Die Entstehung des Nationalstaates und der Frauenbewegung in der Türkei

Das neue nationale, kemalistische Frauenbild am Beispiel der Autobiographie Halide Edip Adivars


Examensarbeit, 2018

78 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Halide Edip Adivar – Eine nationale Frauenaktivistin
Die Memoiren von Halide Edip Adivar – Erinnerungen einer nationalistischen Frauenrechtlerin

3. Die türkische Frauenbewegung in ihren Anfängen in der Tanzimatszeit bis hin zum Untergang des Osmanischen Reiches

4. Die Stellung der Frau vom Jungtürkischen Regime 1908 bis zur Gründung der türkischen Republik 1923
4.1 Die Frauenbewegung ab der Zeit der Jungtürkischen Revolution 1908 bis zum Ersten Weltkrieg
4.2 Der Status der Frau in der Parlamentarischen Diskussion
4.3 Die Stellung der Frau im Befreiungskrieg 1919-1923
4.4 Die Entwicklung der Rechte der Frauen in der türkischen Republik ab 1923

5. Das Frauenbild Atatürks - Töchter einer zivilisierten Nation
Das Frauenbild Kemal Atatürks im Zusammenhang mit der Frauenbewegung der Türkei in den Anfangsjahren der kemalistischen Republik

6. Nationalismus, Kemalismus und Osmanismus als hegemonielle Machtstrukturen gegenüber dem Konzept des Feminismus
Die Frauenbewegung im Zusammenhang mit dem nationalen Einigungsprozess

7. Die Stellung der kemalistischen Frauenbewegung in der Gesellschaft ab 1980 – ein Ausblick

8. Schlussbetrachtung

9. Literaturverzeichnis
9.1 Quelle
9.2 Sekündärliteratur
9.3. Internetquellen

1. Einleitung:

Diese Arbeit orientiert sich zunächst an der Entstehung des Nationalismus und dem in der Türkei spezifischen Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft, danach an der Entwicklung der Frauenbewegung in der Türkei. Im letzten Kapitel werde ich dann genauer auf die Memoiren Halide Edip Adivars „Mein Weg durchs Feuer“ eingehen. Um das Verhältnis von Nationalismus und Frauenbewegung genauer einzugrenzen, werde ich mich an den Lebensdaten Halide Edips orientieren, da in ihre Lebenszeit sowohl die Anfänge der Frauenbewegung in der Tanzimatperiode liegen, die Frauenbewegung unter der jungtürkischen und kemalistischen Herrschaft bis hinein in die völlige Stagnation der Frauenbewegung in den darauffolgenden Jahren nach der Erlangung des Wahlrechts. Auf die kemalistische Frauenbewegung der 80er Jahre werde ich daher in dieser Arbeit jedoch nur stichpunktartig eingehen, um die Auswirkungen Halide Edips Leben und Wirken auf die spätere Frauenbewegung zu erkennen. Dennoch ist es wichtig diese Bewegung kurz zu untersuchen, da die Frauenbewegung sich auf die kemalistische Frauenbewegung bezieht. Sie steht aber nicht mehr in konkretem Zusammenhang mit dem Nationalismus und Kemalismus und die Entstehung, die Umstände und die Parameter dieser Bewegung wurden unterschiedlich gesetzt.

Die Quelle wird somit untersucht innerhalb des zeitlichen Rahmens zwischen dem Ende der Tanzimatepoche und dem Beginn der türkischen Republik 1923.

Am Anfang wird die Untersuchung zunächst auf die entstehende Frauenfrage während der Tanzimat-Periode eingehen, da dies wichtig ist für die Kindheit Halide Edips und die Werte und Normen, die sie für ihr weiteres Leben prägten. Darauffolgend wird das Schlüsselereignis für Halide Edips Leben beschrieben – nämlich die Machtergreifung der Jungtürken im Jahre 1908 und die darauffolgende Reformen und Umbrüche. Am Ende der zeitlichen Analyse wird dann ihre Rolle während des Befreiungskrieges und der Realisierung der Reformen z.B. in der Ausbildung der Frauen erörtert. Die Analyse der Quelle beinhaltet, aber auch die Positionen, die Halide Edip Adivar gegenüber dem Nationalismus, Kemalismus und Feminismus besaß. Nach der Analyse der Quelle wird dann konkret auf die Frauenbewegung und die Meilensteine der Entwicklung der Frauenrechte eingegangen, die für Halide Edips Leben prägend waren um eine objektive Grundlage auf die Ereignisse zu erreichen und darzulegen. Der dritte Teil der Arbeit untersucht dann das kemalistische Frauenbild und seine oft heterogene Ansicht über die Rechte der Frauen, die auch in seinen Reformen deutlich wird. Zudem soll hier auch der Charakter der kemalistischen Bewegung mit seinen oft elitären, intelektuellen und auch diktatorischen Zügen hinterfragt werde. Wichtig wird hier auch eine Herausstellung der Unterschiede der Rechte der Frauen zwischen Stadt und Land sein.Im vierten inhaltlichen Teil der Arbeit wird dann auf die drei Konstrukte, die zu dieser Zeit prägend waren eingegangen: den Nationalismus, Kemalismus und den Feminismus. Hier wird das Verhältnis der Systeme zueinander betrachtet. Außerdem wird aber auch eine kritische Analyse dieser gesellschaftlichen Bewegungen mit in die Betrachtung miteinbezogen.

