Hochfrequenzhandel. Grundlagen, Analyse der einhergehenden Marktauswirkungen und Beurteilung der regulatorischen Maßnahme


Bachelorarbeit, 2017

75 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Begriffsabgrenzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen des Hochfrequenzhandels
2.1 Charakterisierung und Definition des Hochfrequenzhandels
2.2 Die Voraussetzungen im Hochfrequenzhandel
2.2.1 Technische Voraussetzungen
2.2.2 Sonstige Voraussetzungen
2.3 Abgrenzung zum Algorithmic Trading
2.4 Mitwirkende Akteure am Hochfrequenzhandel
2.4.1 Investmentfonds und andere Wertpapierfirmen
2.4.2 Börsen
2.4.3 Investmentbanken
2.4.3.1 Dark Pools
2.4.3.2 Light Pools

3 Entwicklung und Marktentwicklung des Hochfrequenzhandels
3.1 Vom Parketthandel zum Hochfrequenzhandel
3.2 Momentane Entwicklung und Marktsituation

4 Gängige Strategien im Hochfrequenzhandel
4.1 Bereitstellung von Liquidität
4.1.1 Spread Capturing
4.1.2 Rebate Driven Strategy
4.2 Statistische Arbitrage
4.2.1 Cross Market- / Cross Asset Arbitrage
4.2.2 Market Neutral Arbitrage
4.3 Liquidity Detection
4.3.1 Pinging, Sniping, Sniffing
4.3.2 Quote Matching
4.4 Manipulative Strategien
4.4.1 Quote Stuffing
4.4.2 Spoofing, Layering
4.4.3 Wash Trades
4.5 Weitere Strategien
4.5.1 Latency Arbitrage
4.5.2 Front Running
4.5.3 Momentum Strategie
4.5.4 News Reader Strategie
4.6 Beurteilung der Strategien

5 Effekte des Hochfrequenzhandels auf die Kapitalmärkte
5.1 Auswirkungen auf die Marktqualität
5.2 Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität
5.3 Beispiele für Negative Marktereignisse
5.3.1 Flash Crash im Dow Jones
5.3.2 Softwarefehler der Knight Capital Group
5.3.3 Unbekannter Hochfrequenzhändler an der türkischen Börse
5.4 Fazit der bisherigen Erkenntnisse

6 Gesetzgebung und Regulierung
6.1 Gesetzgebung in Deutschland
6.2 Gesetzgebung in der Europäischen Union
6.3 Beurteilung der jetzigen Regulierung

7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Marktanteile des HFH an europäischen Börsen

Abbildung 2: Gemeinsamkeiten/Besonderheiten von HFH und AT

Abbildung 3: Rendite des Renaissance Medaillon Fonds

Abbildung 4: HFH-Marktanteile in Europa und den USA

Abbildung 5: HFH-Marktanteile laut Gresser

Abbildung 6: Umsatz von HFH in den USA

Abbildung 7: HFH-Strategien sortiert nach Marktauswirkungen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht der bedeutsamsten Forschungsergebnisse. XV

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Höher, schneller, weiter – eine Devise, welche schon in vielen Bereichen des Lebens Einzug fand, macht auch keinen Halt vor dem Finanzsektor. Auch, bzw. besonders im Bereich der Finanzmärkte werden neue Entwicklungen oft genutzt, um sie gewinnbringend einzusetzen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Hochfrequenzhandel, der vor allem seit Mitte 2010 in der Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen wird. Der Grund dafür ist schnell ausgemacht - der Hochfrequenzhandel wurde nach einem Crash am US-Markt, dem sogenannten Flash Crash, bei dem der Dow Jones innerhalb weniger Minuten um knapp 1000 Punkte einbrach, schnell als ein möglicher Verursacher ausfindig gemacht.1 Aufgrund der seit der Finanzkrise 2008 negativen Grundeinstellung gegenüber der Finanzbranche stellte sich in der Öffentlichkeit rasch ein negatives Bild ein. Doch wie funktionierte dieser Hochfrequenzhandel? Ein vereinfachtes, überzogenes Beispiel im Alltag könnte so formuliert sein:

