Historischer Abriss und Vergleich der Präventionsstrategien im Mittelalter und der Moderne am Beispiel des Alkoholkonsums


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Kulturformen des Umgangs mit Alkohol

3. Alkoholkonsum zur Zeit des Mittelalters

4. Umbruch

5. Maßnahmen gegen die Trunkenheit

6. Der Präventionsbegriff
6.1 Die Primärprävention
6.2 Die Sekundärprävention
6.3 Die Tertiärprävention
6.4 Präventionstrtagien am Beispiel der
Alkopops

7. Resümee

1. Einleitung

„Jede Gesellschaft hat die Genuß- und Rauschmittel, die sie braucht und die sie verträgt. Für die abendländische Kultur ist seit der Antike der Alkohol das Rauschmittel.[...] Die Trunksucht ist eine der mächtigsten Zivilisationskrankheiten. Daß ihre materielle Ursache, der Alkohol, dennoch so fest in unserer Kultur verankert ist, zeigt, dass sie ihn offenbar braucht“ (Schivelbusch 1995, S. 215).

Ausgehend von dieser Aussage Schivelbuschs möchte ich mich in diesem Testat der Fragestellung widmen, wie im historischen Kontext des Mittelalters im Umbruch zur Neuzeit mit dem Suchtmittel Alkohol umgegangen wurde und welche Präventionsstrategien zur damaligen Zeit existierten.
Der Alkohol spielt heutzutage in der deutschen Gesellschaft eine so große Rolle, dass er aus dem alltäglichen Leben nicht wegzudenken ist. Aber weshalb ist das so? Bei 1,5 Millionen abhängig konsumierenden Menschen in Deutschland erscheint mir die Fragestellung nach der historischen Entwicklung wichtig

Ich werde mich zuerst einem kurzen Überblick über die unterschiedlichen Kulturformen bezüglich des Umgangs mit Alkohol widmen, um danach den Alkoholkonsum während des Mittelalters zu beschreiben. Anschließend erfolgt eine Betrachtung des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit und welche Rolle der Alkohol dabei spielte. Im Anschluß folgt eine Darstellung der damaligen Präventionsstrategien und -versuche, den Alkoholkonsum einzudämmen.
Um eine Überleitung zur heutigen Moderne zu schaffen, beschreibe ich die unterschiedlichen Präventionsarten und werde als ein Beispiel aktuellsten Datums die Präventionsstrategie in Bezug auf die Alkopops beleuchten.

Zuletzt erfolgt ein Resümee der Ergebnisse dieser Arbeit.

2. Kulturformen des Umgangs mit Alkohol

So viele kulturell unterschiedliche Gesellschaftsformen es weltweit auch gibt, haben sich vier Kulturformen bezüglich des Umgangs mit Alkohol herauskristallisiert (Bales in Feuerlein 1989, S. 62):
* Abstinenzkulturen: in Abstinenzkulturen ist jeglicher Alkoholkonsum verboten, als Beispiele können islamische Kulturen gelten;
* Ambivalenzkulturen: in dieser Kulturform herrscht ein Konflikt zwischen gleichzeitig existierenden, unterschiedlichen Einstellungen Alkohol und seinem Konsum gegenüber vor, z.B. in den USA;
* Permissivkulturen: in Permissivkulturen ist Alkoholkonsum innerhalb einer gesellschaftlich erlaubten Normierung gebilligt und akzeptiert, allerdings werden Trunkenheit und Rauschzustände inklusive der pathologischen Folgen strikt abgelehnt, als Beispiel dienen die Mittelmeerländer;
* Permissiv-funktionsgestörte Kulturen: in dieser Kulturform werden auch alkoholbedingte Exzesse gebilligt. Allerdings existiert diese Kultur in ihrer Reinform nicht, lässt sich aber in gemäßigtere Unterformen aufgliedern. Eine Unterform duldet einen unauffälligen Konsum im Alltag in Kombination mit Räuschen und starker Trunkenheit mit den rauschbedingten Folgen bei bestimmten Anlässen.

Bei genauer Betrachtung lässt sich Deutschland in der vierten Form wiederfindet. Neben der Akzeptanz unauffälligen Konsums wird auch das exzesshafte Betrinken zu bestimmten Zeiten, zum Beispiel des Karnevals, zu Kegeltouren oder am Vatertag gesellschaftlich voll akzeptiert. Nach Lindenmeyer (1999) zeichnet sich eine gestörte Trinkkultur dadurch aus, dass es keine klaren und allgemein verbindlichen Regeln im Umgang mit Alkohol gibt.

3. Alkoholkonsum zur Zeit des Mittelalters

Bis zur Zeit des 16. Jahrhunderts wurde der Drogenmissbrauch durch die soziale und religiöse Kontrolle in Grenzen gehalten. Der Alkohol spielte im Alltag eine sehr große Rolle, indem das Bier und das Brot die beiden Hauptnahrungsmittel der breiten Bevölkerung Mittel- und Nordeuropas schlechthin darstellten, so „[w]ar es im Mittelalter das Bier, das auf einfache Weise als Grundnahrungsmittel das Überleben vieler sicherte (ausreichende Kalorienzufuhr und Genuss weitgehend desinfizierten Wassers)“ (Klein 2001, S. 228).

