Methoden zur Messung der diskriminativen Qualität als Komponente der Validitätsprüfung von Ratingsystemen


Seminararbeit, 2018

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einführung

2 Zusammenhang zwischen Ausfallraten und Ratings
2.1 Methoden der Ermittlung von Ausfallraten
2.2 Ratings und Ausfallraten im Konjunkturverlauf

3 Methoden der Validitätsprüfung von Ratingssystemen
3.1 Propädeutikum
3.2 Das CAP-Modell
3.2.1 Herleitung und Verlauf der CAP-Kurve
3.2.2 Gini-Koeffizient
3.3 Das ROC-Modell
3.4 Zusammenhang zwischen Gini-Koeffizient und AUROC

4 Zusammenfassung

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

3.1 Aspekte der Validierung von Ratings

3.2 Ratingverteilungen

3.3 CAP-Kurve (Cumulative Accuracy Profile)

3.4 ROC-Kurve (Receiver Operating Characteristic)

Tabellenverzeichnis

A.1 Rechenbeispiel MMR und CMR

A.2 Beispieldaten zur Beschreibung des CAP- bzw. ROC-Modells

A.3 Relative Haufigkeiten aller Defaulter und Non-Defaulter

A.4 Relative Summenhaufigkeiten aller Defaulterund Non-Defaulter

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Die Gründung erster Ratingagenturen reicht bis in die Anfänge des 20. Jahr- hunderts zurück. Während ihre ursprünglichen Aktivitäten auf die Bewertung einzelner Unternehmensanleihen beschränkt waren, gewannen die Agenturen im Laufe der Zeit zunehmend an Bedeutung.1 Inzwischen gibt der wachsende Einfluss der „Big Three“ Moody’s, Standard & Poors sowie Fitch angesichts der hohen Marktkonzentration, die immer wieder in Frage gestellte Unabhän- gigkeit von ihren Auftraggebern und nicht zuletzt ihre zweifelhafte Bedeu- tung im Vorfeld der Finanzkrise 2008 Anlass zu Kritik.2 Ihre Rolle im Zu- sammenhang mit der Bewertung von Unternehmen, Bonitätsbeurteilung von Staaten oder der Risikoeinstufung strukturierter Finanzprodukte ist jedoch un- bestritten.

Ratings repräsentieren Meinungen3 hinsichtlich des Risiko, dass ein Unter- nehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nur teilweise nachkommt. Demnach ist ein Zusammenhang zwischen Rating und der Möglichkeit ei- nes Kreditausfalls zu vermuten. Dieser Schluss erscheint auf den ersten Blick trivial, denn Ratings symbolisieren, wie riskant eine Investition in ein Un- ternehmen ist. Bei genauer Analyse fällt auf, dass sowohl die Einstufung von Ratingobjekten in die Risikoklasse als auch die Zuordnung von Ausfall- wahrscheinlichkeiten (PD) anspruchsvolle Prozesse sind, denen die Entwick- lung und Validierung eines Ratingsystems vorausgeht. Konjunktureinflüsse, Branchenentwicklungen und Wettbewerbsdynamik erschweren diese Aufga- be. Ratingvalidierungen sind somit permanent zu erneuern; Ausfallraten und Ratingzuordnungen sind laufend zu überprüfen.4

Diese Seminararbeit befasst sich mit der Ermittlung von Kreditausfallquoten und differenziert zwischen marginaler und kumulativer Ausfallrate. Im weite- ren Verlauf wird der Einfluss des Konjunkturzyklus auf das Rating untersucht, wobei das Point-in-Time- und das Through-the-Cycle-Modell beleuchtet wer- den. Im Zentrum der Arbeit stehen Methoden der Validitätsprüfung von Ra- tingssystemen. In diesem Zusammenhang werden das Cumulative Acccuracy Profile (CAP) und die Receiver Operating Characteristics (ROC) als Instru- mente der Trennschärfenanalyse behandelt.

