Die Kroatische Bauernpartei und der Katholizismus in Kroatien 1918 bis 1928


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

24 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALT

Formale Vorbemerkungen

1.) Einleitung

2.) Die Entstehung des Königreichs SHS
2.1.) Das 'Südslawische Komitee'
2.2.) Der 'Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben'
2.3.) Kroatiens Stellung im Königreich SHS

3.) Die Politik in Kroatien von 1918 bis 1928
3.1.) Die Parteien
3.2.) Die Politik bis zur Vidovdan-Verfassung vom 28. Juni
3.3.) Die Politik in Kroatien von 1921 bis

4.) Stjepan Radić und die Kroatische Bauernpartei
4.1.) Die Brüder Radić
4.2.) Die Kroatische Bauernpartei

5.) Die Bedeutung des politischen Katholizismus in Kroatien in der Zwischenkriegszeit

6.) Schlussüberlegungen

Formale Vorbemerkungen:

Die Rechtschreibung folgt den im Duden anerkannten, in der deutschen Schweiz üblichen Regeln, ebenso die Zitierweise.

Für Ortsangaben wird in der Regel, d.h., wenn kein gebräuchlicher deutscher Name existiert, der heutige, südslawische Name verwendet, sofern eine gebräuchliche anderssprachige Bezeichnung existiert oder zu diesem Zeitpunkt existiert hat, steht diese bei der Erstnennung in Klammer.

Bsp.: Zagreb (dt. Agram)

Die Namen der Parteien werden bei ihrer Erstnennung in Klammern mit dem südslawischen Namen genannt.

Bsp.: Nationale radikale Partei (Narodna radikalna stranka)

Die gesamte in den Anmerkungen aufgeführte Literatur ist im Anhang zu finden. In den Anmerkungen selber wird auf einzelne Werke lediglich in Kurzform verwiesen . Im Anhang sind die Werke mit vollem Titel und Untertitel (samt deutscher Übersetzung, falls der Titel in keiner westlichen Sprache lautet) verzeichnet.

1.) Einleitung

Die folgende Arbeit hat zum Ziel, die Politik in Kroatien im allgemeinen und der Weg der kroatischen Bauernpartei im speziellen zwischen 1918 und 1928 nachzuzeichnen. Den Hauptteil habe ich in vier Kapitel unterteilt, wobei der Politik der Kroatischen Bauernpartei am meisten Gewicht beigemessen wird. Da der politische Katholizismus in Kroatien in der Zwischenkriegszeit praktisch keine Rolle gespielt hat und keine katholische Partei das politische Geschehen zu beeinflussen vermochte, gehe ich im letzten Kapitel vor allem auf die Ursachen der geringen Bedeutung des Katholizismus ein. In den Schlussüberlegungen fasse ich die wesentlichen Punkte zusammen und versuche, eine Verbindung zu den Ereignissen in Kroatien zwischen 1991 und 1995 herzustellen.

Am 1. Dezember 1918 wurde das 'Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen' (Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, im folgenden abgekürzt: Königreich SHS) durch Prinzregent Alexander proklamiert. Die südslawische oder jugoslawische Idee, interessanterweise zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Kroatien geboren, wurde nach dem Ersten Weltkrieg zum ersten Mal realisiert[1]. Gebiete, die vor dem Krieg entweder zum zisleithanischen Teil des Habsburgerreiches gehört hatten (Teile der Kronländer Steiermark, Küstenland und Kärnten, Krain und Dalmatien), dem transleithanischen Teil zugehörig waren (Königreich Kroatien-Slawonien, Vojvodina und Rijeka (it. Fiume), schon seit kurzer Zeit selbständig waren (Königreich Serbien, Königreich Montenegro, beide unabhängig seit 1878) oder bis kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges noch zum Osmanischen Reich gehört hatten (Makedonien und Kosovo bis 1913, Bosnien-Herzegowina bis 1878/1908) wurden in dem neuen Staat politisch zusammengefasst (vgl. Karte 1). Die Emanzipation der Südslawen von den beiden stets miteinander konkurrierenden Reichen auf dem Balkan hatte nach ungefähr 100 Jahren ihren Abschluss gefunden. Der südslawische Staat war historisch, sprachlich-kulturell, ethnisch und in religiöser Hinsicht wohl das komplizierteste Gebilde, das nach dem 1. Weltkrieg entstand (vgl. Tab. 1 und 2). Die Vorstellung der Slowenen und vor allem der Kroaten, einen föderativen, jugoslawischen Staat zu errichten, der den einzelnen Nationen relativ grosse Autonomie einräumen sollte, konkurrierte schon zu Beginn mit der Intention des tonangebenden serbischen Politikers Nikola Pašić, einen zentralistisch regierten, grossserbischen Staat zu schaffen. Der Kontrast zwischen den Serben und den Kroaten und damit eng verbunden die Frage eines zentralistischen oder föderativen Staates, war vielleicht das dringendste, bei weitem aber nicht das einzige innenpolitische Problem des neugeborenen Staates.

