Methodik zur Analyse und Dokumentation von fachlichen Begriffswelten im Unternehmen Telekom

Über das Fachbegriffsmodell


Ausarbeitung, 1994

14 Seiten


Leseprobe


Methodik zur Analyse und Dokumentation

fachlicher Begriffswelten innerhalb des Unternehmens TELEKOM.

1EINLEITUNG

Unternehmen, die auf Datenbanken basierende IV-Anwendungssysteme betrei­ ben, entwickeln und pflegen, erkennen nahezu ausnahmslos die Notwendig­ keit von Datenmodellen zur konzeptuellen Beschreibung von Datenstruktu­ ren an. Dabei wurden verschiedenste methodische Ansätze entwickelt, um die Semantik fachlicher Anforderungen mithilfe von Datenmodellen so ab­ zubilden, daß einerseits der Aufbau einer Datenbank gewährleistet ist, andererseits die Fachseite ihre Begriffswelt in diesen Datenmodellen wiederfindet.

Eine Möglichkeit diesem Anspruch gerecht zu werden, bietet der Ansatz der semantischen Datenmodellierung,dessen Grundlage die Analyse der fachlichen Begriffswelt ist. Die im Rahmen einer semantischen Analyse gefundenen Fachbegriffe und deren Beziehungen untereinander werden an­ schließend als Entitytypen und Beziehungstypen in einem semantischen Da­ tenmodell "nachgebildet".

Auf der Basis eines semantischen Datenmodells können nun sprachliche Un­ korrektheiten aufgedeckt und beseitigt sowie die Vereinheitlichung der fachlichen Begriffswelt innerhalb eines Unternehmens vorangetrieben wer­ den. Das setzt jedoch voraus, daß eine unternehmensweit einheitliche Fachbegriffswelt existiert oder gewünscht ist bzw. überhaupt verwirk­ licht werden kann. Im Unternehmen TELEKOM z.B. bestehen mehrere in sich eindeutige, sich aber nur teilweise überlappende Fachbegriffswelten. Hier muß das Ziel der Datenmodellierung also sein, einheitliche, wieder­ verwendbare Datenstrukturen zu erhalten, ohnedie Integrität der einzel­ nen fachlichen Begriffswelten anzutasten.

Es ist daher notwendig, die fachbegriffliche Abbildung der informellen Objekte und Sachverhalte innerhalb einer Diskurswelt von der datentech­ nischen Abbildung derselben Objekte und Sachverhalte als Datenmodell zu trennen. Diese Trennung soll im Unternehmen Telekom durch die Einführung einer neuen Modellebene realisiert werden, die oberhalb der Ebene der Datenmodelle in dritter Normalform angeordnet ist.

Der vorliegende Aufsatz soll:

- kurz in die Grundsätze der Begriffsfindung einführen,

- eine, durch das IRM entwickelte, Methode zur Verwaltung von Fachbe- griffsmodellen sowie

- der Referenzierung auf entsprechende Datenmodellobjekte vorstellen.

2VOM GEGENSTAND ZUM FACHBEGRIFF

2.1Gegenstände

Am Anfang Anwendung diese in zerlegt.

jeder Anwendungsentwicklung steht die Analyse der von einer berührten fachlichen Wirklichkeit (Diskurswelt). Hierbei wird eine Vielzahl erfaßbarer und unterscheidbarer Gegenstände

Gegenstände sind in diesem Zusammenhang das, was dem Menschen entgegen­ steht, worauf seine Erkenntnistätigkeit gerichtet ist. Sie besitzen Ei­ genschaften, durch die sie sich einer Klasse von Gegenständen zuweisen lassen und können in bestimmten Beziehungen zu anderen Gegenständen stehen.

Gegenstände lassen sich in Dinge krete Dinge) und Geschehnisse einteilen.