2 Zusammenhang zwischen Ausfallraten und Ratings

2.1 Methoden der Ermittlung von Ausfallraten

Edward Altman untersuchte in seiner Studie 1989 die Beziehung von Ratings und Ausfallraten von Finanztiteln am US-amerikanischen Anleihemarkt.5 In diesem Zusammenhang ermittelte er – vergleichbar mit dem Konzept der Sterbewahrscheinlichkeiten in der Bevölkerungsstatistik – Verlustquoten von nach Standard & Poor’s Ratingklassen (AAA bis CCC) eingestuften Bonds auf zwei Wege.6

Altmann ermittelte die marginale Ausfallrate (MMR) aus dem Quotienten der Gesamtheit aller ausgefallenen Anleihebeträge einer Ratingklasse im betrach- teten Jahr t und der vitalen Anleihepopulation am Anfang des Jahres t.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die MMR stellt eine Kennzahl dar, die die Wahrscheinlichkeit für den Aus- fall eines Schuldners in einem Jahr t unter der Prämisse repräsentiert, dass der Zahlungsausfall nicht schon vorher eingetreten war.7

Das zweite Konzept Altmans führt zur kumulativen Ausfallrate, die aus der Subtraktion des Produktes der nicht ausgefallenen Anleihen S R jedes zurück- liegenden Jahres t von 1 gebildet wird, wobei die jeweilige Überlebensrate der Differenz aus 1 und der korrespondierenden marginalen Verlustrate ent- spricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die CMR ist eine gewichtete Messgröße für das Jahr t nach der Kreditaus- reichung, die ex post Beurteilungen über die zeitliche Verteilung von Forde- rungsausfällen erlaubt. Ferner sind nach Spellmann (2002)8 Aussagen über Überlebenswahrscheinlichkeiten mit folgenden Einschränkungen zulässig:

- Die Qualität von Rückschlüssen aus Ausfallraten ist maßgeblich von der zur Verfügung stehenden historischen Datenbasis abhängig.
- Ausfallraten variieren in Abhängigkeit von Konjunkturzyklen. Schät- zungen sollten daher möglichst vollständige Zyklen umfassen.
- Kreditausfälle sind in der Regel nicht unabhängig voneinander. Nach- weisbare Korrelationen können in Altmans Modellen nicht berücksich- tigt werden.

Die Entwicklung eines Ratingmodells erfordert daher neben der Ermittlung historischer Ausfallraten9 weitere Komponenten, um verlässliche Bonitätsbe- urteilungen sicherzustellen.

2.2 Ratings und Ausfallraten im Konjunkturverlauf

Bereits vor der eigentlichen Modellierung seines Ratingsystems hat ein Kre- ditinstitut die Frage zu klären, ob die Bonitätseinschätzungen Veränderungen des makroökonomischen Umfeldes berücksichtigen oder die Risikobeurtei- lungen unabhängig von kurzfristigen Schwankungen getroffen werden sollen, so dass nur gravierende, fundamentale Einflüsse auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners in die Bewertung einfließen.

Die nachstehenden zwei Absätze reflektieren die Ausführungen von Topp und Perl (2010).10 Demach versuchen Point-in-Time (PiT)-Ratings, die aktuelle Unternehmenssituation abzubilden, in dem sie sowohl kurzfristige, vorüber- gehende Faktoren als auch langfristige Effekte berücksichtigen. Aus diesem Grund reagieren sie schnell auf Veränderungen der wirtschaftlichen Situati- on des jeweiligen Kreditnehmers. Im Gegenteil dazu fokussieren Through- the-Cycle (TtC)-Ratings auf dauerhafte Einflüsse auf das Ausfallrisiko des Schuldners und sind weitestgehend unabhängig von zyklischen ökonomischen Veränderungen, weshalb sie im Zeitablauf deutlich weniger volatil reagieren.

TtC-Ratings werden in der Regel korrigiert, wenn tiefgreifende Managemen- tentscheidungen das Kundenrisiko beeinflussen oder die Branche fundamen- talen Veränderungen unterliegt. Darüber hinaus können Anpassungen des Ra- tingmodells zu Migrationen in benachbarte Risikoklassen führen. Eine Auf- bzw. Abwertung der Ratingstufen auf Grund zyklischer Schwankungen wird im TtC-Model bewusst ausgeschlossen und ist nur bei PiT-Ratings gewünscht, weil hier neben quantitativen (z. B. Bilanzkennzahlen) und qualitativen Fak- toren (z. B. Managementqualitäten) auch Daten zur allgemeinen Wirtschafts- lage Berücksichtigung finden, womit sich ihre Kurzfristigkeit erklärt.

