierung von Bundeszuschüssen für die spezifische Untersuchung von Placebo-Effekten bei der Parkinson-Krankheit als historisch bedeutsam an.

2.4 Zur Intervention Kinesio-Taping

Das Kinesiotapen hat zu Studienzwecken gegenüber einer ebenso möglichen, manuell-taktilen Behandlung im Bereich der Wirbelsäule und der Rippengelenke Vorteile, als eine individuell angepasste und trotzdem die nachfolgend beschriebene Problematik umgehende Intervention. So merkt Bähr (2014, S. 198) zu haptisch-taktil-kommunikativen Interventionsprozessen an: „[…] der physiotherapeutische [hands-on] Prozess basiert auf fein austarierten interaktiven Aushandlungsprozessen. Diese kommunikative Auseinandersetzung findet allerdings nicht primär auf verbaler Ebene statt, wo kommunikative Prozesse gemeinhin verortet werden, sondern primär in der Kommunikation zwischen der Therapeutenhand und der behandelten Struktur im Sinne eines Aktion-Reaktion-Prozesses: handinduzierter Impuls ins Gewebe – Gewebeantwort – Anpassung des Hand induzierten Impulses – Gewebeantwort– usw. […]“. Dieses Phänomen sollte durch das Tapen weitgehend neutralisiert werden.

Das elastische Tape, das Kinesio-Tape® und die Methode Kinesio-Taping® wurde in den 1980er Jahren von dem japanischen Arzt und Chiropraktiker Kenso Kaze entwickelt. Die bis dahin in der Orthopädie und Sportmedizin genutzten unelastischen Tapes sollten eine verletzte Region schützen und stabilisieren. Das elastische Tape hingegen, vorwiegend bei Störungen des Bewegungsapparates genutzt, setzt aufgrund der Zugkräfte nicht nur reflektorische Reize, sondern kann wegen seiner starken Dehnbarkeit eine fest-elastische Verbindung mit der Haut eingehen, die jede Eigenbewegung der Patienten mitmacht. Durch die jetzt fest und dicht oben auf der Haut sitzende, zusätzliche Schicht ergibt sich eine bei Bewegung variierende Verschiebung der darunter liegenden Gewebeschichten mit der Möglichkeit zur Einflussnahme auf Muskeln, Faszien, Nervenrezeptoren, Lymph- und Blutgefäße (Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Sinnesorgane der Haut und physikalisches Modell des Tapings

A Sinnesorgane der Haut (Trepel M.; 5.Auflage 2012; Neuroanatomie S.348): Beschriftung von Abb. 3A: 1 Freie Nervenendigungen in Korium und basaler Epidermis; 2-6 Nervenendigungen an: 2a Haarfollikeln; 3a Merkel-Rezeptoren (nur im Striatum basale der Epidermis); 4a Meissner-Rezeptoren (Meissner-Tastkörperchen); 5a Vater-Pacini-Rezeptoren; 6a Ruffini-Rezeptoren

B+C Physikalisches Modell (Ilbeygui R.; 2. Auflage 2017; Taping S.39): B: normaler Hautquerschnitt mit Darstellung aller Schichten der interdermalen Strukturen (Kapillaren, Rezeptoren); C: Hautquerschnitt bei Tape-Wellen, mit vergrößertem Lumen der Kapillaren und Lymphgefäße.

Obwohl bereits Studien zum Nachweis der Wirksamkeit bestehen - mit dem Beispiel Knie: Cho, Kim, Kim et al. (2015) und dem Beispiel Schulter: Santos, Souza, Desloovere et al. (2017) - basieren die Vorstellungen des Wirkungsweges immer noch auf Erklärungsmodellen. In Anhang 5 befindet sich eine Zusammenfassung der Möglichkeiten, die aktuell diskutiert werden in Anlehnung an Ilbeygui (2017, S.37).

In der neueren Forschung zu funktionellen Zusammenhängen von Haut und Nervensystem ist das Thema der Einflussnahme vom Peripheren Nervensystem (PNS) auf das Zentrale Nervensystem (ZNS) über die Haut, einem Organ, das vom Vegetativen Nervensystems (VNS) beeinflusst wird, besonders für PPs aktuell:

Reining et al. (2017) hatten bei einer Studie mit Zebrafischchen herausgefunden, dass sensorische Stimulation deren Dopaminproduktion steigert. Gibbons et al. (2016) fanden bei Hauttests heraus, dass alle PPs auch schon in sehr frühen Phasen signifikant mehr Alpha-Synuclein als Kontrollen in der Haut haben, absteigend vom Nacken bis zu den Beinen, in denen sie aber auf Zeichen einer Small-Fiber-Neuropathie gestoßen sind. Adrenerge sympathische Fasern, die die Musculi arrectores pilorum innervieren, wie auch sudomotorische Verbindungen sind betroffen. In allen Proben von PPs mit autonomer Dysfunktion fanden sich signifikant weniger pilomotorische Fasern als bei den Kontrollen. „Die Pathogenese der Veränderungen im peripheren Nervensystem bei M. Parkinson ist noch weitgehend unklar“, konstatiert Ebert (2015, S. 23) und weiter: „[…] fanden sich morphologische Veränderungen (vermehrte Sprossung und Verzweigung der Nerven sowie ein vergrößertes vaskuläres Versorgungsgebiet), die als Zeichen einer möglichen neuronalen Regeneration interpretiert werden können“.

