Das Portfolio als Instrument alternativer Leistungsbewertung im Gegensatz zu traditionellen Verfahren


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

15 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Terminologische Klärung von gesellschaftlicher und pädagogischer Leistung
1.1 Definition und geschichtliche Einbettung des gesellschaftlichen Leistungsbegriffs

2 Traditionelle Formen der Leistungsbeurteilung
2.1 Die Leistungserfassung mittels schriftlicher Prüfung
2.2 Die Leistungserfassung mittels mündlicher Prüfung

3 Alternative Formen der Leistungsbeurteilung am Beispiel Portfolio
3.1 Das pädagogische Portfolio
3.2 Portfolioarten
3.2.1 Arbeitsportfolio
3.2.2 Beurteilungsportfolio
3.2.3 Bewerbungsportfolio
3.2.4 Entwicklungsportfolio
3.2.5 E-Portfolio
3.3 Die Leistungsbewertung mittels pädagogischem Portfolio

4 Vergleich der Leistungsbeurteilung des pädagogischen Portfolios und der traditionellen Leistungsbeurteilungsverfahren

5 Zusammenfassung

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Leistungsvergleiche werden seit den 1960er- und 70er Jahren kontrovers diskutiert. Doch die pädagogische Kritik an den Schulzensuren hat eine noch längere Tradition, sie ist seit min- destens 100 Jahren nachweisbar, ungeachtet dessen wurden am Bewertungssystem kaum Veränderungen vorgenommen (vgl. Solzbacher; Freitag 2001, S. 291).

Bezugnehmend zur aktuellen Debatte über Leistungsbeurteilungen von Schüler-/innen in deut- schen Schulen im Zuge der Inklusion soll die vorliegende Arbeit einen alternativen Weg zur Bewertung von Schülerleistungen mittels Portfolio darlegen. Den Einstieg in die Thematik bil- det die terminologischen Klärung und der geschichtlichen Einbettung des Begriffs Leistung und Schulleistungen im ersten Kapitel. Das darauf folgende Kapitel widmet sich der Leistungs- beurteilung, wobei hier in „traditioneller Leistungsbeurteilung“ via mündlicher und schriftlicher Prüfung, sowie in alternativer Beurteilung mittels Portfolio unterschieden wird.

Im weiteren Verlauf der hier vorliegenden Arbeit soll der Begriff Portfolio und seine Ausprä- gungsarten erläutert werden. Darauf aufbauend widmet sich das vierte Kapitel dem Für und Wider traditioneller Verfahren der Leistungsbeurteilung (mündliche und schriftliche Prüfung) und vergleicht es mit dem Portfolios als Instrument alternativer Leistungsbeurteilung. Ein per- sönliches Fazit beschließt diese Arbeit.

1 Terminologische Klärung von gesellschaftlicher und pädagogischer Leistung

Das folgende Kapitel soll dafür aufgewendet werden den Begriff der Leistung näher zu be- leuchten. Des Weiteren wird der Begriff „Schulleistung“ fokussiert dargestellt, sowie dessen Definition in den verschiedenen Epochen.

1.1 Definition und geschichtliche Einbettung des gesellschaftlichen Leistungsbe- griffs

Die terminologische Annäherung des Begriffs der „Leistung“ ist ambivalent. Der vielfältige Ein- satz des Wortes „Leistung“ -sei es z.B. als Produkt, Prozess oder etwa als Ergebnis einer konkreten raum-zeitlichen Handlung lässt keine präzise Definition des Leistungsbegriffs zu (vgl. Solzbacher; Freitag 2001, S. 21). Der Begriff Leistung im schulischen Kontext wurde zum ersten Mal in der Epoche der Aufklärung erwählt. Im Zuge der Öffnung der Schule als Bil- dungsstätte nicht nur für Privilegierte (als Vorbereitung auf Positionen im Kirchenamt oder im Staat) sondern für jeden Bürger, entwickelte sich eine neue Definition des Leistungsbegriffs.

