Zustimmung zur Organspende. Ja oder nein?

Diskussion


Unterrichtsentwurf, 2013

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Rahmenbedingungen
1.1 Schulische und unterrichtliche Rahmenbedingungen
1.2 Lerngruppe und Lernvoraussetzungen
1.3 Didaktische Abschnittsplanung

2 Didaktische Entscheidungen
2.1 Analyse des Sachverhalts und didaktische Reduktion
2.2 Gestaltung der Lernaufgabe

3 Konzeptionelle Schwerpunktsetzung
3.1 Zielformulierung
3.2 Kompetenzen

4 Methodisch-didaktische Aspekte der Lernhandlung
4.1 Einstieg
4.2 Strukturierung
4.3 Erarbeitung
4.4 Diskussion
4.5 Besprechung/Reflexion
4.6 Selbstreflexion

5 Freiräume

6 Lernschleife

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Rahmenbedingungen

1.1 Schulische und unterrichtliche Rahmenbedingungen

Die Unterrichtsstunde mit dem Thema „Zustimmung zur Organspende - Ja oder nein?" findet im Fach Katholische Religion in der Unterstufe der Höheren Berufsfachschule, Fachrichtung Sozial-assistenz, statt. Die Grundlage für die geplante Unterrichtseinheit bildet der Lehrplan „Lernbau-steine: Katholi­sche Religion für die [...] Höhere Berufsfachschule [...] des Landes Rheinland-Pfalz" vom 31.05.2011.1 In der höheren Berufsfachschule werden in der Unterstufe die Lernbausteine 2 und 3 mit insgesamt 80 Stunden unterrichtet.2 Das Thema der Unterrichtseinheit ergibt sich aus dem Lernbaustein 2, Lern­bereich 4 „Mit Krisen und Konflikten im Leben umgehen - Das Leben gestalten" und dem Lernbereich 2 „Christsein in Beziehungen - Ich, Wir und die Anderen".3 Zu den wesentlichen Zielen und Qualitäts­merkmalen des Religionsunterrichts gehört die Förderung von christlichen Einstellungen und Haltun­gen, wie z. B. Dankbarkeit für das eigene Leben oder aber die Sensibilität für das Leiden anderer.4

Die Lernsituation „Organspende - Wie soll ich mich entscheiden?" ergab sich aufgrund der Tatsache, dass kein Schüler der Lerngruppe selbst einen Organspendeausweis besitzt und sich noch nicht ge­nauer mit diesem Thema befasst hat. Das Thema rückte in den Fokus, als ein Schüler einen Brief der Krankenkasse mit einem Organspendeausweis bekam und davon berichtete. Die Schüler äußerten re­ges Interesse und es wurde deutlich, dass viele Fragen offen sind. Ziel der Unterrichtseinheit soll sein, die Schüler zu einer begründeten und persönlichen Entscheidung für oder gegen eine Organspende zu befähigen. Hierzu eignen sie sich Fakten- und Hintergrundwissen an und informieren sich über die Si­tuation der Organspende in Deutschland. Sie versetzten sich in die Lage von Beteiligten bei einer Or­gantransplantation und betrachten die erarbeiteten Aspekte vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens.

