Die Theorie der Pfadabhängigkeit bei den Unternehmen Fischer und FACC


Bachelorarbeit, 2015

31 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Methodische Vorgangsweise und Aufbau der Arbeit

2 THEORETISCHE ERÖRTERUNG
2.1 Was ist Pfadabhängigkeit und wie entsteht sie?
2.2 Die Pfadabhängigkeit
2.2.1 Organisationale Pfadabhängigkeit versus Technologische Pfadabhängigkeit
2.2.2 Das Handeln der Akteure
2.3 Der Pfadabhängigkeitsprozess
2.3.1 Der Lock-IN
2.3.2 Pfadabhängigkeit ist nicht gleich ineffizient
2.3.3 Der permanente Pfadabhängigkeitsprozess
2.4 Pfadbruch
2.4.1 Interventionen und Voraussetzung für Pfadbruch
2.4.2 Von Pfadbruch zur Pfadkreation

3 VON FISCHER ZU FACC!
3.1 Geschichtliche Entwicklung von Fischer 1957-
3.2 Theoretische Erörterung Fischer
3.2.1 Ein Weg zum Pfadbruch!
3.3 Ein erfolgreicher Pfadbruch - Ergebnisse!
3.4 Fazit

4 FACC - DAS UNTERNEHMEN
4.1 FACC - Indizien einer Pfadabhängigkeit!
4.2 Ergebnisse - FACC

5 ZUSAMMENFASSUNG

6 LITERATURVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Pfadabhängigkeitsprozess

Abbildung 2: Umsatztabelle

Abbildung 3: Einflussfaktoren des Pfadbruchs

Abbildung 4: Timeline FACC

1 EINLEITUNG

1.1 Problemstellung

Sich ständig verändernde Umweltbedingungen erfordern heutzutage hohe organisationale Flexibilität um am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Jedoch liegt der Fokus besonders bei industriellen Organisationen auf Standardisierung um ein hohes Maß an Wiederholung und Stabilität in der Aufgabenvollziehung zu gewährleisten (vgl. Schreyögg, G./Koch, J. (2007), S. 371). Das Management ist also permanent damit beauftragt ein gesundes Verhältnis zwischen Stabilität und Flexibilität zu gewährleisten.

Dennoch ergeben sich in Organisationen häufig starke Widerstände gegen Veränderungen. Die Gründe dafür können auf der individuellen (Furcht, Sozialer Stand) und auch auf der organisationalen Ebene (Lohnsystem, Tabus) identifiziert werden (vgl. Schreyögg, G./Koch, J. (2007), S. 373). Besonders die Theorie der Pfadabhängigkeit hebt Veränderungsresistenzen hervor, die hauptsächlich an die Systemgeschichte gekoppelt sind, in dem Maße als dass vergangene Entscheidungen zukünftige Entscheidungen beeinflussen (vgl. David, P.A. (1994)). Dabei verfestigen sogenannte sich selbst verstärkende Mechanismen (Increasing Returns) den eingeschlagenen Pfad (vgl. Arthur, W.B. (1994)), und schränken organisationale Handlungsoptionen deutlich ein. Im extremsten Fall führt dieser Pfad zu einem Lock-In, d.h. gewisse Handlungsschemata wird ständig reproduziert obwohl es längst zu ineffizienten Lösungen führt. Alternative Handlungsoptionen sind für die Organisation in diesem Zustand nicht mehr erkennbar (vgl. Sydow, J. et al (2009), S. 694).

Die Pfadabhängigkeit kann also für Organisationen zu existenzbedrohlichen Situationen führen, wenn diese nicht frühzeitig erkannt bzw. gegengesteuert wird. Deshalb konzentrieren sich aktuelle Forschungen vor allem darauf, wie Pfadabhängige- bzw. Lock-In Situationen aufgebrochen werden können. Neben unbewusstem Aufbrechen des Pfades durch exogene Schocks (vgl. Arthur, W.B. (1994) S. 118) geht die Theorie des Pfadbruchs auch von der Möglichkeit des bewusst herbeigeführten Pfadbruchs aus. Hierbei rückt der handelnde Akteur immer mehr in den Mittelpunkt, der durch sein aktives Zutun maßgebend in Pfadbruch und Pfadkreation einwirken kann (vgl. Sydow, J. et al (2009), S. 702).

