Die Wettbewerbspolitik der EU


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einführung

2. Die Wettbewerbspolitik der Europäischen Union
2.1. Entstehungsgeschichte
2.2. Schwerpunkte und Ziele
2.3. Materiell-rechtliche Bestimmungen
2.3.1. Absprachen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen
2.3.2. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
2.3.3. Unternehmenszusammenschlüsse
2.3.4. Staatliche Beihilfen
2.3.5. Liberalisierung bestimmter Teilmärkte

3. Wettbewerb am Strommarkt
3.1. Analyse des Strommarktes
3.2. Anforderungen an die Wettbewerbspolitik

4. Ausblick
4.1. Entwicklung der Wettbewerbspolitik in den Beitrittsländern
4.2. Herausforderungen und Risiken der Entwicklung

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Durch den Zusammenschluss zur Europäischen Union (EU) sieht sich die Wettbewerbspolitik dieser Gemeinschaft einer neuen Herausforderung gegen-über gestellt. Sie muss eine Vielzahl von Märkten aus den unterschiedlichen Ländern derart vereinen, dass die Verwirklichung des Binnenmarktes gewähr-leistet ist. Dadurch soll den Unternehmen aller Mitgliedsstaaten ein Wettbe-werb zu gleichen Bedingungen auf allen Märkten ermöglicht werden. Dies soll durch die Förderung der wirtschaftlichen Effizienz und die Schaffung eines günstigen Klimas für Innovationen und technischen Fortschritt geschehen. Des Weiteren müssen die Interessen der Verbraucher geschützt und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Waren und Dienstleistungen zu den günstigsten Bedingungen erwerben zu können. Ferner soll sichergestellt werden, dass Unternehmen wie auch nationale Behörden nicht durch wettbewerbswidrige Praktiken die Dynamik des Wettbewerbs beeinträchtigen oder gar behindern.

Im Folgenden soll die Wettbewerbspolitik der EU mit ihrer Entwicklung, ihren Schwerpunkten und ihren Zielen vorgestellt und auch näher auf wichtige Regelungen eingegangen werden. Im zweiten Teil der Arbeit wird dann eine konkrete Problemstellung, der Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt, behandelt. Abschließend wird noch kurz die Entwicklung der EU-Wettbe-werbspolitik durch den Beitritt der zehn neuen Mitgliedsstaaten am 1. Mai 2004 umrissen.

2. Die Wettbewerbspolitik der Europäischen Union

2.1. Entstehungsgeschichte

Bereits der 1951 beschlossene Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) enthielt laut Europa-Digital (2004) einige Wettbewerbsregeln: So regelte Art. 60 ein Diskriminierungsverbot, Art. 65 behandelte ein Kartellverbot und Art. 66 verhängte ein Fusionsverbot. Er entwickelte sich nach Schmidt (2001, S. 225) „aus dem sog. Schuman-Plan und der Idee einer europäischen Föderation“ und trat 1952 in Kraft.

Durch die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957 wurde der Anwendungsbereich ausgeweitet, so Europa-Digital (2004). Jedoch wurden „weniger strikte Regeln“ beschlossen, was damit erklärt wer-den kann, dass zu dieser Zeit die Meinung herrschte die nationalstaatlichen Gerichte würden Kartellverbot und Fusionskontrolle umsetzen und über-wachen. Laut Schmidt, Schmidt (1997, S. 3) wird mit dem EWG-Vertrag „vor allem das Ziel verfolgt, einen Gemeinsamen Markt für alle Waren und Leis-tungen zu errichten und die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten schritt-weise einander anzunähern“.

Durch die Schaffung eines Notifizierungssystems im Jahre 1962 wurden nach Europa-Digital (2004) Marktteilnehmer dazu verpflichtet, den Wett-bewerb im Binnenmarkt eventuell einschränkende Vereinbarungen bei der Kommission anzumelden.