Ein tüchtiger Geschäftsmann namens G geht abends am Kino vorbei und sieht eine riesige Schlange vor dem Kino für eine lang erwartete Erstvorstellung eines Films. Er denkt sich, dass man daraus bestimmt Profit schlagen könne und erinnert sich, dass er für dieses Kino eine VIP-Karte besitzt, mit der er an einem Extra-Schalter bevorzugt Karten kaufen kann. Während er an den Schalter geht, vergleicht er die Preise für weitere umliegende Kinos und stellt fest, dass diese die Karten für 6€ anstatt für 5€ verkaufen. Mit diesem Wissen geht G an den VIP-Schalter und kauft alle restlichen Tickets (200 Stk. à 5€) für die Vorstellung. Die anderen Käufer erfahren, dass keine Tickets mehr verfügbar sind. G stellt sich nun zu der langen Schlange und sagt, dass er noch Karten zu einem Preis von 5,50€ zu verkaufen habe. Dadurch, dass seine Karten weiterhin die günstigsten Alternativen und die Interessenten schon vor Ort sind, ist sich G sicher, dass alle Interessenten sein Angebot annehmen werden, was sich auch bestätigt. Somit kann G seine 200 Karten für 0,50€ höher verkaufen und hat am Ende einen Gewinn von 100€ erzielt.2

Durch solche Beispiele wird der Hochfrequenzhandel stark vereinfacht, aber auch negativ dargestellt, da G in diesem Fall, ähnlich wie die Hochfrequenzhändler, durch seinen Geschwindigkeitsvorsprung die Karten aufkaufen und teurer verkaufen konnte, was vom Großteil der Öffentlichkeit als unfair angesehen werden dürfte.

Doch kann man den Hochfrequenzhandel so vereinfacht darstellen, um seiner ganzen Bandbreite und seiner Vielfalt an Formen gerecht zu werden? Eine weitere Fragestellung, die sich ergibt, ist, wie sich der Hochfrequenzhandel entwickelte und welche Rolle er auf den heutigen Finanzmärkten innehat. Des Weiteren steht die Frage im Raum, ob der Hochfrequenzhandel, wie im Beispiel dargestellt, bloß ein Auswuchs des sogenannten „Turbokapitalismus“ ist oder auch volkswirtschaftlichen Nutzen stiftet. Ein weiterer Punkt, der geklärt werden muss, ist, inwiefern der Gesetzgeber den neuen Risiken, wie den zum Beispiel auftretenden Flash Crashs, begegnet, wie der Hochfrequenzhandel im Allgemeinen reguliert wird und ob diese Maßnahmen nutzbringend sind. Ziel dieser Arbeit ist es, die vorangegangenen Fragen zu beantworten, indem die Funktionsweise des Hochfrequenzhandels sowie seine Entwicklung dargestellt werden, seine wirtschaftlichen Auswirkungen analysiert werden und die Gesetzgebung, die den Hochfrequenzhandel betrifft, erarbeitet und bewertet wird. Dadurch soll dem Leser ein umfassender Überblick zum Hochfrequenzhandel gegeben werden.

1.2 Begriffsabgrenzung

Da es keine allgemeingültige Definition für den Hochfrequenzhandel gibt, werden im Folgenden zwei möglichst weit fassende Definitionen genannt.

So schreibt die BaFin beispielsweise:

„Der Hochfrequenzhandel ist Teil des algorithmischen Handels. Er zeichnet sich durch eine hohe Anzahl von Auftragseingaben, änderungen oder löschungen [sic!] innerhalb von Mikrosekunden aus. Hochfrequenzhändler suchen die unmittelbare Nähe zum Server des Handelsplatzes, um sich durch den kurzen Weg der Signale Geschwindigkeitsvorteile zu verschaffen.“3

Ausführlicher wird auf der Website von XETRA auf den Hochfrequenzhandel eingegangen. Dort steht geschrieben:

„Der Hochfrequenzhandel (High-Frequency Trading, HFT) ist eine viel diskutierte Handelstechnik, bei der Wertpapiertransaktionen zunehmend von eigenständig handelnden, extrem schnellen Hochleistungscomputern ausgeführt werden. Diese Handelstechnik hat sich im Zuge der fortschreitenden technischen Evolution der Finanzmärkte entwickelt und macht heute bereits einen Großteil des Handelsvolumens an europäischen Börsen aus. Sie leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Liquidität im Handel mit Wertpapieren und trägt gravierend zur Reduzierung von Spreads bei. Von der Verbesserung der Preisqualität an den Märkten profitieren auch die Unternehmen durch niedrigere Finanzierungskosten. Insofern spielt der Hochfrequenzhandel eine wichtige Rolle für effiziente und funktionsfähige Kapitalmärkte und ist in seiner Wirkung von volkswirtschaftlichem Nutzen.“4

1.3 Aufbau der Arbeit

In der Öffentlichkeit taucht das Thema des Hochfrequenzhandels nach dem sogenannten Flash Crash am 06.05.2010 vermehrt auf. Oftmals ist die Berichterstattung über dieses Thema undifferenziert und geprägt von Pauschalisierungen anstatt von einer fundierten wissenschaftlichen Betrachtungsweise. Ziel der Arbeit soll es daher sein, die Funktionsweise vom HFH zu erklären, sowie unterschiedliche Ergebnisse der Forschung und deren Schlussfolgerungen aufzuzeigen und den momentanen Stand der Regulierung darzustellen und zu beurteilen.

