Inwiefern kann eine Steigerung der Resilienzfaktoren Schulabsentismus entgegenwirken?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Schulabsentismus
1.1 Terminologische Klärung
1.2 Erscheinungsformen von Schulabsentismus
1.2.1 Angstbedingte Meidung
1.2.2 Schulschwänzen
1.2.3 Zurückhalten vom Schulbesuch
1.3 Pflichten und Handlungsmöglichkeiten der Schule bei Schulabsentismus

2 Resilienz
2.1 Terminologische Klärung
2.2 Risiko - und Schutzfaktorenkonzept
2.3 Resilienzförderung in der Schule
2.3.1 Auf Makroebene: Verankerung eines resilienzfördernden Schulprogramms
2.3.2 Auf Mikroebene: Konzeption eines resilienzfördernden Unterrichts

3 Schulabsentismus und Resilienz

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Ein im schulischen Kontext häufig auftretendes Phänomen: immer wieder bleiben Schülerinnen und Schüler (im Folgenden abgekürzt als Schüler/-innen) dem Unterricht fern. Das Einhalten der Schulpflicht stellt jedoch eine wesentliche Funktion und Aufgabe der Schule dar. So ist im Artikel 56 Absatz 1 Satz 1 der Hessischen Verfassung (HV) in Verbindung mit § 56 Abs. 1 HSchG die „allgemeine Schulpflicht für alle Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden, die im Lande Hessen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte haben“ beschrieben (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 24). Nach Dunkake sei der Schulabsentismus „(i)m Hinblick auf die juristische Perspektive […], unabhängig von der Intensität der Abwesenheit, nicht nur eine Normverletzung, sondern ein gesetzeswidriges Verhalten“ von Seiten der Schüler/-innen (Dunkake 2010, S. 41).

Die Schulen sollten dementsprechend dafür Sorge tragen, die Rate der absenten Schüler/-innen zu verringern. Die tatsächliche Rate der schulabsenten Schüler/-innen könne aufgrund der nicht genügend aussagekräftigen empirischen Fundierung jedoch nur schwer ermittelt werden. Grund dafür seien beispielsweise die Forschungsdesigns der Studien, da sich diese teilweise nur auf bestimmte Regionen beschränken sowie als Querschnittstudien durchgeführt werden (vgl. Stamm 2006, S. 285).

So beendeten nach Klein beispielsweise im Jahre 2004 über 212.200 Schüler/-innen sogenannter Risikogruppen ihre Schullaufbahn ohne ausreichende Ausbildungsreife. Die Rate der Schüler/-innen, welche die Schule ohne einen formalen Abschluss beendeten lag bei 80.000 (vgl. Klein 2005, S. 7). Zudem sei die Dropoutrate (Rate an Schülern, die ihre schulische oder berufliche Laufbahn ohne erfolgreiche Beendigung deren verlassen) insbesondere an beruflichen Schulen oder bei schulischen Ausbildungen recht hoch. Demzufolge haben etwa ein Fünftel der Schüler/-innen, das waren im Jahr 2004 fast eine viertel Millionen, ihre angetretene berufliche oder schulische Ausbildung nicht erfolgreich beendet (vgl. Klein 2005, S. 10). Diese Tatsache spiegelt sich auch in der Rate der Arbeitssuchenden der unter 25 Jährigen wieder. So sei die Arbeitslosenrate vom Jahr 1999 bis ins Jahr 2004 von 429.000 auf 504.000 gestiegen (vgl. Klein 2005, S. 11 f.).

Dem deutschen Bildungssystem kommen indes die Schulverweigerer teuer zu stehen. Die Kosten, die die Bundesrepublik Deutschland für schulabsente Jugendliche und daraus resultierende, nicht mögliche Integration in den Arbeitsmarkt, beziehungsweise vorgeschaltete Reintegrationsmaßnahmen, belaufen sich auf 3.663 Millionen Euro jährlich. Die Kosten für Maßnahmen für der Benachteiligtenförderung sowie individuelle Förderung durch zum Beispiel sozialpädagogische Unterstützung, sind in diesem Betrag noch nicht inkludiert (vgl. Klein 2005, S. 7-14).