Diese Arbeit möchte jedoch keinen Vergleich der autobiographischen Ansichten gegenüber den zuvor genannten Strukturen anstreben, sondern nur die Zeitströmungen aus verschiedenen Sichtweisen darstellen, da genau dadurch die spannende Atmosphäre dieser Umbruchszeit deutlich wird. Ein wichtiges Werk für die Untersuchung war „Die Töchter der letzten Osmanen. Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien“ von Erika Glassen. Die Forschung zur Frauenbewegung in der Türkei, erlebte zwar in den 80er Jahren ihren Höhepunkt, parallel zur wiederaufkommenden Frauenbewegung, jedoch gibt es wenige aktuelle Studien zur kemalistischen Frauenbewegung in ihren Anfangsphasen. Sadi Ücuncü, Bither Somersan und Klaus Kreiser sind für dieses Thema Werke, die auch für andere Autoren, eine Grundlage schafften für das Thema Frauenbewegung und Nationalismus in der Türkei zur Zeit des Kemalismus.

2. Halide Edip Adivar- Eine nationale Frauenaktivistin

In Halide Edip Adivar (1884-1964) vereinigen sich viele Talente, daher traf auf sie nicht nur eine Berufsbezeichnung zu. Sie war: Lehrerin, Journalistin, Frauenrechtlerin, Schulinspektorin, Offizierin, Professorin, Revolutionärin und Politikerin. Für viele Frauen der osmanisch-türkischen Geschichte war sie ein leuchtendes Vorbild. Ihr Leben wurde von vielen idealisiert und verehrt, dennoch war sie zeitlebens auch immer wieder scharfer Kritik ausgesetzt und wurde verfolgt.1 Geboren wird sie in eine Istanbuler Familie, die zum engeren Kreis des Sultans gehörte. Schon früh stirbt die Mutter und sie wird daraufhin von den Großeltern aufgezogen. Die Großmutter die ihr nun zum Vorbild wird, prägt sie stark für ihr späteres Leben. Von ihr erhält sie eine tolerante, sozialorientierte und religiöse Erziehung und auch die schriftstellerische Neigung, da auch schon ihre Großmutter Gedichte und heimlich Liebesgeschichten schrieb.2 Im Haus der Großeltern lernt sie, durch die verschiedenen Angestellten, die aus unterschiedlichen Ländern kamen, verschiedene Sprachen, Religionen und anatolische Lieder und Erzählungen kennen. Auch in ihrem eigenen Freundeskreis pflegt sie Freundschaften, die nicht an religiöse und ethnische Grenzen gebunden sind.3 Der Vater, der säkulare und westliche Ansichten vertrat, ermöglichte seiner Erstgeborenen eine westliche Erziehung und Ausbildung. So wurde sie z.B. von dem berühmten Philosophen Rıza Tevfik in Philosophie und Französisch unterrichtet. Dieser Lehrer brachte ihr aber auch verschiedene Reformideen dieser Zeit näher. Auch im Englischunterricht liest sie westliche Literatur, wie Shakespeare oder George Eliot. Im Jahre 1899 wird sie dann in das Amerikanische

Mädchen-College in Istanbul aufgenommen.4 Dort erhielt sie Mathematikunterricht bei Salih Zeki, der sich in seine Schülerin Halide verliebt und ihr einen Heiratsantrag stellt. Halide nimmt diesen Antrag, trotz Bedenken des Vater an. 1910 heiratet ihr Mann jedoch eine zweite Frau. Halide Edip Adivar, die eine starke Gegnerin der Polygamie war, verlässt ihn daraufhin ohne zu zögern und engagiert sich von nun an leidenschaftlich in der türkischen Nationalbewegung. Ihre Ansichten im politischen und frauenrechtlichen Bereich beschreibt sie in ihrem Roman „Das neue Turan“. Dieser Roman wird von den jungen Nationalisten gefeiert. Von nun an trägt sie den Beinamen „Mutter der Türken“. In ihrem Roman präsentiert sie das Idealbild der Frau und eine gesellschaftspolitische Utopie der Türkei. Die neue, moderne türkische Frau, soll ihrer Ansicht nach: schlicht, tugendhaft und altruistisch für die Familie, die Gesellschaft und den Staat sein. Dieses Bild der neuen Frau wird sehr stark in ihrem Roman „Das neue Turan“ deutlich:5

Die Frauen in „Das neue Turan“ sind nicht mehr „der Schmuck des Hauses und das Objekt der Leidenschaft der Männer“, sondern „den Männern eine ehrliche Kameradin, den Kindern und dem ganzen Land eine Mutter, eine Erzieherin.“ Die Heldinnen des Romans verkörpern ein asexuelles Frauenbild: „In ihrem Blick war nichts, das einen Mann oder eine Frau an das Geschlecht erinnerte.6

1917 heiratet sie dann ihren langjährigen Freund, Adnan Adivar, der auch mit ihrer Familie gut befreundet war.7 Er teilt ihre politischen Ansichten und er war zudem ein einflussreiches Mitglied des Komitees für Einheit und Fortschritt.8 Unter abenteuerlichen Bedingungen verlassen 1920 beide Istanbul, da die Stadt von den Briten besetzt war. Sie reisen nach Ankara und schließen sich dort der

Widerstandsbewegung unter Mustafa Kemal Atatürk an. Ihre Söhne bringt sie in die USA damit sie dort in Sicherheit sind. In Ankara wird sie dann schnell zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Nationalbewegung. Schon sehr früh erkennt sie die Bedeutung von Mustafa Kemal für die Unabhängigkeit des Landes. Jedoch übt sie auch Kritik an seinem teilweise autokratischen Führungsstil.9 Nach der Gründung der Republik wechselt sie jedoch die Seite und wird zu einer der Mitbegründerinnen der ersten Oppositionspartei, die aber ziemlich schnell wieder verboten wird. 1924 verlassen sie und ihr Mann die Türkei und gehen ins Exil. Im Exil lebten sie dann bis 1939 in London und Paris. In dieser Zeit verfasst sie ihre Memoiren und ihren wohl erfolgreichsten Roman: „Die Tochter des Schattenspielers“. Zeitweise lehrt sie in New York und auf die Bitte Mahatma Gandhis auch in Delhi. Im Jahre 1939, ein Jahr nach Kemal Atatürks Tod, kehren sie nach Istanbul zurück, da sie in diesem Jahr eine Professur für Englische Literatur an der Universität Istanbul erhält. Im Jahre 1950 tritt sie als parteilose Kandidatin in das Parlament ein. 1964 stirbt Halide Edip im Alter von 80 Jahren.10

