Die Rolle Judiths als Frau Ludwig des Frommen


Seminararbeit, 2014

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Gesta Hludowici imperatoris von Thegan
2.1 Der Autor Thegan
2.2 Die Gesta Hludowici imperatoris – Eine Quellenkritik
2.2.1 Eine kritische Betrachtung des Gesamtwerks
2.2.2 Eine kritische Betrachtung des Quellenauszugs Kapitel

3 Judith

4 Die Rolle Judiths beim Familienstreit auf dem „Lügenfeld“

5 Fazit

6 Quellen- und Literaturverzeichnis
6.1 Quellenverzeichnis
6.2 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ludwig I. als alleiniger Thronerbe von Karl dem Großen trägt den Beinamen ‚der Fromme’, eingebürgert hat sich diese Bezeichnung wohl im 10. und 11. Jahrhundert.1

„Einem Herrschernamen das Attribut pius (oder piissimus) beizulegen, gehörte allgemein zur rhetorisch geprägten Topik der Literatur, der Urkunden und der Münzen.“2

Der Titel wird fortan auch in der Wissenschaft benutzt und gilt in diesem Zusammenhang auch als berechtigt, „[...]denn persönliche Frömmigkeit und Aufgeschlossenheit für Wesen und Anliegen der Kirche treten bei L[udwig]. ausgeprägt und vertieft zutage.“ 3 Auf der anderen Seite galt Ludwig aber auch als schwacher Herrscher:

„An der schillernden Duplizität der französischen Titel Louis le Pieux und Louis le Débonnaire ist freilich abzulesen, dass dem Beinamen auch eine negative Note im Sinne der Schwäche, der Nachgiebigkeit gegenüber geistlichem Machtanspruch eignen kann.“ 4

Dieser Aspekt wurde in der Forschung hinlänglich untersucht. In der älteren deutschen Geschichtsforschung wurde Ludwig I. deswegen auch als „des großen Kaisers kleiner Sohn“ 5 betitelt. Allgemein werden dem Herrscher vor allem sein Brechen mit der eigens von ihm durchgebrachten Nachfolgeordnung ordinatio imperii, sein noch zu frühen Herrschaftszeiten abgehaltenes Sündenbekenntnis verbunden mit einem Kirchenbußgang im Jahre 822 n. Chr. in Attigny und dessen zweite Heirat mit der Welfin Judith und der damit verbundenen neuen Bündnispolitik vorgeworfen.6

In dieser Arbeit soll die Bedeutung von Judith als zweite Ehefrau von Ludwig I. beleuchtet werden. Konkret geht es dabei um die Leitfrage, welche Rolle sie bei dem Familienstreit 833 n. Chr. auf dem „Lügenfeld“ 7 zwischen Ludwig I. und seinen Söhnen Lothar I., Pippin I. und Ludwig II. spielte. Dabei werden hauptsächlich die Werke von Godman/Collins (1999), Fried (2007) und Koch (2005) verwendet. Letzterer verfasste als erster eine umfassende Biographie über die Kaiserin Judith.8 Ziel des Werks war es das widersprüchliche Bild – welches Judith schon seit der damaligen Zeit innehatte – zu beleuchten und zu relativieren:

„Sie galt den einen als Inbegriff des Untergangs des großen Karlreiches, als Schänderin des kaiserlichen Ehebettes, als Feindin der Kirche und als ‚Ursache allen Übels’ [...], den anderen indessen als schöne, beredete und kluge Helferin ihres Gemahls.“ 9

Im ersten Hauptteil dieser Arbeit soll eine Quellenkritik erfolgen. Bei der vorliegenden Quelle10 handelt es sich um einen Auszug11 aus dem Werk Gesta Hludowici imperatoris des mittelalterlichen Autos Thegan. Der zweite Teil beinhaltet eine kurze Biographie Judiths und im dritten Teil soll ihre Rolle beim Familienstreit von Ludwig I. beleuchtet werden. Im Fazit wird diese Arbeit noch einmal kurz zusammengefasst und die Leitfrage beantwortet. Das Quellen- und Literaturverzeichnis stellt das Ende dieser Arbeit dar.

