Wechselkursstabilität in Ostasien vor und nach der Asienkrise


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

29 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Wechselkurssysteme vor der Asienkrise
2.1. Die Dollarbindungen der kleinasiatischen Staaten
2.2. Die Wechselkursflexibilität Japans
2.3. Asienkrise

3. Politikempfehlungen nach der Asienkrise
3.1. Corner Solutions/Bipolar View
3.2. Währungskörbe
3.3. Beibehaltung der Dollarbindung

4. Wechselkurspolitik nach der Asienkrise
4.1. De jure
4.2. De facto

5. Fazit und Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Fakturierungswährungen im Außenhandel Koreas, 1980-2000 (in Prozent)

Tabelle 2: Leistungsbilanzen in Ostasien

Tabelle 3: De jure IWF-Wechselkurssystemklassifikation der ostasiatischen Staaten

Abbildung 1: Wechselkursbindung der ostasiatischen Länder an den Dollar, 1980 - 2002 (monatlich)

Abbildung 2: Wechselkurs und Inflation in China

Abbildung 3: Großhandelspreisindizes der ostasiatischen Länder, 1980 - 2002 (monatlich) Abbildung 4: Yen/Dollar Wechselkurs, 1971-2002 (monatlich)

Abbildung 5: Großhandelspreisindex US und Japan

Abbildung 6: Yen/Dollar-Wechselkurs und langfristige Zinssätze

Abbildung 7: Ostasiatische Exporte und der Yen/Dollar Wechselkurs, 1980-2001 (jährlich)

Abbildung 8: Japanische Direktinvestitionen in Ostasien und der Yen/Dollar Wechselkurs, 1980-2001

Abbildung 9: tägliche Wechselkurs-Volatilität gegen den US-Dollar, 1990:01-2004:05

Abbildung 10: Offizielle Devisenreserven, 1980:01-2004:06

1. Einleitung

Mitte 1997 brach in Ostasien eine Währungs- und Finanzkrise aus, die die ganze Welt er- schütterte. Die Krise hielt bis Ende 1998 an und hatte ein Verfall der Währungen zur Folge. Die Finanzsysteme waren vom Zusammenbruch bedroht und die Volkswirtschaften Indone- sien, Korea, Malaysia, Thailand und der Philippinen von schweren Rezessionen getroffen. Als Ursache für die Asienkrise wurden schnell die Wechselkursregime der „Tigerstaaten“ ausgemacht - die Bindung an den Dollar. Deshalb forderte der IWF die Aufgabe der Dollar- bindungen und den Übergang zu flexiblen Wechselkursen. Es zeiht sich, dass die kleineren ostasiatischen Staaten die Empfehlungen des IWF mehr oder weniger missachteten und zur Dollarbindung zurückgekehrt sind.

Die Seminararbeit erläutert die Wechselkursstabilität in Ostasien vor und nach der Asienkrise.

2. Wechselkurssysteme vor der Asienkrise

Die meisten Entwicklungs- und Schwellenländer sind bestrebt Auslandskapital anzuziehen. Kapitalimporte, insbesondere ausländische Direktinvestitionen, erleichtern den Zugang zu international verfügbaren Technologien und unternehmerisches Know-how (Nunnenkamp 2000: 11).

Im Gegensatz zu Industrieländern besitzen Entwicklungs- und Schwellenländer keine Traditi- on makroökonomischer Stabilität, sondern haben oft hohe Inflation und instabile Staatshaus- halte. Mit der Anbindung der nationalen Währung an eine internationale Leitwährung oder an einen Währungskorb, versuchen sie, dessen Stabilität zu importieren und damit Vertrauen bei den Kapitalanlegern zu erzeugen. Eine stabile Währung und das Vertrauen in das Wechsel- kurssystem sind Voraussetzung für sichere Erwartungen und ein gutes Investitionsumfeld und damit für anhaltende Kapitalzuflüsse und niedrige Transaktionskosten für den Außenhandel. Die festen Wechselkurse gegenüber dem Dollar sind eine wichtige Grundlage des ostasiati- schen Wirtschaftswunders (Schnabl 2005).