Jedoch galt die EU-Wettbewerbspolitik Mitte der 70er Jahre als wenig effektiv. Um dem entgegenzuwirken fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) 1979 das „Cassis de Dijon-Urteil“. Gemäß Europa-Digital (2004) erschwerte „diese Entscheidung (…) es den Mitgliedsstaaten die Einfuhr und den Verkauf von Waren aus anderen EG-Staaten zu behindern“, und konnte nur durch die Angabe von sehr triftigen Gründen umgangen werden.

Seit Mai 1990 existiert die heute leicht abgeänderte Verordnung des Rats zur Fusionskontrolle, die besagt, „dass Fusionsvorhaben mit gemeinschaft-licher Bedeutung bei der Kommission angemeldet werden müssen“, so Europa-Digital (2004).

1999 wurde nach Schmidt (2001, S. 226) ein „Weißbuch zur Moderni-sierung des europäischen Wettbewerbsrechts veröffentlicht“. In diesem wurde laut Europa-Digital (2004) das Notifizierungssystem von 1962 abgeschafft, eine Missbrauchsaufsicht anstatt der Vorabkontrolle eingeführt und eine ver-stärkte Einbeziehung der nationalen Behörden und Gerichte beschlossen.

Zeitgleich mit der EU-Osterweiterung im Mai 2004 trat ein im Januar des gleichen Jahres verabschiedetes Fusionskontrollrecht in Kraft. Nach der Europäischen Kommission Generaldirektion Wettbewerb – im folgenden EK GW genannt – (2004a) schafft sie „flexiblere Untersuchungsfristen (…), stärkt das Konzept der einzigen Anlaufstelle und stellt klar, dass die Kommission das Recht hat, alle wettbewerbsschädlichen Konstellationen in einem Zusam-menschluss zu untersuchen“.

2.2. Schwerpunkte und Ziele

Das Oberziel der EU-Wettbewerbspolitik ist das reibungslose Funktionieren des europäischen Wirtschaftsraums nach den Gesetzen der Marktwirtschaft. Dabei sollen die Interessen der Verbraucher geschützt und die Behinderung der Dynamik des Wettbewerbs abgewehrt werden.

Die EK GW (2004b) nennt fünf Schwerpunkte der Wettbewerbspolitik, wobei sie sich immer auf den Gemeinsamen Markt beziehen:

Erstens sind abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen verboten, sofern sie die Marktmacht besitzen, den Wettbewerb zwischen Mitgliedssta-aten zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Diese Unternehmen würden nach Schmidt, Binder (1996, S. 17 – 18) einen direkten Einfluss auf das Marktergebnis nehmen und somit die Wettbewerbsfunktionen empfindlich stören. So werden bei einem Preiskartell beispielsweise überhöhte Preise fest-gelegt, die zu einem gesellschaftlichen Wohlfahrtsverlust und einer ineffizien-ten Faktorallokation führen. Einzige Rechtfertigung für die Gestattung eines Kartells wäre eine Steigerung ökonomischer Vorteile, die derart ausgeprägt sein muss, dass sie die entstehenden Nachteile überschreitet.

Zweites ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung untersagt, sofern der Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigt wird. Damit soll nach Schmidt, Binder (1996, S. 18) ausgeschlossen werden, dass tatsächliche oder potentielle Mitbewerber (horizontal) oder Lieferanten und Abnehmer (vertikal) in ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit behindert werden. Denn laut Olten (1995, S. 148) kann „Unternehmensgröße und wirtschaftliche Macht (...) gegenüber Konkurrenten, Kunden und Lieferanten auch so einge-setzt werden, dass das marktmächtige Unternehmen sich auf Kosten seiner Marktpartner oder Konkurrenten ungerechtfertigte Vorteile verschafft“.