Die Auswirkungen der Tanzimat Reformen und der kemalistischen Reformen werden an Halide Edips Leben sehr deutlich. Immer wieder war sie nach ihrer Ausbildung Mitarbeiterin in liberalen Zeitungen um in ihren Artikeln auch über Frauenthemen zu sprechen. Auch in ihren Romanen, in denen es vor allem um Frauenrechte geht, versucht sie die zu ihrer Zeit vorherrschenden Ideologien den türkischen Nationalismus und die Verwestlichung zusammenzubringen.11

As she began writing in the pre-republican period and continued to do so during the period of Ataturk‘s reforms, the problems she approached and the images of women she created show great variety […] images of nationalistic women, modernised women, women with a strong personality, women rising up against oppression and idealistic women striving to educate the masses.12

Halide Edip war in der nationalistischen Bewegung in den Jahren 1910-1912 aktiv. Zudem war sie zu dieser Zeit die einzigste Frau, die im Ojak vertreten war. Der Ojak war eine nationale Organisation, die in allen Regionen in der Türkei vertreten war.13 Dann trat sie in die Armee ein und wurde zugleich eine der wichtigsten Figuren in der kemalistisch-nationalen Bewegung. Sie agierte in der Bewegung als Sprecherin bei Kundgebungen und veröffentlichte regelmäßig Artikel über die nationale Bewegung. Dennoch bekam sie in dieser Zeit auch Todesdrohungen, da sie eine Nationalistin, die ursprünglich aus der Schicht der Palastbeamten kam, eine ernste Bedrohung für das System darstellte. Zudem war sie eine eloquente Rednerin und eine herausstechende Persönlichkeit der Revolution.

Die kemalistischen Reformen in der Türkei wurden in der ganzen Welt als erfolgreicher Versuch betrachtet, eine Emanzipation der Frau durchzuführen. Die Reformen waren ein wichtiger integraler Teil der Modernisierung der türkischen Institutionen, um die Türkei in das 20. Jahrhundert zu bringen. Sehr deutlich wird, dass es sich bei den Reformen nicht nur um ökonömische und rechtliche Reformen handelt, sondern die Reformen auch soziale, religiöse und ideologische Bereiche erfassten. Dies schließt auch öffentliche Diskussionen mit ein, in denen es um das Erscheinungsbild der Frau geht und um ihr Benehmen und ihre Rolle in der Öffentlichkeit und in der Familie.14

Diese Veränderungen wurden von vielen türkischen weiblichen Politikwissenschaftlerinnen und Historikerinnnen analysiert, die oft selbst Zeitzeugen der Reformen waren. Zu ihnen gehört auch Dr. Nermin Abadan-Unat, die behauptet, dass: „focused his attention mainly on the elimination of polygamy, sex-differentiated legislation and tarditional ethical norms“.15 Die wissenschaftliche Untersuchung aber, so Abadan-Unat, beweist, dass „[…] revolutionary efforts through law have only resulted in partial changes both in the status and role of women in Turkish society!“16 Sie ist außerdem der Ansicht, dass die Reformen nicht von der Bevölkerung gefordert wurden, sondern von der Regierung bewusst eingesetzt wurden um zu beweisen, dass die Türkei ein: „[…] reaching a level of contemporary civilization“ erreicht.17 Ein weiterer wichtiger Punkt den Abadan-Unat betont ist, dass: „[…] the major rights conferred on Turkish women were much more the result of unrelenting efforts of a small revolutionary elite, rather than the product of large-scale demands by Turkey‘s female population.“18 Ein wichtiges Merkmal der Reformen ist, wie Dr. Fatma Mansur Cosar betont, die Gebundenheit der Reformen an die Klasse:

The sudden changes […] thrust upon Turkish society in the early 1920s were made bearable and did not dislocate the social structure because, in the final analysis, only a very small number of women were able to use the rights granted to them by Ataturk. The vast majority of women are still tied to the land and under the social control of men.19

Ein anderer interessanter Aspekt wurde durch Dr. Sirin Tekeli in die Diskussion miteingebracht. Sie behauptet, dass die Reformen Kemals einer kapitalistischen Ideologie folgten:20

The objective of the revolutionaries was to create a modern Turkey and „modernity“21 was defined as the social organisation prevalent in the West, i.e. capitalist social formation. The forces of production that the new state inherited from the Ottoman Empire were not developed enough to be historically determing: therefore one had to start with modernising the superstructures. The new „civil code“22 adopted in 1926 reorganised civil and property relations on the basis of the model relationships dominant in capitalist states.23

Obwohl die Reform gebunden war an die Klasse und daher begrenzt in ihrem Wirkungskreis, hatten sie im internationalen Kontext große Aufmerksamkeit gewonnen. Gerade die Durchsetzung von Frauenrechten in der Türkei wurden in der muslimischen Welt kontrovers diskutiert. Im Iran und in Afghanistan wurden Versuche unternommen diese Entwicklung aufzuholen.24

Die Memoiren von Halide Edip Adivar – Erinnerungen einer nationalistischen Frauenrechtlerin

