Disstress am Arbeitsplatz. Potenzielle Stressquellen und Bewältigungsstrategien

Einzelfallstudie in Zusammenarbeit mit der Firma Eurocopter Deutschland GmbH


Fallstudie, 2001

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Gang der Arbeit

2 Was ist Stress? Die Suche nach einer Definition

3 Das transaktionale Bewältigungsmodell von Lazarus
3.1 Darstellung des Bewältigungsmodells
3.2 Bewältigungstheorie (Coping)
3.2.1 Informationssuche
3.2.2 Direkte Aktion
3.2.3 Aktionshemmung
3.2.4 Intrapsychische Bewältigungsformen

4 Fallbeispiel
4.1 Datenerhebungstechniken
4.1.1 Befragung mit Fragebogen
4.1.2 Teilstrukturiertes Interview
4.2 Verlauf der Befragung mit Ergebnissen
4.2.1 Angaben zur Person
4.2.2 Ausgewählte Fragen aus der Umfrage von Hannelore Weber
4.2.3 Mögliche Quellen für die Entstehung von Stress
4.2.3.1 Belastungen aus der Arbeitsaufgabe
4.2.3.1.1 Zu hohe qualitative und quantitative Anforderungen
4.2.3.1.2 Zeit- und Termindruck
4.2.3.1.3 Informationsüberlastung
4.2.3.1.4 Unklare Aufgabenübertragung, widersprüchliche Anweisungen
4.2.3.1.5 Unerwartete Unterbrechungen und Störungen
4.2.3.2 Belastungen aus der Arbeitsrolle
4.2.3.2.1 Verantwortung
4.2.3.2.2 Konkurrenzverhalten unter den Mitarbeitern – Mobbing_
4.2.3.2.3 Fehlende Unterstützung und Hilfeleistung_
4.2.3.2.4 Enttäuschung, fehlende Anerkennung
4.2.3.2.5 Konflikte mit Vorgesetzten und Mitarbeitern
4.2.3.3 Belastungen aus der materiellen Umgebung
4.2.3.4 Belastungen aus der sozialen Umgebung
4.2.3.4.1 Betriebsklima
4.2.3.4.2 Wechsel der Umgebung, der Mitarbeiter und des Aufgabenfeldes
4.2.3.4.3 Strukturelle Veränderungen im Unternehmen
4.2.3.4.4 Informationsmangel
4.2.3.4.5 Personalabbau, Arbeitsplatzunsicherheit
4.2.3.5 Belastungen aus dem „behavior setting“
4.2.3.5.1 Isolation
4.2.3.5.2 Dichte, Zusammengedrängtheit
4.2.3.6 Belastungen aus dem Person-System
4.2.3.6.1 Angst vor Aufgaben, Misserfolg, Tadel und Sanktionen
4.2.3.6.2 Ineffiziente Handlungsstile
4.2.3.6.3 Fehlende Eignung, mangelnde Berufserfahrung
4.2.3.6.4 Familiäre Konflikte
4.2.3.7 Fortschreitende Rationalisierung
4.2.4 Fazit

5 Stressbewältigung (Coping)
5.1 Individuelle Stressbewältigung_
5.2 Stressbewältigungsseminare von Seiten der Organisation
5.2.1 Seminar „Arbeitsplatzorganisation – Zeitmanagement“
5.2.2 Seminar „Selbstmanagement und Mentaltraining in Belastungssituationen“
5.2.3 Fazit

6 Danksagung

7 Literatur

1 Einleitung

1.1 Zielsetzung

Der Begriff „Stress“ ist heutzutage in aller Munde. Besonders in Situationen, die mit Arbeit zu tun haben ist er nicht mehr wegzudenken. Wodurch also fühlen sich die Betroffenen an ihrem Arbeitsplatz gestresst, welche Stressquellen können identifiziert werden? Ein Interview mit einem leitenden Ingenieur soll Aufschluss über diese Fragen geben sowie über die unmittelbar anschließende Frage: Wenn mögliche Stressquellen identifiziert worden sind, was kann das Individuum zur Stressbewältigung bzw. Stressvermeidung am Arbeitsplatz tun und welche Möglichkeiten stehen Unternehmen zur Verfügung, die Mitarbeiter aktiv zu unterstützen?