Durch die individuell erbrachten Leistungen stand es nun jedem Bürger frei sich (s)einen Platz in der Gesellschaft zu erarbeiten. Die eigens erbrachte Leistung wurden zu dieser Zeit im Zuge der heranwachsenden kapitalistischen Wirtschaftsstruktur bedeutungsvoller. Daraufhin wurde auch in Schulen der Schwerpunkt auf die Leistungsbewertung gelegt. Zensuren und Zeugnis- sen gaben nun Aufschluss über Leistung und Verhalten eines Schülers. Zwar führten die Zen- suren zur Loslösung des Erlangens eines Status qua Geburt, jedoch wurden Zensuren bereits im Zeitalter der Aufklärung als „Scheinobjektivität“ charakterisiert.

Im Zeitalter des Nationalsozialismus erfuhr der Leistungsbegriff einen Wandel. Wurde wäh- rend der Aufklärung noch die Ambivalenz der Leistung deutlich, wurde nun die „Erziehung zur Leistung“ als höchste Aufgabe von Schule und Gesellschaft dargestellt. „Mit dem Terminus Leistung werden zugleich Ziel, Aufgaben, Methoden und Maßstab formal bestimmt, ohne dass der Inhalt des Begriffes näher beschrieben wird“. Der deutsche Bürger (und Schüler) wurde nunmehr ausschließlich über seine Leistung gemessen, der Mensch als Individuum verlor während des NS-Regimes jegliche Bedeutsamkeit (vgl. Solzbacher; Freitag 2001, S. 23ff).

In der Epoche der Bildungsreform in den 1960er Jahren konnte Schulleistung als „Anspruch der Schule an den Schüler“ angesehen werden (Solzbacher; Freitag 2001, S. 29). Die Aufga- ben der Schule indes waren es den Schüler auf die Leistungen im Erwachsenenleben vorzu- bereiten. Doch auch in der Zeit der Bildungsreform konnte nicht beiden Ansprüchen gerecht werden. Nämlich dem der Individualität jedes einzelnen Bürgers/Schülers und dem der Leis- tungen, welche dem Bürger von der Gesellschaft auferlegt worden war (vgl. Solzbacher; Frei- tag 2001, S. 29f).

Nach Ziegenspeck seien die „geforderten honorierten Leistungen […] derart einseitig auf die Interessen der bürgerlichen Minderheit in der kapitalistischen Gesellschaft bezogen, dass eben nur diese Minderheit die gebotenen Chancen nutzen konnten“ (Ziegenspeck 1976, S. 30). Mit diesem Satz wird deutlich in welchem Zwiespalt sich die Gesellschaft bezüglich des Begriffs Leistung befand. Aufbauend auf dieser Tatsache sollte das deutsche Bildungssystem- insbesondere ihre Leistungsmessung- und beurteilung revolutioniert werden. Die Veränderung des Leistungsbegriffes im schulischen Kontext vom reinen „Nachweis erworbener Kenntnisse“ hin zu einer Leistungsbeurteilung nach Kriterien war geplant. Solche Kriterien zeigen z.B. ob der Schüler das Gelernte nur reproduziert, ob er es auf andere Situationen übertragen kann und ob es sich um eine kreative Eigenleistung/Transferleistung handelt (vgl. Solzbacher; Frei- tag 2001, S. 31).

Daraus entwickelte sich in der Schule ein (Leistungs-) Bewertungssystem, welches an die neuen Anforderungen des Bildungssystems angepasst waren. In dem nun jedem Bürger die Chance auf gleiche Bildung auf verschiedenen Niveaus zuteilwerden konnte. Der Begriff der Leistung sollte sich hin zu einem System entwickelt, welches kooperative Lernformen forciert und nicht nur outputorientiert bewertet sondern den Lernentwicklungsverlauf ebenso berück- sichtigt (vgl. Solzbacher; Freitag 2001, S. 34).

