Menschenfabeln: Der philosophische La Fontaine anhand einer Fabelanalyse ('La mort et le malheureux', 'La mort et le bûcheron' und 'La mort et le mourant')


Hausarbeit, 2004

16 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EinleitungS

2. Die philosophische Situation im siècle classique

3. Der EpikureismusS

4. La Fontaine und der Epikureismus

5. Definition „Menschenfabeln“

6. Analyse der Fabeln mit Hinblick auf die philosophische Orientierung
6.1. „ La mort et le malheureux “ und „ La mort et le bûcheron
6.2 „ La mort et le mourant

7. Abschließende Betrachtung

8. LiteraturangabenS

1. Einleitung

Jean de La Fontaine gilt als einer der großen französischen Dichter und Lyriker des siècle classique. Neben bedeutenden Werken wie Contes et nouvelles en vers (e. 1663/74) sorgte die 1668[1] erschienene Sammlung Fables für seinen internationalen Durchbruch und bis heute andauernden Ruhm. In dieser Sammlung bringt La Fontaine antike Fabeln in eine poetische Form und reichert sie mit burlesken Anspielungen auf zeitgenössische Missstände, insbesondere im politischen Bereich, an.

Oft wurde La Fontaine wegen der Gattungswahl ‚Fabel’ als Kinderautor[2] verkannt. Doch das Werk La Fontaines ist weit mehr, als eine Kinderbelustigung. Und auch wenn sich die Romanisten und Literaturkritiker bis heute streiten, ob La Fontaine mit seinen Fabeln eine politische, philosophische oder moralische Richtung vertrat und sein Motto „ plaire et instuire “ lautete, so ist jedoch sicher, dass er auf verschiedenste Missstände in seinem Umfeld aufmerksam machte und oft die Fabel, als Sprachrohr nutzte.

Ein wichtiges Thema seiner Fabeln ist die Philosophie und ihre Anwendung. Ein besonders interessanter Aspekt ist dabei die Betrachtung von La Fontaines persönlicher philosophischer Entwicklung. In der folgenden Arbeit soll dieser Aspekt seiner Fabeln in Zusammenhang mit seiner Vitae genauer beleuchtet werden.

Dabei wird zunächst die aktuelle Situation zu La Fontaines Zeit geschildert, in der es verschiedenste philosophische Strömungen gegeben hat. Besondere Beachtung wird dabei der Epikureismus finden, zu dem sich La Fontaine lange Zeit hingezogen fühlte. Auch der Weg La Fontaines zu dieser philosophischen Strömung wird skizziert. Im darauf folgenden Abschnitt soll eine kurze Definition von Menschenfabeln gegeben werden und ihr Zusammenhang mit der philosophischen Prägung des Autors erläutert werden. Abschließend dient eine vergleichende Analyse der Doppelfabel La mort et le malheureux & La mort et le bûcheron (Buch I, Fabeln 15&16) mit der Fabel La mort et le mourant (Buch VIII, Fabel 1) der Verdeutlichung von La Fontaines epikureischer Prägung und seiner Übertragung in den Fabeln.

2. Die philosophische Situation im siècle classique

Nach der Ermordung von Heinrich IV. bis zur Konsolidierung der absoluten Monarchie unter Ludwig XIV. gibt es sowohl auf theologischer, als auch auf philosophischer Ebene zahlreiche verschiedene Strömungen und Meinungen[3]. Unter den Theologen findet eine Auseinandersetzung zwischen den Jesuiten[4] und den Jansenisten[5] statt. Für die Philosophie entsteht 1637 eine wichtige Schrift Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la vérité dans les sciences von René Descartes. Er vertritt das Konzept einer idealistischen Erkenntnistheorie. Der Weg zur absoluten Erkenntnis ist nur durch die «totale Negation und im systematischen Zweifel»[6] möglich. Zweifel setzt jedoch Denken voraus, so dass die Selbstvergewisserung durch den methodischen Zweifel das Einzig sichere ist. Daraus resultiert der berühmte Ausspruch „Cogito, ergo sum“. Mit seiner Philosophie widerspricht und widerlegt Descartes in vielen Dingen Gassendi[7].

3. Der Epikureismus

Der Philosoph Epikur lebte von 341 bis 270 vor Christus in Athen. Er ist Begründer des Epikureismus, der Lehre des allseitigen Lebensgenusses. Die Lehre gliedert sich in drei Bereiche: Der Logik, der Physik und der Ethik[8]. Alleiniges Ziel des Epikureismus ist die Glückseligkeit des Menschen, das heißt, die „Lustbilanz“[9], also die Gewinnung von Lust und Vermeidung von Unlust. Das eigentliche Ziel ist somit die Unerschütterlichkeit der Seele, also der ausgeglichenen Ruhe des Geistes („Ataraxie“[10] ). Dennoch darf die „ raison “, also der Verstand dabei nicht zu kurz kommen. Die Vernunft soll das Streben nach Glück lenken und zügeln.