Daraus folgend werden im ersten Kapitel der Arbeit die Grundlagen vom HFH beschrieben, um diesen besser zu verstehen. Dabei werden zuerst die typischen Charakteristika erarbeitet um den HFH zu definieren. Daraufhin werden die notwendigen Voraussetzungen für den HFH beschrieben, welche in technische und andere Bedingungen unterteilt werden. Danach wird mithilfe einer Beschreibung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede eine Abgrenzung zum Algorithmic Trading erfolgen, da diese Begriffe in öffentlichen Diskussionen oft durcheinandergeworfen werden. Als letztes werden die mitwirkenden Akteure des HFH ausfindig gemacht und beschrieben in welcher Form sie am HFH beteiligt sind.

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird die Entwicklung des HFH chronologisch aufgearbeitet. Zunächst soll seine Entstehungsgeschichte dargestellt werden um zu zeigen, wie und wieso sich der HFH entwickelt hat. Danach wird die jüngste Entwicklung mithilfe seiner Marktanteile dargestellt und darüber hinaus hinterfragt.

In Kapitel 4 sollen die verschiedenen Strategien des HFH näher betrachtet werden. Näher untersucht werden dabei die Funktionsweisen der Strategien. Zum Schluss erfolgt eine Einstufung der Strategien in Hinblick auf ihre Effekte auf die Finanzmarktstabilität.

Daraufhin folgt eine Darstellung der erforschten Marktauswirkungen des HFH. Es werden verschiedene Aspekte der Markteffizienz angeführt und aufgezeigt welche Auswirkungen durch den HFH festgestellt wurden. Zudem soll ein Überblick über die herrschenden Meinungen in der Forschung gegeben werden. Außerdem werden beispielhaft besondere Negativereignisse aufgearbeitet, die in Zusammenhang mit dem HFH stehen.

In Kapitel 6 werden darauf hin die regulatorischen Maßnahmen des HFH erarbeitet. Dabei sollen die Kernpunkte des Hochfrequenzhandelsgesetzes und MiFID II dargestellt werden. Abschließend soll anhand der Ergebnisse aus Kapitel 5 und 6 die gesetzlichen Bedingungen beurteilt werden und etwaige Schwächen der Gesetze aufgezeigt werden.

2 Grundlagen des Hochfrequenzhandels

Zunächst stellt sich die Frage, wie dieser Hochfrequenzhandel überhaupt aussieht und welche Merkmale er beinhaltet. Ebenso wichtig sind die direkte oder indirekte Beteiligung und die Voraussetzungen des Marktes für einen solchen Handel. Da Außenstehende nur sehr begrenzt an Informationen zu diesem Thema gelangen, ist der Hochfrequenzhandel für viele ein schwer erklärbares Phänomen.

Um den Hochfrequenzhandel und seine Auswirkungen, welche in den späteren Kapiteln der Arbeit thematisiert werden, zu verstehen, muss zunächst auf die grundlegenden Fragen zum Hochfrequenzhandel eingegangen werden.

2.1 Charakterisierung und Definition des Hochfrequenzhandels

In der Literatur gibt es für den Hochfrequenzhandel keine allgemeingültige Definition5, da dieser durch stetige technische Entwicklungen in diversen Formen und Ausprägungen vorzufinden ist.6 Nachfolgend sollen daher die typischen Charakteristika des Hochfrequenzhandels aufgezeigt und dieser dadurch definiert werden.