Abbildung 1 zeigt deutlich, dass die Volkswirtschaften Hongkong, Indonesien, Korea, Malay- sia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Taiwan und China ihre nationale Währung bis zur Asienkrise mit verschiedenen Wechselkurssystemen fest an den Dollar gebunden hatten. Von allen bekannte sich nur Hongkong dazu eine offizielle Wechselkursparität gegenüber dem Dollar zu verfolgen (McKinnon 2000b: 1). Hongkongs Parität von 7,8 HK Dollar je US Dol- lar ist seit 1983 die Grundlage seiner Geldpolitik, die auf einem Currency Board basiert (Mc- Kinnon 2000b: 1). Die anderen ostasiatischen Staaten legten sich auf keine Parität fest. Indo- nesien wies mit Hilfe eines Crawling Peg1eine Abwertung von 4 bis 5% pro Jahr auf, während Singapur eine moderate Aufwertung verzeichnete. (McKinnon 2000a: 5; 2000b: 1). Des Weiteren zeigt die Abbildung deutlich, dass China den Yuan seit 1994 mit einem Festkurs an den Dollar bindet (McKinnon/Schnabl 2004a: 6). Der Wechselkurs des Yuan blieb vor, während und nach der Asienkrise unverändert.

Die chinesische Währung ist seit 1994 erst inoffiziell, später offiziell mit einer Bandbreite von 0,3 Prozent an den US-Dollar gekoppelt. Der Mittelkurs der Bindung betrug bis vor kurzem 8,2770 Yuan je Dollar.2Dieses Festkurssystem ist in den westlichen Industriestaaten zuneh- mend in die Kritik geraten. Seitdem der US-Dollar seit Januar 2002 weltweit unter Abwer- tungsdruck steht, wird China eine „merkantilistische Handelspolitik“ vorgeworfen (Schnabl 2005: 2). Wenn der Yuan, wie derzeit die meisten Währungen, unter kontinuierlichen Auf- wertungsdruck gegenüber dem Dollar steht und China unverändert am Festkurssystem fest- hält, werden Export und Wachstum angeregt. Die Aufwertung der anderen Währungen ge- genüber dem Dollar und damit dem Yuan, verschafft China einen Wettbewerbsvorteil, der als Ursache für den anhaltenden Exportüberschuss kritisiert wird (Schnabl 2005: 4).

Die chinesische Zentralbank reagierte im Juli 2005 auf den Druck der Märkte und wertete den Yuan um 2,1 Prozent auf. Seit dem beträgt der Mittelkurs 8,11 Yuan je Dollar. Für die Zu- kunft kündigte die Zentralbank einen Übergang zu einem Währungskorb-System an.3Der Renminbi ist seit über 10 Jahren erfolgreich an den Dollar gekoppelt. Die Wechselkursbin- dungen wurden durch Devisenmarktinterventionen der Notenbanken aufrechterhalten.

2.1. Die Dollarbindungen der kleinasiatischen Staaten

Eines der wichtigsten Ziele einer Dollarbindung ist der „Import von geldpolitischer Reputation und makroökonomischer Stabilität“ (Schnabl 2005: 3). Das ist insbesondere für solche Volkswirtschaften wichtig, die, wie China, über keine stabilitätsorientierte Geldpolitik verfügen, oder wo unterentwickelte Kapitalmärkte die Umsetzung einer solchen Geldpolitik erschweren (Schnabl 2005: 3).

Abbildung 2 zeigt, dass der Festkurs Chinas mit niedrigen Inflationsraten verbunden ist. Das feste Wechselkurssystem hat China sowohl in der Inflations-Bekämpfung als auch beim Zu- gang zu internationalem Kapital große Vorteile verschafft, da die Wechselkurspolitik Chinas als sehr glaubwürdig gilt. Die hohen Zuflüsse an ausländischem Kapital der letzten Jahre wurden nicht zuletzt aufgrund des geringen Währungsrisikos getätigt.