Der durchschnittlich tägliche Verbrauch einer englischen Familie lag, inklusive der Kinder, bei circa drei Litern Bier, wobei bereits das Frühstück in der Regel aus einer Biersuppe bestand (Schivelbusch 1995, S. 32).
Neben der Nahrungsfunktion hatte der Alkohol in der vorindustriellen Gesellschaft auch eine große Ritualfunktion, welche in Form der archaischen Gelage ein Erbe aus früheren Zeiten waren:
Durch die Einführung ekstatischer bacchischer oder dionysischer Riten, die mit ausschweifenden Trinkgelagen einhergingen, wurde bereits in der Zeit des 7. Jahrhunderts vor Christus in Griechenland und während des 2. Jahrhunderts vor Christus in Italien eine bedeutende Auseinandersetzung mit dem Alkoholkonsum entfacht. Die Zeit während des 1. Jahrhunderts vor Christus bis zum ersten Jahrhundert nach Christus stellt eine Phase weitverbreiteten Trinkens des römischen Adels, aber auch der mittleren und gehobenen Schichten der römischen Gesellschaft dar.
Einen Grund zur Sorge sahen die römischen Behörden in diesem Verhalten nicht – war doch die Trunkenheit auf Festivitäten und Feiern und chronische Trunksucht auf die oberen Schichten beschränkt (Austin 1981, S. 64). Dieses Konsummuster setzt sich im Mittelalter fort.
Das Verhältnis zum Essen und zum Trinken ist in archaisch-magischer Vorstellung zwiegespalten: der essende und trinkende, kurz der sich die Dinge einverleibende Mensch beherrscht diese einerseits, ist andererseits den einverleibten Dingen aber auch ausgeliefert, weil diese nach seiner Vorstellung in ihm durch ihr Eigenleben weiter wirken. Wie sich dies auswirkt, hängt davon ab, wie ihm die Lebensmittel in Form von Pflanzen oder Tieren gesonnen sind. Allerdings kommt dem Trinken in dieser Vorstellung eine höhere Bedeutung zu:

„Was das Trinken bedeutsamer macht als das Essen, ist die Tatsache, dass hier das Eigenleben oder die Seele einer Sache unmittelbar aufgenommen wird. In der magischen Vorstellung symbolisiert jede Flüssigkeit das Blut, und das Blut oder der Saft eines Tieres oder einer Pflanze ist deren Seele [...] Für die magische Vorstellung ist jedes Getränk potentiell vergiftet oder allgemeiner gesagt bedrohlich, indem es eine dem Trinker feindliche Seele verkörpern könnte“ (ebd.).

Um dieser Bedrohung zu entgehen, wurden eine Vielzahl an Ritualen entwickelt, die die Aufgabe hatten, diese Bedrohung einzudämmen oder ganz zu neutralisieren.
Schivelbusch (1995, S. 38) verweist auf den hohen Verpflichtungscharakter von Ritualen in diesem Zusammenhang. Als mögliche Rituale werden „Einander-Zutrinken, Auf-die-Gesundheit-trinken, die Verpflichtung einen angebotenen Trunk zu erwidern, Brüderschaftstrinken, Wetttrinken“ (ebd.) genannt, wobei das Zutrinken als das älteste und auch das wichtigste Trinkritual eine besondere Bedeutung erhält:

„Im Zutrinken versichern sich die Trinker ihrer gegenseitigen Freundschaft, ihres Wohlwollens und ihrer guten Absicht. Dabei werden traditionell feststehende Formeln gesprochen [...] Das Getränk wird mit diesen Formeln gleichsam geweiht. Es hört auf, bedrohlich zu sein. Es wird im Gegenteil Garant und Symbol der Gemeinschaft, Freundschaft, Brüderschaft derer, die es verbindet“ (Schivelbusch 1995, S. 181).

Noch zur Zeit des 16. Jahrhunderts endete jedes Trinkgelage im Vollrausch aller Beteiligten, denn es galt als großes Tabu, „einen angebotenen Trunk nicht anzunehmen und nicht zu erwidern“ (ebd.). Diese Form des Wetttrinkens bis zur Bewusstlosigkeit stellte zu dieser Zeit einen normalen Umgang mit Alkohol dar. Die Menschen des Mittelalters lebten in relativ statischer Ordnung und in weitgehender Affektfreiheit, die Gefühle wurden ungehemmter ausgelebt (Emlein 1998, S. 49, Legnaro 1981, S. 86).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Historischer Abriss und Vergleich der Präventionsstrategien im Mittelalter und der Moderne am Beispiel des Alkoholkonsums
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Veranstaltung
Suchtprävention
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V49690
ISBN (eBook)
9783638460729
ISBN (Buch)
9783640462933
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Historischer, Abriss, Vergleich, Präventionsstrategien, Mittelalter, Moderne, Beispiel, Alkoholkonsums, Suchtprävention
Arbeit zitieren
Carmen Lüger (Autor:in), 2005, Historischer Abriss und Vergleich der Präventionsstrategien im Mittelalter und der Moderne am Beispiel des Alkoholkonsums, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49690

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