Gerhold und Kleppe (2015)11 stellen die Auswirkungen dieser Differenzie- rung heraus:

- Während ein verändertes gesamtökonomisches Umfeld bei PiT-Ratings einen simultanen Wechsel von Kreditnehmern zwischen zwei Ratings- klassen bewirken kann, erfolgen Migrationen im TtC-Modell nur bei angenommenen langfristigen Veränderungen.
- Jährlich realisierte Ausfallraten je Ratingklasse im PiT-Modell (TtC- Modell) unterliegen geringen (hohen) Schwankungen um die jeweils zugeordnete PD.
- Die mittlere Portfolio-PD stellt bei PiT-Ratings einen verlässlichen Nä- herungswert der zu erwartenden Ausfallraten des auf einen Stichtag fol- genden Jahres dar. Für TtC-Ratings spiegelt dieser Schätzer die lang- fristig beobachtbare Portfolioausfallrate wider.

Wie Altman und Rijken (2005)12 darlegten, stützen Ratingagenturen wie Stan- dard & Poor’s oder Moody’s ihre Berechnungen auf die TtC-Methode, weil sie die Qualität von Ratings höher bewerten, wenn sie langfristig ausgerich- tet und nicht von Schwankungen kurzfristiger Natur beinflusst sind. Banken dagegen nutzen überwiegend PiT-nahe Ratings, da sie im Gegensatz zu Ra- tingagenturen nicht das Ziel verfolgen, Ratingschwankungen zu minimieren.

TtC-Ratings zeigen keine prozyklischen Effekte wie sie von PiT-Ratings be- kannt sind. Nachteilig wirkt die Eigenschaft, dass TtC-Ratings Risiken in ei- ner Rezession zu optimistsch respektive während einer Hausse zu konservativ abbilden.13 In der Praxis sind reine TtC-Ratings de facto nicht anzutreffen, weil Finanzinstitute in ihren statistischen Modellen zur PD-Berechnung zu ei- nem gewissen Grad stets auch makroökonomische Daten berücksichtigen.14 Rubtsov und Petrov (2016)15 sprechen in diesem Zusammenhang von einer sogenannten Hybrid-PD und präsentieren eine Methode zur Ermittlung des Grades der Tendenz eines Ratings zur PiT- bzw. TtC-Methodik.

3 Methoden der Validitätsprüfung von Ratingssystemen

3.1 Propädeutikum

Bevor ein Ratingsystem16 zum Einsatz kommen kann, ist seine Validierung er- forderlich. So ist z. B. zur Nutzung des Internal Ratings-Based Approach nach Basel II gemäß Solvabilitätsverordnung eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Anwendung des eigenen Ra- tingmodells erforderlich.17 Abbildung 3.1 skizziert die einzelnen Stufen der Ratingvalidierung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Aspekte der Validierung von Ratings18

Die Deutsche Bundesbank beschreibt den Ablauf der Ratingvalidierung wie er in diesem Absatz auszugsweise übernommen wurde.19 Während die quali- tative Validierung die Architektur eines Ratingsystems begründet, verifiziert die nachgelagerte quantitative Validierung die Anforderungskriterien Kali- brierung, Stabilisierung und Trennschärfe. Dabei ordnet die Kalibrierung den Ratingklassen entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeiten zu. Je geringer die Diskrepanz zwischen geschätzter PD und realisierten Ausfallraten ist, desto besser ist ein Ratingsystem kalibriert. Stabilität ist erreicht, wenn der Kau- salzusammenhang zwischen den Risikofaktoren und der Kreditnehmerbonität korrekt modelliert wurde und Prognosefehler bei Ausdehnung des Betrach- tungszeitraumes nur moderat anwachsen. Mit Trennschärfe wird die Eigen- schaft eines Ratingsystems beschrieben, ausfallbedrohte von ungefährdeten Krediten ex ante zu unterscheiden.