Grundlegend lässt sich sagen, dass der Hochfrequenzhandel eine Form des computergenerierten Handels ist. Dieser ist dadurch definiert, dass Orders ausschließlich auf Basis algorithmischer Prozesse platziert werden. Diese Vorgänge geschehen vollautomatisch und ohne jeglichen Eingriff menschlichen Handelns.7,8

In der wissenschaftlichen Literatur ist es weiterhin strittig, in welchem Zusammenhang der Hochfrequenzhandel mit dem algorithmischen Handel, der ebenfalls zur Oberkategorie des computergenerierten Handels zählt,9 steht. Eine Behauptung, die sich in verschiedenster Literatur finden lässt, sieht den Hochfrequenzhandel als eine Unterform bzw. ein Spezialfall des algorithmischen Handels.10,11,12 Bei dieser Auslegung wird sich auf die Zusammengehörigkeit zum computergenerierten Handel, sowie auf ähnliche strategische Merkmale bezogen. Zum anderen vertritt Gresser (2016) die Meinung, dass Hochfrequenzhandel als eine Weiter- und Neuentwicklung des algorithmischen Handelns zu sehen ist.13 Aufgrund der Unstimmigkeiten und der regelmäßigen Vermischung der beiden Begriffe wird im späteren Verlauf der Arbeit eine Abgrenzung zwischen HFH und AT vorgenommen. Folgend werden typische Eigenschaften des Hochfrequenzhandels genannt, um seine Form präziser darzulegen.

Eine Charakteristik des Hochfrequenzhandels ist, dass extrem hohe Handelsvolumina eingesetzt werden. Aufgrund der hohen Handelsfrequenz und einer geringen Gewinnspanne, welche durch Ausnutzung minimaler Kursbewegungen bedingt wird, kann ein Hochfrequenzhandelssystem nur bei hohen Volumina profitabel agieren.14

Eine andere Besonderheit ist die Menge an Orderplatzierungen. Eine hohe Frequenz an Orders und Stornierungen ist der Grundpfeiler jeder Basisstrategie im Hochfrequenzhandel.15 Die Orderbücher werden von HFH-Systemen durch gezielte Orderaufgaben und sofortige Stornierungen derselbigen analysiert. Dadurch lässt sich ein Schema der anderen Marktakteure ableiten und in die eigene Strategie implementieren, damit so der beste Preis am Markt erzielt werden kann.16

Weiterhin als Kriterium zu nennen ist die besonders kurze Haltedauer.17 Da im Hochfrequenzhandel minimale Kursbewegungen genutzt werden, um Gewinne zu realisieren, sind die kurze Haltedauer und die geringe Gewinnmarge ein zentraler Unterschied gegenüber anderen Handelsformen. Da die Systeme Marktinformationen in Bruchteilen einer Sekunde verarbeiten, können die Handelsentscheidungen augenblicklich ausgeführt werden.18

Die kurze Haltedauer spiegelt sich zudem oft im Intraday Entry und Exit wieder, also dem Verkauf aller Positionen am Ende des Börsentages.19 Der Verkauf der Positionen, oder in manchen Fällen die Neutralisierung durch Gegenpositionen, wird durchgeführt, um etwaige Kursänderungen in der Zeit, in der kein Börsenzugang mehr möglich ist, zu verhindern.20

Für den Hochfrequenzhandel ist außerdem typisch, dass er auf liquiden Märkten agiert. Durch die hohe Handelsfrequenz mit hohen Handelsvolumina ist eine weitreichende Liquidität von großer Bedeutung.21 Denn nur wenn genügend Gegenpositionen im Orderbuch vorhanden sind, können die Systeme auf lange Sicht schnell genug agieren und profitabel arbeiten.22

Der hohe Innovations- und Technologisierungsgrad ist für den Hochfrequenzhandel ebenso repräsentativ,23 da die daraus resultierende Geschwindigkeit der entscheidende Erfolgsfaktor ist. Diese Entwicklung lässt sich auch bei den Übertragungswegen zu den Börsen erkennen. Börsenbetreiber investieren in schnelle Übertragungskabel und bieten sogenannte „Co-Locations“ an, in denen Händler Ihre Systeme in unmittelbarer Nähe zu den Rechenzentren der Börsen platzieren können.24 Diese Maßnahmen werden getroffen, um die Latenzzeit, also die Zeit der Datenübermittlung, so gering wie möglich zu halten und den Wettbewerbsvorsprung zu anderen Marktakteuren zu vergrößern.

Ein weiteres typisches Kriterium ist die Risikoeffizienz im Hochfrequenzhandel. In den meisten Systemen wird eine fixe Renditegröße definiert, die dann bei möglichst geringem Risiko realisiert werden soll.25 Allein durch die technologische Überlegenheit der Systeme gegenüber anderen Marktteilnehmern ist es möglich, einen risikominimalen, bzw. risikofreien Handel durchzuführen.26

Nur wenn die Mehrheit der oben genannten Charakteristika erfüllt ist, lässt sich mit Sicherheit von Hochfrequenzhandel im eigentlichen Sinne sprechen.