1.2 Gang der Arbeit

Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Definition des Begriffs „Stress“. Die Darstellung des transaktionalen Bewältigungsmodells von Lazarus inkl. der Bewältigungstheorie (Coping) steht dabei stellvertretend für die Vielzahl von Definitionen und Stressmodellen, die in der Literatur zu finden sind.

Eine im zweiten Teil vorgestellte Einzelfallstudie, durchgeführt mit einem leitenden Ingenieur der Firma EUROCOPTER DEUTSCHLAND GmbH, Donauwörth, identifiziert unter starkem Praxisbezug mögliche Stressquellen am Arbeitsplatz.

Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit Bewältigungsstrategien. Auch hier ist der Fokus auf den Arbeitsplatz gesetzt. Es soll geklärt werden, wie der Einzelne eine aktive Stressbewältigung bzw. –vermeidung umsetzen und wie er dabei von seinem Unternehmen unterstützt werden kann. Der Schwerpunkt liegt auf Techniken, die durch Mitarbeiterseminare vermittelt werden können.

2 Was ist Stress? Die Suche nach einer Definition

Auf die Frage „Wie geht es Ihnen?“ erhält man nicht selten die Antwort „Ich bin im Stress“ - eine dazu passende Leidensmiene inbegriffen. Jedermann /Jedefrau scheint „gestresst“ zu sein, sei es der Unternehmer, der Stress als Angst, Aufregung und Hektik oder Terminnot und Zeitdruck erlebt, sei es der Angestellte, dem sich Stress in Form von Überlastung, Leistungsdruck und Existenzangst zeigt oder sei es die Hausfrau, die Stress als körperliche Überforderung, seelische Spannung, Hast und Eile erlebt1. Auf volkswirtschaftlicher Ebene liest man immer öfter von Milliardenverlusten, die dem Staat als Folge von arbeitsbedingtem Stress entstehen. In Schweden beispielsweise betragen die Kosten für die Folgen von arbeitsbedingtem Stress laut Schätzung ca. 450 Millionen ECU2. Bei dem Begriff „Stress“ scheint es sich also um etwas Allgegenwärtiges zu handeln, das unser Leben und unser Denken zunehmend beherrscht. Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur vermag diesen Trend zu bestätigen. Fand sich in den „Psychological Abstracts“ der Jahre 1936 – 1940 noch kein einschlägiger Eintrag über „Stress“, so wiesen sie allein für die Jahre 1971 – 1975 über 1.400 Titel auf3. Die Anzahl der Artikel, die sich mit der psychologischen Stressforschung beschäftigen, belief sich im Zeitraum von 1984 – 1998 auf über 29.0004. Fragt man allerdings nach einer eindeutigen Definition des Stressbegriffs, wird man kaum fündig. Je nachdem, welche Forschungsrichtung man heranzieht – man wähle unter der psychoanalytischen, der lern- und verhaltenstheoretischen, der entwicklungspsychologischen, der soziologischen oder auch der ethologischen etc. – die Vielfalt der Definitionen scheint unendlich zu sein. „Die“ Stressforschung im Sinne einer geschlossenen Forschungsrichtung gibt es also nicht. Bei einer begriffsgeschichtlichen Klärung bleibt man zunächst bei einem der Urväter der Stressforschung hängen. Für Richard S. Lazarus hat der Stressbegriff seinen Ursprung in der Physik bzw. im Ingenieurswesen (engineering). Ein kurzes Zitat hierzu: „To the engineer it means any external force directed at some physical object. The result of this force is stain, the temporary or permanent alteration in the structure of the object”5. In der Überblicksliteratur wird häufig nach situationsbezogenen, reaktionsbezogenen und relationalen Definitionen systematisiert6. Diese Ansätze werden im Folgenden kurz dargestellt. Die Ausführungen sind dabei an Hannelore Weber angelehnt.