(abstrakte sowie materielle bzw.kon­ (Vorgänge, Verhalten und Handlungen)

2.2Begriffe

Gegenstände der Außenwelt lösen, wenn wir mit ihnen in Kontakt kommen, in uns einen Bezug auf etwas Gleichwertiges (Äquivalenzrelation) oder das Wahrnehmen einer Abhängigkeit zu etwas Anderem (Dependenzrelation) aus.

Im Falle einer Äquivalenzrelation bedeutet dies das Erkennen der Zugehö­ rigkeit eines Gegenstandes zu einer bereits bekannten Klasse (Entität) oder das Einführen einer, bis dato, unbekannten Klasse (mit dem betrof­ fenen Gegenstand als erstem Klassenexemplar). Dem Wahrnehmen einer De­ pendenzrelation geht das Klassifizieren eines Gegenstandes voraus.

Beide Vorgänge führen durch Einordnen in das bewußtseinseigene Begriffs­ modell zu einer Begriffsbildung. Ein gebildeter Begriff veranlaßt uns nun seinerseits, ihn mit einem Zeichen (Wort, Zeichenkette oder Symbol) zu versehen, das als "Platzhalter" in unserem Bewußtsein dient. Darüber hinaus ist das Zeichen die einzige Möglichkeit, daß dieser Begriff, als:

- gesprochenes bzw. geschriebenes Wort,

- gezeichnetes Symbol oder

- eindeutige Geste (Gehörlosensprache)

unser Bewußtsein über eine Äußerung wieder verlassen kann.

Die Abbildung eines konkreten oder abstrakten Gegenstandes der Außenwelt als Begriff im Bewußtsein eines Menschen ermöglicht es, mit diesem Ge­ genstand gedanklich zu arbeiten, auch wenn dieser nicht mehr Bestandteil der Außenwelt sein sollte. Eine eindeutige Definition des begrifflichen Umfangs (Extension)ist daher Voraussetzung für eine saubere Begriffs­ bildung. Die Menge aller Eigenschaften (Intension) und die Extension

eines Begriffes zusammen ersetzen vollwertig einen exemplarischen Ver­ gleich mit der Wirklichkeit.

2.3Fachbegriffe

Begriffe als Abbild tension sowie einer schäftigung hinaus, von Menschen.

von Gegenständen der Außenwelt mit Extension und In­ Bezeichnung dienen, über die eigene gedankliche Be­ zur Kommunikation zwischen Mitgliedern einer Gruppe

Das setzt voraus, daß sich alle Mitglieder dieser Gruppe:

a) über Art, Umfang und Syntax der als Begriffsbezeichnung in Frage kommenden Zeichen (meist Bezeichnungen, aber auch z.B. Sinnbil­ der auf Flughäfen usw.) und

b) über Extension und Intension, also über die Zuordnung der Be­ griffe zu Gegenständen der realen Welt einig sind.

Art und Umfang der Gegenstände bestimmen hierbei die Bezugswelt (Diskurswelt) dieser Gruppe.

Ein Begriff wird zum Fachbegriff,wenn:

a) Extension undIntension eines Begriffes eineindeutig einer Klas­ se von Gegenständen der Diskurswelt zugeordnet sind und

b) die Bezeichnung eines Begriffes ebenfalls eineindeutig vergeben worden ist und nicht mehr geändert werden kann (zumindest nicht ohne Zustimmung aller Gruppenmitglieder).

Zur Klasse der abstrakten Objekte innerhalb der realen Welt gehören un­ ter Anderem Mengen und deren Exemplare. Im Folgenden soll daher zwischen mengenbeschreibenden Fachbegriffen und Fachbegriffen in der Rolle eines Exemplars unterschieden werden.

2.4Beziehungen zwischen Fachbegriffen

Auf die Gegenstände einer Diskurswelt angewendete fachliche Aussagen werden durch Beziehungen zwischen Fachbegriffen dargestellt.

