Der Brexit und seine möglichen Folgen für den britischen Arbeitsmarkt

Vermutungen über Folgen eines harten Brexits für Beschäftigte, Unternehmen und Staat


Hausarbeit, 2019

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Vorstellung des Brexits und möglicher Ausstiegsszenarien

2. Einordnung Großbritanniens in Theorien zum Arbeitsmarkt

3. Historische Einordnung des Liberalismus in Großbritannien

4. Mögliche Folgen des Brexits für den britischen Arbeitsmarkt
4.1 Mögliche Folgen des Brexits für Beschäftigte
4.2 Mögliche Folgen des Brexits für Unternehmen
4.3 Folgen des Brexits für den Staat

5. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Ziel der Arbeit ist die Beantwortung der Frage, welche möglichen Folgen der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union haben könnte. Hierbei wird zunächst definiert, was der Begriff „Brexit“ bedeutet und welche Ausstiegsszenarien möglich sind. Danach wird Großbritannien in verschiedene Theorien zum Arbeitsmarkt eingeordnet und diese vorgestellt, damit die relevanten Eigenschaften des britischen Arbeitsmarktes deutlich werden. Dahingehend wird der Begriff des Manchesterkapitalismus erläutert, um aufzuzeigen, woher die ausgeprägte Form des Liberalismus in Großbritannien stammen könnte. Im letzten Schritt wird aufgezeigt, welche Folgen sich für Beschäftigte, Unternehmen und den britischen Staat durch ein Verlassen der EU ergeben könnten. Hierbei ist festzuhalten, dass nur die Folgen des Brexits für die Seite Großbritanniens angeführt werden, um dem Umfang der Arbeit entsprechen zu können. Außerdem können nur Vermutungen über die Folgen des Brexits aufgestellt werden, da derzeit weder ein anderer Staat zuvor die Europäische Union verlassen hat, noch ein genaues Ausstiegsszenario für Großbritannien existiert.

1.1 Vorstellung des Brexits und möglicher Ausstiegsszenarien

Im Folgenden wird zunächst vorgestellt, was der Begriff „Brexit“ bedeutet und wie das Brexitverfahren bisher ablief. Der Begriff „Brexit“ ist ein Kompositum aus den Worten „Britain“ (dt. Großbritannien) und „Exit“ (dt. Ausstieg) und steht für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Im Juni 2016 wurden alle britischen Bürger aufgefordert, zu entscheiden, ob sie für oder gegen einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU sind. Das Brexit-Referendum fand am 23.06.2016 statt und eine Mehrheit von 51,89% der Wähler stimmte für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (vgl. Bongardt-Torres, 2017: 378). Das weitere Vorgehen richtet sich nach Artikel 50 des EU-Vertrags von Lissabon. Dementsprechend müssen die EU und Großbritannien die Austrittsverhandlungen innerhalb von zwei Jahren nach ihrer formalen Einleitung durch die britische Premierministerin May, abgeschlossen haben. Dies ist am 29.03.2019 der Fall.

Grundsätzlich sind drei verschiedene Ausstiegsszenarien möglich (vgl. Ondarza, 2018: 5), nämlich der sogenannte „weiche“ und der „harte“ Brexit, sowie die Verlängerung der Verhandlungszeit. Der Begriff „weicher Brexit“ beschreibt einen geordneten Ausstieg Großbritanniens aus der EU, also ein ausgehandeltes Abkommen zwischen beiden Partnern. Geregelt werden muss zum Beispiel die Frage, ob Großbritannien Teil des Europäischen Binnenmarktes und der Zollunion bleiben wird, aber auch inwieweit Großbritannien nach dem Brexit finanzielle Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union haben wird („brexit bill“). Außerdem ist es umstritten, ob es nach dem Brexit eine europäische Außengrenze zwischen der Republik Irland (gehört nach dem Brexit nicht mehr zur EU) und Nordirland (Nach dem Brexit immer noch Teil der EU) geben wird. Eine europäische Grenze zwischen den beiden Ländern ist aus verschiedenen Gründen als problematisch zu betrachten. Zunächst fördert sie vermutlich den nordirischen Friedenzprozess nicht, außerdem würde die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Inselteile vermutlich eingeschränkt werden (vgl. Ondarza 2018: 2). Darüber hinaus ist sie durch 208 Übergange auf 500 Kilometern Strecke sehr schwer zu kontrollieren, was für eine europäische Außengrenze mit Zollkontrollen äußerst problematisch sein würde.