Nun ist das Fernbleiben vom Unterricht nicht immer mit einer Unlust auf eben diesen zu begründen. Oft verbinden Kinder und Jugendliche negative Gefühle, wie zu hohe Leistungserwartungen, Probleme mit Lehrkräften oder fehlende Peers, mit dem täglichen Gang zur Schule. Die Fähigkeit sich eine gewisse Widerstandsfähigkeit- Resilienz- gegen diese subjektiv negativ erlebten Situationen anzueignen, müssen von den Schülern erlernt und von der Schule gefördert werden.

Die vorliegende Hausarbeit soll nun der Frage nachgehen, ob und inwiefern die Förderung dieser Schutzmechanismen, sogenannter Resilienzfaktoren, Schulabsentismus entgegenwirken kann und wie diese auf Makro- und Mikroebene verortet werden könnte.

Das erste Kapitel widmet sich der terminologischen Begriffsfindung des Phänomens der Schulpflichtverletzung sowie deren, in der einschlägigen Literatur am häufigsten verwendeten Erscheinungsformen: Angstbedingte Meidung, Schulschwänzen sowie Zurückhalten vom Schulbesuch. Diese Kapitel schließt mit den Handlungsmöglichkeiten, die Schulen, bei dem Phänomen des Fehlbleibens des Unterrichts haben.

Im zweiten Kapitel folgt eine Begriffsbestimmung des Phänomens Resilienz, in diesem Kontext wird näher auf Konzept der Schutz- sowie Risikofaktoren eingegangen. Ferner erfolgt eine Aufstellung der Bedingungsfaktoren beziehungsweise Handlungsstrategien zur Etablierung eines resilienzfördernden Schulklimas auf Makro- sowie Mikroebene.

Im dritten Kapitel wird versucht die Frage zu klären, ob sich die Förderung von Resilienz im schulischen Kontext, begünstigend auf das Senken der Schulabsentenquote auswirkt. Den Abschluss dieser Arbeit bildet ein theoretisches Fazit im vierten Kapitel.

1 Schulabsentismus

Das folgende Kapitel widmet sich der Begriffsklärung von Schulabsentismus, deren Erscheinungsformen sowie den Pflichten und Rechten, welche Schulen in diesem Kontext haben. Die Begriffe Schulabsentismus-; verweigerung-; sowie schwänzen werden im Verlauf dieser Hausarbeit synonym verwendet.

1.1 Terminologische Klärung

In der einschlägigen Literatur sind sich Autoren mittlerweile einig darüber, dass das Phänomen im Zusammenwirken vielerlei Bedingungsfaktoren begründet liegt. Diese Faktoren werden in individuelle, familiäre sowie in institutionelle Faktoren gegliedert. Individuelle Bedingungsfaktoren sind beispielsweise das Alter in dem sich die Schüler/-innen befinden, das Geschlecht, die Intelligenz sowie die individuellen Schulleistungen (vgl. Stamm 2006, S. 289). Sälzer hat hingegen eine leicht abgewandelte Klassifizierung, wonach der begrifflichen Definition dieses Begriffs des Schulabsentismus zwei Ansätze zugrunde liegen. Diese seien die individuell-familiäre Perspektive sowie die schulisch-institutionelle Perspektive (vgl. Sälzer 2009, S. 626 ff.). Auch seien ein geringes Selbstkonzept sowie wie Tatsache sich nicht mit der Schule identifizieren zu können, weitere ausschlaggebende Faktoren die Schulabsentismus begünstigen (vgl. Stamm 2006, S. 290).

Nach Stamm könne ferner das soziale Kapital „Schulabsentismusaktivitäten in zweifacher Hinsicht unterstützen oder hemmen, einmal auf der Dimension der Schule (Makroebene) über Normen, Werte, Traditionen und Verhaltensrituale und zum anderen auf der Dimension der Peer- und Lehrerbeziehungen (Mikroebene), die sich in der Ausprägung von Motivations-, Volitions- und Einstellungsvariablen äußert“ (Stamm 2006, S. 292).

