Zentrale Determinanten der technologiebasierten Problemlösekompetenz. Ein Vergleich von Personen mit und ohne Migrationshintergrund


Hausarbeit, 2017

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Abstract

Die Problemlösefähigkeit dient als wesentlicher Faktor zur Sicherstellung der Handlungskompetenz in der Berufswelt (Wuttke 1999, 181f.). In diesem Kontext werden insbesondere den digitalen Medien eine bedeutsame Rolle bei der Wissenskonstruktion beigemessen (Stadermann & Schulz-Zander 2012, 51). Gleichzeitig spielen Medien für die Integration eine immer wichtigere Rolle (Bundesregierung 2007, 157). In diesem Zusammenhang hat sich die von der OECD initiierte PIAAC Studie erstmalig mit der technologiebasierten Problemlösekompetenz auseinandergesetzt (Zabal, Martin, Klaukien, Rammstedt, Baumert & Klieme 2013, 76).

Die hier vorliegende Untersuchung greift die Frage nach dem Einfluss des Migrationshintergrundes auf die technologiebasierte Problemlösekompetenz auf.

Dabei umfasst die Stichprobe für die Bundesrepublik Deutschland 5465 Probanden im Alter von 16 bis 65 Jahren, deren Daten durch persönliche Interviews erhoben wurden. Daneben wurden Kompetenzen am Computer oder in Papierform gemessen.

Die Auswertungen zeigen für die technologiebasierte Problemlösekompetenz eine signifikante Differenz zu Gunsten der Personen ohne Migrationshintergrund (d = 0.365). Dabei beträgt die inkrementelle Validität des Migrationshintergrunds gegenüber den theoretisch und empirisch identifizierten Determinanten 0,9%. Vor dem Hintergrund der Bildung als wichtigste Ressource für gelingende Integration, gilt es als einer der Kernbereiche des staatlichen Bildungsauftrags die allgemeine und berufliche Bildung zu sichern. Dazu zählt mit Blick auf die Zukunft speziell die Förderung der technologiebasierten Problemlösekompetenz.

Schlagworte: Technologiebasierte Problemlösekompetenz, Integration, PIAAC, Migrationshintergrund

Zentrale Determinanten der technologiebasierten Problemlösekompetenz – Ein Vergleich von Personen mit und ohne Migrationshintergrund

1 Einleitung

Digitale Medien durchdringen zunehmend unsere Gesellschaft und sind für zahlreiche Menschen sowohl im Alltag als auch im Job omnipräsent und unverzichtbar. Neben Aktivitäten wie dem Einkaufen per Mausklick sind neue Technologien auch zu einem wichtigen Instrument geworden, mit dessen Hilfe zweckdienlich nach Lösungen für Probleme gesucht werden kann. Damit ist die Fähigkeit problemorientiert mit Informations- und Kommunikationstechnologien umzugehen für eine erfolgreiche Teilhabe am Leben in der heutigen Gesellschaft essentiell geworden (Baumgartner, Tarnai, Wolf & Ertl 2014, 376f.). Vor dem Hintergrund, dass Deutschland mittlerweile das zweitbeliebteste Einwanderungsland der Welt darstellt, sind deshalb Fähigkeiten wie Medienkompetenz und Problemlösekompetenz zentrale Bausteine, um die vielen Zugewanderten erfolgreich in die Gesellschaft zu integrieren (Bundesregierung 2016, 6; Pohlschmidt 2008, 12).

Jedoch ist die Forschung bezüglich der Rolle der Medien- und Problemlösekompetenz und deren maßgeblichen Einflussgrößen im Integrationsgeschehen unterentwickelt (Bundesregierung 2007, 158f.; Heft, Maurer & Weiß 2010, 343). In diesem Zusammenhang setzen neueste Studien vermehrt an der Schnittstelle zwischen der Medien- und Problemlösekompetenz an. Diese Domäne wird dabei vielfach als technologiebasierte Problemlösekompetenz bezeichnet. Darunter wird die Anwendung digitaler Technologien, Kommunikationshilfen und Netzwerke zur erfolgreichen Informationssuche, -vermittlung und -interpretation verstanden (Rouet, Bétrancourt, Britt, Bromme, Graesser, Kulikowich, Leu, Ueno, & van Oostendorp 2009, 9). Angesichts der skizzierten Diskrepanzen beschäftigt sich dieser empirische Artikel mit der folgenden forschungsleitenden Fragestellung:

- Welchen Einfluss hat der Migrationshintergrund auf die technologiebasierte Problemlösekompetenz?

In diesem Kontext werden Migrantinnen und Migranten in Anlehnung an PISA (Stanat, Rauch & Segeritz 2010, 204) als Personen definiert, die entweder selbst im Ausland geboren sind oder die mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil haben. Auf Grundlage dieser Auslegung wird der Einfluss des Migrationshintergrundes im Hinblick auf die zentralen Kompetenzen des Alltags in der Theorie gewöhnlich damit begründet, dass Probanden aus der Migrantenbevölkerung die Testsprache zur Erfassung der Kompetenzen im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund weniger gut beherrschen und somit schlechtere Resultate erzielen (Spracheffekt). Als Erklärung wird etwa der Aspekt angeführt, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Elternhaus häufig nicht in der Landessprache kommunizieren (Wendt, Bos, Selter & Köller 2012, 23).