Bis zum 21. Januar 2019 sollte die britische Regierung die Austrittsverhandlungen mit der EU abgeschlossen haben (vgl. Ondarza 2018: 5). Danach muss sowohl das britische Unterhaus als auch das Europäische Parlament und der Europarat den ausgehandelten Vereinbarungen zustimmen[1]. Stimmen alle Beteiligten mit dem Austrittsvertrag überein, so könnte Großbritannien am 29.03.2019 geordnet die Europäische Union verlassen. Bis circa Ende 2020 befände sich Großbritannien in einer so genannten Übergangsphase und wäre damit immer noch Teil der Zollunion und des Europäischen Binnenmarkts (vgl. ebd.).

Sofern es zu keiner Zustimmung der beteiligten Parteien (britisches Unterhaus, Europäisches Parlament und Europarat) kommt, droht Großbritannien durch die ungeklärte Situation vermutlich eine Regierungskrise (vgl. ebd.). „Um während dieser innerbritischen Krise die Situation zwischen EU-27 und Großbritannien zu entschärfen, wäre es rechtlich am einfachsten, die Austrittsverhandlungen gemäß Artikel 50 EUV zu verlängern“ (ebd.). Zur Durchsetzung dieser Fristverlängerung bedarf es der Zustimmung des Europäischen Rats und der britischen Regierung. Eine gesetzliche Regelung über das genaue Aussehen dieser Frist, hinsichtlich ihrer Länge oder der Anzahl möglicher Verlängerungen, gibt es nicht (vgl. ebd.). Bis zum Ende der verlängerten Verhandlungsphase wäre Großbritannien weiterhin ein vollwertiges Mitglied der EU.

Kommt es weder zum Beschluss eines Austrittsvertrags, noch zu einer Verlängerung der Frist, so kommt es am 29.03.2019 zum „harten“ Brexit. Es gibt also keine ausgehandelten Verträge für die Zeit nach dem britischen Ausstieg aus der EU. Großbritannien wäre nach dem Brexit mit sofortiger Wirkung kein Teil der Europäischen Zollunion oder des Europäischen Wirtschaftsraums mehr, wie es in der Übergangsphase des weichen Brexits der Fall wäre. Hinsichtlich des Handels träten dann die multilateralen Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Diese Regelungen beschränken sich größtenteils auf den Handel mit Gütern (vgl. Becker et al. 2017: 10), sie beinhalten wenige Regeln zum Handel mit Dienstleistungen. Sicher ist, dass Großbritannien und die EU zukünftig Zölle bezahlen müssten, wenn sie miteinander Handel betreiben (vgl. ebd.). Dies wird im Verlauf der Arbeit noch genauer thematisiert und erläutert werden.

Bei der Betrachtung der Auswirkungen des Brexits auf den Arbeitsmarkt wird sich im Folgenden auf das Szenario des harten Brexits beschränkt, da bisher noch kein genauer Austrittsvertrag zwischen der EU und Großbritannien vorhanden ist und seine Ausprägungen noch verhandelt werden. Die genauen Konditionen eines Austritts Großbritanniens und dessen Folgen sind daher beim Szenario des „harten“ Brexits am ehesten abzuschätzen, auch wenn man ihre genauen Ausmaße vermutlich trotzdem nicht abschätzen kann, da es keinen Referenzfall gibt.

2. Einordnung Großbritanniens in Theorien zum Arbeitsmarkt

Um die Folgen eines Ausstiegs Großbritanniens aus der EU für den Arbeitsmarkt aufzeigen zu können, wird zunächst die Art des Beschäftigungsregimes Großbritanniens erläutert und dahingehend seine Ausprägung des Wohlfahrtstaates und seiner Wirtschaftsordnung dargelegt.

In der Theorie der Beschäftigungsregime werden zwei verschiedene Ansätze kombiniert. Zum einen wird die Typologie der Wohlfahrtsstaaten (Esping-Andersen, 1990) eingebunden und zum anderen die Theorie der „Spielarten des Kapitalismus“ (Hall und Soskice, 2001).