Auch Selzer die Meinung, dass das Fernbleiben der Schule „als Ausdruck eines familiären oder auch milieuspezifischen Habitus betrachtet werden (kann), in welchem sich die Einstellung des Individuums gegenüber Schule und Schulbesuch widerspiegelt“ (Sälzer 2009, S. 627). So könne sich „ein reduziertes kulturelles Kapital, schlechte Schulleistungen, das häufige Arbeiten in einem Nebenjob und deviante Freunde“ sich ebenso auf die Steigerung schulaversiven Verhaltens auswirken (Dunkake 2010, S. 263).

Ferner sind sich die Autoren der KmK einig darüber, dass die Gründe für das Fernbleiben des Unterrichts nie nur allein beim jeweiligen Kind zu suchen sind, sonder eine Reihe von Gründen familiärer oder gesellschaftlicher Faktoren beinhalten kann. Die einschlägige Literatur sieht jedoch Schulschwänzen, Schulangst sowie Schulphobie als die Hauptursachen beziehungsweise Hauptformen von Schulabsentismus an (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 5).

Wie bereits erwähnt müssen viele Faktoren zusammenwirken, um Schüler/-innen dazu zu bringen, sich gegen den Unterrichtsbesuch zu entscheiden. In einer Studie von Reißig, welche im Jahr 2000 mit 346 Schulverweigerern aus ganz Deutschland, vorwiegend im Alter von 14 bis 16 Jahren, durchgeführt wurde, konnten anhand von Schülerfragebögen, individuelle Gründe für das Fernbleiben vom Unterricht eruiert werden. So gaben 59 % der Schüler/-innen an aufgrund Diskrepanzen mit der Lehrkraft der Schule fern zu bleiben. Bei 30 % beziehungsweise 31 % waren schlechte Schulleistungen oder Probleme mit den Mitschülern die bedingenden Faktoren (vgl. Reißig 2001, S. 14-20). Die Rate der schulabsenten Schüler/-innen, welche auf Verhaltensstörungen zurückzuführen ist, ist in der Phase der Pubertät, zwischen dem sechsten und achten Schuljahr, am höchsten (vgl. Reißig 2001, S. 9).

Auch Sälzer konnte, auf der Grundlage einer Grundlagenstudie von Stamm aus dem Jahr 2006, im Rahmen welcher 3942 Schweizer Schüler/-innen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren, mittels eines standardisierten Fragebogens zu Schulabsentismus befragt wurden, Faktoren und Merkmalen herausarbeiten, welche schulabsente Schüler/-innen häufiger zeigten, als jede, welche die Schule regelmäßig besuchten (vgl. Sälzer 2009, S. 631-635). Unter anderem konnte so herausgefunden werden, dass Schulabsentismus mit dem Anforderungsniveau der Schule korreliert. So zeigte sich etwa bei niedrigerem Niveau eine höhere Rate an Schulabsenten (vgl. ebd., S. 635).

Ähnliche Ergebnisse konnten auch in einer Studie zur Befragung von Schulschwänzern sowie dem Umgang mit diesem Phänomen ermittelt werden. Die Studie wurde im 2. Schulhalbjahr des Jahres 1999/2000, sowie im 1. und 2. Halbjahr des Schuljahres 2000/01 an allen Frankfurter Schulen durchgeführt. So wurde bei allen drei Befragungen die Rate der Schulschwänzer in Hauptschulen, Sonderschulen mit Förderschwerpunkt Lernhilfe sowie bei beruflichen Vollzeitschulen am höchsten ermittelt (vgl. URL 1: Handreichung zur Prävention von Schulverweigerung 2004, S. 7). Zudem korreliere Schulabsentismus mit Klassenwiederholungen oder Zurückstellungen. Auch zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede. Demzufolge ist die Rate an weiblichen Schulabsenten niedriger als die der männlichen Schüler. (vgl. Sälzer 2009, S. 635/ Dunkake 2010, S. 263).