Die situationsbezogene Stressdefinition: Hierbei bezieht sich der Begriff „Stress“ auf externe Reize, Umweltgegebenheiten, Situationen, Ereignisse und Anforderungen, die durch Merkmale wie Neuheit, Intensität, ihr plötzliches Auftreten oder erforderliche Wiederanpassung psychische und/oder physische Störungen auslösen. Beispiele für diese Form der Stressbestimmung stammen hauptsächlich aus dem arbeits- und organisationswissenschaftlichen Bereich. Dort wird in dem Begriffspaar „Stress-Strain“ Stress als die externe Größe (oder „Belastung“) und Strain als die subjektive Wahrnehmung bzw. Konsequenz dieser Belastung (oder „Beanspruchung“) festgelegt.

In reaktionsbezogenen Stressdefinitionen wird unter „Stress“ ein bestimmter, physiologisch, psychisch oder verhaltensbezogen zu kennzeichnender Zustand des Organismus verstanden. Klassisches Beispiel für diese Definitionsrichtung ist das biologische Stresskonzept von Seyle – dem „Vater“ der Stressforschung. Der Begriff „Stress“ wird bei Seyle festgelegt für ein spezifisches biologisches Reaktionsmuster, das durch qualitativ unterschiedliche physikalische und psychische Reize, also unspezifisch hervorgerufen wird. Im Verlauf eines mehrstufigen „allgemeinen Anpassungssyndroms“ kommt es zur Ausbildung eines morphologischen Syndroms, das sich zusammensetzt aus Geschwüren im Magen-Darm-Trakt, Vergrößerung der Nebennierenrinde und Schrumpfung der Thymusdrüsen und Lymphknoten.

Nach der relationalen Stressdefinition von McGrath liegt Stress dann vor, wenn das Person-Umwelt Zusammenspiel gekennzeichnet ist durch ein substantielles Ungleichgewicht zwischen wahrgenommenen Anforderungen und wahrgenommenen Reaktionsmöglichkeiten. Ergänzende Bedingung ist, dass bei einem Versagen, den Anforderungen zu begegnen, negative Konsequenzen resultieren.

Nach diesen drei Definitionen ist man geneigt, Stress in erster Linie als ein negatives, mit Gefahren und Schädigungen verbundenes Phänomen zu betrachten. Eine grundsätzlich negative Bewertung von Stress würde allerdings einseitig solche Interventionsmaßnahmen befürworten, die ausschließlich auf die Stressreduktion abzielen7. Dabei würde übersehen werden, dass es aber zwei Arten von Stresswirkungen gibt. Hierunter fällt zum einen der „unangenehme“ Disstress, zum anderen der als „angenehm“ empfundene Eustress8. Stressreaktionen können also sowohl durch schädliche Einwirkungen (Disstress) als auch durch angenehm erlebte Erlebnisse (Eustress) ausgelöst werden9. Bei der Diskussion um die Auswirkungen sollte auch nicht vergessen werden, dass Stress zum Leben notwendig ist. Ein gewisses Maß an Stress dient der Steigerung der körperlichen und geistigen Anpassungs- und Leistungsfähigkeit. Stress tritt auf als lebenswichtiges Warnsignal, das dem Selbstschutz dient. Die eigenen Leistungsgrenzen werden bewusster, dadurch können sie eingehalten und kontrolliert ausgedehnt werden. Durch Stress wird der Organismus für die Bewältigung bevorstehender Probleme mobilisiert, in der direkten Konfrontation wird ihm der Zugriff zu den letzten Reserven möglich10. In der vorliegenden Arbeit soll in erster Linie auf den negativen Stress eingegangen werden, noch genauer eingegrenzt auf den „arbeitsbedingten Stress“, der nach einer Definition der Europäischen Kommission definiert wird als „emotionale und psychophysiologische Reaktion auf ungünstige und schädliche Aspekte der Arbeit, des Arbeitsumfelds und der Arbeitsorganisation“11.