Ziel dieser Arbeit ist es mithilfe der beiden Unternehmen Fischer und FACC, Faktoren zu identifizieren, die ein erfolgreiches Aufbrechen eines Pfades in dieser Branche ermöglicht haben und mit welchen Herausforderungen dabei die Unternehmen konfrontiert werden. Zusätzlich soll mit Fokus auf die FACC die Frage beantwortet werden, ob Ähnlichkeiten in der Ausprägung der Pfadabhängigkeit im Vergleich zum Mutterunternehmen vorherrschen.

Die Forschungsfragen seien nun wie folgt definiert:

- Welche Faktoren führten zu einem Aufbrechen des Pfades bzw. zu einer erfolgreichen Pfadkreation durch Fischer?
- Mit welchen Herausforderungen sind Unternehmen dabei konfrontiert?
- Können in Bezug auf den Pfadabhängigkeitsprozess erkennbare Vergleiche zwischen Fischer und FACC angestellt werden?

1.2 Methodische Vorgangsweise und Aufbau der Arbeit

Diese Bachelorarbeit baut auf einer umfassenden Literaturrecherche in Büchern, Journals und Zeitschriften auf. Zu Beginn wird die Theorie der Pfadabhängigkeit und des Pfadbruchs ausführlich erörtert. Anschließend werden die geschichtlichen Meilensteine von Fischer vorgestellt und mit der bestehenden Literatur der Pfadabhängigkeit und des Pfadbruchs gekoppelt. Daraus ableitend werden die ersten Ergebnisse der zentralen Forschungsfragen dargestellt. In einem weiteren Schritt wird die aus dem Pfadbruch entstandene Unternehmung FACC analysiert und abschließend die Antworten auf die Forschungsfragen noch einmal zusammenfassend dargestellt.

2 THEORETISCHE ERÖRTERUNG

2.1 Was ist Pfadabhängigkeit und wie entsteht sie?

Ziel dieses Abschnittes ist es, ein grundlegendes Verständnis über den Begriff Pfadabhängigkeit zu vermitteln. Da in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten über Pfadabhängigkeit viel diskutiert und einige Theorien aus verschiedenen Blickwinkel konstruiert wurden, wird sich der theoretische Teil dieser Arbeit auf den wesentlichen Kern der Pfadabhängigkeitsdebatte konzentrieren und aufbauen. In der Literatur finden sich verschiedene Zugänge wie beispielsweise technologische oder auch institutionelle Pfadabhängigkeiten. Diese beiden grundlegenden theoretischen Zugänge sind die Grundbausteine der Pfadabhängigkeitsdebatte auf denen nachfolgende Erkenntnisse und Studien aufgebaut wurden. In dieser Arbeit werden die ersten aus ökonomischer Sicht relevanten Erkenntnise erörtert und es wird versucht einen Konex auf den heutigen Stand der Forschung zu schließen.

Der Hauptbestandteil des nun folgenden theoretischen Kapitels konzentriert sich auf die Herausarbeitung der verschiedenen Eigenschaften von technologischer bzw. organisationaler Pfadabhängigkeit. Abschließend wird sich dieser Abschnitt mit neuartigen theoretischen Inputs des Pfadbruchs bzw. der Pfadkreation auseinandersetzen.

2.2 Die Pfadabhängigkeit

Ein Vorreiter der wirtschaftlichen Betrachtung von Pfadabhängigkeit ist mitunter Paul A. David, der anhand der bis heute benutzten Qwerty-Tastatur einen technologischen Pfadabhängigkeitsprozess beschreibt und begründet. Dabei müssen drei Bedienungen für einen technologischen Pfadabhängigkeitsprozess gegeben sein (vgl. David, P.A. (1985)).