1.2 Lerngruppe und Lernvoraussetzungen

Die Klasse HBF SA 13 wird konfessionell getrennt unterrichtet. Die katholische Gruppe besteht aus 11 Schülern im Alter zwischen 16 und 24 Jahren. Ich unterrichte in dieser Klasse seit Beginn des Schul­jahres zwei Stunden pro Woche. Mir gegenüber wird ein freundlicher und vertrauensvoller Umgang gepflegt. Auch das Verhältnis unter den Schüler ist positiv. Ein Schüler ragt in Unterrichts-gesprächen häufig durch reflexive und weiterführende Beiträge aus der Lerngruppe heraus. Er formuliert seine Aussagen oft kompliziert und verwendet Fremdwörter, die die anderen Schüler nicht verstehen. Ich muss ihn oft auffordern, seine Aussagen noch einmal zu erklären oder einfacher auszudrücken, um Unmut und Demotivation in der Klasse zu vermeiden. Das Leistungsniveau der Klasse würde ich als durchschnittlich bezeichnen. Die Schüler diskutieren gerne und trauen sich, ihre Meinung zu äußern. Allerdings müssen sie noch üben, die erarbeiteten Diskussionsregeln ein-zuhalten. Die Schüler sind an die Arbeit in Gruppen gewöhnt und bearbeiten ihre Arbeitsaufträge selbstständig und gewissenhaft. Die Schülerbeteiligung am Unterricht ist hoch, allerdings ist eine Heterogenität hinsichtlich der Qualität der Beiträge erkennbar. Zwei Schüler sind etwas zurückhaltender, bringen aber nach Aufforderung sinnvolle und durchdachte Beiträge in den Unterricht ein.

1.3 Didaktische Abschnittsplanung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Didaktische Entscheidungen

2.1 Analyse des Sachverhalts und didaktische Reduktion

Für eine Organ- und Gewebespende müssen laut Transplantationsgesetz zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Hirntod muss festgestellt sein und die Einwilligung des Verstorbenen oder der Angehörigen muss vorliegen.5 Das Thema Organspende ist in letzter Zeit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Durch die Änderung des Transplantationsgesetzes im letzten Jahr, werden nun alle Bürger ab einem Alter von 16 Jahren regelmäßig mit dem Thema konfrontiert und hinsichtlich ihrer Spendenbereit­schaft befragt.6 Laut einer Studie der BZgA7 wären rund 70 Prozent der Bürger bereit, nach ihrem Tod Organe zu spenden. Aber nur 22 Prozent haben tatsächlich einen Organspendeausweis ausgefüllt.8 Liegt im Falle des Ablebens keine mündliche oder schriftliche Willenserklärung vor, kann die Einwilli­gung zur Organspende vom nächsten Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gegeben werden. Dieser Wille ist oft nur schwierig zu ermitteln. Durch einen zu Lebzeiten ausgefüllten Organspendeausweis kann man seinen Angehörigen eine solch schwere Entscheidung ersparen. Bei der Entscheidung zur Organspende gibt es kein „richtig" oder „falsch". Die Frage muss jeder für sich persönlich beantworten. Im Unterricht wird deutlich gemacht, dass eine Meinung nicht verurteilt wer­den darf, ebenso soll keine Moralisierung oder Beeinflussung der Schüler bei dieser persönlichen Ent­scheidung erfolgen.

In der gezeigten Unterrichtsstunde erfolgt eine didaktische Reduzierung dahingehend, dass nicht alle Argumente in gänzlicher Tiefe angesprochen werden. Die Informationstexte bilden lediglich Auszüge von verschiedenen Sichtweisen, insbesondere der Standpunkt der Kirche zur Organspende wird in der Folgestunde vertieft.

2.2 Gestaltung der Lernaufgabe

Die Schüler hören einen Mitschnitt eines Telefongesprächs. Tims Mutter wendet sich an die Telefon­seelsorge, da ihr Sohn einen Autounfall hatte und für hirntot erklärt wurde. Sie ist verzweifelt, denn sie soll entscheiden, ob sie einer Organspende zustimmen würde. Zur stärkeren Emotionalisierung lie­gen Bilder eines Unfallwagens, eines Rettungshubschraubers und einer Intensivstation in der Mitte des Sitzkreises.