Folgende Begriffsbeziehungstypen lassen sich unterscheiden:

- Menge-Menge-Zuordnung ("steht in Zusammenhang mit")

- Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of"),

- Typ-Menge-Zuordnung ("klassifiziert"),

- Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von"),

- Teilmenge-Menge-Zuordnung ("is-a"),

- Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von") einteilen.

2.4.1Menge-Menge-Zuordnung ("steht in Zusammenhang mit")

Eine Begriffsbeziehung vom Typ chen Beziehungstypen zwischen als gleichberechtigte Partner.

Menge-Menge-Zuordnung umfaßt alle fachli­ zwei mengenbeschreibenden Fachbegriffen

Die Menge-Menge-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A steht in Zusammenhang mitBegriff B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Kunde" und "Produkt" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen, die gleichberechtigt miteinander in Beziehung (Zusammenhang) stehen.

Die Begriffsbeziehung "steht in Zusammenhang mit" selbst könnte z.B. die fachlichen Beziehungstypen:

Kunde kauftProdukt,

- Kunde leihtProdukt aus,

- Kunde reklamiertProdukt oder

- Kunde tauschtProdukt umbeinhalten.

Es wird deutlich, daß eine Begriffsbeziehung eine ganze Klasse von, men­ genmäßig betrachtet, gleichartigen Beziehungstypen zwischen zwei mengen­ beschreibenden Fachbegriffen beinhalten kann.

Folgende Abbildung soll diesen Sachverhalt verdeutlichen:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

2.4.2 Teil-Ganze-Zuordnung ("is-part-of")

Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teil-Ganze-Zuordnung ordnet einem mengen­ beschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Bestandteils einen mengenbe­ schreibenden Fachbegriff als Ganzes zu. Sie kann u.U. mehrere Bezie­ hungstypen gleicher Art umfassen.

Die Teil-Ganze-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Be­ griff A is-part-of(ist Bestandteil von) Begriff B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Straße" und "Ort" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen. Die Begriffsbeziehung "is-part-of" ordnet die Menge "Straße" der Menge "Ort" derart zu, daß die Aussage "Ein Exemplar Straße(x) ist Be­ standteil eines Exemplars Ort(x)" gilt.

Bei der Begriffsbeziehung "is-part-of" darf ein Exemplar der Menge "Straße" nicht gleichzeitig Exemplar der Menge "Ort" sein. Entweder ist Etwas ein Bestandteil eines übergeordneten Ganzen und bildet, zusammen mit anderen Bestandteilen, dieses Ganze oder es ist das Ganze selbst.

Eine Teil-Ganze-Zuordnung ist also fachlich korrekt eingesetzt, wenn

gilt:

- ein Exemplar Straße(x) ist nichtein Exemplar Ort(x)

Rekursionen sind in diesem Zusammenhang auf der Fachbegriffsebene nicht erlaubt, da sich immer die entsprechenden Oberteil- bzw. Unterteilrollen als Teilmengen des rekursiv betrachteten Fachbegriffs herausbilden lassen.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

2.4.3Typ...Menge-Zuordnung("klassifiziert")

Eine Begriffsbeziehung vom Typ Typ-Menge-Zuordnung ordnet einem mengen­ beschreibenden Fachbegriff als Typ / Klasse einen mengenbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Typ- bzw. Klassenelementes zu. Sie kann

u.U. mehrere Beziehungstypen gleicher Art umfassen.

Die Typ-Menge-Zuordnung mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A

klassifiziert(typisiert) Begriff B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Vereinbarungstyp" und "Vereinbarung" beschreiben je­ weils gleichnamige Mengen. Die Begriffsbeziehung "klassifiziert" ordnet die Menge "Vereinbarungstyp" der Menge "Vereinbarung" derart zu, daß die Aussage "Ein Exemplar Vereinbarung (x) ist von Typ eines Exemplars Ver­ einbarungstyp(x)" gilt.