Nachfolgend ist ein Abschnitt des Grenzstranges (Truncus Sympathicus) als Mitbeteiligter oder Vermittler zwischen innen und außen im Netzwerk des Peripheren und Zentralen Nervensystems gut zu erkennen (Abb. 4). Er gehört zum Vegetativen Nervensystem.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Viszerokutaner Reflexbogen (Schünke et al./Prometheus 2006, S. 318)

Weitere diesbezügliche Zusammenhänge sind nachfolgend dargestellt (Abb. 5). Schon Seller (1994) beschreibt, dass die verschiedenen Ebenen im ZNS, die an der Steuerung der Aktivität im VNS beteiligt sind, durch zahlreiche reziproke Bahnen mit der nächst höheren und niederen Ebene verbunden sind. Dadurch können Einflüsse auch von der obersten Ebene, dem limbischen System, auf die Organe (Psyche-Soma) und ebenso in umgekehrter Richtung von den Organen bis zum limbischen System (Soma-Psyche) ausgeübt werden. Aktuell vermuten Schäffer und Berg (2017), dass es sich um eine Zell-zu-Zell Übertragung der neurodegenerativen Information zu handeln scheint, unabhängig vom vermuteten Ursprungsort, von dem aus die Pathologie sich verbreitet.

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Abb. 5: Steuerung des peripheren vegetativen Nervensystems durch höhere Zentren

(nach Klinke und Silbernagel im Schünke et al./Prometheus 2006, S. 323)

Im ZNS gibt es neben anatomischen Vernetzungen auch stoffwechselbezogene, so z.B. das allgemein aktivierende Dopamin, einem Zwischenprodukt bei der Synthese von Noradrenalin und Adrenalin. Dieses kommt dort nicht nur in der Substantia nigra vor: Man findet Fortsätze dopaminerger Neurone auch in deren Umgebung, wie in den mittleren und vorderen Teilen des limbischen Systems, dem vorderen Anteil des Gyrus cinguli und dem präfrontalen Cortex.

Da nahezu alle Systeme des zentralen Nervensystems untereinander in Verbindung stehen, kann die Erregung des einen Systems auf ein anderes erregend, hemmend oder wechselwirkend Einfluss nehmen. So sind bei neurodegenerativen Erkrankungen vorwiegend funktionell zusammengehörige Neuronensysteme betroffen, im Falle des Morbus Parkinson das dopaminerge System.

Auf der Grundlage dieser histologischen, neuronalen und neuralen Verknüpfungen und den in der Einleitung beschriebenen Beobachtungen mit dem speziellen Kinesiotape entstand die Hoffnung, auch nicht-motorische Störungen bei PPs, an denen das Vegetative Nervensystem beteiligt ist, über dieses therapeutisch beeinflussen zu können.

3. Methodik und Material

3.1 Praktische Durchführung

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Abb. 6: Studienaufbau

Die Bearbeiterin, nachfolgend Studienleitung genannt, hat den Studienaufbau entwickelt und die praktische Durchführung geleitet. Eine bezüglich der jeweiligen Intervention verblindete Kollegin übernahm die Durchführung der Schreibtests und Auszählungen (Abb.6).

Eine andere Kollegin unterstützte bei der Auswertung der Ergebnisse mit SPSS-Anwenderwissen. Alle Kinesio-Tape-Anlagen sollten zwecks Vergleichbarkeit in der Anlagetechnik und eines möglichen Patienten-Therapeuten-Placebo-Effekts von ein und derselben Person durchgeführt werden, diese Aufgabe übernahm die Studienleitung.

3.2 Hypothese

In der aufgestellten Hypothese „Bei Parkinson-Patienten hat ein speziell angelegtes Kinesiotape Wirkung auf deren Handschrift“ wurde bewusst keine Verbesserung, sondern ein Einfluss auf das Schriftbild angenommen, da im Rahmen der Studie (entgegen der Vorbeobachtungen) das Tape nicht über Tage, sondern nur für einige Minuten getragen wurde (s. Abschnitt 3.3.1). Wenn eine Routine-Bewegung kurzzeitig manipuliert wird, wie hier mit einer Art Druck-Sog-Massage durch das Tape, kann dies auch zunächst zu einer Irritation des gewohnten Bewegungsmusters führen, welche im Zeitverlauf bis zur Adaptation kurzfristig variiert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Sensomotorische Interventionen bei Stoffwechselerkrankungen
Untertitel
Eine Untersuchung von Einflüssen auf die Handschrift bei Parkinson-Patienten
Hochschule
Universität Konstanz  (Sportwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
65
Katalognummer
V497513
ISBN (eBook)
9783346005922
ISBN (Buch)
9783346005939
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Physiotherapie, Motorik, Vegetatives Nervensystem, Parkinson, Parkinson-Krankheit, ganzheitliche Medizin, Kinesiotapes
Arbeit zitieren
Uta Krugmann (Autor:in), 2017, Sensomotorische Interventionen bei Stoffwechselerkrankungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497513

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