Lösungsorientierte Beratung zum Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen


Seminararbeit, 2017

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

1. Einleitung

2. Lösungsorientierte Beratung im Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen
2.1 Grundannahmen der Systemtheorie
2.2 Systemische Betrachtung des Förderschwerpunkts Lernen
2.3 Lösungsorientierte Beratung mit Fokus Lernen
2.4 Methodische Weiterentwicklung
2.5 Wirkungsbelege

3. Diskussion

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Diese Arbeit befasst sich mit der lösungsorientierten Beratung, die als systemischer Ansatz gilt. Es soll geklärt werden, inwiefern eine Anwendung im Bereich von Lernproblemen bei Jugendlichen geeignet ist. Zunächst werden die Grundannahmen der Systemtheorie als übergeordnete Philosophie erläutert, woraufhin eine Betrachtung des Förderschwerpunkts Lernen aus eben dieser Perspektive folgt. An nächster Stelle steht ein Kurzüberblick über den lösungsorientierten Ansatz von De Shazer, der die grundlegenden Annahmen und Methodologie beinhaltet. Im Anschluss werden Erweiterungen des grundlegenden Ansatzes vorgestellt. Belege für die Wirksamkeit lösungsorientierter Interventionen sind die nächsten Anschauungsobjekte. Abschließend werden die Ergebnisse kurz diskutiert, Bedarf an zusätzlicher Forschung erörtert und versucht, die Eingangsfrage zu klären.

Abstract

This paper has the solution-focused counseling, which is a systemic approach, as its subject. The question, how this approach is appropriate for use in the term of learning difficulties of adolescents, should be explained. First there is an explanation of the theoretical basis of the system theory as a superordinated philosophy. Next is looking at the focal point “learning” in that perspective. Then the ideas and methodology of the solution-focused approach, established by De Shazer, are shortly outlined. Subsequently some enhancements of the basic approach are being introduced. Following this, evidence for efficacy of solution-focused interventions is revealed. Conclusive the results are being discussed, the need for further research is pointed on and the answer for the initial question is tried to be given.

1. Einleitung

Das Konzept der Familie wird einem Wandel unterzogen. Das bescheinigt der "Monitor Familienforschung", den das Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgibt. Demnach entstehen immer häufiger sogenannte "Patchwork-Familien". Die Organisation dieser neuen Familienform kann oft schwierig sein und zu Problemen führen, weshalb die Zuhilfenahme externer Beratungsangebote auch vom zuständigen Bundesamt empfohlen wird (Bundesministerium für Familie, Frauen und Jugend, 2013). Hinzu kommt, dass auch immer öfter bewusst externe Angebote wahrgenommen werden, da inzwischen größere Aufgeschlossenheit gegenüber dementsprechenden Angeboten herrscht. Erziehung findet längst nicht mehr ausschließlich in den Familien und klassischen Institutionen statt (Hensen & Körner, 2008). Ein Indiz für diese Entwicklung liefert auch die aktuelle Statistik des Statistischen Bundesamtes über die 2014 erfolgten Erziehungsberatungen. Demnach ist die Anzahl der Fälle seit 2008 gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2016). Dabei können die Anlässe für eine entsprechende Beratung sehr verschieden sein. Dazu zählen laut Bundesamt auch in beträchtlichem Maße schulische Probleme bei Jugendlichen (Statistisches Bundesamt, 2016). Für die nachfolgende Arbeit soll dieser Kontext daher als Handlungsmilieu dienen.

Die Erziehungsberatung bleibt natürlich bei der Entwicklung der Pädagogik nicht außen vor. Obgleich die Systemtheorie keinesfalls eine sehr neue Entwicklung ist, schließlich bestehen die Anfänge schon seit den 1950er Jahren (Schnebel, 2007), erfolgt der Einsatz derselben allerdings erst vermehrt seit den 1990er Jahren (Gröning, 2010). Neben klassischen Beratungsverfahren, die meist aus Theorien der Psychologie abgeleitet sind, wurde systemische Beratung zumeist eher am Rande behandelt. In den letzten Jahren werden jedoch vermehrt Fortbildungen und Seminare zu diesem Thema angeboten. Besonders der lösungsorientierte Ansatz, der auf systemischen Annahmen beruht, wird zum Bestandteil des beraterischen Standardrepertoires (Bamberger, 2015).

Im nachfolgenden Teil dieser Arbeit soll geklärt werden, inwiefern sich der lösungsorientierte Ansatz im Hinblick auf den Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen als Instrumentarium eignet.