Aus der oberen Ausarbeitung lässt sich zusammengefasst sagen, dass Hochfrequenzhandel ein hochentwickelter, vollautomatischer Handel mit großen Volumen, kurzen Haltedauern und hohen Orderfrequenzen ist, der vorwiegend auf hochliquiden Märkten stattfindet. Bedingt durch die kurze Haltedauer von Positionen und der Ausnutzung minimaler Kursbewegungen sind die Gewinne pro Transaktion sehr gering. Diese Kriterien sind für den Hochfrequenzhandel erforderlich, um bestmögliche Risikoeffizienz zu erreichen.

2.2 Die Voraussetzungen im Hochfrequenzhandel/

Auf die allgemeine Darstellung folgt nun die Erläuterung der Anforderungen des Hochfrequenzhandels. Hierbei werden die Voraussetzungen für den Hochfrequenzhandel vorgestellt, die für den selbigen unerlässlich sind.

2.2.1 Technische Voraussetzungen

Wie bereits kurz angeschnitten, benötigt der Hochfrequenzhandel schnelle Verbindungen zu den Handelsservern der Börse, um Marktdaten zu erhalten und nach der Analyse derselbigen, seine Handelsentscheidungen abzusenden und auszuführen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Hochfrequenzhändler immer schnellere und neuere Wege der Datenübermittlung nutzen. Eine Möglichkeit sind beispielsweise die bereits erwähnten „Co-Locations“ an Börsen, um die Latenz zu verringern. Da sich die „Co-Locations“ in direkter Nähe zu den Handelsservern der Börse befinden und der sehr kurze Übertragungsweg die Latenz senkt,27 haben Unternehmen, die dieses Angebot nutzen, einen Vorteil gegenüber anderen Händlern, die längere Datenübermittlungswege nutzen müssen und wertvolle Zeit verlieren, denn schon Bruchteile einer Sekunde sind im Hochfrequenzhandel ausschlaggebend.28 Ein anderer Weg der Datenübermittlung sind neue Übertragungsmöglichkeiten, die vor allem auf dem US-Binnenmarkt Einzug finden. So bietet Anova Technologies zwischen den Datenzentren der Börsen von New York und Chicago ein System aus Laser- und Mikrowellenübertragung an und konnte die bisherige Übertragungszeit mit Glasfaserkabeln von 14 bis 20 ms auf 4,050 ms senken.29 Es zeigt sich, dass Glasfaserkabel, die durchschnittlich 2/3 der Lichtgeschwindigkeit erreichen,30 durch neue Methoden überholt werden, und sich die Geschwindigkeiten der Übertragungen immer näher hin zur physikalischen Grenze der Lichtgeschwindigkeit annähern. Folglich lassen die Entwicklungen in der Übertragungstechnik erkennen, dass schnelle Verbindungen für Hochfrequenzhändler von außerordentlicher Wichtigkeit sind.

Auch die im Hochfrequenzhandel genutzten Algorithmen sind eine zentrale Voraussetzung. Dabei liegt das Hauptaugenmerk ebenfalls auf der Geschwindigkeit der Algorithmen.31 Durch die schnelle Übertragung der Daten an das System kann es nur effizient arbeiten, wenn der Algorithmus den Geschwindigkeitsvorteil aufrechterhalten kann.32 Im Kontrast dazu steht, dass diese Algorithmen selbstverständlich möglichst genau sein sollen, um die Marktsituation bestmöglich zu analysieren und gewinnbringende Entscheidungen zu treffen. Deswegen ist bei der Entwicklung der Algorithmen ein gewisser Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit zu finden.

Eine weitere Voraussetzung ist ein Zugang zu den Servern der Handelsplätze. Dieser Zugang wird auch „Direct Market Access“ (DMA) oder „Sponsored Access“ (SA) genannt. Zum einen besteht die Möglichkeit, einen Direktzugang über einen Broker zu beziehen, wobei die Infrastruktur der Broker genutzt wird.33 Zum anderen kann von der Börse selbst ein Direktzugang zur Verfügung gestellt werden. Erst durch einen direkten Zugang können Hochfrequenzhandelssysteme auf den Handelsplattformen selbstständig agieren.34

2.2.2 Sonstige Voraussetzungen

Neben technischen Anforderungen, die für den Hochfrequenzhandel erfüllt werden müssen, gibt es zudem weitere Voraussetzungen, die der Markt zu erfüllen hat, an dem die Trader agieren.