Die nachstehenden Ausführungen fokussieren auf Modelle der Trennschärfe- analyse als Element des Backtestings innerhalb der quantitativen Validierung eines Ratingsystems. Alle Diagramme und Zahlenbeispiele basieren auf ex- emplarisch gewählten Daten, wie sie aus einer Stichprobe stammen könnten, die dem Kundenbestand einer Bank entnommen wurde.20

Im Rahmen der Datenerhebung wurden insgesamt 1.000 Ratings zu Beginn des Betrachtungszeitraumes ermittelt. Zum Ende der Periode wurde festge- stellt, dass 800 der Kredite vertragskonform bedient wurden (Non-Defaulter) und 200 ausgefallen waren (Defaulter).

Mit diesen Informationen wurden die relativen Häufigkeiten aller Non-Defaulter und Defaulter für jede einzelne Ratingkategorie 1 bis 521 (Tabelle A.3 im An- hang A.2) berechnet und in das Diagramm 3.2 übertragen, um die Ratingver- teilungen zu verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Verteilung der Ratings aus dem Beispiel im Anhang A.222

[...]


1 Vgl. Caouette (2008), S. 82–85

2 Vgl. Caouette (2008), S. 98–100

3 Vgl. Fons (2002), S. 2

4 Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Mindestanforderungen für den IRB-Ansatz erforderlich. Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 98

5 Altmann (1989), S. 909–922

6 Vgl. Machauer (1999), S. 98–99

7 Vgl. Spellmann (2002), S. 226

8 Vgl. Spellmann (2002), S. 228–229

9 Berechnungsbeispiele für die MMR und die CMR finden sich im Anhang A.1.

10 Vgl. Topp/Perl (2010), S. 47–50

11 Vgl. Gerhold/Kleppe (2015), S. 664–665

12 Vgl. Altman/Rijken (2005), S. 127–132

13 Vgl. Topp/Perl (2010), S. 49

14 Rubtsov/Petrov (2016), S. 85

15 Rubtsov/Petrov (2016), S. 93–98

16 Die Begriffe Ratingsystem und Ratingmodell werden im Folgenden synonym verwendet.

17 Vgl. § 7 Abs. 1 der Verordnung zur angemessenen Eigenmittelausstattung von Institu- ten, Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischten Finanzholding-Gruppen (SolvV) in Verbindung mit Artikel 143 der EU-Verordnung Nr. 575/2013 des Europäi- schen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013

18 Vgl. Deutsche Bundesbank (2003), S. 62

19 Deutsche Bundesbank (2003), S. 64

20 Die Basisdaten finden sich in der im Anhang A.2 abgedruckten Tabelle A.2. Darüber hin- aus sind die Rechenexempel ausführlich dargelegt.

21 Ähnlich dem deutschen Schulnotensystem wurde eine gute Bonität mit einer niedrigen, eine geringe Kreditwürdigkeit mit einer hohen Ratingnote R bewertet.

22 Vgl. Deutsche Bundesbank (2003), S. 62

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Methoden zur Messung der diskriminativen Qualität als Komponente der Validitätsprüfung von Ratingsystemen
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bank- und Finanzwirtschaft)
Veranstaltung
Seminar Kreditrisikomanagement
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V493137
ISBN (eBook)
9783668992344
ISBN (Buch)
9783668992351
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rating, Aufallraten, ROC, AUROC, CAP, Gini-Koeffizient, Cumulative Accuracy Profile, Receiver Operating Characteristic, Alarmquote, Fehlalarmquote, marginal mortality rate, Survival Rate, Trennschärfe, Rating-Validierung, Cut-off-Point, Alpha-Fehler, Beta-Fehler, kumulative Ausfallrate, marginale Ausfallrate
Arbeit zitieren
Stephan Mett (Autor:in), 2018, Methoden zur Messung der diskriminativen Qualität als Komponente der Validitätsprüfung von Ratingsystemen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/493137

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