2. Lösungsorientierte Beratung im Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen

2.1 Grundannahmen der Systemtheorie

Ist die Rede von Systemtheorie, so ist damit zunächst einmal eine übergeordnete Philiosophie gemeint, die in unterschiedlichen Wissenschaften, wie auch in der Pädagogik Anwendung finden kann. Ursprünglich sollte der Ansatz zur Analyse gesellschaftlicher Strukturen dienen und deren Funktionsweise näher beschreiben. Zugrunde liegt hierbei die Auffassung, dass sich lebende Systeme ständig verändern (Schnebel, 2007). Talcott Parsons griff mit seiner strukturfunktionalistischen Theorie verschiedene Ansätze wie etwa die Kybernetik auf und erweiterte diese. Ein weiterer prominenter Systemtheoretiker ist Niklas Luhmann. Sein Fokus lag auf Modernisierungsdynamiken, dabei betrachtete er die Wirkung von Organisationen auf Menschen. Heutige Ansichten haben daher oft wenig mit Luhmann gemeinsam, da diese nicht soziologisch ausgerichtet sind (Heimlich, 2009). Gemeinsam allerdings ist die Annahme, dass soziale Systeme durch Kommunikation entstehen (Gröning, 2010). Die systemische Ansicht unterscheidet sich von anderen Ansätzen dahingehend, dass nicht ein Individuum im Fokus der Betrachtung steht, sondern der Kontext, in dem es interagiert und eben die stattfindenden Interaktionen. Als Folge daraus nehmen systemisch fundierte Betrachtungsweisen Abstand von einer einfachen Ursache-Wirkungszuschreibung. An dessen Stelle rückt ein zirkuläres Verständnis von Verhalten, indem sich Aktionen wechselseitig beeinflussen. Rothe (2015) weist in diesem Zuge daraufhin, dass eine systemische Wahrnehmung bedeutet, Verhaltensweisen sinnvoll aufeinander zu beziehen, ungeachtet eventueller destruktiver Konsequenzen und impliziert somit die Suche nach dem Problem auf interpersoneller anstatt intrapersoneller Ebene. Kriz (2008) beschreibt den erwähnten Kontext hierbei als das soziale Beziehungsnetzwerk, in dem sich die betreffende Person befindet. Dabei plädiert er dafür, im Gegensatz zu früheren Ansätzen, nicht nur materielle Faktoren, wie tatsächlich anwesende Personen, zu berücksichtigen, sondern auch kognitive Vorgänge, die in eventuellen Deutungsmustern resultieren (Kriz, 2008). Die Grenzen des Systems, ob starr oder flexibel, sind dabei immer interpretierbar, je nach Sinnverständnis und Sichtweise (Sydow et al., 2007). Der Tatsache geschuldet, dass es sich bei systemischer Sicht um eine grundlegende Philosophie beim spezifischen Herangehen an tiefergehende Überlegungen handelt, ist es wenig verwunderlich, dass Konzeptionen mit verschiedenartigem Fokus entstanden sind. Kommunikationstheoretiker wie Watzlawick machten sich die systemische Sichtweise zunutze, um komplexe Interaktionsmuster besser zu verstehen. So stellte dieser die Theorie auf, dass jegliche Kommunikation auf zwei verschiedenen Ebenen stattfindet. Diese betitelte er mit Inhalts- und Beziehungsebene. Der zirkuläre Charakter dieser beiden Ebenen spielt in diesem Modell eine entscheidende Rolle. Die Abweichung von Absicht und Deutung einer gesendeten Botschaft ist hier die Ursache von Kommunikationsproblemen, verbaler oder nonverbaler Art (Reich, 2010). Die Reduzierung auf offensichtlich Kommuniziertes wäre systemisch gesehen natürlich nicht förderlich, weswegen in der Literatur häufig, wie auch bei Reich (2010), ein Eisberg als bildliche Darstellung verwendet wird. Dies impliziert, dass tatsächlich nur ein sehr geringer Teil eines Problems tatsächlich oberflächlich kommuniziert wird, wohingegen viele verborgene Faktoren auch einen Teil jeglicher Interaktion darstellen. Hier kommt eine weitere wichtige Komponente systemischer Sichtweisen zum Vorschein. Die Betrachtung erfolgt auf konstruktivistischer Grundlage. Dies bedeutet die Ausklammerung einer objektiven Wirklichkeit zugunsten der Annahme, dass jegliche Wirklichkeit nur eine subjektiv empfundene, erfahrungsbasierte Konstruktion ist (Schnebel, 2007). Darin liegt eine der Stärken der Systemtheorie. Anstatt zu versuchen, eine objektive Betrachtung des Problems anzugehen, wird höchster Wert auf die subjektive Wahrnehmung des Ratsuchenden gelegt. Beratungstechnisch macht es somit auch Sinn, eine vermeintliche Beziehung verstehen zu wollen, die womöglich nur aus Sicht eines der Beteiligten überhaupt vorhanden ist, schließlich könnte diese Sichtweise entscheidend an einem bestimmten Verhalten beteiligt sein. Systemische Betrachtung kennzeichnet somit etwaiges merkwürdiges oder auffälliges Verhalten nicht als Defizit eines Individuums, das durch jemand oder etwas verursacht wurde, sondern vielmehr als entwickeltes Interaktionsmuster, das als Lösungsversuch eines Problems dient (Kriz, 2008).