Auch brachte einer Studie von Stamm, Ruckdäschel, Templer und Niederhauser aus dem Jahr 2008, welche anhand von Fragebögen und Interviews mit Lehrkräften, Schulleitungen sowie 3942 Schüler/-innen der Jahrgangsstufe sieben bis neun durchgeführt wurde, interessante Ergebnisse hervor (vgl. Stamm, Ruckdäschel, Templer, Niederhauser 2009, S. 44 f.). Es konnte gezeigt werden, dass die Rate an Schülern/-innen, welche der Schule fernbleiben, mit steigender Klassenstufe steigt. So gaben die Schüler/-innen als Gründe für ihr Fehlen im Unterricht Probleme mit der Lehrkraft, Unlust auf den Unterricht, Vermeidung von Leistungsmessung (in Form von Prüfungen) sowie Langeweile im Unterricht an (vgl. Stamm et al. 2009, S. 73 f.). Ferner konnte herausgestellt werden, dass die massiven Schulschwänzer ein eher negatives Leistungs-Selbstkonzept haben. Auffällig war bei dieser Studie zudem die Korrelation an massiven Schulschwänzern zu delinquentem Verhalten. So gaben 97,5 % dieser Jugendlichen an, bereits Delikte begangen zu haben (vgl. ebd., S. 85 f.). Auch gaben die Schüler/-innen, welche sich als massive Schwänzer geoutet hatten an, dass sie eine schlechte Beziehung zur Lehrkraft haben sowie dem Unterrichtsgeschehen oft nicht folgen oder könnten oder es gar stören. Das Klima an der Schule beeinflusse zudem Absentismus. So gaben massive Schulschwänzer an, dass sie die Schule aufgrund des schlechten Klimas meiden (vgl. ebd., S. 93).

Oft liegt Schulabsentismus zudem im Alkoholmissbrauch sowie in der Arbeitslosigkeit der Eltern, Disharmonien mit Lehrkräften und Mitschülern, Probleme mit der deutschen Sprache sowie die Angst vor Versagen im Unterricht begründet (vgl. Reißig 2001, S. 9). Ein weiterer Grund, dem Unterricht fern zu bleiben stellt die subjektiv empfundene Unterforderung von Schülern im Unterricht dar, obgleich diese Rate im Gegensatz zu dem Rest der Schulverweigerer, äußerst gering ist (vgl. Sälzer 2010, S. 22).

Interessant erschienen in diesem Kontext auch die Anlässe, welche absente Schüler/-innen dazu bewogen, ihr regelwidriges Verhalten zu beenden. So gaben sie an, dass einer der Hauptgründe ihr Verhalten zu überdenken war, sich Gedanken über ihre persönlichen Zukunftsaussichten zu machen (vgl. Stamm, Ruckdäschel, Templer, Niederhauser 2009, S. 127).

1.2 Erscheinungsformen von Schulabsentismus

In der einschlägigen Literatur wird das Phänomen des Fernbleibens vom schulischen Unterricht mit einer Vielzahl von Begriffen versucht zu benennen. Nach Reißig seien „Schulmüdigkeit, Schulverdrossenheit, Schulvermeidung, Schulflucht, Schulabsentismus, Schulschwänzen, Schulphobie […] oder die Schulverweigerung“ eine Auswahl der Begriffe, unter denen der Terminus beschrieben wird (Reißig 2001, S. 7). Ferner unterscheidet Reißig nach aktiven sowie passiven Schulverweigerern. So sei unter aktiven jene zu verstehen, welche aus eigenem Antrieb heraus entschieden haben, dem Unterricht nicht weiter beizuwohnen sowie jene, die zwar im Unterricht anwesend sind, jedoch durch ihr aversives Verhalten unweigerlich klar machen, dass sie den Unterricht ablehnen. Wohingegen es sich bei den passiven Schulverweigerern um Schüler/-innen handelt, welche durch ärztliche Atteste oder Atteste der Eltern, das Fehlbleiben vom Unterricht ermöglicht bekommen (vgl. Reißig 2001, S. 8 / Sälzer 2010, S. 34).