2 Die Gesta Hludowici imperatoris von Thegan

2.1 Der Autor Thegan

Thegan war ein Kleriker „aus vornehmen fränkischen Geschlecht, das im karolingischen Kerngebiet um Maas und Mosel oder in der Mittelrheingegend heimisch war.“ 12 Geboren war er schon vor der Kaiserkrönung von Karl dem Großen 800 n. Chr. und gestorben ist er am 20. März 849 / 853 n. Chr.13 Im lateinischen Original wird der Autor Theganus14 genannt, aber aus urkundlichen Quellen ist bekannt, dass er auch als „Thegan, Degan, oder Theganbertus, Theigenbertus“ 15 bezeichnet wurde. Man geht davon aus, dass Thegan im südhessischen Kloster Lorsch ausgebildet wurde und dort ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Abt Adalung pflegte.16 Spätestens seit 825 n. Chr. war Thegan Chorbischof von Trier17, zusätzlich war er auch als Propst am Stift St. Cassius und St. Florentinus in Bonn tätig.18 Er „gehörte nicht zu den herausragenden Gestalten des Karolingerreichs“ 19, erwies sich aber als ausgewiesener Kenner der Karolingergenealogie. In den Gedichten von Walahfrid Strabos wird Thegan als kluger und gelehrsamer Mann mit Ausstrahlung und Bildung bezeichnet.20 „Ebenso besaß er eine solide theologische Ausbildung, gründliche Kenntnis der Bibel, der Kirchenväter und der Kanones [...].“ 21 Später verfasste der eben genannte Walahfried Strabo noch den Prolog zu Thegans Werk der Gesta Hludowici, in welchem er wiederum dessen Bildung betont, jetzt aber Thegans Lateinkenntnisse und sprachlichen Fähigkeiten bemängelt.22 Auch Tremp (1999) weist auf Thegans schwerfälliges Latein und den damit verbundenen Unsicherheiten und Unklarheiten im Verständnis hin.23 Dennoch wird Thegan mittlerweile als einer der wichtigsten Biographen Ludwigs des Frommen angesehen und dessen Bild in der heutigen Zeit bestimmte Thegan auch maßgeblich.24 Zweifel an Thegans Identität oder dessen Rolle als Urheber bei der Gesta Hludowici gibt es nach Tremp (1999) keine.

2.2 Die Gesta Hludowici imperatoris – Eine Quellenkritik

2.2.1 Eine kritische Betrachtung des Gesamtwerks

Aus dem Werk selbst geht hervor, dass Thegan die Gesta Hludowici noch zu Lebzeiten Ludwig des Frommen schrieb.25 Man geht konkret davon aus, dass dieses um den Zeitraum „zwischen dem Sommer 835 und dem Jahr 838“ 26 entstand. Bei der Gesta Hludowici handelt es sich weitestgehend um ein eigenständiges zeitgeschichtliches Werk, welches laut Thegan unabhängig von den offiziellen Reichsannalen geschrieben wurde.27 Auch andere schriftliche Quellen im großem Umfang wurden nicht benutzt28, „neben eigenen Kenntnissen dürften mündliche Berichte“ 29 von Augenzeugen Thegans wichtigste Informationsquelle gewesen sein. Dennoch gibt es auf sachlicher Ebene Ähnlichkeiten mit den „entsprechenden Jahresberichten der Annales regni Francorum“ 30 und „ als Vorlage im weiteren Sinne diente dem Verfasser der Gesta Hludowici die Vita Karolini“. 31

„Doch gerade seine Eigenständigkeit gegenüber dem literarischen Vorbild gestatte es ihm, ein individuelleres, historisch getreueres Bild von Ludwig dem Frommen zu zeichnen.“ 32