2 Traditionelle Formen der Leistungsbeurteilung

Das folgende Kapitel beschreibt die herkömmlichen Methoden der Leistungsbeurteilung, wel- che in deutschen Schulen praktiziert werden. Die Methode der punktuellen Wissensüberprü- fung hat eine lange Tradition und findet seit über 100 Jahren Anwendung in Schulen. Die No- tenvergabe via Ziffernsensur folgt der Zensurenvergabe nach der gruppenorientierten Bezugs- norm (vgl. Solzbacher; Freitag 2001, S. 37). Sie orientiert sich an der gängigen Praxis der Notengebung von Schulnoten im Bereich von eins (sehr gut) bis sechs (ungenügend), bzw. null (ungenügend) bis fünfzehn (sehr gut) Punkte.

2.1 Die Leistungserfassung mittels schriftlicher Prüfung

Bei dieser Form der Leistungserfassung handelt sich es um eine nach der sozialen Bezugs- norm messende Prüfungsmethode. Gängige schriftliche Prüfungen stellen Aufsätze, Diktate, Klausuren und Klassenarbeiten dar. Die Aufgaben, welche zu bewältigen sind liegen in schrift- licher Form vor, es findet keine verbale Interaktion zwischen Prüfer und Prüfling statt.

Dies führt zu einer hohen Durchführungsobjektivität der Leistungsbeurteilung. Da dem Prüfer ein schriftliches Resultat als Ergebnissicherung vorliegt, kann die Leistung des Schülers auch zu einem späteren Zeitpunkt eingesehen werden, was einen weiteren Vorteil dieser Leistungs- beurteilungsmethode bringt (vgl. Jürgens; Lissmann 2015, S. 86). Die Objektivität der Auswer- tung und Notenvergabe ist bei dieser Form der Beurteilung jedoch kaum garantiert, da kein Prüfer jemals zwei Mal auf die selbe Benotung einer Leistung kommen würde (ebd., S. 87).

2.2 Die Leistungserfassung mittels mündlicher Prüfung

Bei der mündlichen Prüfung handelt es sich um die älteste Prüfungsform, dessen Anwendung bis ins Mittelalter als „gelehrtes Streitgespräch“ oder „Disputation“ zurückdatiert werden kann. Ausführungen dieser Prüfungsart sind die mündliche Hausaufgabenkontrolle, das Referat, die Präsentation und das Unterrichtsgespräch. Nach Ingenkamp/ Lissmann (2009) sei die münd- liche Prüfung “eine Form zielgerichteter Kommunikation zwischen einem oder mehreren Prü- fern und Prüflingen, bei der auf die Schriftform verzichtet wird (Ingenkamp; Lissmann 2008, S. 137).

Innerhalb dieser verbalen Interaktion erhält der Prüfling unmittelbare Rückmeldung über die Richtigkeit seiner Antworten auf die Fragen des Prüfers, was den weiteren Verlauf der Prüfung enorm beeinflusst. Die Beurteilungsobjektivität gerät zudem durch die intuitive Fragenstellung des Prüfers ins Wanken. Zudem bekommt jeder Prüfling durch die besondere Form der Durch- führung auf ihn angepasste Fragen gestellt, wodurch oft das eigentlich geforderte Niveau der Prüfung verlassen wird (vgl. Jürgens; Lissmann 2015, S. 84).

3 Alternative Formen der Leistungsbeurteilung am Beispiel Portfolio

3.1 Das pädagogische Portfolio

Dieses Kapitel soll einen Einblick in die Vielfältigkeit des Portfolios geben, dessen Einsatz in der Schulpraxis sowie verschiedene Portfolioarten dessen aufzeigen. Portfolios finden Einsatz in drei Bereichen: Ökonomie, Kunst und Bildung. Beinhaltet das Portfolio in der Ökonomie ein Bündel von Investitionen oder Leistungen, die eine Firma besitzt, umfasst das Portfolio in der Kunst bspw. die Werke eines Künstlers. Lissmann definiert das Portfolio wie folgt:

„Ein Portfolio ist eine zielgerichtete Sammlung von Schülerarbeiten, welche die An-stren- gung des Lernenden, den Lernfortschritt und die Leistungsresultate auf einem oder meh- reren Gebieten zeigt. Die Sammlung schließt die Beurteilung des Schülers bei der Auswahl der Inhalte, Aufstellung der Kriterien für die Auswahl und zur Beurteilung sowie selbstre- flexive Gedanken ein“ (Lissmann 2008, S. 137).

