Die Entwicklung des Diskurses "neue Väter" unter Betrachtung der unterschiedlichen Familienleitbilder der ehemaligen BRD und DDR


Hausarbeit, 2018

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Zur Emanzipation des Mannes in seiner Rolle als Vater

2 Einstieg: Definition des Ausdruckes der „neuen Väter“ und Unterschiede zum traditionellen Rollenbild des Vaters

3 Familienleitbilder– eine Gegenüberstellung von DDR und BRD
3.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Grundsätze der Familienpolitik beider Teilstaaten
3.2 Der Mann als Ernährer – Die Rolle des Vaters in der ehemaligen BRD
3.3 Das Doppelverdiener-Modell in der DDR

4 Was geschah nach der Wende?

5 Spannungsfeld zwischen Erwerbsarbeit und Familienfürsorge

6 Theorie und Praxis – inwiefern lässt sich das Konstrukt des neuen Vaters bereits verwirklichen?
6.1 Hegemoniale Vaterschaftsvorstellungen trotz Gleichstellungspostulat im Westen
6.2 Adult work-Modell und gegenläufige Enttraditionalisierung im Osten
6.3 Fazit

7 Die völlige Gleichberechtigung und Akzeptanz der neuen Väter als Prozess der Zukunft

8 Literaturverzeichnis

1 Zur Emanzipation des Mannes in seiner Rolle als Vater

Chancengleichheit 2017, was bedeutet das? Vor allem gleiche Rechte, gleiche Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, gleicher Lohn und die Frauenquote in Führungsbereichen. All diese Dinge zielen auf eines ab: Die Emanzipation der Frau mit dem Ziel der Gleichberechtigung für eben diese. Doch wo bleibt in diesem Diskurs die Integration der Männer in Lebensbereiche, die die Frauen im Zuge der Loslösung von traditionellen Rollenverteilungen verlassen wollen? Meistens denkt man bei dem Wort Gleichberechtigung ja nicht daran, dass auch Männer betroffen sind, wenn es um eine neue Gewichtung der Waagschalen zwischen Arbeitswelt und Familienleben geht. Dabei ist dies ein wichtiger Aspekt im Bereich der Gleichberechtigung, zumal damit auch allgemeine Männlichkeitsvorstellungen und Rollenerwartungen verbunden sind.

Im Zuge dessen wird die Stellung des Vaters innerhalb der Kernfamilie seit etwa 30 Jahren zunehmend thematisiert. Lag der Fokus vorher vor allem auf dem Beziehungsgeflecht zwischen Mutter und Kind, so gewinnt der Vaterschaftsdiskurs laufend mehr Interesse innerhalb der deutschen und europäischen Familiensoziologie (Behnke et al. 2013). Das Vaterbild befindet sich im Wandel, weg vom traditionellen Rollenverständnis des Mannes als Ernährer und Oberhaupt der Familie, hin zum „neuen“ und „involviertem“ Vater, der sich aktiv am Familienalltag beteiligt. Neben neuartigen Konzepten der Kinderbetreuung impliziert der aufkommende Diskurs auch die egalitäre Stellung des Mannes in der Beziehung zur Mutter der Kinder und folglich in der ganzen Gesellschaft. Nicht nur die Frage nach einem Leitbild des neuen Vaters entsteht, sondern vielmehr die Frage nach einer neuen Männlichkeit (Behnke et al. 2013).