Abbildung 3 zeigt die Großhandelspreisindizes der ostasiatischen Staaten im Vergleich zum amerikanischen. Indonesien und die Philippinen, die erhebliche Abwertungen ihres nominalen Wechselkurses zuließen verzeichneten höhere Inflationsraten als die USA. Singapur mit einer leicht aufwertenden Währung, erfuhr bedeutend weniger Inflation als die USA. In allen ande- ren Ländern schwankte die Inflationsrate nur gering. (McKinnon 2000a: 7). Die makroökonomische Begründung für die Dollarbindung basiert auf der Notwendigkeit, das Preisniveau vor Inflation zu schützen und so stabil zu halten (McKinnon/Schnabl 2004b: 4). Die Abbildungen x und x zeigen den engen Zusammenhang zwischen Wechselkursstabilität und Preisniveaustabilität. Die informellen Dollarbindungen hielten die Inlandspreise der ost- asiatischen Länder während ihres außergewöhnlich rasanten Wirtschaftswachstums bis zur Asienkrise stabil (McKinnon/Schnabl 2004a: 3).

Die mikroökonomische Begründung für die Dollarbindung basiert auf der Notwendigkeit, das Wechselkursrisiko im internationalen und intraregionalen Handel4zu minimieren und die Transaktionskosten für Exporteure und Importeure zu senken.

Aufgrund unterentwickelter Kapitalmärkte, Kapitalkontrollen, Instabilität und langen Inflati- onsphasen, sind Banken und Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländer häufig nicht in der Lage in ihrer eigenen Währung international Kredite aufzunehmen oder selbst na- tional langfristige Darlehen einzugehen. Eichengreen und Hauman (1999) bezeichnen dies als Original Sin. Deshalb ist, neben dem Import makroökonomischer Stabilität und geringen Transaktionskosten für den Außenhandel, ebenso die Wechselkursstabilisierung für den Kapi- talverkehr wichtig.

Langfristig senkt die Wechselkursstabilität das Kursrisiko für internationale Verbindlichkeiten und Guthaben (McKinnon/Schnabl 2004a: 10-12, b: 5-6).

Tabelle 2 zeigt, dass die kleineren ostasiatischen Staaten vor der Asienkrise Nettoschuldner bzw. Nettokapitalimporteure waren.

Fassen wir kurz zusammen. Die Dollarbindungen bildeten einen informellen Schutz gegen Wechselkursrisiken und ersetzten den nicht vorhandenen Terminmarkt zwischen inländischer Währung und Dollar. Risikoaverse Unternehmen und Banken wurden so gegen das Risiko von Wechselkursschwankungen geschützt. (McKinnon/Schnabl 2004a: 13-14).

Da, alle ostasiatischen Staaten ihre Währungen an den Dollar gebunden hatten, bildete diese gemeinsame Dollarbindung einen informellen monetären Standard, der aufgrund der Dollarisierung internationaler Zahlungs- und Kapitalströme in Ostasien zur makroökonomischen Stabilität in der Region beitrug.

2.2. Die Wechselkursflexibilität Japans

Japan hatte in den 50er und 60er Jahren, während der Phase seines enormen Wirtschaftswachstums und ökonomischer Transformation, den Yen ebenfalls fest an den Dollar gebunden und somit einen monetärer Standard gebildet (McKinnon 2000a: 2). Es hat den stabilen Wert des Dollar genutzt um das Preisniveau konstant zu halten.

Im Gegensatz zu seinen asiatischen Nachbarn verfolgte Japan heute ein flexibles Wechselkurssystem (McKinnon/Schnabl 2004a: 3).