Im Folgenden werden nun die der einschlägigen Literatur zu entnehmenden, häufigsten Ursachen erläutert, die das Fernbleiben des Unterrichts bewirken. Die Ursachen entsprechen hierbei in etwa den Erscheinungsformen.

1.2.1 Angstbedingte Meidung

Die angstbedingte Meidung kann nochmals in Schulphobie und Schulangst gegliedert werden.

Letztere Form des Schulabsentismus liegt oft in im schulischen System bedingten Gegebenheiten begründet (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 7). Diese Form des schulaversiven Verhaltens grenzt sich von den übrigen Formen, welche nach Dunkake meist im sozialen Milieu, wie etwa der sozialen Herkunft, begründet liegen, ab, da es sich hier meist um Gründe handelt, welche von psychisch Krankheiten bedingt sind (vgl. Dunkake 2010, S. 36). Oft werden Gründe wie leistungsbezogene Misserfolgserlebnisse sowie zwischenmenschliche Diskrepanzen mit Lehrkräften oder Mitschülern genannt. Häufig lassen sich indes Muster erkennen im Fernbleiben des Unterrichts, etwa in bestimmten Fächern oder bei bestimmten Lehrkräften. Klassisch sagen diese Schüler/-innen aus, sie leiden an körperlichen Symptomen wie Bauchschmerzen. Im Gegensatz zum „Schulschwänzen“ sind die Eltern darüber in Kenntnis gesetzt und entschuldigen ihre Kinder meist aufgrund der Symptome (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 7).

Der Schulphobie hingegen liegen andere Ursachen zugrunde. Meist ist es die Angst des Verlustes einer Bezugsperson außerhalb des schulischen Settings, beispielsweise aufgrund früh stattgefundenen Verlusterlebnissen in der Familie. Auch bei dieser Form der Schulverweigerung wird der Schüler anfangs von den Eltern entschuldigt und sagt aus an körperlichen Beschwerden, wie etwa Magen- und Kopfschmerzen, zu leiden. Am häufigsten ist die Schulphobie in den ersten Schulwochen nach der Einschulung in die Elementarstufe zu verzeichnen, schwächt dann jedoch mit zunehmendem Alter der Schüler/-innen schnell ab. Diese Schülergruppe zeichnet oft gute mit mittelmäßige schulische Leistungen aus (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 7 ff.).

1.2.2 Schulschwänzen

Nach Sälzer stelle das Schulschwänzen unter den Formen des Schulabsentismus die inkonsistenteste Begrifflichkeit dar, „da er vom seltenen Fehlen in einzelnen Stunden (Versäumnisse einzelner Unterrichtsphasen durch ausgedehntes Aufsuchen der Toiletten, Zu-Spät-Kommen oder früher nach Hause gehen) über das Auslassen halber Tage […] und intervallhaftes Fehlen ganzer Tage oder Unterrichtseinheiten“ gehen kann (Sälzer 2010, S. 15). Die Quote dieser Form des Schulabsentismus ist im Grundschulalter eher gering, wohingegen die Auftrittswahrscheinlichkeit in der Sekundarstufe I steigt. Für das Fernbleiben gibt es oft individuelle Gründe, wie etwa „der Schutz des Selbstwertgefühls durch die Vermeidung von Misserfolgserlebnissen […] oder Perspektivlosigkeit bezüglich der eigenen Zukunft“ (Handreichung KmK 2015, S. 6). Ferner kann die Vermeidung des Zusammentreffens von Lehrkräften sowie etwa Anerkennungsprobleme in der Peergroup als mögliche Bedingungsfaktoren in Erwägung gezogen werden. Häufig tritt diese Form des Schulabsentismus bei Kindern auf, welche sich in einer prekären familiären Situation befinden und ihr Regelverstoß von den Eltern kaum bis gar nicht sanktioniert wird (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 6 / Dunkake 2010, S. 263 / Stamm, Ruckdäschel, Templer, Niederhauser 2009, S. 93). In diesem Kontext konnte herausgefunden werden, dass die Kinder umso häufiger schwänzen, wenn die Eltern gleichgültig darauf reagieren oder nicht mit ihren Kindern darüber reden, wohingegen die Rate sich verringert, sobald Eltern und Kinder das Problem kommunizieren (vgl. Sälzer 2009, S. 635).