Einer der großen Treiber des Hochfrequenzhandels ist die sogenannte Fragmentierung der Märkte. Dabei werden Märkte räumlich verteilt, wodurch eine größere Konkurrenz zwischen den Märkten entsteht. In Europa wurde dies durch die Richtlinie MiFID I ermöglicht, die den europäischen Wertpapierhandel harmonisieren sollte. Als eine Konsequenz der Richtlinie entstanden neue „Multilateral Trading Facilities“ (MTF), also Handelsplätze für Wertpapiere. Somit wurde für eine Mehrzahl an Handelsplätzen gesorgt, was auch zu einer größeren Konkurrenz zwischen den Anbietern führte. Durch die neuen Märkte entstanden wiederum neue Arbitragemöglichkeiten bei Kursdifferenzen zwischen den verschiedenen Märkten, was für Hochfrequenzhändler von großem Vorteil ist.35 Arbitrage bedeutet, dass bei Transaktionen ein Kurs-, Zins-, oder Preisunterschied auf unterschiedlichen Märkten ausgenutzt wird um Gewinne zu erzielen. In den USA gab es einen ähnlichen Effekt durch die „Regulation National Market System“ (Reg. NMS) durch die SEC.36

Wie bereits im vorherigen Kapitel dargestellt wurde, ist es für Hochfrequenzhändler zudem nötig, jederzeit genügend Käufer und Verkäufer zu finden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die platzierten Orders auch schnell genug ausgeführt werden können.37 Generell ist also festzustellen, dass die Hochfrequenzhändler gerne auf liquiden Märkten agieren. Diese Aussage lässt sich auch durch Abb. 1 bestätigen, auf der die Marktanteile nach unterschiedlichen Handelsplätzen eingeteilt sind. Hierbei fällt besonders ins Auge, dass die Aktivität der Hochfrequenzhändler steigt, je größer das Handelsvolumen der Börse ist.38

Abbildung1: Marktanteile des HFH an europäischen Börsen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Börsen

Quelle: Gresser (2016), S. 20.

2.3 Abgrenzung zum Algorithmic Trading

Wie sich bereits zu Anfang von Kapitel 2.1 zeigte, wird der Hochfrequenzhandel oftmals mit dem algorithmischen Handel assoziiert, was daher rührt, dass die beiden Systeme teils ähnliche oder gar identische Merkmale haben. In der öffentlichen Berichterstattung und auch in der Literatur werden diese Begriffe oft miteinander vermischt, was zu einem unklaren Bild der beiden Techniken führt. Daher soll zum Abschluss des Kapitels 2 eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Handelsformen erfolgen, indem kurz auf die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten eingegangen wird.

Eine Gemeinsamkeit ist, dass beide Systeme zu der Kategorie der automatisierten Handelssysteme zählen. Das bedeutet, dass beide Systeme Marktdaten auf elektronischem Weg beziehen und verarbeiten, durch vorgegebene Parameter eine Strategie autonom ausführen und Orders automatisch platzieren können. Diese Abläufe sollen es ermöglichen, die neu auftretenden Kursdaten möglichst schnell zu erhalten und mithilfe von Algorithmen vorabdefinierte Kursbewegungen zu erkennen und nach vorgegebener Strategie eigenständige Handelsentscheidungen zu treffen.39

Ein weiterer Berührungspunkt zwischen den Systemen ist der Direct Market Accsess (DMA). Erst durch die Bereitstellung eines solchen Zugangs über einen Broker oder die Börse direkt können die beiden Handelssysteme selbstständig arbeiten.40

Ein Merkmal, das nur auf den algorithmischen Handel zutrifft, ist, dass mit seiner Hilfe oftmals große Aktienpakete institutioneller Anleger platziert werden sollen und die Beeinflussung der Märkte dabei so gering wie möglich gehalten werden soll. Dabei werden Orders in kleine Teile zerlegt und Stück für Stück an verschiedenen Börsen platziert.41 Zudem gilt auch, dass der algorithmische Handel als Entscheidungsunterstützung für Investoren genutzt werden kann. Dabei kann das System bei Datenanalyse und Mustererkennungen helfen und längerfristige Investitionsmöglichkeiten finden.42

Durch diese beiden Prozesse ergibt sich im algorithmischen Handel auch eine längere Haltedauer der Wertpapiere.43

Da der Großteil der Besonderheiten des Hochfrequenzhandels bereits in Kapitel 2.1 behandelt wurde, werden diese hier nicht erneut aufgezählt. Stattdessen soll mithilfe von Abb. 2 zum Abschluss ein Gesamtüberblick gegeben werden.