In der Typologie der Wohlfahrtsstaaten werden grundlegend drei verschiedenen Arten des Wohlfahrtstaates definiert. Die Unterscheidung wird am Maß der Stratifizierung und der Dekommodifizierung getroffen. Dekommodifizierung definiert hierbei die Abkopplung der sozialen Sicherheit der Bürger vom Arbeitsmarkt. Stratifizierung bezeichnet hingegen, inwieweit die soziale Schichtung der Bürger durch staatliche Steuerungsformen (z.B. Einkommensabhängiges Arbeitslosengeld & Renteneinkommen) beeinflusst wird. Die drei idealtypisch unterschiedenen Formen des Wohlfahrtstaates sind zum ersten das sozialdemokratische Wohlfahrtsregime (hohe Dekommodifizierung und geringe Stratifizierung) wie zum Beispiel Schweden oder andere skandinavische Länder, zum zweiten das konservative Wohlfahrtsregime (mittlere Werte in beiden Kriterien) wie beispielsweise Deutschland und drittens das liberale Wohlfahrtssystem, das den Gegensatz zum sozialdemokratischen Regime bildet und somit einen hohen Wert der Stratifizierung und einen niedrigen Wert der Dekommodifizierung aufweist (vgl. Fritz 2017: 71). Großbritannien zählt als ein Beispiel für einen liberalen Wohlfahrtsstaat[2]. Da Großbritannien der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist, wird im Folgenden der liberale Wohlfahrtsstaat kurz weiter erläutert. In einem idealtypisch liberalen Wohlfahrtsstaat wird angestrebt, dass der Staat eher wenig in die privaten Belange seiner Bürger eingreift (Vgl. Fritz 2017: 72). Es wird davon ausgegangen, dass: „[…] Individuen eigenverantwortlich handeln können und wollen und dass dieses Handeln am besten durch die Mechanismen des freien Marktes reguliert werden kann“ (ebd.). Den Bürgern in angelsächsischen Staaten kommt vergleichsweise viel Freiheit zu Gute, die staatlichen Pflichten gegenüber den Bürgern sind dementsprechend auch niedriger als in den anderen beiden Wohlfahrtsstaatregimen. Gesetzliche Absicherungen gegenüber sozialen Risiken wie Arbeitsunfähigkeit durch Krankheiten gibt es nicht, die Vorsorge wird als Privatsache der Bürger angesehen (vgl. ebd.). Das Individuum soll sich zunächst selbst helfen, sind seine Möglichkeiten erschöpft, greift der Staat ein. Dabei gilt, dass die staatlichen Hilfemaßnahmen unter dem auf dem Markt erzielbaren Einkommen liegen (Abstandsregel) (vgl. Mau 1997: 13). Die Arbeitsmarktpolitik liberaler Wohlfahrtsregime zeichnet sich unter anderem durch eine hohe Förderung der Unternehmen durch den Staat aus, außerdem gibt es eine geringe Umverteilung von Ressourcen durch den Staat (Fritz, 2017: 73). Wirtschaftspolitisch ist es im liberalen Wohlfahrtssystem das Ziel, die Wirtschaft des Landes produktiv zu halten und die Inflationsrate stetig ansteigen zu lassen, die Vollbeschäftigung ist im Gegensatz zum sozialdemokratischen Wohlfahrtssystem eher ein nachrangiges Ziel (vgl. Mau 1997: 13).

[...]


[1] Die Austrittverhandlungen konnten bisher (Stand 18.02.19) nicht verabschiedet werden, da das britische Parlament den Vorschlägen der Regierung bisher nicht zugestimmt hat. Eine fristgerechte Aushandlung eines Brexit-Vertrags mit Zustimmung aller beteiligten Parteien scheint daher eher unwahrscheinlich.

[2] Esping-Andersen nennt die drei Typen von Wohlfahrtsstaaten „Idealtypen“, das bedeutet, dass die real vorkommenden Staaten nicht in jeder Hinsicht nur einem dieser Ideale zuzuordnen sind und vermutlich auch Mischformen von wohlfahrtsstaatlichen Ausprägungen existierend.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Brexit und seine möglichen Folgen für den britischen Arbeitsmarkt
Untertitel
Vermutungen über Folgen eines harten Brexits für Beschäftigte, Unternehmen und Staat
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
19
Katalognummer
V492227
ISBN (eBook)
9783668986343
ISBN (Buch)
9783668986350
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brexit, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Ökonomie, Staat, Soziologie, Folgen
Arbeit zitieren
Saskia Henning (Autor:in), 2019, Der Brexit und seine möglichen Folgen für den britischen Arbeitsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492227

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