Drittens müssen Unternehmenszusammenschlüsse von europäischer Dimen-sion im Rahmen einer vorbeugenden Kontrolle genehmigt oder können bei Bedarf verboten werden. Damit soll die Entstehung einer solchen marktbe-herrschenden Stellung verhindert werden, da sich sonst nicht-kompetitive Marktstrukturen entwickeln könnten.

Viertens werden Sektoren mit einer bisherigen Monopolstellung staatlicher oder privater Unternehmen liberalisiert. Damit sollen bestehende Monopole aufgelöst werden und sich ein wettbewerbliches Marktsystem einstellen.

Fünftens sollen staatlichen Beihilfen kontrolliert werden, wenn eine Verfäl-schung des Wettbewerbs droht, indem bestimmte Unternehmen oder Produk-tionszweige begünstigt werden. Dieses Bestreben ist nach Schmidt, Binder (1996, S. 93) in der wirtschaftlichen Gerechtigkeit begründet. Alle Unterneh-men und Personen, die am Wirtschaftsleben teilnehmen, sollen und müssen die gleichen Chancen bekommen, also auch die ausländischen Konkurrenten.

Schon aus diesen Schwerpunkten lässt sich erkennen, dass die Europäische Wettbewerbspolitik keinesfalls ein Ersatz für die wettbewerbspolitischen Regelungen der einzelnen Beitrittsländer ist. Sie stellt lediglich eine Ergänzung dieser Normen dar, indem sie das Zusammenspiel auf dem Ge-meinsamen Markt in Europa regelt.

Dem schon erwähnten Oberziel der EU-Wettbewerbspolitik ordnen sich die vier in der EK GW (2004b) angesprochenen Ziele unter, die seit ihrer Präsentation im Weißbuch von 1993 nichts an Aktualität eingebüßt haben:

Erstens müssen sich europäische Unternehmen besser in den weltweiten Wett-bewerb voneinander abhängiger Märkte eingliedern. Überdies sollen Wettbe-werbsvorteile, die durch die Entmaterialisierung der Wirtschaft entstehen, genutzt werden um die wirtschaftliche Effizienz zu erhöhen. Außerdem muss eine stetige Fortentwicklung der Industrie durch Schaffung eines günstigen Klimas für Innovationen und technischen Fortschritt gefördert werden. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit auch in der Zukunft zu sichern. Ferner sollen Unterschiede in den Entwicklungsrhythmen von Angebot und Nachfrage redu-ziert werden, um eine konstante Befriedigung der Bedürfnisse zu erreichen.

Um diese Ziele effektiv verfolgen zu können wurden einige fundamentale Regelungen erlassen, die im Folgenden vorgestellt werden.

2.3. Materiell-rechtliche Bestimmungen

Nach Herdzina (1999, S. 114) ist die vorrangige Aufgabe der Wettbewerbs-politik „die Wirtschaftssubjekte vor Beschränkungen ihrer Wettbewerbsfrei-heit zu schützen“. Dabei muss „nicht nur die Frage nach dem Vorliegen wettbewerbs- bzw. freiheitsbeschränkenden Marktverhaltens, sondern auch die Frage nach dem Vorliegen wettbewerbs- bzw. freiheitsgefährdender Marktstrukturen“ gestellt und beantwortet werden.

2.3.1. Absprachen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen

Gemäß Art. 81 EGV (2004) sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, welche „den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken“. Dieses Verbot gilt sowohl für horizontale als auch für vertikale Vereinbarungen.

Horizontale Absprachen sind dadurch definiert, dass sich Unternehmen eines Sektors auf bestimmte Verhaltensweisen einigen. Darunter fallen insbe-sondere internationale Kartelle, die nach Schmidt, Binder (1996, S. 97) „eine gemeinsame Festsetzung von Preisen, Konditionen und Kapazitäten sowie (…) Marktinformationsverfahren“ zum Gegenstand haben. Ziel dieser Art von Vereinbarungen ist es, die Aufteilung in nationale Märkte aufrecht zu erhalten. Dadurch würde die Entstehung eines Gemeinsamen Marktes verhindert.