In Bezug darauf haben Ergebnisse aus Kompetenzstudien wie beispielsweise PISA gezeigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund geringere Problemlösekompetenzen aufweisen als Jugendliche ohne Migrationshintergrund (Martin, Liem, Mok & Xu 2012, 1054ff.). Bei PISA handelt es sich um eine Querschnittsstudie, bei der die Leistungen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern untersucht werden. Hierbei umfasste die Stichprobe 2012 rund 510000 Probanden (OECD 2016). Analog dazu haben bereits IGLU und TIMSS versucht den Einfluss des Migrationshintergrundes auf diverse Kompetenzniveaus zu identifizieren. (Tarelli, Valtin, Bos, Bremerich-Vos & Schwippert 2012, 18; Wendt, Bos, Selter & Köller 2012, 24). Gleichwohl zeigt sich auch, dass keine Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund in der Ausstattung sowie in Bezug auf die Nutzung von Computern und Internet zu Hause vorliegen (Pohlschmidt 2008, 12). In diesem Zusammenhang bewerten Baumgartner, Tarnai, Wolf & Ertl (2014, 376) die Häufigkeit der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) neben dem Alter und Bildungsabschluss als den wichtigsten Prädiktor zur Erklärung der Unterschiede bei der Problemlösekompetenz im Kontext neuer Technologien.

Im Zuge der demografischen Entwicklung sehen Desjardins & Rubenson (2013, 262) neben den genannten Einflussvariablen insbesondere die Teilnahme an Weiterbildungen als einen wesentlichen Faktor zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Grundkompetenzen an.

In Anlehnung an die aufgeführten Ergebnisse ist davon auszugehen, dass nicht nur bei bei 15-jährigen Heranwachsenden Diskrepanzen hinsichtlich der Problemlösekompetenz im Kontext neuer Technologien bestehen, sondern auch bei erwachsenen Testpersonen mit und ohne Migrationshintergrund. Fernerhin wird davon ausgegangen, dass mit dem Migrationshintergrund weitere relevante Kenntnisse wie zum Beispiel das Sprachvermögen in Zusammenhang stehen, wodurch die Prognose der endogenen Variable gegenüber den zentralen Determinanten verbessert werden kann. Zusammenfassend lassen sich daraus folgende Hypothesen ableiten:

- H1: Personen mit Migrationshintergrund haben eine geringere technologiebasierte Problemlösekompetenz als Personen ohne Migrationshintergrund.
- H2: Der Migrationshintergrund klärt inkrementelle Validität zur Vorhersage der technologiebasierten Problemlösekompetenz gegenüber den zentralen Determinanten auf.

Zur Überprüfung der aufgeworfenen Hypothesen wurde 2011/12 unter der Leitung von Prof. Dr. Beatrice Rammstedt das „Programme for the International Assessment of Adult Competencies“ (PIAAC) mit einer Stichprobe von 5465 Probanden in Deutschland durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, das Niveau der grundlegenden Kompetenzen in der erwachsenen Bevölkerung zu identifizieren (Rammstedt & Maehler 2014, 26; Martin, Zabal, Helmschrott, Ackermann, Massing, Rammstedt & Häder 2013, 180).

Nachdem bis hierhin nun die Problemstellung dieses Beitrags illustriert wurde, soll das anschließende Kapitel zunächst die Eckdaten der empirischen Studie offenlegen. In der Folge werden die daraus resultierenden Ergebnisse präsentiert. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion und dem Ausblick auf weitere Forschungsperspektiven.

2 Methode

2.1 Untersuchungsdesign und Stichprobe

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) untersucht mit PIAAC zentrale Grundkompetenzen in der erwachsenen Bevölkerung wie die Lesekompetenz, die alltagsmathematische Kompetenz und die technologiebasierte Problemlösekompetenz. In diesem Zusammenhang erfolgt die Datenerhebung bei PIAAC entweder computer- oder papierbasiert. Gemessen werden dabei die Kompetenzen mit einem quantitativ-reduktionistischen Datenauswertungsverfahren (Klemm 2014, 30). Ergänzend zu den gemessenen Kompetenzprofilen sind zusätzlich soziodemografische Daten über einen Hintergrundfragebogen im Rahmen einer persönlichen Befragung durch Interviewer erfasst worden (Maehler, Massing & Rammstedt 2014, 10). Kurzum stellt die 2011/12 durchgeführte PIAAC-Studie eine im 10-Jahres-Turnus geplante Querschnittuntersuchung dar (Klemm 2014, 33). In Deutschland beruht die Stichprobe auf einer repräsentativen Zufallsauswahl und umfasst 5465 Testpersonen im erwerbsfähigen Alter zwischen 16 und 65 Jahren (Martin, Zabal, Helmschrott, Ackermann, Massing, Rammstedt & Häder(2013, 180).