2.2 Systemische Betrachtung des Förderschwerpunkts Lernen

Lange Zeit wurde von Lernbehinderung gesprochen. Die negative Behaftung dieses Begriffs führte zu einer Einkategorisierung dieses nebst Lernschwierigkeiten als Ausprägungsgrade von Lernbeeinträchtigungen. Die moderne Pädagogik nimmt, gerade mit systemischem Blick, von dieser Einteilung häufig Abstand. Dieses Kategoriensystem missachtet zum einen präventive Aspekte der Pädagogik, zum anderen wird die Komplexität sehr reduziert. Schwierigkeiten beim Lernen sind sehr komplex und schwer zu definieren, da sie sich entgegen früherer Ansichten nicht auf bestimmte Merkmale herunterbrechen lassen. Betrachtet werden kann lediglich das Endergebnis eines Problems beim Lernen (Heimlich, 2009). Grundsätzlich muss ohnehin geklärt werden, wie Lernen in diesem Kontext definiert wird. Mit der ursprünglichen Definition einer Veränderung im Verhalten und Erleben hat schulisches Lernen oft nicht viel gemeinsam, da es hierbei häufig nur um Faktenlernen geht (Heimlich & Wember, 2014).

Gerade am schulischen Erfolg wird jedoch oft eine Schwierigkeit beim Lernen festgestellt. So verwundert es nicht, dass der Begriff Lernbehinderung seine stigmatisierende Wirkung als Widerspiegelung unseres selektiven Bildungssystems nach wie vor innehat. Aus diesem Grunde sprechen Pädagogen heute vom Förderschwerpunkt Lernen (Heimlich, 2009). Bei der Beratung in diesem Bereich steht intentionales Lernen im Vordergrund (Heimlich & Wember, 2014). Um mögliche Ursachen zu identifizieren, ist ein Perspektivwechsel gefragt. Schwierigkeiten können sowohl eine anthropologische, psychologische wie auch soziologische Komponente haben und somit spielen sehr viele Aspekte mit hinein. Diese systemische Sicht definiert Lernschwierigkeiten als Ausdruck erschwerter Lebens- und Lernsituationen. Dabei ist ein wichtiger Aspekt, dass Probleme für alle Lernenden jeglichen Alters in allen Lernprozessen entstehen. Lernschwierigkeiten sind somit allgemein betrachtet ein alltäglich auftretendes Phänomen, das entsteht, wenn bereits erworbene Fähigkeiten an der Grenze zu noch zu erwerbenden Fähigkeiten ausgereizt werden. Je nach Grad der Ausprägung ist zur Bewältigung dieser zusätzliche Hilfe nötig. Beachtet man die Multiperspektivität, so kann z.B. eine alternative Lernform genauso einen Beitrag zur Bewältigung leisten wie veränderte Umweltbedingungen. Denn in vielen Fällen liegt das Problem nicht in mangelnden kognitiven Fähigkeiten begründet, auch z.B. ein falsches Selbstkonzept kann ein wichtiger Faktor sein (Heimlich, 2009).