Das Portfolio, welches in der Bildung Anwendung findet-speziell im schulischen Kontext-zeigt durch bestimmte (oft unvollendete) Produkte des Prüflings, dessen Lern-und Entwicklungspro- zess, den Leistungsstand und seine Kompetenzen auf (vgl. Münte-Goussar 2009, S. 44). Wur- den in den USA bereits in den 1980er und 90er-Jahren mit Portfolios in Schulen experimen- tiert, kam dieser Trend nach Deutschland erst zu Beginn des Jahres 2000.

In nahezu allen Bereichen der Bildung findet es Anwendung: Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien und Hochschulen. Um bereits im elementaren Bereich der Entwicklung eines Kin- des einsetzen zu können werden in Kindergärten Portfolios geführt, welche verschiedenste Artefakte der Kinder beinhalten wie selbst gemalte Bilder, Bastelarbeiten und Fotos.

Das Portfolio in der Grundschule wird oft zusammen mit Wochenplänen oder Pensenbüchern eingesetzt (vgl. Münte-Goussar 2009, S. 45f). Nach Bohl (2006) bestünde ein Portfolio immer aus mindestens vier Kategorien unterschiedlicher Dokumente und Materialien: schulische Pflichtmodule wie Klassenarbeiten, strukturierende Elemente wie etwa ein Deckblatt oder ein Quellenverzeichnis, freiwillig erstellte Dokumente wie z.B. Beiträge in der Schulzeitung und schriftliche Reflexionen des Lernenden zu seinen erstellten Dokumenten (Bohl 2006, S. 146f). Weitere Inhalte des Portfolios können informelle Test 1 , Zeichnungen, Arbeitsblätter oder etwa Referatsunterlagen darstellen (vgl. Vierlinger 1999, S. 12).

Die Besonderheit des Portfolios im schulischen Kontext liegt darin, dass nicht nur die besten Leistungen eines Schülers eingefügt werden, vielmehr sollte das Portfolio den persönlichen Lernprozess und die Entwicklung des Schülers darstellen. Demnach liegt der Fokus der Leis- tungsbewertung beim Portfolio auf dem Prozess der Erarbeitung eines Leistungsnachweises, nicht auf der Leistung selbst. Es wird somit ein ganzer Entwicklungsweg erfasst und bewertet, nicht wie bei Klausuren bspw. die Leistung an nur einem festgelegten Tag.

Das Portfolio beinhaltet nach Häcker (2007) sechs Teilbereiche:

1. Klärung der Zielsetzung für die Portfolioarbeit
2. Sammeln, Katalogisieren und Kommentieren der Dokumente
3. Auswahl der Dokumente in Bezug zum Lernziel
4. Reflexion und Steuerung des eigenen Lernprozesses
5. Bewertung und Evaluation der Erlernten Kompetenzen und Leistun- gen
6. Präsentation des Portfolios (Häcker zitiert nach Münte-Goussar 2009 S. 45f)

[...]


1 Bei informellen Tests handelt es sich um Testverfahren, welche im Gegensatz zu formativen Tests offene bis halboffene Prüfungsaufgaben stellen, zensiert werden und eine kleinere Menge an Lernstoff prüfen als die forma- tiven Tests. Diese Tests unterliegen keinen expliziten Bewertungskriterien und sollen den Lernfortschritt während der Lerneinheit aufzeigen (Schwendenwein 1985, S. 178).

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Portfolio als Instrument alternativer Leistungsbewertung im Gegensatz zu traditionellen Verfahren
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Allgemeine Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Bildungswissenschaften
Note
1,9
Autor
Jahr
2016
Seiten
15
Katalognummer
V495919
ISBN (eBook)
9783346003447
ISBN (Buch)
9783346003454
Sprache
Deutsch
Schlagworte
portfolio, instrument, leistungsbewertung, gegensatz, verfahren
Arbeit zitieren
Corinna Herr (Autor:in), 2016, Das Portfolio als Instrument alternativer Leistungsbewertung im Gegensatz zu traditionellen Verfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495919

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