Die Aufspaltung Deutschlands in Ost und West nach Ende des zweiten Weltkriegs und dem erneuten Zusammenschluss zu Beginn der 90er Jahre ermöglichte ein einmaliges geschichtliches Phänomen. Durch die unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen in beiden Teilstaaten entstanden im Laufe der Jahre auch zwei Verständnisse von Familie und den Rollen der einzelnen Akteure innerhalb dieses Konstrukts (Krause und Ostner 2010). In der folgenden Arbeit soll geprüft werden, ob das Bild des „neuen“ Vater s auf ganz Deutschland zutrifft und wo genau die Unterschiede beziehungsweise die Gemeinsamkeiten liegen. Zu Beginn der Arbeit wird das klassische Rollenbild des Vaters in Beziehung zur Vorstellung der „neuen Väter“ gesetzt und anhand dessen herausgearbeitet, wie sich das Vaterbild im Laufe des letzten Jahrhunderts verände rt hat. Der Hauptteil gilt dem Vergleich der unterschiedlichen Vaterschaftsverständnisse zwischen O st-und Westdeutschland. Dazu ist es nötig zu eruieren, welche Gemeinsamkeiten beziehungsweise Unterschiede es hinsichtlich der Familienpolitik in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland gab, damit die unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Rollenvorstellungen hinsichtlich der Figur des Vaters verständlich werden. Im Anschluss daran wird am Beispiel der beiden Teilstaaten das damalige Leitbild des V aters innerhalb des Berufs- und Privatlebens aufgezeigt um danach darzustellen, wieso nach der Wiedervereinigung zwei verschiedene Idealvorstellungen der Vaterfigur existierten. Infolgedessen wird das Konfliktpotential zwischen Erwerbstätigkeitsstatus und Familienfürsorge genauer erläutert um schließlich zu untersuchen, inwiefern sich das Konstrukt des „neuen Vaters“ bereits umsetzen lässt. Hierzu wird ebenfalls nochmal in Ost- und Westdeutschland aufgeteilt um die Differenzen herauszuarbeiten. Hinterher folgt ein kurzes Fazit und zum Schluss ein Abschnitt darüber, wie viel der Prozess der Akzeptanz einer neuen Vater- bzw. Männlichkeitsvorstellung noch nach sich zieht.

2 Einstieg: Definition des Ausdruckes der „neuen Väter“ und Unterschiede zum traditionellen Rollenbild des Vaters

Laut Harald Werneck hat der Mann in seiner Rolle als Vater vier Definitionen. Er gilt einerseits als Erzeuger, wodurch der biologische Aspekt der Vaterschaft aufgezeigt wird. Des Weiteren fungiert er als Beschützer der Familie, Ernährer und Erzieher. Die letzten beiden Gesichtspunkte bilden die zentrale Diskussionsgrundlage innerhalb dieser Arbeit ab (Werneck 1998).

Beruhend auf Parsons Vorstellung der Funktion des Vaters soll dieser weniger „Engagement in der Familie, sondern […] Engagement für die Familie“ (Meuser 2009, S. 145) zeigen. Er agiert als Oberhaupt seiner Angehörigen, zuständig für die Sicherstellung des Überlebens. Hierzu zählt in modernen Gesellschaften vor allem der berufliche Faktor. Ein guter Vater zeichnet sich dadurch aus, seiner Fami lie einen hohen sozialen Status ermöglichen zu können, in dem er beruflich erfolgreich ist . Die Zeit, die er dafür aufwenden muss gilt hierbei laut Parsons ebenfalls als Aufwand für die Familie, wenngleich er dabei keine Zeit mit ihnen verbringt. Das sogenannte „mothering“ (Meuser 2009, S. 148), sprich die Erziehung der Kinder und das Management des familiären Alltags ist Frauensache. Ein Pendent dazu – das „fathering“ (Meuser 2009, S. 148) – gibt es nicht (Meuser 2009).

Anfang der 1980er Jahre begann sich das Vaterbild zu wandeln. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte entstand eine Debatte um die Rolle der sogenannten „neuen Väter“. Vaterschaft geht dieser Entwicklung zufolge über die traditionelle Rolle des Ernährers hinaus. Der “neue Vater” ist „present at the birth; […] involved with his children as infants, […] participates in the actual day-to-day work of child care, […] involved with daughters as much as with sons“ (Pleck 1987, S. 93). Soziokulturelle Eigenschaften, insbesondere in Hinblick auf Intimität und Kameradschaft sowie Zärtlichkeit und Verständnis nehmen zu (Werneck 1998). Die emotionale Seite des Vaters wird somit in den Vordergrund gestellt. Die hegemoni ale Anerkennung des Mannes in der Familie schmälert sich, je weiter die Entwicklung voranschreitet (Meuser 2009).

3 Familienleitbilder– eine Gegenüberstellung von DDR und BRD

Um die unterschiedlichen Entwicklungen seitens Beziehungen und Rollenverteilungen der Familienangehörigen untereinander, speziell die des Vaters, verstehen zu können ist es wichtig an dieser Stelle zu erläutern, welche sozialpolitischen Disparitäten, ebenso wie Gemeinsamkeiten es hinsichtlich der Familienpolitik in der BRD und der ehemaligen DDR gab.