Eine Lernaufgabe sollte nach Nashan folgende didaktische Gütekriterien beinhalten: Lebenswelt- oder Berufsbezug, Problemorientierung, Komplexität, Ganzheitlichkeit und Exemplarität.9 Die Lernaufgabe der geplanten Stunde berücksichtigt das Gütekriterium Lebensbezug der Schüler, da sie in ihrem Alter bereits von den Krankenkassen bezüglich der Organspende angeschrieben werden. Sie sollen sich ent­scheiden, ob sie einer Organspende zustimmen oder nicht. Einige der Schüler sind bereits erwachsen und haben den Führerschein. Es könnte der Fall eintreten, dass sie oder Bekannte durch einen Auto­unfall selbst zu Organspendern werden könnten. Die Lernaufgabe trägt außerdem dem Kriterium Prob­lemorientierung Rechnung. Die Eltern wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, da sie mit ihrem Sohn nie über einen solchen Fall gesprochen haben. Der rote Faden wird den Schülern deutlich, indem sie mithilfe der Lernaufgabe die Fragestellung der Stunde ableiten: „Zustimmung zur Organspende - Ja oder Nein?" Die Schüler versetzen sich in die Lage der Eltern und sammeln Argumente für und gegen eine Zustimmung zur Organspende, um sich diese Frage am Ende der Stunde aus der eigenen Perspek­tive zu beantworten. Die Komplexität der Lernaufgabe ist erfüllt, da bei der Entscheidungsfindung und Argumentation mehrere Perspektiven (z. B. Eltern, Sohn, Organempfänger) berücksichtigt werden müssen. Die gestellte Lernaufgabe fördert außerdem das ganzheitliche Lernen, da verschiedene Sinne angesprochen (hören, sehen) und nicht nur fachliche, sondern auch überfachliche Kompetenzen, ins­besondere die Personalkompetenz gefördert werden. Die Lernaufgabe steht exemplarisch für eine Si­tuation, in denen eine Entscheidung für oder gegen die Organspende getroffen werden muss.

3 Konzeptionelle Schwerpunktsetzung

3.1 Zielformulierung

Die Schüler werden mit der Situation konfrontiert, dass Eltern über die Organentnahme bei ihrem töd­lich verunglückten Sohn entscheiden müssen. Die Schüler äußern ihre erste Meinung, finden gemein­sam Argumente für oder gegen eine Zustimmung zur Organentnahme und werden in der Diskussion mit Gegenargumenten konfrontiert. Sie überdenken ihre erste Meinung und begründen mögliche Mei­nungsänderungen. Sie erkennen die Notwendigkeit, bereits zu Lebzeiten eine eigene Entscheidung über die Organspende im Falle des eigenen Hirntodes zu treffen und diese in einem Organspendeaus­weis zu dokumentieren. Insgesamt sollen die Schüler dazu befähigt werden, künftig für sich eine be­gründete Entscheidung hinsichtlich Organspende treffen zu können. Die Schüler fördern in der gezeig­ten Unterrichtsstunde insbesondere ihre Fach- und Personalkompetenz.

3.2 Kompetenzen

Die Schüler erweitern ihre Fachkompetenz, indem sie...

... im Austausch mit anderen Mitschülern Argumente für bzw. gegen die Zustimmung zu einer Organ­spende sammeln und dabei ihr Vorwissen anwenden, sich darüber in einer Diskussion austauschen und dies bei der eigenen Entscheidungsfindung miteinbeziehen.

Die Schüler erweitern ihre Personalkompetenz, indem sie.

... sich in die Eltern von Tim hineinversetzen, sich die Notwendigkeit einer Dokumentation der Ent­scheidung über Organspende zu Lebzeiten bewusst machen und die vorgebrachten Argumente bewer­ten, um ihre eigene Meinung gegenüber Organspende zu reflektieren.

4 Methodisch-didaktische Aspekte der Lernhandlung

4.1 Einstieg

Die Schüler sitzen zu Beginn der Stunde in einem Stuhlkreis, hören den Mitschnitt eines Telefongesprä­ches und betrachten die ausgelegten Bilder. Eine Mutter wendet sich an die Telefonseelsorge, da ihr Sohn einen Autounfall hatte und für hirntot erklärt wurde. Sie und der Vater müssen über die Organ­spende entscheiden, da ihr Sohn keinen Organspendeausweis ausgefüllt hatte und sie seinen Willen nicht kennen.