3 Das transaktionale Bewältigungsmodell von Lazarus

3.1 Darstellung des Bewältigungsmodells

Die Uneindeutigkeit der Definition von Stress hat im Laufe der Jahre eine große Anzahl an unterschiedlichen Stressmodellen hervorgebracht. Im Zuge dieser Arbeit soll auf den psychologischen Ansatz der Forschergruppe um Lazarus12 mit dem transaktionalen Stress- und Copingkonzept näher eingegangen werden. Es handelt sich hier um die differenziertesten und am weitesten ausgearbeiteten Konzepte13. Eine Erklärung des Modells erfolgt in diesem ersten, theoretischen Teil der Arbeit, die Verknüpfung mit der Praxis soll im zweiten Teil hergestellt werden. In der nachfolgenden Abbildung ist das Stressmodell nach Lazarus schematisch dargestellt14.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung: Stress-Modell von Lazarus (nach Lazarus & Launier, 1981)

Das transaktionale Modell geht von einem bidirektionalen Ursache/Wirkungsverhältnis aus, d.h., nicht nur die Situation wirkt auf die Person, sondern auch die Person wirkt verändernd auf die Situation ein15. Diese Wechselwirkung zwischen Person und Situation bezeichnet Lazarus als „Transaktion“16. Zum einen begegnen die Personen ihrer Umgebung mit einem bestimmten Repertoire an Eigenschaften, Überzeugungen und Wertvorstellungen und interpretieren ihre Umgebung aktiv auf dem Hintergrund dieser objektiven Persönlichkeitsmerkmale. Zum anderen lassen sich die Individuen in einem gewissen Maß relativ passiv auf die objektiven Merkmale ihrer Umwelt ein17. Die Person schätzt also die gegebene Situation ein – diesen Vorgang der wertenden Wahrnehmung bezeichnet man als „primäre kognitive Bewertung“18. Dabei können objektiv gleiche Umweltbedingungen zu interindividuell unterschiedlichen Situationsbewertungen führen, weil sie vor dem Hintergrund differierender personaler Charakteristika interpretiert werden. Der in Gang gesetzte Bewertungsprozess wird abgebrochen, wenn der Vorfall als persönlich irrelevant eingeschätzt wird. Stehen allerdings mögliche Folgen für das emotionale Wohlbefinden an, erfolgt eine qualitative Einschätzung. Fällt diese Einschätzung positiv aus, wird damit die Situation als günstig eingestuft, kann sie positive Emotionen wie Zufriedenheit oder Glück nach sich ziehen. Auf der anderen Seite kann das Ereignis beim Handelnden aber auch den Eindruck hervorrufen, dass die eigenen Anpassungsfähigkeiten zu gering ausgeprägt sind. In diesem Fall wird die Person den Vorfall mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit als subjektive Belastung oder Stress bewerten, der mit negativen Gefühlen verbunden ist19. Im Verlauf des daran anschließenden Bewertungsschrittes, der sog. „sekundären kognitiven Bewertung“20, stellen sich die Betroffenen die Frage, was sie selbst gegen die Probleme unternehmen können. Die stressbezogenen Bewertungen werden in drei Formen unterteilt – nämlich in Schädigung/Verlust, Bedrohung und Herausforderung, wobei alle drei eine gewisse negative Bewertung des eigenen Wohlbefindens einschließen, Herausforderung aber die am wenigsten negative und am meisten positive Gefühlstönung aufweist21.

Lässt nun die Situation keine Bewältigung zu, liegt beispielsweise ein erschüttertes Selbst- und Weltbild vor, eine Störung des Selbstwertgefühls oder ein zwischenmenschlicher Verlust, so muss die Person mit einer Schädigung bzw. einem Verlust rechnen.

Die Bedrohung dagegen betrifft eine Schädigung oder einen Verlust, die bzw. der noch nicht eingetreten ist sondern antizipiert22 wird. Beispielsweise muss im Trauerfall eine Person, die einen geliebten Menschen verloren hat, nicht nur den bereits vorliegenden Verlust hinnehmen, sondern muss auch eine Vielfalt zukünftiger (antizipatorischer) Anforderungen berücksichtigen, die ein solcher Verlust nach sich zieht.