2.4.4Merkmal-Menge-Zuordnung ("ist Merkmal von")

Eine Begriffsbeziehung vom Typ Merkmal-Menge-Zuordnung ordnet einem men­ genbeschreibenden Fachbegriff in der Rolle des Merkmalträgers einen an­ deren mengenbeschreibenden Fachbegriff als Merkmal (im Sinne einer Merk­ malausprägungsmenge) dieses Fachbegriffes zu.

Die Merkmal-Menge-Zuordnung läßt sich umgangssprachlich durch die Aussa­ ge "Begriff Aist Merkmal der MengeBegriff B" umschreiben.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Der Fachbegriff "Abschlußdatum" wird dem mengenbeschreibenden Fachbe­ griff "Vereinbarung" als Merkmal jeden Exemplars der Menge "Ver­ einbarung" zugeordnet. Dabei ist zu beachten, daß ein Merkmalsbegriff ebenfalls mengenbeschreibender Natur ist. In diesem Beispiel beschreibt der Fachbegriff "Abschlußdatum" die Menge aller gültigen Abschlußzeit­ punkte "...nach dem gregorianischen Kalender" (mögliche Extension dieses Begriffes).

Eine Merkmal-Menge-Zuordnung ist fachlich korrekt eingesetzt, wenn die Aussage "JedesExemplar Vereinbarung(x) trägt eine Ausprägung des Merk­ mals Abschlußdatum" gilt.

2. 4. 5 Teilmenge-Menge-Zuordnung ( "is-a")

Eine Begriffsbeziehung vom Typ Teilmenge-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbegriff einen anderen als teilmengenbeschrei­ benden Fachbegriff zu.

Die Teilmenge-Menge-Zuordnung kann mit der umgangssprachlichen Aussage "Begriff A is-a(ist ein) Begriff B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Ort" und "Gebiet" beschreiben jeweils gleichnamige Mengen, wobei die Menge "Ort" über die "is-a"-Beziehung der Menge "Ge­ biet" als Teilmenge zugeordnet ist.

Eine Teilmenge-Menge-Zuordnung ist auf dieses Beispiel bezogen dann fachlich korrekt eingesetzt, wenn sowohl:

- die Aussage "Ein Exemplar Ort(x) isteinExemplar Gebiet(x)." als auch

die Aussage "Ein Exemplar Gebiet(x) isteinExemplar Ort(x)" wahr sind.

Die Teilmenge-Menge-Zuordnung kann auch zwei merkmalbeschreibende Fach­ begriffe miteinander in Beziehung setzen.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Ortsname" und "Gebietsbezeichnung" sind jeweils Merk­ male der mengenbeschreibenden Fachbegriffe "Ort" und "Gebiet". Wird, wie in diesem Fall, die Menge aller Orte als Teilmenge der Menge aller Ge­ biete gesehen, können auch Merkmale im Sinne von Merkmalausprägungsmen­ gen in einem Teilmengenverhältnis stehen. Hier ist die Menge aller Orts­ namen eine Teilmenge der Menge aller Gebietsbezeichnungen.

2. 4. 6 Exemplar-Menge-Zuordnung ("ist Exemplar von")

Die Exemplar-Menge-Zuordnung ordnet einem mengenbeschreibenden Fachbe­ griff einen anderen Fachbegriff (in der Rolle eines Exemplars) als die­ ser Menge explizit angehörig zu.

Die Exemplar-Menge-Zuordnung läßt sich umgangssprachlich durch die Aus­ sage "Begriff AistExemplar der MengeBegriff B" umschreiben.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Der in der Rolle eines Exemplars auftretende Fachbegriff "Kaufvertrag" wird dem mengenbeschreibenden Fachbegriff "Vereinbarungstyp" als Exem­ plar der Menge "Vereinbarungstyp" explizit angehörig zugeordnet.