Technical interrelatedness bzw. System Compability

Im Beispiel von Qwerty wird dies als die Kompatiblität zwischen Schreibmaschinenkraft und Schreibmaschinentastaturen begründet. Der Vorstoß der Qwerty Technologie führte dazu, dass nahezu jede Schreibmaschinenkraft das zehn Finger System an dieser Tastatur beherrschte. Eine Umstellung auf andere Technologien führte unweigerlich zu hohen Umschulungskosten des Personals in diversen Institutionen und verhinderte somit den Vorstoß alternativer bzw. auch effizienteren Technologien. David bezeichnet in seiner Arbeit die Schreibmaschinenutzer als „Locked In“ in Qwerty (vgl. David, P.A. (1985), S. 334f). Der Begriff „Lock-In“ wird noch in einem späteren Abschnitt dieser Arbeit genauer aufgearbeitet.

Increasing Returns

Eines der Haupttriebkräfte für Pfadabhängigkeit wird durch „Increasing Returns“ begründet. Im Beispiel von Qwerty führte der hohe Absatz bzw. die Produktion von Schreibmaschinen zu sehr effektiven Ressourcenallokationen, höhere Erträge waren die Folge (vgl. David, P.A. (1985), S. 335). Auch in der heutigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Pfadabhängigkeiten spielen die Begriffe „Increasing Returns“ oder auch „Positives Feedback“ eine bedeutende Rolle.

Quasi-irreversivility of investements

Hohe Investitionskosten in der Vergangenheit bzw. die Gefahr von sogenannten "Sunk Costs" bilden eine essenzielle Grundlage zur Pfadabhängigkeit (vgl. David, P.A. (1985), S. 336). Irreversible Kosten führen dazu, dass beispielsweise Organisationen an getroffenen Entscheidungen festhalten da die Kosten der getätigten Investition nicht rückgängig gemacht werden können.

Arthur W. B. (1989, 1994) als weiterer wichtiger Vertreter der Pfadabhängigkeitsdebatte, identifizierte mit "Increasing Returns" den Hauptreiber eines technologischen Pfadabhängigkeitsprozesses.

2.2.1 Organisationale Pfadabhängigkeit versus Technologische Pfadabhängigkeit

Nach Sydow, J. et al. (2009) können die herausgearbeiteten sich selbstverstärkenden Mechanismen nach David, P.A. (1985) (System Comability, Increasing Returns, Irreversibility of Investements) beispielsweise nicht komplett auf eine Organisation umgelegt werden. Die Entwicklung von organisationaler Pfadabhängigkeit wird demnach durch vier Mechanismen bestimmt: Koordinationseffekte; Komplementäreffekte, Lerneffekte und Erwartungseffekte (vgl. Sydow J. et al. (2009) S. 698).

Koordinationseffekte: Diese Effekte bauen auf die Vorteile von Regelkonformen Verhalten durch deren Akteure innerhalb der Institutionen. Je mehr die handelnden Akteure die spezifischen Regeln und organisationalen Routinen annehmen, desto höher und effizienter wird Interaktion untereinander. Koordinationskosten können somit drastisch gesenkt werden. Daraus kann abgeleitet werden, dass je mehr Akteure diese Regeln adaptieren desto attraktiver wird es für andere Individuen diesen zu folgen (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 699).

Komplementäreffekte: Diese Effekte basieren auf Interdependenzen zwischen zwei oder mehreren Einheiten innerhalb einer Organisation. Dabei können durch die Kombination dieser Einheiten Kosten reduziert werden (Skaleneffekte). In solchen Konstellationen kann es zu selbstverstärkenden Effekten führen wenn die Nutzung von hoch Interdependenten Einheiten und dessen Synergien mehr und mehr attraktiver wird. Anders formuliert, versucht man hierbei Kosten zu vermeiden die durch eine alternative und vom etablierenden System abweichenden Lösung entstehen können (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 699f).

Lern-Effekte basieren auf sich ständig wiederholenden Aktionen. Die Theorie besagt, dass dadurch die Aktionen, je öfter sie durchgeführt wurden, effizienter werden. (Schneller, genauer..). Als Beispiel sei hier angeführt, dass der Fokus auf exploitatives Lernen aus verschiedenen Gründen exploratives Lernen immer mehr verdrängt. Dieser Vorgang wird dadurch verstärkt wenn Organisationen beispielsweise durch ihre Organisationskultur oder Belohnungssysteme, exploitatives Lernen unterstützten. Dieser selbstverstärkende Mechanismus führt dazu, dass die Motivation neue Alternativen anzuwenden bzw. zu erlernen immer geringer wird und schlussendlich zu Pfadabhängigkeit führen kann (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S 700).