Für die Untersuchung der Quelle wird nicht das gesamte Leben von Halide Edip Adivar in ihren Memoiren „Mein Weg durchs Feuer. Erinnerungen“ untersucht, sondern nur die Zeit ihrer Kindheit und Ausbildung, der Beginn ihrer politischen und journalistischen Tätigkeit und ihrer Befreiung aus einer polygamen Ehe, da diese drei Ereignisse in ihrem Leben viel über die soziale und politische Stellung der Frauen zu dieser Zeit aussagen und auch über ihre eigene Emanzipation. Ihre Autobiographie zeigt auf, dass Halide Edip ihrer historischen Bedeutung für die Entwicklung der Türkei, bewusst war. Ihr war zudem klar, dass sie ein Teil eines Umbruchs war und diese Veränderungen in der Gesellschaft ihren Kindern und Nachkommen, aus ihrer Sicht, darlegen und erklären wollte.

Halide Edip prägten die frühen Jahre, die sie im glyzinienumrankten Haus verbrachte sehr stark. Ihre Mutter war schon früh an Tuberkulose erkrankt und starb bei der Geburt ihres Sohnes. Haminne, ihre Großmutter, kümmerte sich fortan liebevoll um das kleine Mädchen zusammen mit den Bediensteten des Hauses. Der Vater jedoch versank in seiner Trauer und war für die kleine Halide in ihrer Kindheit nicht präsent. Da ihr Vater erster Sekretär der Privatschatulle am Hof des Sultans war, besaß die Familie ein wunderschönes Haus mit einem ausladenden Garten und auch verschiedenen Bereichen für Männer und Frauen, dem Harem und dem Selamlık, wie es zu dieser Zeit in herrschaftlichen Häusern üblich war.25 Für die kleine Halide waren diese beiden Räume wie zwei verschiedene Welten, dies wurde für sie vor allem am Verhalten ihres Großvaters deutlich. War er im Selamlık, so benützte er Schimpfwörter und sprach alle Frauen mit „du“ an, begab er sich jedoch in die Frauengemächer, verwendete er die schlimmen Ausdrücke nicht und sprach die weiblichen Bediensteten mit „Frau Gehilfin“ an.26 In dieser Trennung werden die osmanischen Traditionen deutlich, die auch am osmanischen Hof herrschten und die Tanzimatperiode überlebt hatten. Sowohl der Großvater als auch die Großmutter, die beide ein großer Teil ihrer Erziehung waren, waren sehr gut belesen. Der Großvater interessierte sich für religiöse Literatur, die Großmutter hingegen laß ins Französische übersetzte Romane und schrieb auch selber kleine Geschichten und Gedichte.27 Auch schon im Kindergarten lässt ihr Vater sie in einen Kindergarten gehen, der von einer Griechin geleitet wurde und in dem größtenteils christliche Kinder waren, deren Eltern im Palast angestellt waren. Auch schon zu dieser Zeit achtete der Vater zudem penibel darauf, dass seine Tochter sich westlich anzieht und erlaubte ihr, dass sie im Sommer ohne Kopfbedeckung aus dem Haus gehen durfte.28

Bemerkenswert ist, dass sie ihre Kindheit wie einen Traum oder ein Märchen beschreibt, da viele Erinnerungen mit einem Nebel bedeckt sind, aber sie sich an ihre Kindheit auch deshalb nur aus einer künstlerischen Perspektive erinnern will, da sie die Trauer des Vaters und die häufige Abwesenheit des Vaters, da er weiterhin viele Stunden im Palast arbeiten musste, nicht ertragen konnte. Ihre gesamte Kindheitsgeschichte wird daher von ihr in der dritten Person erzählt.29 In ihrer

Kindheit wird sie zu Hause unterrichtet. Für diesen Umstand war sie sehr dankbar, da zu dieser Zeit noch Prügel gegenüber Kindern an der Schule üblich waren.30 Weiterhin erfreut sie sich aber auch an der Gesellschaft einer Bekannten ihres Großvaters, die früher Lehrerin war am Palast des Sultans und dort die Frauen unterrichtete. Diese lebte nun in ihrem Ruhestand bei der Familie Bey und weiht die kleine Halide in die reiche Welt der Bücher ein.31 Ihr Vater war sehr darauf bedacht, dass Halide eine westliche Ausbildung bekommt. Dafür zog die Familie in eine neue Wohngegend und er stellte ihr sogar einen neuen Personalausweis aus, damit sie das erforderliche Alter für die Aufnahme hatte:

Der Wunsch meines Vaters, mich auf das Amerikanische College zu schicken, hatte zur Wahl unserer neuen Wohngegend geführt. Um mich an der Schule anmelden zu können, hatte mein Vater nach unserem Umzug mein Alter im neu ausgestellten Personalausweis auf die erforderlichen elf Jahre erhöht. Der Schuldirektor wusste aber von dieser Manipulation und war durch nichts zu bewegen, ein so kleines Mädchen über Nacht im Internat zu behalten.32

Dennoch konnte sie im Jahre 1893/94 für ein Jahr auf das Amerikanische College, wo sie nach eigenen Aussagen, zwar sehr schnell die englische Sprache lernte, aber dennoch kein Gefühl für die Sprache bekam. Außerdem wurde der Unterricht Halides im College von der restlichen Familie verurteilt:

Der englische Unterricht stieß bei mir zu Hause nicht auf volle Zustimmung. Ahmet Ağa kratzte regelmäßig die Augen aus allen Bildern in meinen Schulbüchern. Auf meine Frage, warum er das Gleiche nicht bei den menschlichen Abbildungen in unseren türkischen Büchern mache, antwortete er: „Die ähneln doch nicht wirklichen Menschen. Aber die da, sieh doch nur, wie geschaffen sehen sie aus, als ob sie gleich zu sprechen beginnen. Das geht nicht!“33