Es besteht die Gefahr, daß die Exemplar-Menge-Zuordnung mit der Teilmenge-Menge-Zuordnung verwechselt wird. oberflächlich betrachtet, genügen beide Begriffsbeziehungen der Aussage "Kaufvertrag ist ein Ver­ einbarungstyp" bzw. umgekehrt. untersucht man jedoch genauer die Mengen­ verhältnisse, wird der Unterschied klar.

Der Fachbegriff "Vereinbarungstyp" beschreibt die Menge aller Vereinba­ rungstypen innerhalb einer Diskurswelt. Eine Teilmenge-Menge-Zuordnung würde den Fachbegriff "Kaufvertrag" als mengenbeschreibenden Fachbegriff zuordnen und zur fehlerhaften Aussage: "Ein Exemplar Kaufvertrag(x) ist ein Exemplar Vereinbarungstyp(x)" führen. Ein Kaufvertrag ist jedoch ei­ ne Vereinbarung und keinVereinbarungstyp.

Der Kaufvertrag ist in diesem Zusammenhang daher als eine bewußt gewoll­ te Ausprägung eines Vereinbarungstyps, als ein konkretes Exemplar dieser Menge zu verstehen. Daher gilt die Aussage

- "Kaufvertrag ist(ein) Exemplar der Menge Vereinbarungstyp".

3DIE FACHLICHE BEGRIFFSWELT ALS FACHBEGRIFFSMODELL

In großen Unternehmen gibt es verschiedene Unternehmensbereiche, die nicht zwangsläufig etwas miteinander inhaltlich zu tun haben müssen. Diese Bereiche besitzen, unabhängig davon, ob sich die Gegenstände der realen Arbeitswelt unterscheiden, ihre eigene, abgeschlossene, in sich eindeutige Fachbegriffswelt. Erkennbare Überschneidungen der realen Ar­ beitswelten lassen nicht zwingenderweise den Schluß zu, man müsse im Rahmen der Datenmodellierung eine Begriffsvereinheitlichung durchführen. Besonders, wenn der Aufwand für die Umstellung der Begrifflichkeiten in keinem Verhältnis zu dem Nutzen stehen würde.

Daher muß einerseits diesen Gruppen eine Möglichkeit angeboten werden, die Fachbegriffe ihrer Diskurswelt und deren Beziehungen abbilden zu können und andererseits dem IRM das Überführen fachlich berechtigter Sichten in ein unternehmensweites Datenmodell erleichtert werden.

4 VOM FACHBEGRIFFSMODELL ZUM DATENMODELL

Fachbegriffsmodelle beschreiben die fachlichen Gegenstände sowie die mit ihnen zusammenhängenden Sachverhalte der Diskurswelt eines Unternehmens­ bereichs. Soll ein Teil dieser Diskurswelt bzw. sie als Ganzes durch ei­ ne datenbankorientierte IV-Anwendung abgedeckt werden, müssen die Fach­ begriffsmodelle in geeigneter Weise durch ein Datenmodell abgebildet werden. Bei diesem Abbildungsvorgang muß berücksichtigt werden, daß meh­ rere Diskurswelten sich fachlich überlappen d.h. gemeinsame fachliche Gegenstände besitzen können. Die Abbildung dieser Gemeinsamkeiten muß zu gemeinsam nutzbaren Datenstrukturen führen, ohne die Eigenständigkeit der Begriffswelten zu verletzen. Datenmodelle, welche in großem Umfang verschiedene Diskurswelten eines Unternehmens in sich vereinen, werden als Unternehmensdatenmodelle (UDM) bezeichnet.

Die Entwicklung eines Unternehmensdatenmodells ist in erster Linie das Fortsetzen der auf der Ebene der fachlichen Diskurswelten bereits abge­ schlossenen Begriffsanalyse. Fachbegriffe verschiedener Diskurswelten werden daraufhin untersucht, inwieweit sich ihre Extensionen und Inten­ sionen überdecken bzw. einander ergänzen. Bereits erkannte Teilmenge­ Menge-Zuordnungen gehen dabei in übergeordnete auf oder werden zugunsten einer Typ-Menge-Zuordnung aufgelöst. Am Ende dieses Vorgangs steht die Abbildung der erhaltenen UDM-Begriffe als Entitätsmengen, Beziehungsmen­ gen und Attributausprägungsmengen in Form eines konzeptuellen Datenmodells.