Erwartungseffekte begründen sich dadurch, dass Organisationsmitglieder übliche informelle Verhaltensweisen annehmen und auch erwarten, dass andere Individuen das Gleiche tun. Durch die Angst von anderen Organisationsmitgliedern ausgeschlossen zu werden bzw. an Legitimität zu verlieren verstärkt sich dieser Effekt und übliche Vorgangsweisen bzw. Verhaltensweisen bleiben bestehen (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S 700f).

2.2.2 Das Handeln der Akteure

Die in dem vorigen Kapitel genannten Faktoren können sehr leicht dazu führen, dass sich Organisationen zunehmend innerhalb eines bestimmten Korridors bewegen, daraus einen Pfad bilden den sie nur schwer wieder verlassen können. Es kann zu einem „Lock-In“ führen, ein Zustand der gewisse Handlungsmuster ständig reproduziert und zur totalen Inflexibilität führen kann (vgl. Schreyögg, G./Koch, J. (2007), S. 374).

Im Kern können die ersten Studien über Pfadabhängigkeit bzw. die oben erwähnten sich selbstverstärkenden Prozesse als zu systemisch betrachtet werden, dh. diese Prozesse befinden sich außerhalb der Kontrolle von den jeweiligen Akteuren innerhalb der Organisation (Sydow, J. et al. (2009), S.691). Vielmehr wird ein Pfadabhängigkeitsprozess vom Handeln der jeweiligen Akteure innerhalb der Organisationen bzw. Institutionen maßgeblich beeinflusst. Nach Arthur, P.A. (1989, S121f) weißt ein Pfadabhängigkeitsprozess, welcher durch Akteursentscheidungen determiniert wurde, folgende Eigenschaften auf:

1. Nonpredictability; Es liegt eine Unbestimmtheit der Ergebnisse bzw. Auswirkungen vor
2. Nonergodicity; Mehrer Ergebnisse bzw. Ausgänge sind möglich
3. Inflexibility; die Akteure können keine Alternative mehr wählen (Lock-In)
4. Inefficiency; der gewählte Pfad führt zu einer ineffizienten Marktsituation

Diese vier Eigenschaften bieten eine erste übersichtliche Unterscheidung zwischen Pfadabhängigen und nicht Pfadabhängigen Prozessen. Jedoch wird der Prozess an sich als zu Generalisiert bezeichnet, diese Eigenschaften versuchen nach Sydow lediglich einzelne Phasen innerhalb des gesamten Prozesses abzudecken. Als Beispiel sei hier die Eigenschaft „Nonpredictability“ angeführt. Am Anfang eines Prozesses sind gewisse Entscheidungen bzw. Aktionen unvorhersehbar, später jedoch wenn sich der Pfad zu formen beginnt und festigt werden diese berechenbarer, bis schließlich die Lock-In Phase erreicht wurde und das Verhalten komplett berechenbar ist (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S 691). An diesem Beispiel erkennt man dass ein Pfadabhängigkeitsprozess verschiedene Phasen durchläuft. Siehe Abbildung 1.

2.3 Der Pfadabhängigkeitsprozess

Eines der momentan häufigsten Modelle zur Darstellung von Pfadabhängigkeit findet sich in der Darstellung von Abbildung 1. Der Pfadabhängigkeitsprozess wird hierbei als Entwicklungsprozess angesehen der drei entscheidende Phasen durchläuft. Dabei wird ein Pfad bzw. die Pfadausbildung nicht nur von der technologischen Seite betrachtet sondern als sozial, kulturell und organisational geprägte Regelsysteme (vgl. Gärtner, C. (2013), S. 29f). Anders formuliert wird in diesem Modell keine explizite Trennung zwischen organisationaler und technologischer Pfadabhängigkeit durchgeführt. Der technologische Pfad determiniert ebenso wie die formale und informale Struktur des Unternehmens die Art des organisatorischen Handelns in ihrem Umfeld. Aus der Sicht der "Social Construction of technology" Perspektive, entstehen beispielsweise Technologische Pfade nicht hinter dem Rücken der jeweiligen Akteure. Vielmehr werden in einem Sozialisationsprozess die Artefakte und Akteure quasi schrittweise umkonfiguriert bis gegenseitige Ansichten vereinheitliche werden. Daraus können sogenannte Resistenzen bzw. Trägheiten gegenüber Veränderungen entstehen, die in technischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen auftreten können (vgl. Meyer, U./Schubert, C. (2007), S.35).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der Pfadabhängigkeitsprozess (Quelle: Sydow, J., Schreyögg, G., Koch, J., (2009), Organizational Path Dependence: Opening the black box, S. 692)