1.2.3 Zurückhalten vom Schulbesuch

Für diese Form des Fernbleibens des Unterrichts sind maßgeblich die Eltern verantwortlich, (vgl. Sälzer 2010. S. 17), da sie beispielsweise durch den Schulbesuch ihre religiösen oder kulturellen Wertevorstellungen gefährdet sehen. Als weiterer Grund werden körperliche sowie psychische Erkrankungen der Eltern genannt. Auch sei die beabsichtigte Vertuschung von Verletzungen des Kindes aufgrund von Misshandlungen innerhalb der Familie denkbar. Diese Schüler/-innen zeigen oft Defizite in ihren schulischen Leistungen (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 8 f.).

1.3 Pflichten und Handlungsmöglichkeiten der Schule bei Schulabsentismus

Nach § 67 Absatz 1 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) sind die Eltern dazu verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder den schulischen Aktivitäten beiwohnen. Ebenso besteht von Seiten der Schulen nach § 2 Absatz 3 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) die Pflicht, Fehlzeiten zu dokumentieren sowie diese an die Eltern weiterzuleiten (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 19-22).

Im Falle des Fehlbleibens eines Schülers, welcher die Grundschule besucht, ist die Schule verpflichtet, die Eltern unmittelbar nach Unterrichtsbeginn zu kontaktieren. Ebenso wird bei Schülern in der Sekundarstufe I verfahren, wobei in Einzelfällen im Falle des Fernbleibens aufgrund einer Erkrankung, ein ärztliches Attest seitens der Schule verlangt werden kann. Sonderregelungen, bei denen die Schule das Fehlbleiben der Schüler/-innen vom Unterricht billigen muss, stellt die Befreiung aufgrund religiöser Gründe (vgl. Handreichung KmK 2015, S. 19-22). So sei die Beurlaubung etwa zu religiösen Feiertagen regelkonform, sobald nachgewiesen werden kann, dass die jeweiligen Schüler/-innen einer „Religionsgemeinschaften angehören, deren Glaubensüberzeugung dieses gebietet“ (ebd., S. 22). Als letzte Maßnahme steht der Schule frei, beim staatlichen Schulamt einen Antrag auf eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeldverfahren) zu stellen. Diesem muss die Dokumentation der Fehlzeiten, eine Überprüfung sowie ob diese entschuldigt oder unentschuldigt sind, beinhalten. Bei unentschuldigtem Fehlen ist die Schule verpflichtet, den Eltern mindestens zwei schriftliche Mahnung und somit die Inkenntnissetzung über ein drohendes Bußgeldverfahren, zu übermitteln. Wurde der Antrag auf seine Richtigkeit überprüft, drohen den Schülern, beziehungsweise deren Eltern, ein Bußgeld (vgl. Handreichung KmK 2 015, S. 25 ff.). Die letzte Möglichkeit der Schule, absente Schüler/-innen wieder dem Unterricht zuzuführen, besteht im Schulzwang. So können die Schüler vom Schulleiter, mit ausdrücklicher Genehmigung des Schulamtes, dem Unterricht gegen seinen Willen zugeführt werden, insofern mindestens zwei abgeschlossene Bußgeldverfahren, sowie die Dokumentation der durchgeführten, nicht opportun verlaufenden pädagogischen Bemühungen, vorliegen (vgl. ebd., S. 32 ff.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Inwiefern kann eine Steigerung der Resilienzfaktoren Schulabsentismus entgegenwirken?
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Sonderpädagogik)
Veranstaltung
Wahlpflichtfach Schnittestellen und Übergänge
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
23
Katalognummer
V495923
ISBN (eBook)
9783346002679
ISBN (Buch)
9783346002686
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Resilienzfaktoren Schulabsentismus
Arbeit zitieren
Corinna Herr (Autor:in), 2018, Inwiefern kann eine Steigerung der Resilienzfaktoren Schulabsentismus entgegenwirken?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495923

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