2.3 Lösungsorientierte Beratung mit Fokus Lernen

Ein Ansatz, der die Systemtheorie als Metatheorie nutzt, ist die lösungsorientierte Beratung. Begründet wurde der lösungstheoretische Ansatz als Therapieansatz von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg. Ihnen erschien die klassische Art der Problembetrachtung als wenig hilfreich. Eine fortwährende Analyse des Problems stütze lediglich das eigene Ohnmachtsgefühl und führe dazu, beim Problem hängen zu bleiben. Aus diesem Grunde suchten sie einen anderen Ansatz. Als Beratungsanlass definierten sie eine Ist-Soll-Diskrepanz. Die Analyse des Problems sollte hierbei nur kurz ausfallen, stattdessen müsse sich sehr auf eine Lösung konzentriert werden. Entscheidend ist die Grundannahme, dass sich die Lösung bereits in der Person selbst verbirgt. Dies lässt sich sehr gut mit dem Beratungsverständnis als Hilfe zur Selbsthilfe vereinbaren. Der Berater gibt keine Lösungen vor, sondern versucht, dem Klienten zu helfen, seine Ressourcen zu erkennen und zu nutzen (Schnebel, 2007). Dies korreliert auch mit der systemischen Sichtweise, die postuliert, dass eine Einwirkung von außen das System nur in geringem Maße beeinflussen kann. Damit Lösungsorientierung funktionieren kann, ist eine wertschätzende, unparteiliche Grundhaltung des Beraters erforderlich. Dieser hat die Aufgabe, die Kreativität des gegenüber zu wecken, damit einhergehend muss ein Vertrauen in die Selbstregulationsfähigkeiten des Menschen vorhanden sein, ansonsten kann keine authentische begleitende Rolle ausgeübt werden (Borst, 2013). Bemerkenswert ist auch, dass De Shazer die Haltung vertritt, nur klientenzentriert auf Probleme einzugehen. Hat ein Jugendlicher ein Problem damit, sich Vokabeln zu merken, sollte aus dieser Sicht, genau dieses konkrete Problem bearbeitet werden. Ursachenforschung wie in der Psychoanalyse würde womöglich sogar dazu führen, dass Probleme angestoßen werden, die vorher für den Klienten nicht bewusst vorhanden waren. Stattdessen soll sich auf die Zukunft konzentriert werden. Hierbei ist die wichtigste Methode das Stellen geeigneter Fragen. Nach der Klärung des Ist- Zustandes und des Ziels, soll durch Ausnahme-Fragen ausgelotet werden, an welchen Stellen das Problem nicht auftritt. Ein Jugendlicher, der artikuliert, dass er sich an Donnerstagen besser konzentrieren kann, ist schon auf dem Weg zur Lösungsfindung. Wird eruiert, dass er am Donnerstag vor dem Lernen Sport macht und an den anderen Tagen nicht, so soll laut De Shazer dieses Verhalten öfter erfolgen. Im Gespräch geht es also darum, Lösungsansätze herauszuarbeiten, die schon im Verhalten der Person vorhanden sind. Dabei ist die Annahme, dass es bei jedem Problem Situationen gibt, in denen dieses nicht auftritt (De Shazer & Dolan, 2008).