Abbildung2: Gemeinsamkeiten/Besonderheiten von HFH und AT

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stattdessen soll mithilfe von Abb. 2 zum Abschluss ein Gesamtüberblick gegeben werden.

Quelle: Gomber / Arndt / Lutat / Uhle (2011), S. 16.

2.4 Mitwirkende Akteure am Hochfrequenzhandel

Damit das bisherige anonyme Bild der Marktteilnehmer, welche den Hochfrequenzhandel nutzen, konkretisiert wird, werden im Folgenden die beteiligten Akteure vorgestellt. Dabei soll zudem auf die jeweilige Rolle und den daraus entstehenden Nutzen eingegangen werden. Im Hochfrequenzhandel sind die Akteure vornehmlich die großen, internationalen Investmentbanken und Hedgefonds, aber auch kleine spezialisierte Finanzdienstleister. Diese Gruppe ist im Vergleich zu allen anderen Marktteilnehmern bislang klein,44 was auf die hohe Kostenintensität des Hochfrequenzhandels zurückzuführen ist. Zuerst sind hohe Investitionen für die Software zu leisten, welche fortlaufend weiterentwickelt wird, danach fallen zum Beispiel Gebühren für die Nutzung von Co-Locations, sowie indirekte Infrastrukturkosten für Glasfaserkabel oder andere Übertragungstechniken an.45

2.4.1 Investmentfonds und andere Wertpapierfirmen

Ein gewisser Anteil an Hedgefonds nutzt den Hochfrequenzhandel zur Gewinnmaximierung, dieser ist aber im Vergleich zum Gesamtmarkt relativ gering.46 Ein bekannteres Unternehmen in diesem Bereich ist zum Beispiel Renaissance Technologies. Das Unternehmen wurde 1982 von James Simons, einem US-amerikanischen Mathematiker, gegründet. Der Fonds Medaillon basiert auf algorithmischem Handel, wie auch auf Hochfrequenzhandel und wird in der Finanzbranche oftmals als „schwärzeste Black-Box“ bezeichnet.47 Laut Bloomberg hat der Fonds zwischen 1994 und 2014 eine jährliche Rendite von knapp 72% erreicht.48 Die Entwicklungen der letzten Jahre können in Abb. 3 abgelesen werden. Andere bekannte HFTrader sind zum Beispiel Virtu Financial, Tradebot, IMC oder DRW Trading.49

Abbildung3: Rendite des Renaissance Medaillon Fonds

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: www.boerse.ard.de.

2.4.2 Börsen

Neben den Tradern selbst nehmen auch Börsenbetreiber eine gesonderte Rolle im Hochfrequenzhandel ein. Im Zeitalter des elektronischen Handels und seiner Vielzahl an alternativen Handelsplätzen haben die Betreiber verstärkt mit sinkenden Marktanteilen und Handelsumsätzen zu kämpfen.50 Der wachsende Wettbewerbsdruck unter den konkurrierenden Betreibern führt dazu, dass diese nach neuen Möglichkeiten suchen, um weitere Einnahmequellen zu generieren. Der Großteil der Betreiber bietet deshalb spezielle Dienstleistungen für Hochfrequenzhändler an.

So ist das Anbieten von gebührenpflichtigen „Co-Locations“, die monatlich für teils fünfstellige Beträge vermietet werden,51 für viele Börsen ein zusätzliches Geschäft geworden.52 So nutzten beispielsweise im Jahr 2012 mehr als 50 Handelsteilnehmer eine solche Anbindung an das XETRA Handelssystem.53 Dieser Service ist für die Betreiber aber wiederum mit hohen Investitionen und Konkurrenzdruck verbunden. So verringerte die SIX Swiss Exchange innerhalb weniger Jahre die Latenzzeit ihrer „Co-Locations“ von 0,8 Millisekunden auf gerade einmal 0,037 Millisekunden.54,55 Zum Vergleich liegt die Latenz der Deutschen Börse zwischen 0,2 und 0,35 Millisekunden.56 Dieser Unterschied zwischen beiden Börsen von 0,313 Millisekunden ist bei den zeitsensitiven Systemen im Hochfrequenzhandel schon als Wettbewerbsnachteil anzusehen.57 Somit zählt die SIX Swiss Exchange zu den modernsten und schnellsten Handelsplätzen für den Hochfrequenzhandel.

[...]