Vertikale Absprachen existieren zwischen zwei Unternehmen, die nicht in der gleichen Wirtschaftsstufe tätig sind. Hierzu zählen laut Schmidt, Binder (1996, S. 98) vor allem „Export- und Reimportverbote (…), Ausschließlich-keitsverbindungen zwischen bedeutenden Herstellern und Abnehmern, Vertriebsbindungen [und] Verwendungs- und Preisbindungen innerhalb von vertikalen Verträgen“. Auch diese Art von Vereinbarungen zielt auf die Abschottung der nationalen Märkte ab.

Allerdings wird nicht explizit zwischen horizontalen und vertikalen Be-schränkungen unterschieden. Vielmehr werden Beispieltatbestände genannt, wie sie beispielsweise Herdzina (1999, S. 175) aufführt:

- Festlegung von Preisen und Konditionen
- Festsetzung von Erzeugungs- und Absatzquoten sowie Einschränkung von technischer Entwicklung und Investitionen
- Aufteilung von Märkten
- kollektive Diskriminierung von Marktpartnern
- Abschluss von Koppelungsverträgen

Eine Einschränkung obig genannter Verbote enthält Art. 81 EGV in Form von Einzel- oder Gruppenfreistellungen, die Unternehmen Kooperationsmög-lichkeiten einräumen. Diese unterliegen jedoch strikten Voraussetzungen, die Art. 81 EGV (2004, Abs. 3) beinhaltet: „Unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeu-gung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaft-lichen Fortschritts“ ist eine Kooperation möglich, „ohne dass den beteiligten Unternehmen (…) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirk-lichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder (…) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten“. Im Gegensatz zur Freistellung im Einzelfall werden im Rahmen der Gruppenfreistellungen generell bestimmte Vertragstypen von der Anwendung des Art. 85 Abs. 1 EGV ausgenommen. Dabei verwendet die Europäische Kommission hauptsächlich die Kriterien des „relative[n] Markt-anteil[s] und/oder [der] zeitliche[n] Begrenzung der in Anspruch genommenen Wettbewerbsbeschränkung“, so Schmidt (2001, S. 230).

Bei der Ermittlung des relativen Marktanteils ist die Frage des relevanten Marktes zu klären. So ist es beispielsweise möglich, dass ein einen nationalen Markt beherrschendes Unternehmen auf dem europäischen Gesamtmarkt kein ausreichendes Volumen hat, um in die Anwendbarkeit des Art. 81 EGV zu fallen.

Gemäß Schengber (1996, S. 70) ist die herrschende Meinung, dass eine umfassende Marktabgrenzung nach der sachlichen, zeitlichen und räumlichen Dimension erfolgen sollte.

Bei der sachlichen Marktabgrenzung wird das Problem der Zugehörigkeit von Produkten zum selben relevanten Markt behandelt. Dabei sind nach Kerber (2003, S. 332) zwei Kriterien von besonderer Bedeutung. Einerseits die Substituierbarkeit auf der Nachfragerseite, bei der beurteilt wird, inwiefern zwei Güter hinsichtlich ihrer Eigenschaften, ihrer Verwendungsmöglichkeiten und ihrer Preise als Substitute angesehen werden können. Andererseits die Substituierbarkeit auf der Angebotsseite, bei der versucht wird zu beurteilen, inwieweit potentielle Konkurrenz-Anbieter auf den Markt drängen können. Hierzu zählen auch Anbieter mit einer hohen Produktionsflexibilität, die bei Bedarf auf die Produktion des entsprechenden Gutes umstellen können.

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Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Wettbewerbspolitik der EU
Hochschule
Universität Passau
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V49628
ISBN (eBook)
9783638460231
Dateigröße
705 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wettbewerbspolitik
Arbeit zitieren
Jens Hofmann (Autor:in), 2004, Die Wettbewerbspolitik der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49628

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