Laut Epikur leben die Götter zwischen den Welten und kümmern sich nicht um das menschliche Treiben. So soll sich der Mensch auch nicht um die Götter und Dämonen kümmern.

Weitere zentrale Themen des Epikureismus sind «la liberté», «le plaisir», «la crainte», «l’amitié», «refus de l’amour», «la jouissance» und «la mort». Der Tod, der auch in der noch folgenden Analyse der Fabeln wichtig sein wird, liegt für die Epikureer außerhalb des Erfahrbaren und ist somit irrelevant für das Leben. Dennoch ist der Tod eine unbedingte und unvermeidbare Erfahrung am Ende des Lebens. Man stellt sich die Frage, wie man glücklich leben kann, wenn man doch weiß, dass man sterben wird. Der Epikureismus sieht dieses Wissen als Begründung für ein bewusstest und möglichst angenehmes Leben an: eben weil man weiß, dass man sterben muss und das Leben nicht unendlich ist, sollte man so glücklich wie möglich leben.

[...]


[1] 1668 erschienen die Bücher 1-6, 1678 Bücher 7-11 und 1694 das zwölfte Buch (nach Naumann, 1987)

[2] Vgl.: Voßler, Karl: La Fontaine und sein Fabelwerk, Heidelberg 1919.

[3] Vgl. Stackelberg, Jürgen von: Kleine Geschichte der französischen Literatur, München 1990.

[4] Hauptziel des 1539 von Ignatius von Loyola gegründeten Regularklerikerordens ist die Ausbreitung und Festigung des katholischen Glaubens durch Mission, Predigt, Seelsorge, Unterricht, wissenschaftliches Arbeiten und geistliche Übungen. (nach: Meyers Grosses Taschenlexikon)

[5] Der Jansenismus war eine katholische Reformbewegung des 17./18. Jahrhunderts, die von Cornelius Jansen ausging. Sie hat die französische Theologie stark beeinflusst. Kernidee des Jansenismus ist die aus der scholastische und jesuitischen Theologie entstandene Gnadenlehre mit ihrer Abschwächung dert Bedeutung der Erbsünde. Der Jansenismus gilt spätestens seit der Aufklärung als Gegenbewegung der Jesuiten. (nach: Meyers Grosses Taschenlexikon)

[6] Grimm, Jürgen: Das klassische Jahrhundert. In: ders. (Hg.) Französische Literaturgeschichte, Stuttgart 1999, S.147.

[7] Pierre Gassendi, eigentl. Gassend, (1592 – 1655) war französischer Naturforscher und Philosoph. Im Gegensatz zu Descartes vertrat er die Existenz eines leeren Raumes, innerhalb dessen sich die Atome bewegen und gruppieren Er versuchte in der Philosophie, den antiken Atomismus, die neuzeitliche mechanistische Physik und den chrsitlichen Glauben miteinander zu vereinen. Erkenntnistheoretisch vertrat er eine skeptische Position. (nach: Meyers Grosses Taschenlexikon).

[8] Vgl. Grimm, Jürgen: Le pouvoir des fables. Etudes lafontainiennes I, Paris Papers on French Seventeenth Century Literature 1994 [zahlreiche Aufsätze]: S.73ff.

[9] Neuhäusler, Anton: Neuhäusler, Anton: Grundbegriffe der philosophischen Sprache.

München 1967, S.89.

[10] Was „die Unerschütterlichkeit der Seele“ bedeutet – Vgl. Neuhäusler, Anton: Grundbegriffe der philosophischen Sprache. München 1967, S.89.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Menschenfabeln: Der philosophische La Fontaine anhand einer Fabelanalyse ('La mort et le malheureux', 'La mort et le bûcheron' und 'La mort et le mourant')
Hochschule
Universität Münster
Note
2,2
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V49159
ISBN (eBook)
9783638456814
ISBN (Buch)
9783638886475
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Menschenfabeln, Fontaine, Fabelanalyse
Arbeit zitieren
Catharina Niedermeier (Autor:in), 2004, Menschenfabeln: Der philosophische La Fontaine anhand einer Fabelanalyse ('La mort et le malheureux', 'La mort et le bûcheron' und 'La mort et le mourant'), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49159

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