Stjepan Radić, der Führer der Kroatischen Bauernpartei und die bedeutendste kroatische Persönlichkeit in der Zwischenkriegszeit, hat nie Gefallen gefunden an der Gründung eines jugoslawischen Staates ausserhalb der Habsburgermonarchie, so wie es die serbischen Politiker vorgesehen hatten[2]. Seine Befürchtung, die grossserbische Politik werde kaum föderative Elemente zulassen, sollte sich bewahrheiten. Das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen war von Beginn an ein von mehrheitlich zentralistisch eingestellten serbischen Politikern dominierter Staat, in dem die Kroaten weniger Autonomie genossen als zur Zeit der ungarischen Vorherrschaft. Die Bauernpartei der Brüder Radić kämpfte in der Zwischenkriegszeit für die Errichtung einer Kroatischen Bauernrepublik, jedoch ohne Erfolg. Mit dem Attentat auf Radić am 20. Juni 1928 während der Nationalversammlung war der Bruch zwischen Belgrad und Zagreb (dt. Agram) eindeutig vollzogen. Das Land schlitterte Ende 1928 in eine ernste Krise, die am 6. Januar 1929 mit der Auflösung des Parlaments und der Aussetzung des Vidovdan-Verfassung durch König Alexander ihren Höhepunkt fand.

2.) Die Entstehung des Königreichs SHS

2.1.) Das 'Südslawische Komitee'

Das 'Südslawische Komitee' oder der 'Südslawische Ausschuss' (Jugoslovenski odbor) war ein Zusammenschluss jugoslawisch orientierter, allen voran kroatischer Emigranten aus der Habsburgermonarchie. Geleitet wurde das Komitee mit Sitz in London von Ante Trumbić, dem ehemaligen Bürgermeister von Spalato (dt. Split). Prominente Mitglieder waren der dalmatinische Politiker Frano Supilo, der später aus dem Komitee austrat, und der bekannte Bildhauer Ivan Meštrović[3]. Die ca. 20 Mitglieder des Komitees waren selbsternannte Vertreter ihrer Sache und repräsentierten keine Parteien oder sonstige offizielle Organisationen. Wichtige Zielsetzungen waren die Klärung der Position zwischen den Südslawen und die Idee einer Vereinigung derselben. Die jugoslawische Emigration hatte anfänglich einen schwierigen Stand. Sie stand im Schatten der tschechischen Emigration und versuchte vergeblich, von der Entente als Vertretung einer 'verbündeten Nation' akzeptiert zu werden. Ebenso hatten die südslawischen Emigranten Schwierigkeiten, mit der serbischen Exilregierung auf Korfu, die von Pašić geführt wurde, Verhandlungen aufzunehmen[4]. Zu Gesprächen zwischen Trumbić und Pašić kam es schliesslich im Sommer 1917 auf Korfu. Ergebnis dieser Verhandlung war die 'Deklaration von Korfu', in der sich die serbische Regierung und das 'Südslawische Komitee' auf die Gründung eines 'Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen' verständigten. Der künftige Staat sollte eine konstitutionelle Monarchie unter der Führung der Karađorđević-Dynastie werden, weitere Verfassungsfragen wurden auf Korfu nicht geklärt, vor allem das in den 20er-Jahren wichtigste Problem - zentralistischer oder föderalistischer Staatsaufbau - blieb ungelöst. Die minimale Abklärung staatsrechtlicher Fragen auf Korfu deutet darauf hin, dass Pašić die Deklaration als nicht sehr verbindlich ansah, zumal die serbische Regierung erst im November 1918 in Genf das 'Südslawische Komitee' als nationale Vertretung der habsburgischen Südslawen anerkannte.