Aber nicht nur ihr kleiner Cousin Ahmet Ağa, sondern auch ihre Tante fand anstoß an der Erziehung, der Mädchen im College, da sie dort auch mit dem Christentum in Kontakt kam:

Und die Tante entstetzte sich, als sie meine Bibel sah: „Du wirst noch zur Christin werden, ohne es selbst zu merken!“ Die Bibel gehörte damals am College zum Unterrichtsmaterial Kultur, und ich kann mit Sicherheit sagen, dass dabei nicht nicht - wie allgemein angenommen – missioniert wurde. […] Nun, die Bibeln, die ich mir mehr als einmal von meinem Taschengeld abgespart hatte, verschwanden zu Hause stets auf geheimnisvolle Weise.34

Leider musste Halide jedoch schon bald wieder das Amerikanische College verlassen, da Sultan Abdülhamit, gegen den Unterricht von türkischen Kindern an ausländischen Schulen war. Deshalb wurde sie in der folgenden Zeit daheim weiter in Englisch unterrichtet.35 Im Jahre 1899 kam sie dann ein zweites Mal auf das Amerikanische College. Diesesmal genoss sie dort die Zeit in vollen Zügen und las sich in verschiedene Religionen ein. Auch die englische Kultur und Literatur betrachtete sie nun in einem neuen Blickwinkel. So vergaß sie in dieser Zeit die oft strikten Vorschriften, die sie in ihrer Familie beachten musste. Jedoch kam die Erinnerung jedesmal zurück, wenn die Familie sie besuchte. Ein Vorfall in ihrer Autobiographie verdeutlicht dies:

Hin und wieder kam Haminne mit Nevres Bacı zu Besuch und brachte mir Süßigkeiten. Doch als ich eines Tages mit den beiden im Gästezimmer saß, trat der bulgarische Pferdeknecht Natço ein, um mich etwas zu fragen. Dass ich ihm unverhüllt entgegentrat, empörte meine alte Amme so sehr, dass sie mich danach nie mehr in der Schule besuchte.36

Nach dem Abschluss am College heiratete sie ihren Mathelehrer Salih Zeki Bey. In ihrem Buch möchte sie darüber nicht viel schreiben, da sie auf die Rolle die sie in dieser Ehe einnahm nicht besonders stolz war.37 „Über meine erste Ehe werde ich so wenig wie möglich berichten. Ich führte das Leben einer altmodischen türkischen Frau und verließ kaum einmal das Haus.“38 Sie half ihrem Mann bei Übersetzungen für seine Werke der Mathematik. In der Zeit, in der sie darauf wartete schwanger zu werden beschäftigte sie sich mit französischer Literatur. Zunächst war sie fasziniert vom ästhetischen Stil der französischen Literatur, aber bald auch beeindruckt von der Botschaft, die in vielen Büchern vorhanden war: von Freiheit, Gleichheit und der Integrität der Gedanken.

Halide Edip erlebte in ihrem Leben verschiedene Reformen und Umbrüche: Die Verfassungsreform im Jahre 1908, als junge Frau, daraufhin den Ersten Weltkrieg, den Befreiungskampf und die Republikgründung.39 Auch ihr Vater, der Staatsbeamter war, war ein Zeitzeuge der Tanzimatepoche und somit ein Kind des Umbruchs und des gesellschaftlichen Wandels, der für Säkularisierung und Reformen nach westlichem Vorbild eintrat.40 So wurde Halide Edip in einem Umfeld erwachsen, dass für ihre Zeit moderne Ansichten vertrat gegenüber der Ausbildung von Frauen, als auch der Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen. Diese Ansichten, die sie in ihrer Kindheit kennenlernte prägten auch ihre spätere politische und journalistische Laufbahn.41

Durch ein politisches Ereignis erreichte Halide Edip dann unverhofft, als Journalistin, öffentliche Aufmerksamkeit. Zu dieser Zeit lebte sie mit ihren Kindern zwischen der Wohnung in Pera und einem Haus, dass in Burgaz lag. Dort war sie vertieft in ihre literarische Studien als 1908, durch einen Staatsstreich der Jungtürken, die Verfassung wieder eingeführt wurde. Nach diesem Ereignis wurden viele Zeitungen und Zeitschriften gegründet, die die Frauenfrage unzensiert thematisierten. Ihr Nachbar in Burgaz, Hüseyin Cahit Yalçınm, der Chefredakteur des Tanin, bat sie dann für das sogenannte „Organ der Jungtürken“ zu schreiben. Bald schrieb sie sogar für mehrere Zeitungen über Frauen- und Erziehungsfragen. Jedoch war sie im Jahre 1908 noch nicht bekannt und emanzipiert, wurde aber durch die rasant aufeinanderfolgenden Ereignisse innerhalb von drei Monaten eine vielbeschäftigte Autorin. Für viele in der Öffentlichkeit war sie aber immer noch eine von vielen Journalistinnen, die über die politischen Ereignisse schrieben.42 Die Wiedereinsetzung der Verfassung und die Stimmung die danach in der Bevölkerung herrschte beschreibt sie daher ausführlich in ihrer Biographie, da dieses Ereignis sie auch dazu bewegte ihre journalistische und schriftstellerische Karriere stärker voranzutreiben, auch wenn die Neuerungen von der gesamten Bevölkerung und auch von Halide skeptisch betrachtet wurden und zunächst Verwirrung auslösten:43

Zu den seit den Tanzimat-Reformen bekannten Begriffen Freiheit, Gleicheit und Gerechtigkeit war – um die christliche Minderheit mit einzuschließen – das Wort Brüderlichkeit hinzugefügt worden. Das alles hatte einen befremdlichen Klang für uns. Die arme Haminne kommentierte „So viel Neues kann nichts Gutes bringen.