1 Vgl. www.sueddeutsche.de.

2 Eigenes Beispiel in Anlehnung an Lewis (2016), S. 57-59.

3 www.bafin.de [1].

4 www.xetra.de.

5 Australian Securities and Investments Commission (2010), S. 46.

6 Vgl. Gresser (2016), S. 26.

7 Vgl. Contratto (2014), S. 145.

8 Vgl. Lattemann / Loos / Gomolka / Burghof / Breuer / Gomber, / Krogmann / Nagel / Riess / Riordan / Zajonz (2012), S. 91.

9 Vgl. Lattemann / Loos / Gomolka / Burghof / Breuer / Gomber, / Krogmann / Nagel / Riess / Riordan / Zajonz (2012), S. 91.

10 Vgl. Brogaard / Hendershott / Riordan (2014), S. 2270.

11 Vgl. Contratto (2014), S. 145.

12 Vgl. Burghof / Koch / Schroff / Spankowski (2014), S. 43.

13 Vgl. Gresser (2016), S. 21.

14 Vgl. Gresser (2016), S. 38.

15 Vgl. Gomber / Arndt / Lutat / Uhle (2011), S. 15.

16 Vgl. Gresser (2016), S. 27-28.

17 Vgl. Australian Securities & Investments Commission (2010), S. 46.

18 Vgl. Gresser (2016), S. 39.

19 Vgl. Gomber / Arndt / Lutat / Uhle (2011), S. 15.

20 Vgl. Gresser (2016), S. 47.

21 Vgl. Gomber / Haferkorn (2013), S. 99.

22 Vgl. Gresser (2016), S. 39.

23 Vgl. Contratto (2014), S. 146.

24 Vgl. Gresser (2016), S. 41.

25 Vgl. Gresser (2016), S. 33.

26 Vgl. Gresser (2016), S. 41.

27 Vgl. Contratto (2014), S. 148.

28 Vgl. Gresser (2016), S. 397.

29 Vgl. www.anova-tech.com.

30 Vgl. www.golem.de.

31 Vgl. Gresser (2016), S. 125.

32 Vgl. Gresser (2016), S. 162.

33 Vgl. Gomber / Arndt / Lutat / Uhle (2011), S. 9.

34 Vgl. Gresser (2016), S. 24.

35 Vgl. Gomber / Uhle / Zimmermann (2012), S. 38.

36 Vgl. Capgemini (2012), S. 5.

37 Vgl. Gomber /Haferkorn (2013), S. 99.

38 Vgl. www.money.visualcapitalist.com.

39 Vgl. Gresser (2016), S. 22-23.

40 Vgl. Gresser (2016), S. 24-25.

41 Vgl. Gomolka (2011) S. 14.

42 Vgl. Gomolka (2011) S. 13-14.

43 Vgl. Gomber / Arndt / Lutat / Uhle (2011), S. 14.

44 Vgl. Gresser (2016), S. 9-10.

45 Vgl. Contratto (2014), S. 149.

46 Vgl. www.thehedgefundjournal.com.

47 Vgl. www.boerse.ard.de.

48 Vgl. www.finanzen100.de.

49 Vgl. www.efinancialcareers.com.

50 Vgl. www.nzz.ch.

51 Vgl. Pickartz (2017), S. 73-74.

52 Vgl. Contratto (2014), S. 148.

53 Vgl. Lattemann / Loos / Gomolka / Burghof / Breuer / Gomber, / Krogmann / Nagel / Riess / Riordan / Zajonz (2012), S. 96.

54 Vgl. www.six-swiss-exchange.com.

55 Vgl. www.handelsblatt.com [1].

56 Vgl. www.eurexchange.com.

57 Vgl. Gresser (2016), S. 397.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Hochfrequenzhandel. Grundlagen, Analyse der einhergehenden Marktauswirkungen und Beurteilung der regulatorischen Maßnahme
Hochschule
Technische Hochschule Mittelhessen
Note
1,3
Jahr
2017
Seiten
75
Katalognummer
V494972
ISBN (eBook)
9783668996106
ISBN (Buch)
9783668996113
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hochfrequenzhandel, HFT, High-Frequency-Trading, Algorithmic Trading, Börse, Kapitalmarkt, MiFID II, Trading, High Frequency, Flash Crash, Finanzmarktstabilität, Marktqualität, Liquidität
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Hochfrequenzhandel. Grundlagen, Analyse der einhergehenden Marktauswirkungen und Beurteilung der regulatorischen Maßnahme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494972

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