Eine erste Rezeption erfolgte durch Walahfried Strabo in den Jahren 840 bis 849 n. Chr. Dieser verfasste auch einen Prolog für die Gesta Hludowici und unterteilte es in 58 Kapitel mit Überschriften.33 Auch gab er dem vorher namenslosen Werk seinen Titel.34 Später wurde durch einen anonymen Verfasser noch eine Continuatio zu den Jahren 836 und 837 n. Chr. hinzugefügt.35

Inhaltlich wird das Werk nicht als Herrschervita im eigentlichen Sinne verstanden, sondern vielmehr als hauptsächlich annalistischer Bericht „über die Taten Kaiser Ludwigs“.36 Diese beginnen „mit der Erhebung Ludwigs zum Mitkaiser 813“ 37 und enden „im 22. Jahr der Herrschaft des Herrn Ludwig, des allerfrömmsten Kaisers“.38 Hier zeigt sich Thegans Haltung zum Kaiser. Seine Intention bestand darin, „die Person und das Tun des Kaisers vor seinen Kritikern zu rechtfertigen“ 39. Die Gesta Hludowici wird in diesem Sinne auch als „Parteischrift für Ludwig, verfaßt zu dessen Lob und Verteidigung“ 40 verstanden und ist dafür auch kritisch zu sehen. Auch Thegans deutliche kritische Haltung zum Erzbischof Ebo von Reims wird in diesem Zusammenhang erwähnt.41

„Wo der Biograph kämpferisch Stellung bezog, über Zeitgenossen parteiisch urteilte, persönliche Anliegen verfocht, sind Sachlichkeit und Objektivität von seiner Darstellung nicht zu erwarten.“ 42

Zum Wert des Werkes als Geschichtsquelle bleibt dennoch zu sagen:

„Überall dort hingegen, wo politische Vorstellungen oder persönliche Animositäten nicht unmittelbar berührt werden, erweist sich sein Bericht als zuverlässig. Denn die Gesta sind selbstständig geschrieben und stützen sich auf gute Informationen.“ 43

So konnte der Quellenwert in mehreren Fällen nachgewiesen werden und darüberhinaus scheint auch eine Fälschungsabsicht durch Thegan als ausgeschlossen.44 Die Rezeption des Werkes begann unmittelbar danach und es kam zu einer raschen Ausbreitung.45

2.2.2 Eine kritische Betrachtung des Quellenauszugs Kapitel 42

Der für diese Arbeit relevante Quellenauszug Kapitel 42 aus dem Gesamtwerk behandelt die Ereignisse aus dem Jahr 833 n. Chr auf dem Rothfeld zu Colmar, indem die Kapitulation und Gefangennahme des Kaisers und der Kaiserin geschildert wird.46

„Besonders für die ereignisreichen Jahre nach 830, die in den Gesta Hludowici umfang- und gewichtsmäßig dominieren, ist Thegan gelegentlich sehr genau über die Vorgänge im innersten Kreis der Protagonisten im Bilde.“ 47

Dies trifft nach Tremp (1999) auch für das Kapitel 42 zu. Thegan schrieb als einziger Autor über die Teilhabe Abt Adalungs von Lorsch/St. Vaast in die Geschehnisse auf dem Rothfeld.48 Zweifel an der Glaubwürdigkeit gibt es nach Tremp (1999) keine, er bezieht sich dabei vor allem auf die Freundschaft von Thegan und dem Abt. Thegan verfügte „über ausgezeichnet informierte Gewährsleute [...], welche die Haupterlebnisse jener Jahre als Augenzeugen miterlebten und dabei zum Teil selber als Handelnde mitwirkten“. 49 Den Ereignissen aus dem Jahr 833 n. Chr. kommt bei der Gesta Hludowici eine zentrale Rolle zu, da diese das eigentliche Hauptmotiv Thegans für die Verfassung seines Werkes darstellten:

„Der Zerfall der kaiserlichen Autorität, der Abfall auf dem ,Lügenfeld’, die Absetzung Ludwigs und die demütigende Behandlung des Gefangenen empörten Thegan und ließen ihn zur Feder greifen.“ 50

3 Judith

Bei Judith handelt es sich um eine weibliche Person aus dem Frühmittelalter. Sie ist die „Tochter des G[ra]f.en Welf und der edlen Sächsin Eigilwi/Heilwig“.51 Über das Datum ihrer Geburt ist nichts bekannt, die erste Erwähnung52 erfolgte im Februar 819 n. Chr., als Kaiser Ludwig I. kurz nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Irmingard bei einer Brautschau Judith als neue Gattin auswählte und im selben Jahr auch heiratete.53 „Allen Zeugnissen zufolge war J[udith]. eine Frau von außergewöhnlicher Schönheit und geistigem Rang“. 54 827 n. Chr. wird des Kaisers Sohn Ludwig II. mit Judiths jüngerer Schwester Hemma vermählt.55 In dieser Zwischenzeit wurde das Geschlecht der Welfen immer einflussreicher, was vor allem Judiths Ambitionen zugeschrieben wird und zu einer Gefahr der innenpolitischen Machtbalance führte.56 Judith konnte in den Jahren vor 833 n. Chr. ihren Einfluss auf ihren Ehemann immer weiter ausbauen.57 Zusätzlich sorgte die Kaiserin auch dafür, dass ihre Familienangehörigen immer mehr an Bedeutsamkeit im Umfeld des Kaisers gewannen.58

[...]


1 Schieffer, Ludwig, S. 317.

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Staubach, Großer Kaiser, S. 701.

6 Schieffer, Karolinger, S. 121.

7 Theganus, Kaiser, S. 90.

8 Fried, Schatten, S. 113.

9 Fried, Schatten, S. 113f.

10 Benutzt wird in dieser Arbeit die Übersetzung von Julius von Jasmund (Siehe Thegan, Kaiser, S. 19f).

11 Konkret geht es hier um das Kapitel 42.

12 Theganus, Gesta, S. 1

13 Eggert, Thegan, Sp. 613f.

14 Theganus, Kaiser, S. 20.

15 Theganus, Gesta, S. 2.

16 Ebd.

17 Ebd.

18 Ebd., S. 3.

19 Ebd., S. 1.

20 Theganus, Gesta, S. 4.

21 Ebd., S. 5.

22 Ebd.

23 Ebd., S. 21.

24 Eggert, Thegan, Sp. 613f.

25 Theganus, Gesta, S. 5.

26 Ebd., S. 7.

27 Ebd.

28 Ebd.

29 Ebd., S. 9.

30 Ebd., S. 8.

31 Ebd., S. 11.

32 Theganus, Gesta, S. 12.

33 Ebd., S. 24.

34 Ebd.

35 Ebd., S. 7.

36 Ebd., S. 12.

37 Ebd., S. 13.

38 Ebd., S. 255.

39 Ebd., S. 14.

40 Ebd.

41 Ebd., S. 15.

42 Ebd., S. 19.

43 Ebd.

44 Theganus, Gesta, S. 19f.

45 Ebd., S. 23.

46 Theganus, Kaiser, S. 19f.

47 Theganus, Gesta, S. 9.

48 Ebd., S. 10.

49 Ebd., S. 9.

50 Ebd., S. 14.

51 Fleckenstein, Judith, Sp. 797.

52 Ebd.

53 Schieffer, Karolinger, S. 119.

54 Schiefer, Judith, S. 639.

55 Schieffer, Karolinger, S. 120.

56 Ebd.

57 Semmler, Renovatio, S. 143.

58 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Rolle Judiths als Frau Ludwig des Frommen
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V497285
ISBN (eBook)
9783346017970
ISBN (Buch)
9783346017987
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rolle, judiths, frau, ludwig, frommen
Arbeit zitieren
Julian Grasser (Autor:in), 2014, Die Rolle Judiths als Frau Ludwig des Frommen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497285

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