4.1 Abbildung von Fachbegriffen im UDM

Fachbegriffe außerhalb der Begrifflichkeit des UDM können über folgende Abbildungen in einem UDM abgebildet werden:

- Deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung ("ist deckungsgleich mit"),

- Teilmenge-Menge-Abbildung("ist Teilmenge von"),

- Exemplar-Menge-Abbildung ("ist Exemplar von").

4.1.1 Deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung ("ist deckungsgleich mit")

Die deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen men­ genbeschreibenden Fachbegriff dargestellte Menge als deckungsgleiche Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab. Die abgebildete Menge ist in Zahl und Art der Exemplare identisch mit der Ursprungsmenge.

Eine deckungsgleiche Menge-Menge-Abbildung kann mit den umgangssprachli­ chen Aussagen "Begriff Aist deckungsgleich mitEntitytyp A" oder "Merk­ mal Bist deckungsgleich mitAttribut B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Sollbearbeitungsdauer

Die beiden Fachbegriffe "Aufgabe" und "Sollbearbeitungsdauer" beschrei­ ben jeweils gleichnamige Mengen. Mithilfe deckungsgleicher Menge-Menge­ Abbildungen wird der Fachbegriff "Aufgabe" durch die deckungsgleiche Entitätsmenge "Aufgabe" und der Fachbegriff "Sollbearbeitungsdauer" durch die deckungsgleiche Attributausprägungsmenge "Sollbearbeitungsdau­ er" abgebildet.

4.1.2Teilmenge-Menge-Abbildung("istTeilmengevon")

Die Teilmenge-Menge-Abbildung bildet eine durch einen mengenbeschreiben­ den Fachbegriff dargestellte Menge als Teilmenge einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge ab. Sie kann mit den umgangssprachlichen Aussa­ gen "Begriff Aist Teilmenge vonEntitytyp A" oder "Merkmal Bist Teil­ menge vonAttribut B" umschrieben werden.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Die Fachbegriffe "Straße" und "Straßenname" beschreiben jeweils gleich­ namige Mengen. Über die Teilmenge-Menge-Abbildung wird die Menge aller Straßen als Teilmenge der Menge aller Gebiete definiert. Die Ausprä­ gungsmenge des Merkmals "Straßenname" wird ebenfalls über eine Teilmenge-Menge-Abbildung als Teilmenge der Menge aller Gebietslangbe­ zeichnungen (Ausprägungsmenge des Attributs "Gebietslangbezeichnung") festgelegt.

Wird ein gegenstandsmengenbeschreibender Fachbegriff über eine Teil­ menge-Menge-Abbildung einer Entitätsmenge als Teilmenge zugewiesen, sollte überprüft werden, ob die zugehörigen Merkmale nicht in gleicher Weise abgebildet werden müssen.

4 .1. 3 Exemplar-Menge-Abbildung("istExemplar von")

Die Exemplar-Menge-Abbildung bildet einen exemplarbeschreibenden Fachbe­ griff als ein einer Entitäts- oder Attributausprägungsmenge explizit an­ gehöriges Exemplar ab. Sie läßt sich umgangssprachlich durch die Aussage "Begriff A ist Exemplar vonEntitytyp A" bzw. "Merkmal B ist Exemplar vonAttribut B" umschreiben.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.