2.2 Operationalisierung und Instrumente

Entsprechend der Rahmenkonzeption wurde die technologiebasierte Problemlösekompetenz nur in der computergestützten Kompetenzmessung erhoben. Mit Blick auf die Testaufgaben sind diese auf einer Skala verortet, die sich von 0 bis 500 Punkten erstreckt (Yamamoto, Khorramdel & von Davier 2013, 450). Zur Überprüfung, inwieweit die technologiebasierte Problemlösekompetenz im Erwachsenenalter in Abhängigkeit vom Alter variiert, wurden die PIAAC-Befragten in 10 Geburtskohorten eingeteilt. Daneben ist der Bildungsabschluss der Probanden als weitere unabhängige Variable zur Prognose des Kriteriums anhand der „International Standard Classification of Education 1997“ (ISCED 97) in sechs Klassen eingeteilt worden. Im Hinblick auf die Nutzung von ICT sind die Antworten der Probanden in zwei verschiedene Skalen (Nutzung ICT Arbeit, Nutzung ICT Freizeit) durch Mittelwertbildung zusammengefasst worden. Sowohl die Skala „Nutzung ICT Arbeit“ als auch die Skala „Nutzung ICT Freizeit“ umfassen sieben Items, die auf einer fünfstufigen Rangskala erfasst worden sind. Als Maß für die interne Konsistenz weist die Skala „Nutzung ICT Arbeit“ ein Cronbachs Alpha von 0,751 auf, was einen akzeptablen Wert darstellt. Im Gegensatz dazu erreicht die Skala „Nutzung ICT Freizeit“ einen Cronbachs Alpha-Koeffizienten von 0,681. Dabei wird der in der Literatur üblicherweise genutzte Schwellenwert von 0,7 nicht erreicht (Schmitt 1996, 351). Gleichwohl wird der a-Wert unter Berücksichtigung der Art des gemessenen Merkmals sowie der methodischen Alternativen als noch ausreichend akzeptiert. Schließlich bezog sich das Item zur Messung der Teilnahme an Weiterbildungen auf den Zeitraum der letzten zwölf Monate und wurde mit Hilfe einer dreistufigen Rangskala mit den Abstufungen „nie“, „einmal“ und „mehr als einmal“ von den Probanden beantwortet

2.3 Analyseverfahren und Datenaufbereitung

Um H1 zu überprüfen wurde der t-Test verwendet. Hierbei sind Anwendungsvoraussetzungen des t-Tests wie Normalverteilung der Grundgesamtheiten (n>30) oder die Intervallskalierung der abhängigen Variable bestätigt worden. (Kubinger, Rasch & Moder 2009, 26). Indes ist die Nullhypothese des Levene-Tests, also die Varianzhomogenität in den Stichproben als weitere Voraussetzung nicht gegeben.

Im Zuge der Datenaufbereitung wurde zur Überprüfung von H2 zunächst eine Korrelationsanalyse zwischen den theoretisch hergeleiteten Prädiktoren und der technologiebasierten Problemlösekompetenz durchgeführt (siehe Anhang). Nach Brosius (2002, 501) besteht ab einem Korrelationskoeffizienten von 0,2 ein schwacher Zusammenhang zwischen Variablen, sodass nur die Koeffizienten, die über diesem Schwellenwert liegen, in die multiple Regressionsanalyse miteinbezogen werden. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts entfällt die Teilnahmehäufigkeit bei Weiterbildungen als Prädiktor. Alle weiteren theoretisch hergeleiteten unabhängigen Variablen (Alter, Bildungsabschluss, Nutzung ICT Arbeit, Nutzung ICT Freizeit) liegen über diesem Wert und werden zur Erklärung der technologiebasierten Problemlösekompetenz in der multiplen Regressionsanalyse (Methode: Einschluss) verwendet. Zur Ermittlung der inkrementellen Validität wird zunächst das Bestimmtheitsmaß der identifizierten Prädiktoren ohne den Migrationshintergrund berechnet. Anschließend wird das Bestimmtheitsmaß für die Regressoren inklusive dem Migrationshintergrund als Dummyvariable ermittelt. Dabei sind die Anwendungsvoraussetzungen der multiplen Regressionsanalyse wie ein linearer Zusammenhang zwischen den Variablen (mittels Streudiagramm), keine unterstützenden Ausreißer (mittels Streudiagramm), Normalverteilung der Residuen (n>30), Homoskedastizität (mittels Streudiagramm), Autokorrelation (mittels Durbin-Watson-Index) und einer nicht zu starken Korrelation der Prädikorvariablen (mittels VIF) überprüft worden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Zentrale Determinanten der technologiebasierten Problemlösekompetenz. Ein Vergleich von Personen mit und ohne Migrationshintergrund
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Wirtschaftspädagogik)
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
18
Katalognummer
V494841
ISBN (eBook)
9783346006042
ISBN (Buch)
9783346006059
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lernforschung, Problemlösekompetenz, PIAAC, Integration, Migrationshintergrund
Arbeit zitieren
Alexander Glöckle (Autor:in), 2017, Zentrale Determinanten der technologiebasierten Problemlösekompetenz. Ein Vergleich von Personen mit und ohne Migrationshintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494841

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