Der große Nutzen für das konkrete Problem einer Schwierigkeit beim Thema Lernen wird an Heimlichs (2009) Ausführungen zur Multiperspektivität deutlich. Die Beachtung sozialer Komponenten ist in der lösungsorientierten Beratung unbedingt erforderlich. Durch lösungsorientiertes Fragen sollen Spielregeln des Systems ins Bewusstsein geholt werden (Schnebel, 2007). Auf die Nachfrage beispielsweise, wie die Mutter reagiert, wenn der Sohn eine schlechte Bewertung bekommt, kann zum Beispiel entgegen der allgemeinen Erwartung folgen, dass sie seine Bemühungen trotzdem wertschätzt. Der Sohn hingegen hatte eingangs beschrieben, dass er unter großem Druck stehe, seine Mutter nicht zu enttäuschen. Die Herausarbeitung dieser Diskrepanz kann der erste Schritt zur Lösungsfindung sein, da sie bereits einen Denkprozess beim Ratsuchenden auslösen kann. Dieses Beispiel unterstreicht die pragmatische Natur des lösungsorientierten Ansatzes, weshalb dieser besonders geeignet ist, um kurze und rasche Interventionen auszuführen. Neben Fragen zu Problem und Ausnahme führt De Shazer des Weiteren Ressourcen-Fragen, Skalierungsfragen, Vorteilsfragen, Verschlimmerungsfragen und Hypothetische Fragen als Interventionsmethoden an (De Shazer & Dolan, 2008). Dabei macht nicht der schematische Einsatz aller Fragen den Erfolg aus, sondern vielmehr die Interpunktion mit geeigneten Fragen an der adäquaten Stelle. Skalierungsfragen bieten sich an, um dem Klienten eine bessere Selbsteinschätzung zu ermöglichen. Wenn sich ein Ratsuchender auf einer Skala von 0 bis 10 in seiner Lernaktivität bei 4 einschätzt, ist dies ein guter Ausgangspunkt für die Frage, ab welcher Stufe er zufrieden wäre. Darauf aufbauend könnte eine hypothetische Frage folgen, wie etwa das veränderte Gefühl seitens des Klienten auf einer höheren Stufe. Sehr passend sind hierbei, gerade im systemischen Bezug, auch oft Fragen, die auf die Wirkung gegenüber anderen abzielen, wie etwa, woran die Eltern erkennen würden, dass der Jugendliche sich nun auf der Skala auf einer anderen Stufe befindet. Diese Frage wird aber nicht den Eltern, sondern dem Ratsuchenden selbst gestellt. Eine Form dieser hypothetischen Fragen ist die Wunderfrage. Diese beschäftigt sich damit, wie der Zustand wäre, wenn über Nacht durch ein Wunder das Problem nicht mehr existent wäre. Durch Verschlimmerungsfragen kann der Berater indirekt Komplimente und Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Fällt es einem Klienten schwer, zukünftige Veränderungen konkret zu betiteln, kann die Frage nach der bisherigen Bewältigung Denkanstöße motivieren, getreu dem Motto, wie der Klient es geschafft habe, dass die Situation nicht noch schlimmer ist. Ressourcenfragen sind nun solche, die dem Ratsuchenden bewusst machen sollen, was er unbewusst schon alles getan hat, um das Problem zu lösen und was davon, in den erwähnten Ausnahmesituationen, zumindest ein wenig geholfen hat. Nun kann es auch den Fall geben, dass ein Jugendlicher gefangen in negativen Assoziationen ist und es ihm schwerfällt, Ausnahmen seiner Lernblockade ausfindig zu machen. Für diesen Fall beschreibt De Shazer Vorteilsfragen als mögliche Interventionsmethode. Hierbei muss allerdings sehr behutsam vorgegangen werden, denn diese Fragen zielen auf einen etwaigen Vorteil, der dieses Problem mit sich bringt, ab. Vielleicht ist es ja positiv, wenn sich die Eltern aufgrund der Lernschwierigkeit stärker mit dem Jugendlichen befassen, der sonst das Gefühl hat, dass seine kleinen Geschwister einen großen Teil der Aufmerksamkeit bekommen. Es gilt nämlich immer zu bedenken, dass nicht unbedingt im konkreten Problem auch die Lösung liegen muss (De Shazer & Dolan, 2008). Hierbei darf allerdings nicht der Trugschluss entstehen, das Umfeld als Problemursache anzusehen, vielmehr geht es darum, möglichst vieles innerhalb des Systems als mögliche Ressource zu identifizieren. So können bezogen auf das oben erwähnte Eisbergmodell Dinge sichtbar gemacht werden, die vielleicht entscheidend für den Lösungsprozess sind. Neben diesen Fragen und der Auslotung möglicher Veränderungen seit der letzten Sitzung sind Komplimente eine weitere Interventionsmethode. Dabei ist es wichtig, dass diese auch authentisch und sinnvoll wirken. Wenn der Ratsuchende neben der Schule sich noch um Geschwister kümmert und einer Nebentätigkeit nachgeht, kann ein wertschätzendes „Und trotzdem sind Sie noch voller Elan“ ausreichen, um Ressourcendenken zu aktivieren und vor allem die so wichtige Vertrauensbasis zwischen Berater und Klient stärken. Gefundene Lösungen können nun als Hausaufgaben umzusetzen versucht werden, quasi mehr von dem tun, was funktioniert. Gerade dieser Minimalismus, der die Ressourcen auf beiden Seiten schont, ist in der lösungsorientierten Beratung ein Qualitätsmerkmal (Bamberger, 2015).

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Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Lösungsorientierte Beratung zum Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen
Hochschule
Universität Regensburg
Veranstaltung
Theorien zu Prozess und Inhalt von Erziehungs-, Bildung- und Organisationsberatung
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V491973
ISBN (eBook)
9783668989665
ISBN (Buch)
9783668989672
Sprache
Deutsch
Schlagworte
solution focused approach, lösungsorientierte beratung, Jugendliche, Lernen, learning, systemischer Ansatz, systemic approach
Arbeit zitieren
Simon Dienst (Autor:in), 2017, Lösungsorientierte Beratung zum Förderschwerpunkt Lernen bei Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491973

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