Wie Abbildung 4 zeigt, wertete der japanische Yen seit der Bretton Woods Parität 1971 kontinuierlich auf und schwankt stark gegenüber dem Dollar (McKinnon/Schnabl 2003: 1-2). Seitdem in Japan Anfang der 90er Jahre die Aktien- und Immobilienblasen geplatzt sind, befindet sich die japanische Volkswirtschaft in ihrer schwersten Rezession seit dem 2. Weltkrieg. Fiskal- und Geldpolitik sind an ihrem Limit im Kampf gegen die Rezession und Deflation angekommen. Abbildung 5 zeigt, die Großhandelspreise Japans im Vergleich zum relativ stabilen Preisniveau in den USA kontinuierlich sinken. Mit wiederholten Zinssenkungen steuerte die Bank of Japan gegen den deflationären Druck, der von den immer wiederkehrenden Aufwertungen ausging, bis sie den Nominalzinsen schließlich gegen Null liefen, Abbildung 6. Seit 1999 sitzt Japan in der Liquiditätsfalle (Schnabl 2005: 6).

Der IWF drängte die Bank of Japan dazu Deflation mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen, d.h. das Geldangebot zu erhöhen und so den Yen abzuwerten. Die japanische Notenbank wies diese Forderungen zurück. Käufe ausländischer Währungen in großem Umfang mit dem Ziel den Yen abzuwerten, könnte Opposition bei Japans kleineren Nachbarstaaten auslösen und als „beggar-thy-neighbour“-Politik kritisiert werden. Die Befürworter einer wesentlichen Yen-Aufwertung sind der Meinung, eine solche Aufwertung hat keine entscheidenden negativen Auswirkungen auf die anderen ostasiatischen Volkswirtschaften oder diese würden durch die positiven Auswirkungen einer Erholung Japans ausgeglichen, z.B. durch mehr japanischer Importe. Folgt man hingegen der Argumentation von McKinnon und Schnabl (2003) hat eine Yen-Aufwertung erhebliche Nachteile für die anderen ostasiatischen Volkswirtschaften (McKinnon/Schnabl 2003: 1-2).

Die Yen/Dollar-Kursschwankungen hatten beträchtliche Auswirkungen auf die anderen ostasiatischen Staaten, zum einen auf den Außenhandel und zum anderen auf die ausländischen Direktinvestitionen. Die Yen/Dollar-Fluktuation beeinflusst Japans internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA als auch gegenüber den ostasiatischen Staaten, die eine Dollarbindung haben. Eine Yen-Aufwertung schränkt die Wettbewerbsfähigkeit Japans ein während es den Export der anderen ostasiatischen Staaten fördert. Eine Yen-Abwertung hingegen erhöht die Wettbewerbsfähigkeit japanischer Güter während die Exporte und damit die Wettbewerbsfähigkeit der anderen ostasiatischen Staaten abnehmen. Abbildung 7 zeigt, dass die Exporte der kleineren ostasiatischen Staaten mit dem Yen/Dollar-Kurs schwanken. Die Yen-Abwertung nach 1995 bremste die ostasiatischen Exporte erheblich und die scharfe YenAbwertung von 1996 bis 1998 verschlimmerte die Asienkrise.

Ebenso stark korrelieren die japanischen Direktinvestitionen in Ostasien mit dem Yen-Dollar- Wechselkurs, Abbildung 8 Wenn der Yen aufwertet, nehmen die japanischen Auslandsinves- titionen zu, da Produktions- und Investitionskosten in Japan steigen. Japanische multinationa- le Konzerne, aber auch mittlere und kleinere Unternehmen, verlagern unprofitable Teile der Produktion in ostasiatische Länder mit niedrigem Nominallohn. Der Zufluss langfristigen Ka- pitals und Know-hows aus Japan erhöht die inländischen Bruttoinvestitionen Ostasiens und damit den Output. Wenn der Yen abwertet, nehmen die Direktinvestitionen Japans ab (Mc- Kinnon/Schnabl 2003: 7-10)