Der Fachbegriff "Ort" wird in diesem Fall in zwei verschiedenen Datenmo­ dellobjekten abgebildet.

a) Der Fachbegriff "Ort" wird über die Exemplar-Menge-Abbildung als ein konkretes Exemplar der Entitätsmenge "Gebietstyp" zugeord­ net. Durch diese Abbildung ist die Existenz einer Ausprägung "Ort" des Gebietstyps zwingend festgelegt worden.

b) Der Fachbegriff "Ort" wird über die Exemplar-Menge-Abbildung als ein konkretes Exemplar der Attributausprägungsmenge "Gebietstyp­ langbezeichnung" zugeordnet. Genaugenommen ist es die Zeichen­ kette"Ort",welche über die Exemplar-Menge-Abbildung das Vor­ handensein einer Ausprägung "Ort" des Attributs "Gebietstyp­ langbezeichnung" festlegt.

Häufig wird eine Exemplar-Menge-Abbildung in der hier dargestellten Kom­ bination eingesetzt. Dadurch läßt sich, auf das Beispiel bezogen, abbil­ den, daß:

a) der "Ort" eine Ausprägung des Gebietstyps ist und

b) diese Ausprägung auch die Gebietstyplangbezeichnung "Ort" trägt.

Die funktionale Abhängigkeit (functional dependancy) zwischen einer Aus­ prägung (Tabellenzeile) "Ort" und der Ausprägung (Spaltenwert) der Spal­ te "Gebietstyplangbezeichnung" wird eigentlich erst durch eine konkrete Tabellenzeile definiert. Trotzdem kann dieser Punkt vernachlässigt wer­ den, da es wenig Sinn macht, z.B. einen Gebietstyp "Ort" festzulegen, um ihm anschließend die Gebietstyplangbezeichnung "Straße'' zuzuteilen.

4.2Zuordnung von Funktionen

zu der vollständigen Abbildung von teilmengenbeschreibenden Fachbegrif­ fen in einem UDM gehören entsprechende Funktionen, welche es möglich ma­ chen, die gewünschte Teilmenge in einer übergeordneten Menge wiederzu­ finden sowie die benötigten Attribute festzulegen.

Gleiches gilt für Attribute, deren Inhalte sich nicht aus direkten Be­ nutzereingaben ergeben, sondern aus den Inhalten anderer Attribute abge­ leitet werden. Einern merkmalbeschreibenden Fachbegriff dieser Art, muß ebenfalls eine Funktion zugeordnet werden können, die entsprechende Ab­ leitungsvorschriften beinhaltet.

Die Zuordnung dieser Funktionen zu den Fachbegriffen erfolgt über die:

- Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung sowie die

- Merkmalableitung-Funktion-Zuordnung.

4.2.1 Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung

Der hohe Abstraktionsgrad eines UDM hat zur Folge, daß die meisten Fach­ begriffe einzelner fachlicher Diskurswelten als Teilmengen von Obermen­ gen im UDM abgebildet werden. Häufig werden diese Obermengen durch kom­ plexe Strukturen defininiert. Mithilfe von Funktionen können die benö­ tigten Attribute aus der Menge aller Attribute ausgewählt (Projektion) und durch geeignete Bedingungen die Exemplare der Teilmenge herausgefil­ tert werden(Selektion).

Über die Teilmengenselektion-Funktion-Zuordnung wird einem teil­ mengenbeschreibenden Fachbegriff eine Funktion zugeordnet, welche die Selektionsbedingungen sowie die Attributauswahl festlegt.

Beispiel:

Diese Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe.


Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Methodik zur Analyse und Dokumentation von fachlichen Begriffswelten im Unternehmen Telekom
Untertitel
Über das Fachbegriffsmodell
Autor
Jahr
1994
Seiten
14
Katalognummer
V497478
ISBN (eBook)
9783346020796
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fachbegriffsmodell, Fachbegriff, Datenmodell, Datenmodellierung, spie93
Arbeit zitieren
Harald W. J. Spiegel (Autor:in), 1994, Methodik zur Analyse und Dokumentation von fachlichen Begriffswelten im Unternehmen Telekom, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497478

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