Eure viel gerühmte Verfassung hatte uns doch schon Mithat Paşa44 geschenkt, aber er hat dafür mit seinem Leben bezahlt.“ Trotz allem, die Bevölkerung war aufgewacht, man riss sich um die Zeitungen.45

Halide Edip wurde so ab 1908 politisch und journalistisch tätig. Durch ihre Romane, Artikel und öffentlichen Reden wurde sie in den Jahren darauf eine wichtige Figur in der Frauenbewegung sowie in der nationalen Bewegung um Atatürk.46

Es waren die allgemeine Begeisterung und das Gefühl der Wiedergeburt jener Tage, die mich zur Schriftstellerin machten. […] Ja, wir hatten eine Wiedergeburt erlebt. Die von Tevik Fikret und Hüseyin Cahit herausgegebene Zeitung Tanin erschien in jenen Tagen zum ersten Mal. In ihrer Redaktion waren die fähigsten und bekanntesten Schriftsteller der Zeit versammelt. Mein Mann Salih Zeki lieferte wissenschaftliche Artikel. Und ich war stolz und glücklich, mit meinen Schriften zum Feuilleton jener Zeitung beitragen zu dürfen.47

Außerdem lernte sie in dieser Zeit auch ihre eigene Position kennen, in Abgrenzung zu anderen Journalisten. Zum Einen übte Tevik Fikret einen starken Einfluss auf sie aus, als ihre „Emanzipation […] damals ja noch in ihren Anfängen […].“48 steckte. Für sie war der Mitbegründer der Zeitung Tanin ein großes Vorbild für die türkische Jugend. Für Fikret war die Religion und die Tyrannen der Hauptgegner für die Entwicklung im Land. Dennoch hatte er, laut Halide, hohe moralische Ansprüche, die aber keine religiöse Grundlage hatten. Er stand nationalistischen Tendenzen immer sehr skeptisch gegenüber. Für Halide unterschätzt er aber zu stark die Rolle der Kultur und der Religion für die Schaffung eines „Einheitsgedankens“ in einer „jungen Nation“:

Ich glaube allerdings, dass er die historische Bedeutung unterschätzt hat, welche die Religion bei der Entwicklung menschlicher Gesellschaften – zumindest an deren Beginn – als moral- und kulturstiftende Kraft einnimmt. Auf jeden Fall zog er sich mit seinem unversöhnlichen Atheismus den Hass der konservativen und klerikalen Kreise zu, die ihn auch nach seinem Tod weiterhin unbarmherzig angriffen.49

Die Strömungen dieser Zeit bewegten sie auch zu einer Abhandlung in der sie die verschiedensten Strömungen der Epoche, die Veränderungen und die Einflüsse beschreibt: „Westliche östliche und amerikanische Einflüsse in der Türkei.“ Zudem weist sie daraufhin, dass die Ausgaben der Zeitung Tanin von 1908 is 1910 einen guten Überblick über die Erneuerungen dieser Zeit geben. Dennoch war die Arbeit bei einer Zeitschrift mit modernen Ansichten oft begleitet von Drohbriefen und Anfeindungen:50

Bald nachdem die erste Hochstimmung nach der Revolution verflogen war, erschienen hintereinander zahlreiche Zeitungen verschiedenster sich gegenseitig bekämpfender Richtungen. Die größte Opposition gegen die neue Regierungsreform kam vonseiten der streng Konservativen, die sich mit den fortschrittlichen Bestimmungen für die Emanzipation der Frau absolut nicht anfreunden konnten. Da ich damals oft in dieser Frage Stellung bezog, erhielt ich etliche Drohbriefe. Man warf mir vor, ich trete mit meinem Plädoyer für das Recht der Frauen auf eine eigene Meinung und eine Stellung in der Gesellschaft gegen die Religion an.51

Zum Glück erhielt sie nicht nur Drohbriefe und Todesdrohungen, sondern auch Leserbriefe von Frauen, die sie zu verschiedensten Themen befragten, wie Politik und Gesellschaft aber auch zu familiären und intimen Problemen. Diese Frauen, die sie aus allen Schichten und Altersgruppen, auch in ihrem Haus besuchten, inspiertierten sie zu ihren weiblichen Charakteren in ihren Büchern.

Ihre Aussage jedoch, dass sie sich zu dieser Zeit noch nicht mal allein in das Büro der Zeitung traute, in der sie arbeitete, zeigt, dass sie zu diesem Zeitpunkt keineswegs emanzipiert war: „I was not emancipated enough to go to the newspaper offices, and I saw only a few men among the most intimate friends of Salih Zeki Bey and my father."52