3.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Grundsätze der Familienpolitik beider Teilstaaten

Beiden war gemein, dass die Familie eine unentbehrliche soziale Institution darstellte, die den Kern der Gesellschaft bildete und dadurch entscheidend zur Festigung der Stabilität des Staates beitrug (Schneider 1994).

In der ehemaligen BRD galt es als oberstes Ziel, die Familie als autarke Einheit zu schützen um damit den Fortbestand der Gesellschaft gewährleisten zu k önnen. Die Betonung liegt hierbei darauf, dass sich die Familien autonom verwalten, ohne Eingriff des Staates, damit sich die Individuen frei entwickeln können. Z war waren hinsichtlich der Familienpolitik gewisse Richtlinien vorhanden, diese sollten jedoch trotzdem ermöglichen das gemeinsame Leben nach freiem Wunsch zu gestalten. Theoretisch gab es also kaum Einschränkungen darauf, welches Familien leitbild das Vorherrschende sein sollte. Praktisch gesehen unterstützte der Staat jedoch vermehrt Lebensformen, die das traditionelle Modell von Ehe und Familie erfüllten, wodurch es indirekt sehr wohl ein familiäres Leitbild gab , welches auf eher konservativen Vorstellungen und Werten basierte (Schneider 1994). Es impliziert, dass es Aufgabe des Mannes war zu arbeiten, während die Frau für Haushalt und Kinder zuständig war. Dies führt unausweichlich zu einer Ungleichbehandlung von Frauen sowie Männern gleichermaßen. Eine weitere charakteristische Eigenschaft der Bundesrepublik war die strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Entwicklungen der Entstandardisierung und Individualisierung blieben auf bestimmte Milieus begrenzt, nicht zuletzt weil die staatliche Unterstützung alternativer Lebenskonzepte eher mäßig war (Schneider 1994).

Das genaue Gegenteil dazu bildet der zentrale Aspekt der Familienpolitik der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Obwohl die Institution der Familie schützenswert war, so galt dies nur einem übergeordneten Zweck: der Sicherstellung politischer Ziele durch völlige Kontrolle der Privatleben der Bevölkerung. Es gab ein offizielles Leitbild, welches aus vier Elementen bestand:

„Der fürs Leben geschlossenen Ehe, der Übereinstimmung der Grund interessen von Familie und Gesellschaft, der vollständigen formalen Gleichberechtigung von Mann und Frau und der besonderen Qualität der Gefühlsbeziehungen der Familienmitglieder untereinander.“ (Schneider 1994, S. 61)

Damit sollte sichergestellt werden, dass aus den einzelnen Familien Nachkommen entstehen, die – dank der sozialistisch geprägten Erziehung – zu ebenso politisch eingestellten Persönlichkeiten heranwachsen, um das Bestehen des Staates mit seinen Werten zu sichern (Schneider 1994). Speziell hierfür hielt die DDR Unterstützung in Form von Kinderbetreuung für jedes Kind bereit , damit auch deren Eltern beide, ganz im Sinne der Gleichberechtigung, arbeiten gehen konnten, um dadurch den wirtschaftlichen Ausbau des Staates sicherzustellen . Diese theoretische Gleichberechtigung wurde in der Praxis jedoch nicht erreicht, zumal es eine eher einseitige Gleichstellung war in der sich, laut traditionellem Familienmodell, Frauen eher der männlichen Lebensweise anglichen, während keine Annäherung der Männlichkeitsideale an eher weiblich konstruierte Leitbilder stattfand (Schneider 1994).

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Details

Titel
Die Entwicklung des Diskurses "neue Väter" unter Betrachtung der unterschiedlichen Familienleitbilder der ehemaligen BRD und DDR
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Soziologie (Department Sozialwissenschaften und Philosophie))
Veranstaltung
Familiensoziologie
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
14
Katalognummer
V495173
ISBN (eBook)
9783668997790
ISBN (Buch)
9783668997806
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familie, Vater, BRD, DDR, Familienleitbild, neue Väter, Entwicklung
Arbeit zitieren
Anna Butzbacher (Autor:in), 2018, Die Entwicklung des Diskurses "neue Väter" unter Betrachtung der unterschiedlichen Familienleitbilder der ehemaligen BRD und DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/495173

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