Wie in der oben angeführten Grafik ersichtlich, bietet Phase I (Vorphase), auch genannt als "Preformation-Phase", eine große Auswahl an alternativen organisationalen Handlungsmöglichkeiten (Options). In dieser Phase ist also quasi kein eingeschränkter Handlungsspielraum erkennbar. Dennoch ist diese Phase von historischen Entscheidungen und Gegebenheiten von den jeweiligen Institutionen geprägt. Organisatorische Entscheidungen und Praktiken in der "Preformation-Phase" sind eingebettet in organisationalen Praktiken und Regeln (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 692). Anders formuliert werden Entscheidungen in dieser Phase von historischen Gegebenheiten, sowie von organisatorischen Regeln und der Organisationkultur beeinflusst. In ihnen spiegelt sich zu großen Teilen die Geschichte der Institution wieder. David, P.A. (1994) bezeichnet Institutionen demnach auch als "Carriers of history".

Den Übergang zur Phase II (Pfadausbildung) bestimmt das sogenannte "Critical Juncture". In der Theorie ist dies der Zeitpunkt eines auftretenden Ereignisses, welches nachhaltige sich selbstverstärkende Effekte ausübt. Hierbei handelt es sich um "Increasing Returns" oder auch "Positive Rückkopplungen" welche zum ersten mal nachhaltig auftreten (Sydow, J. et al. (2009), S. 691). Positive Rückkopplung sei wie folgt definiert:

"Prozess der Rückmeldung einer Zustandsveränderung an den Impulsgeber innerhalb eines Regelkreis es. Positive Rückkopplung veranlasst den Impulsgeber, erneut einen gleichgerichteten Impuls in das System einzuspeisen" (Wirtschaftslexikon24.com, (2015), Rückkopplung, http://www.wirtschaftslexikon24.com, Online Abfrage am: 01.03.2015)

Ab diesem Zeitpunkt entwickeln und verstärken organisatorische Elemente, wie formale Strukturen und Routinen, Organisationskultur, Mitarbeiterkompetenzen und -fähigkeiten Beharrungskräfte. Es entwickelt sich eine sogenannte Sogwirkung, die Pfade und engere Handlungsspielräume entstehen lässt (vgl. Spengler, G. (2009), S. 150). Wie in Abbildung 1 klar ersichtlich, bleiben in dieser Phase noch eingeschränkte Handlungsalternativen (Punkte im grau schattiertem Bereich) bestehen, die jedoch mit der Zeit immer mehr abnehmen und schließlich zur Phase III (Pfadabhängigkeit) führen.

Der Übergang in die Phase III ist durch die weitere Einschränkung an organisationalen Handlungsspielräume charakterisiert bis schließlich alternative Handlungsoptionen aus verschiedenen Gründen nicht mehr sichtbar sind. Durch das sogenannte "Lock-In" ist die Bindung an den Entwicklungspfad in extremen Fällen so hoch, dass in dieser Situation nur noch gewisse Handlungsschemata beibehalten werden kann. Entscheidungen die von Managern getroffen werden reproduzieren den organisatorischen Pfad, und selbst neue Akteure innerhalb einer Institution adaptieren und reproduzieren diese Handlungsweisen innerhalb kurzer Zeit (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 694).