Da sie nicht aufhörte über umstrittene Themen zu schreiben, bekam sie von religiösen Lesern immer häufiger konkrete Todesdrohungen. Außerdem wurde sie mit der jungtürkischen Bewegung in Verbindung gebracht. Daher musste sie nach dem reaktionären Putsch vom 13. April 1909 fliehen. So emigrierte sie mit ihren Söhnen zunächst nach Ägypten und schließlich nach England. Sie folgte hier der Einladung der Pädagogin und Frauenrechtlerin Miss Fry, die auf Halide Edips Artikel aufmerksam geworden war.53 Ihr Ehemann Salih Zeki bestand darauf, dass sie die Einladung annehmen sollte. Dort trug sie zum ersten Mal einen Hut in der Öffentlichkeit, was für sie äußerlich ein großer Schritt war hin zu einer „modernen Frau“ und daher von ihr auch in ihrer Autobiographie speziell erwähnt wird. Dennoch war sie immer noch scheu und unsicher sich alleine in der Öffentlichkeit zu bewegen. Doch Miss Frey versuchte ihren Besuch in London zu nutzen um sie selbstsicher und eloquenter zu machen und sie in die Gesellschaft einzuführen. So traf sie in dieser Zeit bekannte Persönlichkeiten und mußte im Auftrag von Miss Fry auch ihre erste Rede halten. Zurück in Istanbul, faßte sie den Mut, auch hier politische Reden zu halten. Zudem inspizierte sie mit Nakiye Elgün Hanım, die Bildungsanstalt der Lehrerinnen im Auftrag des jungtürkischen Erziehungsministeriums. Zu dieser Zeit begründete sie auch den Frauenklub Teali-i Nisvan Kulübu.54 Doch zu Hause begegnete Halide Edip sehr vielen Problemen mit ihrem Ehemann: „In 1910 I was having serious domestic trouble."55 Denn Salih Zeki hatte eine neue Beziehung mit einer Lehrerin und er überlegte sie zu heiraten. Halide gab ihm zunächst Bedenkzeit und reiste zu ihrem Vater, als sie jedoch zu ihrem Ehemann zurückkam war dieser schon mit seiner „Zweitfrau“ verheiratet. Da Halide nicht mit dem Konzept der Polygamie einverstanden war, drängte sie auf Scheidung. Die Ablehnung der Polygamie rührte von ihren Kindheitserfahrungen her, da auch sie in einem polygamen Haushalt aufwuchs und die Machtkämpfe und das Leid aufgrund von Eifersucht miterleben musste.56

Meine eigene Kindheit wurde von der Polygamie und ihren Folgen auf hässliche Weise geprägt. Die gespannte Atmosphäre machte aus jeder noch so simplen Familienfeier eine schmerzliche Angelegenheit. Diese Empfindung klingt in mir immer noch nach. Auf jeden Fall litten wir alle […].57

Nach der Scheidung zog sie dann zunächst zu ihrer Freundin Nakiye Hanım. Dananch fand sie dann aber ein Haus in Fazlıpaşa und lebte dort fortan mit ihren Kindern und mit der geliebten Großmutter.58 In diesen Jahren veröffentlichte sie einige Artikel über Pädagogik. Dadurch erregte sie die Aufmerksamkeit von Sait Bey, dem Staatssekretär des Erziehungsministeriums. Dieser bat sie darum die Pädagogische Hochschule für Frauen zu inspizieren und ihm Verbesserungen zu präsentieren. Sie führte dann die Inspektionen zusammen mit Nakiye Hanım durch. Hanim wurde nach der Inspektion Direktorin des Lehrerinnenseminars und führte die geforderten Reformen durch:59

In dem alten, halb verfallenen Lehrerinnenseminar in Aksaray waren die arabische sowie persische Sprache und Kultur, aber auch ein gründlicher Religionsunterricht die Hauptpfeiler des Studienplans gewesen. Diese Fächer sollten beibehalten werden. Doch zugleich war eine neue Ausrichtung auf westliche Sprachen notwendig. […] Dies setzte natürlich voraus, dass sich die Lehrkräfte ihrerseits reformbereit zeigten und sich von ihrem autoritären Unterrichtsstil verabschiedeten.60

Zwei Jahre später öffnete das Erziehungsministerium die neuen Pforten eines Lyzeum und eines neuen Lehrerinnenseminars. Zunächst arbeitete sie zwar noch am Seminar, wechselte dann aber zum Lyzeum, in dem sie Ethik und Erziehungswissenschaften für fünf Jahre unterrichte.61

Fasziniert vom Türkismus und den Schriften Ziya Gökalp schrieb sie schließlich 1912 Yeni Turan. Ihr Buch griff, nach eigenen Aussagen Halides, die aktuellen Strömungen auf und war geprägt von der Aufrichtigkeit und strengen Einfachheit von dem Schriftsteller, Publizist und Intelektuellen Ziya Gökalps.62 Zwar stand sie nicht völlig hinter Gökalps Philosophie: „Ich distanziere mich von Gökalps und seiner Konzeption der politischen Einheit aller Türken, denn ich glaubte nicht, dass es möglich sein könnte, sich mit den Türken unter einem russischen Regime zu einigen. [...]“63 Dennoch respektiert sie ihn als einer der wichtigsten Denker der Unionisten. Zudem unterstützte er auch ihre Vorstellungen in der Reform der Stellung der Frauen.64 Dies verdeutlicht sie auch in ihrem Buch Yeni Turan, dass ihrer Meinung nach, oft missverstanden wurde, sowohl von der internationalen Gemeinschaft, als auch von türkischen Strömungen, wie den konservativ religiösen Bewegungen als auch den Unionisten:

Ich glaube, kein Buch ist je gründlicher missverstanden worden. Das neue Turan 65 beschreibt eine politische Utopie. Es enthält deshalb auch Ziele, die sich in der Realität kaum umsetzen ließen. Zugleich zeichne ich in diesem Werk das Idealbild einer neuen Türkei, in der die Frauen das Wahlrecht haben und die Menschen frei und zivilisiert zusammenleben. Der parasitäre Luxus hatte die Frauen seit der Glanzzeit der Osmanen allmählich verweichlicht. Die Ideale der neuen türkischen Frau dagegen sind in Das neue Turan 66 Arbeit und Einfachheit. In einer liberalen und demokratischen Türkei sollte es auch in der Verwaltung für chauvinistische Tendenzen keinen Platz mehr geben.