Eine Situation wird dann als Herausforderung erlebt, wenn die Person subjektiv von ihrer Bewältigungsfähigkeit überzeugt ist. Die Chancen einer erfolgreichen Bewältigung sind groß – damit verbunden ist eine Steigerung von Kompetenz, Selbstwertgefühlt und Selbständigkeit.

3.2 Bewältigungstheorie (Coping)

Nachfolgend soll kurz auf die im Rahmen des Stressmodells nach Lazarus erwähnte Bewältigungstheorie eingegangen werden, allerdings in der modifizierten Form nach Jürgen R. Nitsch (1981)23.

Die Bewältigung einer vorangegangenen oder gegenwärtigen Schädigung bzw. eines Verlustes macht andere Kognitionen und Handlungen erforderlich als die Bewältigung einer zukünftigen Schädigung (Bedrohung). Demnach muss eine erlittene Schädigung bzw. ein Verlust überwunden und ausgeglichen werden, eine Bedrohung dagegen macht es erforderlich, den Status quo aufrechtzuerhalten oder der Schädigung vorzubeugen, indem man versucht, diese abzuwehren oder zu neutralisieren.

Bewältigungsbemühungen können verschiedene alternative instrumentelle Schwerpunkte haben: Sie können auf die Umwelt oder auf das Selbst oder auf beide gerichtet sein – man kann also durch die Veränderung eines oder beider Faktoren Stress abbauen oder beseitigen. Passt man die eigenen kognitiven Schemata oder Handlungen den äußeren Gegebenheiten an, spricht man von einer „Akkommodation“, wird dagegen die Umwelt verändert oder internen Schemata und Bedürfnissen angepasst, von einer „Assimilation“.

Ein sehr wichtiger Aspekt der Bewältigung, nämlich die Bemühungen, Emotionen zu regulieren, soll an dieser Stelle als Beispiel für die obige Aussage dargestellt werden. Stressemotionen wie Furcht, Schuld, Traurigkeit, Neid usw. sind schmerzlich und quälend. Starke Emotionen wie Angst überlagern häufig Anpassungsprozesse, indem sie zu Ablenkung oder selektiver Aufmerksamkeit führen und dadurch den normalen Beachtungsumfang für Hinweisreize einschränken. Des weiteren bedeutet psychologischer Stress, dass die Person sich in Gefahr befindet und sich physiologisch mobilisieren muss, um die Situation zu meistern. Eine bedrohte Person ist solange physiologisch aktiviert, bis diese Störung durch eine erfolgreiche Abwehr kompensiert wird. Wenn die Störung sowohl schwerwiegend als auch dauerhaft ist, kann sie eine körperliche Erkrankung zur Folge haben.

Neben der Fähigkeit, Emotionen regulieren zu können, gibt es in dieser Kategorie noch mehrere andere Konzepte wie beispielsweise das Konzept der „Frustrationstoleranz“ von R. Rosenzweig24, jedoch würde deren Auflistung zu einer Überfrachtung des theoretischen Teils führen.

Lazarus unterscheidet nun im Rahmen seiner Bewältigungstheorie vier verschiedene Formen der Bewältigung:

3.2.1 Informationssuche

Eine Person kann z.B. eine schwierige Entscheidung unterstützen und sich dabei wohler fühlen, wenn sie ausschließlich nach Informationen sucht, die damit übereinstimmen. Gleichzeitig erfolgt eine Vermeidung der Aufnahme von dissonanten Informationen.

3.2.2 Direkte Aktion

Hierunter fallen verschiedene Handlungen. Beispielsweise kann eine Aktion instrumentell sein, wie beim Bau eines Sturmdaches als Schutzvorkehrung gegen Wirbelstürme, sie kann auch Emotionen regulieren, wie das Durchführen von Muskelentspannungsübungen. Direkte Aktion kann auch dazu dienen, sich selbst zu ändern, z.B. indem man das Rauchen aufgibt, oder die Umwelt zu verändern.

3.2.3 Aktionshemmung

Da eine Aktion immer die mögliche Gefahr unbedachter Folgen in sich birgt, ist man durch die Aktionshemmung in der Lage, im Einklang mit situativen und intrapsychischen Gegebenheiten zu bleiben.