2.3.1 Der Lock-IN

Der Begriff "Lock-In " kann unter anderem wie folgt definiert werden : "Situation or outcome where the trajectority of a path becomes confined to a single solution that does not need to be efficient." (Sydow, J./Windeler, A./Müller-Seitz, G./ Lange, K. (2012), 159). Sydow, J. et al. (2009) sprechen innerhalb einer Lock-In Situation den vorherrschenden Handlungsmustern einen deterministischen Charakter zu. D.h. abweichende Handlungen sind aus verschiedenen Gründen nicht mehr möglich (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 694).

Vergne und Durand betonen dabei, dass eine Lock-In Situation innerhalb eines Pfadabhängigen Prozesses dann eintritt, wenn kein exogener Schock das bestehende System beeinflusst (Vergne, J-P./Durand, R. (2010), S 743). Allerdings ist diese Ansicht umstritten, da sie den menschlichen Akteuren innerhalb der Organisation ein bewusstes Verlassen einer Lock-In Situation abspricht (vgl. Garud, R./Kumaraswamy, A./Karnoe, P. 2010, S. 765).

2.3.2 Pfadabhängigkeit ist nicht gleich ineffizient

Es ist dabei zu betonen, dass die Begriffe Pfadabhängigkeit und potentielle Ineffizienz nicht automatisch gleichzusetzten sind (vgl. Ackermann, R. (2001), S33). Vielmehr wird heutzutage Pfadabhängigkeit als hemmender Faktor für organisatorische Innovation und die Weiterentwicklung von Kernkompetenzen angesehen, die zu einer ineffizienten Marktsituation führen können. Vormals erfolgreiche Handlungsmuster werden zu Innovationsbarrieren, wie beispielsweise der Fall KODAK zeigt (vgl. Schreyögg, G./Koch, J. (2007), 374).

Fallbeispiel KODAK:

Kodak galt als Pionier und Technologieführer der analogen Photografie und entwickelte in diesem Bereich umfangreiche Kernkompetenzen. Die erwirtschafteten Gewinne wurden wieder in ähnliche Projekte investiert um sich noch mehr von der Konkurrenz abheben zu können. Das plötzliche Aufkommen der digitalen Photoindustrie wurde KODAK nun schließlich zum Verhängnis. Hohe Investitionskosten (Maschinen, Personen, Projekte) in der Vergangenheit machte den Schritt bzw. die Umkehr zur digitalen Technologie aus Kostengründen unmöglich. Kodak war in einem technologischen Pfadabhängigkeitsprozess gefangen, da Manager an Entscheidungen und organisationalen Routinen festhielten obwohl bereits effektiverer Technologien am Markt präsent waren. (vgl. Gärtner, C. (2013), S. 29)

Der Fall KODAK zeigt dabei zwei bereits erläuterte Eigenschaften eines typischen Pfadabhängigkeitsprozesses auf. Die erwirtschafteten Gewinne wurden in diesem Fall nicht in innovative Bereiche investiert sondern in Projekte bzw. Technologien die bereits die Kernkompetenzen von KODAK bildeten. Dieser Umstand kann durch die "Quasi-irreversibility of investements" nach David (1985) begründet werden. Hohe Investitionskosten in der Vergangenheit führten dazu, dass die Organisation an dem technologischen Pfad festhielt, und die Angst vor hohen Umstellungskosten einen Technologiewechsel verhinderten.

2.3.3 Der permanente Pfadabhängigkeitsprozess

In starker Anlehnung an das Phasenmodell des Pfadabhängigkeitsprozesses nach Sydow et. al (2009), geht diese Arbeit davon aus, dass sich eine profitorientierte Organisation permanent innerhalb eines Pfadabhängigkeitsprozesses bewegt. Um am Markt konkurrenzfähig zu bleiben, ist die Einhaltung des ökonomischen Prinzips von großer Bedeutung. Um mit minimalen Input maximalen Output bzw. mit gegebenen Input den höchstmöglichen Output zu erreichen, ist die Konzentration auf die Kernkompetenzen des Unternehmens erforderlich. Erfolgreiche Handlungsmuster der Vergangenheit werden dadurch reproduziert, festigen sich und können Resistenzen gegen Veränderungen hervorbringen. Hier stellt sich die entscheidende Frage, in welcher Phase des Prozesses sich die Organisation befindet. Denn während sich das Aufbrechen des sich formenden Pfades in Phase II aufgrund von mehreren sichtbaren Handlungsalternativen noch weniger herausfordernd darstellt, wird dies nach einem Lock-In bedeutend schwieriger.