[...]


1 Vgl.: Renate Kreile, Halide Edip Adivar, Bonn 2012, S. 318.

2 Vgl.: Ebd., S. 318.

3 Vgl.: Ebd., S. 318.

4 Vgl.: Renate Kreile, Halide Edip Adivar, Bonn 2012, S. 318.

5 Vgl.: Ebd., S. 319.

6 Vgl.: Ebd., S. 319.

7 Vgl.: Ebd., S. 319.

8 Vgl.: Ebd., S. 319-320.

9 Vgl.: Renate Kreile, Halide Edip Adivar, Bonn 2012, S. 320.

10 Vgl.: Ebd., S. 320.

11 Vgl.: Kumari Jayawardena, Feminism and Nationalism in the Third World, London 1986, S. 40.

12 Vgl.: Kumari Jayawardena, Feminism and Nationalism in the Third World, London 1986, S. 40.

13 Vgl.: Ebd., S. 40.

14 Vgl.: Ebd., S. 41.

15 Vgl.: Kumari Jayawardena, Feminism and Nationalism in the Third World, London 1986, S. 41.

16 Vgl.: Ebd., S. 41.

17 Vgl.: Ebd., S. 41.

18 Vgl.: Ebd., S. 41.

19 Vgl.: Ebd., S. 42.

20 Vgl.: Ebd., S. 41.

21 Heraushebung im Original.

22 Heraushebung Im Original.

23 Vgl.: Kumari Jayawardena, Feminism and Nationalism in the Third World, London 1986, S. 42.

24 Vgl.: Ebd., S. 42.

25 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 98.

26 Vgl.: Ebd., S. 26.

27 Vgl.: Ebd., S. 24f.

28 Vgl.: Ebd. S. 29.

29 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, 20f.

30 Hier spricht sie direkt von einem Ereignis, dass sie mit ihrer Stiefschwester Mahmure hatte, als sie mit ihr durch die Fenster einer Schule blickte und dort die Schläge des Hoca Efendi direkt mitbekam.

31 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 24.

32 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 99.

33 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 100.

34 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 100f.

35 Vgl.: Ebd., S. 101.

36 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 100f.

37 Vgl.: Ebd., S. 130.

38 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S.130.

39 Vgl.: Erika Glassen, Die Töchter der letzten Osmanen, Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien, in: Sabine Prätor (Hrsg.): Frauen, Bilder und Gelehrte. Studien zu Gesellschaft und Künsten im Osmanischen Reich. Festschrift Hans Georg Majer, Istanbul 2002, S. 347.

40 Vgl.: Ebd., S. 355.

41 Vgl.: Ebd., S. 347.

42 Vgl.: Erika Glassen, Die Töchter der letzten Osmanen, Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien, in: Sabine Prätor (Hrsg.): Frauen, Bilder und Gelehrte. Studien zu Gesellschaft und Künsten im Osmanischen Reich. Festschrift Hans Georg Majer, Istanbul 2002, S. 366.

43 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 140f.

44 Mithat Paşa ist eine der wichtigsten Politiker der konstitutionellen Bewegung des Jahres 1876 und der Ersten Konstitutionellen Ära.

45 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 140f.

46 Vgl.: Erika Glassen, Die Töchter der letzten Osmanen, Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien, in: Sabine Prätor (Hrsg.): Frauen, Bilder und Gelehrte. Studien zu Gesellschaft und Künsten im Osmanischen Reich. Festschrift Hans Georg Majer, Istanbul 2002, S. 349.

47 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 140f.

48 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 143.

49 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 143.

50 Vgl.: Ebd., S. 144.

51 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 144.

52 Erika Glassen, Die Töchter der letzten Osmanen, Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien, in: Sabine Prätor (Hrsg.): Frauen, Bilder und Gelehrte. Studien zu Gesellschaft und Künsten im Osmanischen Reich. Festschrift Hans Georg Majer, Istanbul 2002, S. 367.

53 Vgl.: Ebd., S. 367.

54 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 170.

55 Erika Glassen, Die Töchter der letzten Osmanen, Zur Sozialisation und Identitätsfindung türkischer Frauen nach Autobiographien, in: Sabine Prätor (Hrsg.): Frauen, Bilder und Gelehrte. Studien zu Gesellschaft und Künsten im Osmanischen Reich. Festschrift Hans Georg Majer, Istanbul 2002, S. 367.

56 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 98.

57 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 98.

58 Vgl.: Ebd., S. 368.

59 Vgl.: Ebd., S. 163f.

60 Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 165.

61 Vgl.: Ebd., S. 165-166.

62 Ziya Gökalps war einer der Begründer der Soziologie im Osmanischen Reich, zudem gehen die ideologischen Grundlagen des säkularen Staates auf seine Schriften zurück.

63 Vgl.: Halide Edip Adivar, Mein Weg durchs Feuer, Erinnerungen, Zürich 2004, S. 172.

64 Vgl.: Ebd., S. 173.

65 Hervorhebung im Original.

66 Hervorhebung im Original.

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Die Entstehung des Nationalstaates und der Frauenbewegung in der Türkei
Untertitel
Das neue nationale, kemalistische Frauenbild am Beispiel der Autobiographie Halide Edip Adivars
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
2,5
Autor
Jahr
2018
Seiten
78
Katalognummer
V497054
ISBN (eBook)
9783668997691
ISBN (Buch)
9783668997707
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entstehung, edip, halide, autobiographie, beispiel, frauenbild, türkei, frauenbewegung, nationalstaates, adivars
Arbeit zitieren
Elaine Schlosser (Autor:in), 2018, Die Entstehung des Nationalstaates und der Frauenbewegung in der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497054

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