3.2.4 Intrapsychische Bewältigungsformen

Hierunter fallen alle kognitiven Prozesse, die durch Verbesserung des Wohlbefindens einer Person Emotionen regulieren sollen, also all das, was eine Person zu sich selbst sagt und alle Formen der Aufmerksamkeitslenkung. Solche intrapsychischen Prozesse können einen instrumentellen Wert haben, z.B. wenn eine Person sich während einer entscheidenden Prüfung selbst zu beruhigen versucht, um die störende Angst zu vermeiden.

4 Fallbeispiel

Eine im Folgenden vorgestellte Einzelfallstudie zeigt mögliche Belastungsquellen am Arbeitsplatz auf und vertieft den theoretischen Teil durch einen starken Praxisbezug. Unter dem Begriff berufliche Belastung werden hier berufliche Ereignisse und Situationen gefasst, die Anforderungen an das Organisationsmitglied stellen. Sie können auch als Stressoren bezeichnet werden. Berufliche Beanspruchung soll dann als gegeben angesehen werden, wenn der Erwerbstätige zur Einschätzung kommt, dass die Anforderung seine internen und externen Ressourcen übersteigt oder nicht genügend fordert25. Dabei sei daraufhingewiesen, dass ein Anspruch auf objektive Messung der Arbeitsbelastung zwar bei physikalisch messbaren Größen relativ leicht einlösbar ist, bei subjektiv wahrgenommen beruflichen Belastungen nicht unbedingt gegeben ist. Aussagen wie beispielsweise „Selbst am Abend muss ich häufig an meine Arbeit denken“ reichen in das allgemeine psychische Wohlbefinden hinein, sind aber nicht eindeutig auf der Seite der unabhängigen Variablen anzusiedeln26.

[...]


1 Biener, K. (1988), S. 20 ff.

2 Levi, L. (1998) in: Schriftenreihe „Stress im Betrieb“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

3 Nitsch, J. R. (1981), S. 17

4 Somerfield, M. R. (2000), S. 621

5 Lazarus, R. S. (1966), S. 12

6 Weber, H. (1987), S. 13 ff.

7 Nitsch, J. R. (1981), S. 49

8 ders., S. 49

9 ders., S. 55

10 ders., S. 50

11 Europäische Kommission, Generaldirektion V, 1997

12 Lazarus/Averill/Opton 1974; Lazarus/Launier 1978; Lazarus/Cohen/Folkman/Kanner/Schaefer 1980

13 Rüger, U. (1990), S.18

14 Stengel, M. (1997), S. 202

15 Rüger, U. (1990), S. 18

16 Lazarus, R. S. (1978), S. 287 ff.

17 Brücker, H. (1994), S. 8

18 Stengel, M. (1997), S. 203

19 Brücker, H. (1994), S. 7 ff.

20 Stengel, M. (1997), S. 203

21 Nitsch, J. R. (1981), S. 235 ff.

22 antizipieren (lat.): vorwegnehmen

23 ders., S. 241 ff.

24 Rosenzweig, R. (1944): An outline of frustration theory. In: Hunt, J., Personality and the behavior disorders. New York

25 Pfaff, H. (1989), S. 125

26 Apenburg, E. (1985), S. 10

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Disstress am Arbeitsplatz. Potenzielle Stressquellen und Bewältigungsstrategien
Untertitel
Einzelfallstudie in Zusammenarbeit mit der Firma Eurocopter Deutschland GmbH
Hochschule
Universität Augsburg  (Extraordinariat für Angewandte Psychologie)
Veranstaltung
Grundlagen der Arbeitspsychologei
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
32
Katalognummer
V489437
ISBN (eBook)
9783668971356
ISBN (Buch)
9783668971363
Sprache
Deutsch
Schlagworte
disstress, deutschland, eurocopter, firma, zusammenarbeit, einzelfallstudie, bewältigungsstrategien, stressquellen, potenzielle, arbeitsplatz, gmbh
Arbeit zitieren
Sigrid Pander (Autor:in), 2001, Disstress am Arbeitsplatz. Potenzielle Stressquellen und Bewältigungsstrategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/489437

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