2.3. Asienkrise

Aufgrund der hohen Risikoprämien war das Zinsniveau in Ostasien im Vergleich zu USA und Japan höher. Die Folge war ein Anstieg der Kapitalzuflüsse. Die Banken akzeptierten nied- rigverzinste Dollareinlagen, die sie wiederum im Inland zum höheren einheimischen Zins als Kredite in nationaler Währung vergaben (McKinnon/Schnabl 2004a: 3). Der Dollarstandard hatte zwei große Probleme - das sog. Moral Hazard und die Wechselkurs- risiken gegenüber Drittwährungen. In den internationalen Schuldnerländern - Indonesien, Ko- rea, Malaysia, Philippinen und Thailand - waren Banken und andere Kreditinstitute schlecht reguliert. Die Bankguthaben waren dennoch explizit oder implizit gegen Zahlungsunfähigkeit durch die Regierung versichert. Das resultierende Moral Hazard war verantwortlich für den übermäßigen Anstieg kurzfristiger ausländischer Verbindlichkeiten welche die verfügbaren Devisenreserven der ostasiatischen Schuldnerländer deutlich überstiegen. Der Anstieg wurde durch die Abwesenheit von Kapitalverkehrskontrollen noch verstärkt.

Wechselkursschwankungen des Yen gegen den Dollar hatten die Wettbewerbsfähigkeit der ostasiatischen Staaten beeinflusst und Direktinvestitionen destabilisiert. Als der Yen kurz vor der Asienkrise deutlich abwertete, werteten die ostasiatischen realen Wechselkurse auf. Dadurch verloren die ostasiatischen Volkswirtschaften an Wettbewerbsfähigkeit, Direktinvestitionen wurden abgezogen und das Wirtschaftswachstum verlangsamte (McKinnon 2000a: 3) Ansteigende Leistungsbilanzdefizite waren die Folge. Der Verlust des Vertrauens in das ostasiatische Wirtschaftswunder provozierte Währungsattacken und führte schließlich zum Kollaps der Wechselkursbindungen (Schnabl 2005: 2-3).

Ausgehend von Thailand, wo der Bhat unter großen spekulativen Druck geriet, brachen die Dollarbindungen fast aller ostasiatischen Staaten zusammen. Der thailändische Bhat wertete um 25% innerhalb weniger Tage ab. Das Vertrauen in die Stabilität der Währung war geschwunden. Daraufhin griff der Vertrauensverlust auf die anderen Volkswirtschaften über. Der koreanische Won, der indonesische Rupiah, der philippinische Peso und der Ringgit in Malaysia werteten ebenfalls 25 bis 33% ab. Die massive Abwertung der ostasiatischen Währungen verursachte eine tiefe Rezession, die auch Hongkong, Singapur und Taiwan traf. Deren Währungen wurden hingegen nicht attackiert. Sie waren in der Lage ihre Dollarbindungen aufrechtzuerhalten (Schnabl 2004: 13; Opitz 2001: 179).

Die erheblichen Abwertungen der Währungen in Indonesien, Korea, Malaysia, Philippinen und Thailand und ließ die Gesamtnachfrage zurückgehen und hatte zur Folge das auch die Volkswirtschaften Hongkong, China, Taiwan und Singapur, die ihre Währungen nicht abwer- teten unter enormen deflationären Druck gerieten. Der Preisindex der Lebenshaltung von Hongkong und China fiel um 10% im Verhältnis zum amerikanischen. Selbst Singapurs und Taiwans Index fiel, obwohl deren Währungen um 10-15% abwerteten (McKinnon 2000b: 3). Die Asienkrise zwang viele ostasiatische Volkswirtschaften ihre Dollarbindung aufzugeben und zu flexiblen Wechselkursen überzugehen. Die Rolle des Dollars als Ankerwährung wurde aufgehoben.

Hongkong und China überstanden die Krise relativ unbeschadet. Der Renminbi überstand die Asienkrise ohne Abwertung. Weil China übermäßige Kreditaufnahmen im Ausland durch Beibehaltung erheblicher Kapitalverkehrskontrollen limitierte (McKinnon 2000a: 4). Die Wechselkurspolitik Chinas gilt als sehr glaubwürdig. Die hohen Zuflüsse an ausländischem Kapital der letzten Jahre wurden nicht zuletzt aufgrund des geringen Währungsrisikos getä- tigt.