Nach einem erfolgreichen Aufbruch des Pfades folgt die Pfadkreation und damit eröffnet sich erneut ein potentieller Pfadabhängigkeitsprozess. Anfänglich sind die möglichen und vor allem sichtbaren Handlungsalternativen durch historische Entscheidungen bzw. durch die vorherrschende Unternehmenskultur eingeschränkt. Positive Rückkopplungen bzw. Increasing Returns auf vorherrschende Handlungsmuster schränken die Alternativen zusätzlich ein (Sydow, J. et al. (2009), S. 692).

2.4 Pfadbruch

Im Hinblick auf neue Forschungsergebnisse des Change-Managements, welche einen permanenten organisatorischen Wandel aufgrund sich verändernder organisatorischer Umweltbedingungen voraussetzt, stellt sich die Frage wie Pfadabhängigkeiten bzw. Veränderungsresistenzen durchbrochen werden können. Grundsätzlich wird in der Literatur zwischen zufälligem und bewusst herbeigeführten Pfadbruch unterschieden. Dem zufälligen Pfadbruch liegt ein unvorhersehbares Ereignis zugrunde. Dies könnte ein exogener Schock sein (vgl. Arthur, W. B. (1994), S. 118), wie beispielsweise Umweltkatastrophen oder Wirtschaftskrisen die eine Organisation dazu zwingt den eingeschlagenen Pfad zu verlassen. Ebenfalls könnte eine Veränderung der geographischen Umwelt bzw. ein fehlgeschlagener Sozialisationsprozess innerhalb einer Organisation zu einem Pfadbruch führen, indem etablierte Handlungsmuster durch neue Mitglieder nicht angenommen werden (vgl. Tolbert, P. S., (1988)). Die Problematik dieser Ansicht ist jedoch wie bereits oben beschrieben die Unvorhersehbarkeit dieser Ereignisse, die wenn, dann auch nur in sehr seltenen Fällen auftreten werden. Anders formuliert bietet die Theorie des zufälligen Pfadbruchs keine zufriedenstellenden Antworten für Organisationen. Eine im Pfadabhängigkeitsprozess befindliche Institution müsste demnach auf einen exogenen Schock warten, ohne der Möglichkeit eigene Handlungsinitiativen zu setzen (vgl. Sydow, J. et al. (2009), S. 702).

Die zweite Möglichkeit einen Pfadbruch herbeizuführen bietet die vorsätzliche bzw. aktive Überwindung durch die Organisation selbst. Dabei wird das aktive pfadabweichende Handeln der Akteure innerhalb der Organisationen als notwendig erachtet. Diese Annahme bietet jedoch in Bezug auf die aktuelle Pfadabhängigkeitstheorie, in welcher die Akteure ihre Fähigkeit unter alternativen Lösungsansätzen zu wählen verloren haben, einen Widerspruch. Pfadabhängiges Verhalten der Akteure exkludiert demnach entsprechendes Pfadbruch-Verhalten. Daraus lässt sich ableiten, dass das Identifizieren und Aufarbeiten von pfadabhängigen Prozessen durch Organisationsmitglieder einen schwierigen Prozess darstellt. Sydow, J. et al. (2009, S. 702) heben dabei die Option hervor, eine exogene Sichtweise zu konstruieren und zu integrieren, die sich dem Regime der Pfadabhängigkeit entziehen. Als Beispiel können hier externe Agenten angeführt werden die über das nötige Fachwissen verfügen und für Organisationen alternative Wege aufzeigen können.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Die Theorie der Pfadabhängigkeit bei den Unternehmen Fischer und FACC
Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz  (Human Ressource and Change Management)
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2015
Seiten
31
Katalognummer
V495599
ISBN (eBook)
9783346003324
ISBN (Buch)
9783346003331
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pfadabhängigkeit, Pfadbruch, Change
Arbeit zitieren
Peter Horvath (Autor:in), 2015, Die Theorie der Pfadabhängigkeit bei den Unternehmen Fischer und FACC, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495599

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