Die Dominanz der Serben über die anderen Südslawen im späteren Königreich SHS widerspiegelte sich schon damals im Verhältnis zwischen Pašić und dem 'Südslawischen Komitee'. In Kroatien nahm man die Deklaration nicht mit Begeisterung auf. Allgemein herrschte die Ansicht, dass Kroatien zuerst als selbständiger Staat hergestellt werden müsste und erst danach auf gleichberechtigter Basis mit den Serben verhandelt werden könnte.

2.2.) Der 'Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben'

Der 'Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben' (Narodno vijeće Slovenaca, Hrvata i Srba) wurde am 5./6. Oktober 1918 in Zagreb als deren politische Vertretung gegründet. Damit hatten die Südslawen der Donaumonarchie gegen Kriegsende zwei nationale Vertretungen: den Nationalrat in Zagreb einerseits und den Ausschuss in London andererseits. Der Vorstand des Nationalrates bestand aus dem Slowenen Anton Korošec, dem Kroaten Ante Pavelić und dem in Kroatien geborenen Serben Svetozar Pribićević. Der Nationalrat beanspruchte für sich das alleinige Recht, die habsburgischen Südslawen zu vertreten, er stand also in einer gewissen Konkurrenz zum 'Südslawischen Komitee'. Am 29. Oktober 1918 beschloss der kroatische Sabor seine Loslösung vom österreichisch-ungarischen Staatsverband und übertrug dem Nationalrat die oberste vollziehende Gewalt[5]. Der Rat erklärte Kroatien zum souveränen Staat und beschloss, dem Staat der Slowenen, Kroaten und Serben beizutreten. Somit hatten die Südslawen noch vor den Tschechen und Slowaken auf den Trümmern der Habsburgermonarchie ihr eigenes Gemeinwesen errichtet.

[...]


[1] Zu den wichtigsten Vertreter des Illyrismus und des Jugoslawismus gehörten im 19. Jahrhundert Ljudevit Gaj und der Bischof von Đakovo Josip Juraj Strossmayer. Hierbei ist anzufügen, dass eine Vereinigung der Südslawen von den oben genanntnen Vertretern immer nur innerhalb der Habsburgermonarchie verstanden wurde.

[2] Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges gab es verschiedene Lösungen des nationalen Problems Kroatiens: Eine Minderheit war für die Beibehaltung der Union mit Ungarn, die konservativen Kräfte stimmten für die Errichtung eines südslawischen Staates innnerhalb der Monarchie. Die dritte Lösung war ein unabhängiger südslawischer Staat gemeinsam mit Serbien und Montenegro.

[3] Trumbić hatte bereits im Januar 1913 mit kroatischen Politikern vereinbart, im Falle eines Krieges vom Ausland her für eine Vereinigung der Südslawen zu wirken. Ein Teil dieser Politiker befand sich bei Kriegsausbruch gerade im Ausland, anderen gelang kurz nach Beginn die Flucht ins neutrale Italien.

[4] Der 'Südslawische Ausschuss' hatte nach Prunk seine drei wesentlichen Aufgaben, nämlich a) Einfluss auf die jugoslawischen Völker in der Habsburgermonarchie zu gewinnen, b) internationale Anerkennung durch die Entente-Staaten zu erhalten und c) die Londoner Vereinbarungen zu verhindern, nicht erfüllt. vgl. Prunk, Die Gründung des jugoslawischen Staates 1918. In: Karner, Schöpfer (eds.), Als Mitteleuropa zerbrach, 32-33.

[5] Der slowenische Nationalrat erklärte bereits einen Tag zuvor, am 28. Oktober, den Austritt aus der Habsburgermonarchie; am 30. Oktober erklärte der bosnische Nationalrat den Anschluss an Serbien. vgl. Markert, Jugoslawien, 70.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Kroatische Bauernpartei und der Katholizismus in Kroatien 1918 bis 1928
Hochschule
Universität Wien
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
24
Katalognummer
V49725
ISBN (eBook)
9783638460996
ISBN (Buch)
9783638660525
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kroatische, Bauernpartei, Katholizismus, Kroatien
Arbeit zitieren
Dr. phil. Michael Portmann (Autor:in), 2002, Die Kroatische Bauernpartei und der Katholizismus in Kroatien 1918 bis 1928, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49725

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