4.2 Strukturierung

Die Schüler versetzen sich gedanklich in die Lage der Eltern. Sie beschreiben die Situation mit eigenen Worten und erklären, warum es für die Eltern schwer ist, diese Entscheidung zu treffen. Das Vorwissen der Schüler wird aktiviert, indem sie die Voraussetzungen einer Organspende nennen und die Regelung in Deutschland wiedergeben. Sie formulieren die Frage der Stunde: „Zustimmung zur Organspende - Ja oder Nein?" Die Schüler sollen selbst eine Entscheidung treffen und sich in einer Stellprobe positio­nieren. Dabei lasse ich auch eine Mitte, für Unentschlossene, zu. Es werden einzelne Begründungen für die gewählte Position eingefordert. Die Gruppeneinteilung sollte entsprechend der Schülermei­nung erfolgen. Der Arbeitsauftrag wird transparent gemacht und besprochen.

4.3 Erarbeitung

In arbeitsteiliger Gruppenarbeit werden Argumente für bzw. gegen die Zustimmung der Eltern zur Or­ganspende gesammelt und auf verschiedenfarbigen Metaplankarten festgehalten. Ich plane vier Grup­pen (2x Pro, 2x Contra), damit sich alle Schüler in kleinen Gruppen einbringen können. Nach der Hälfte der Bearbeitungszeit gebe ich Informationstexte in die Gruppen, die als Hilfestellung und Impuls die­nen. Hieraus können die Schüler weitere Aspekte herauslesen und damit ihre bereits gefundenen Ar­gumente ergänzen. Um eine größere Varianz von Argumenten zu erreichen, sind die Informationstexte in den arbeitsgleichen Gruppen, z. B. in den beiden Pro-Gruppen, unterschiedlich. Damit möchte ich in der Diskussion eine breitere Aktivierung erreichen. Durch die unterschiedlichen Argumente können alle Schüler ihren Beitrag zur Diskussion leisten. Außerdem wird die Diskussion spannender, wenn die arbeitsgleichen Gruppen in der Diskussion weitere Argumente kennen lernen. Es wäre möglich, eine Methodengruppe zu bilden und eine methodische Reflexion nach der Diskussion anzuregen. In dieser Stunde möchte ich aber bewusst darauf verzichten.

[...]


1 Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Lernbausteine: Katholische Religion für Berufsvorbereitungsjahr, Berufsschule, Berufsfachschule I und II, Dreijährige Berufsfachschule, Hö­here Berufsfachschule, Fachoberschule, Berufsoberschule I und II, 31.05.2011.

2 Vgl. ebd. S. 4.

3 Vgl. ebd. S. 24 f.

4 Vgl. ebd. S. 5.

5 Vgl. Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO): Vom Spender zum Empfänger, online unter: http://www.dso.de/or- ganspende-und-transplantation/thema-organspende/vom-spender-zum-empfaenger.html

(abgerufen am 30.11.2013).

6 Dies erfolgt meist durch einen Brief der Krankenkasse, dem ein Organspendeausweis beigelegt ist.

7 Bundeszentrale für gesundheitlichen Aufklärung

8 Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Einstellung, Wissen und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse, August 2013, online unter: http://www.or- ganspende-info.de/sites/all/files/files/Bericht-Studie-Organ-%20und%20Gewebspende-2012%281%29.pdf (abgerufen am 30.11.2013).

9 Vgl. Nashan, Ralf: Strukturiertes Tätigkeitslernen im beruflichen Unterricht: Didaktik des beruflichen Unterrichts für Schule und Betrieb, Troisdorf, Bildungsverlag Eins, 1999.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zustimmung zur Organspende. Ja oder nein?
Untertitel
Diskussion
Veranstaltung
Katholische Religion / Ethik
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
21
Katalognummer
V495317
ISBN (eBook)
9783346009203
ISBN (Buch)
9783346009210
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich um eine Lehrprobe an einer Berufsbildenden Schule in Rheinland-Pfalz.
Schlagworte
Organspende, Gruppenarbeit, Diskussion
Arbeit zitieren
Eva Stoll (Autor:in), 2013, Zustimmung zur Organspende. Ja oder nein?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495317

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