3. Politikempfehlungen nach der Asienkrise

Dem IWF zu Folge waren die kurz- und mittelfristigen Dollarbindungen der ostasiatischen Staaten für die Krise verantwortlich. Aufgrund der Zinsunterschiede zwischen Ostasien und den USA kam es zu massiver kurzfristiger Verschuldung in ausländischer Währung, insbesondere in Dollar, die als Kredit in inländischer Währung vergeben wurden. Die Versuchung der Devisenverschuldung war umso größer, da man aufgrund der Dollarbindung keinem Wechselkursrisiko ausgesetzt war.

Die Kritiker der Dollarbindungen argumentierten wie folgt. Wenn die Währungen flexibler schwanken, erkennen die Banken das Wechselkursrisiko und sind nicht bereit sich kurzfristig zu überschulden. Ferner sind diskretionäre Abwertungen, z.B. nach politischen oder ökonomischen Unruhen, die Währungsattacken provozieren, durch flexiblere Wechselkurse nahezu ausgeschlossen (McKinnon/Schnabl 2004a: 3).

Der IWF und andere namhafte Finanzexperten forderten die ostasiatischen Staaten auf, ent- weder zu flexiblen Wechselkursen (floaten) oder zu festen Wechselkursen (z.B. Currency Board oder Dollarisierung, wie im Fall von Hongkong und China) überzugehen. Künftige wirtschaftliche Schieflagen können so vermeiden werden (Fischer 2001). Ein Festhalten an den Dollarbindungen ist nicht nachhaltig und kann demzufolge nicht aufrechterhalten werden (Hernández/Montiel 2002).

Kawai und Akiyama entwickeln einen Rahmen für zukünftige Wechselkurssysteme in Ost- asien. Sie befürworteten Währungskorbe in denen der US Dollar, der japanische Yen und der Euro repräsentiert sind. Mit einer höheren Gewichtung des Yen (Kawai/Akiyama 2000: 3). Williamson schlägt gleich strukturierte Währungskörbe vor (McKinnon/Schnabl 2004a: 28).

3.1. Corner Solutions („Bipolar View“)

Länder müssen sich entweder für flexible Wechselkurse oder feste Wechselkurse entscheiden (sog. Bipolar View oder Corner Solution). Mittlere oder „weiche Wechselkursbindungen“ sind nicht nachhaltig und können nicht aufrechterhalten werden (Fischer 2001: 2-4). Hernández und Montiel (2002) beobachten genau wie Fischer, dass sich die meisten Länder hin zu flexibleren Wechselkursen bewegen.

Der Bipolar View ist eine logische Konsequenz des „Impossible Trinity“. Nach dem Konzept können von den drei außenwirtschaftlichen Zielen - autonome Geldpolitik, feste Wechselkur- se und freier Kapitalverkehr - immer nur zwei erreicht werden.

[...]


1Crawling Peg: Wechselkursbindung mit regelmäßigen, vorher bekannt gegebenen Auf- bzw. Abwertungen

2Quelle: de.Wikipedia.org/wiki/Renminbi

3Quelle: de.Wikipedia.org/wiki/Renminbi

4Fakturierung fast ausschließlich in Dollar (McKinnon 2000a: 8). Vgl Tabelle 1

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Wechselkursstabilität in Ostasien vor und nach der Asienkrise
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
29
Katalognummer
V49122
ISBN (eBook)
9783638456494
Dateigröße
1237 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wechselkursstabilität, Ostasien, Asienkrise
Arbeit zitieren
Christian Schwarzkopf (Autor:in), 2005, Wechselkursstabilität in Ostasien vor und nach der Asienkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49122

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wechselkursstabilität in Ostasien vor und nach der Asienkrise



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden