Der Einfluss der sozialen Schicht der Eltern auf die Bildungschancen von Kindern


Hausarbeit, 2018

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Unterschiede und Begriffsabgrenzung
1.1.1. Soziale Klasse
1.1.2. Soziale Schicht
1.1.3. Relevanz und Zuordnung zu meiner Fragestellung

2. Theorien sozialer Ungleichheiten/Theoretischer Hintergrund
2.1 Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu
2.1.1 Soziale Positionen und Klassen
2.1.2 Der Raum der Lebensstile
2.1.3 Die Habitustheorie

3. Soziale Schichten im Hinblick auf Bildungschancen
3.1 Ursachen von Chancenungleichheit
3.1.1 Schichtspezifische Einflüsse durch die Familie
3.1.2 Schichtspezifische Sozialisation in der Familie
3.2 Wie wirken sich die sozialen Schichten der Eltern auf die Bildungschancen der Kinder aus?

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den vergangenen Jahren hat die Thematik „Bildungsungleichheit aufgrund sozialer Herkunft“ -vor allem durch die Ergebnisse der PISA-Studien in Bezug auf die enge Verknüpfung zwischen sozialem Status und Bildungserfolg- starke Beachtung gefunden. Inzwischen ist das Thema als kontroverse Debatte in der Gesellschaft verankert. Hierbei steht das Bildungssystem in Deutschland massiv in der Kritik. Zwar kann das Phänomen Chancenungleichheit auch in vielen anderen Ländern nachgewiesen werden, doch in keinem Land korrelieren soziale Herkunft und Bildungschancen so extrem, wie in Deutschland. Die Leistungsfähigkeit der Schüler allein ist nicht ausschlaggebend für den Bildungserfolg, sondern dieser wird wesentlich durch die Schichtzugehörigkeit, den sozialen Status und die finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern determiniert.

Diese Verknüpfung birgt jedoch die Gefahr, dass sich in Folge die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet, so dass die deutsche Sozialstruktur unter erheblichen Druck gerät, weil sich ein geschlossenes System etabliert, das zu durchbrechen für nicht privilegierte Gesellschaftsgruppen immer schwieriger wird. Ein chancengleiches Bildungssystem sollte jedoch nicht Utopie bleiben, sondern mittelfristig Standard jeder Bildungseinrichtung in Deutschland!

Die Gliederung dieser Arbeit ist wie folgt aufgebaut:

Zunächst werden die Begriffe „soziale Klasse“ und „soziale Schicht“ voneinander abgegrenzt und es wird die relevante Bezeichnung für die zu beantwortende Fragestellung herausgefiltert. Anschließend wird die Schichttheorie von Rainer Geißler vorgestellt. Zur weiteren Vertiefung des Themas werden die Bildungsgrundsätze NRW sowie die PISA-Studie -in Bezug auf soziale Herkunft und Bildungserfolg- analysiert.

Folgend wird die Hauptthese dieser Arbeit untersucht, es wird verifiziert, ob der Einfluss des sozialen Status der Eltern auf die Bildungschancen von Kindern nachweisbar ist. Hierzu werden die Ursachen von Chancenungleichheit und deren Auswirkungen dargestellt.

Den Abschluss der Arbeit bildet ein Fazit, in dem die Erkenntnisse dieser Ausarbeitung kurz zusammengefasst werden, ein Ausblick für die kommende Zeit vorgestellt sowie ein Idealbild für die Zukunft gezeichnet wird.

1.1. Unterschiede und Begriffsabgrenzung

1.1.1. Soziale Klasse

Eine soziale Klasse bezeichnet eine Zuordnung von Menschen in unterschiedlichen Gruppierungen der Gesellschaft. Die Zuordnung des Individuums zu einer Klasse wird in erster Linie durch objektive Merkmale definiert, von denen insbesondere die „Erwerbs- bzw. Berufsstellung“ bedeutsam ist. Der Begriff Klasse ist ein zentraler und sehr kritisch gesehener Grundbegriff in der Theorie von Karl Marx, der diesen insbesondere besitzorientiert definiert. Karl Marx vertritt die Meinung, dass Menschen durch ihre Stellung „im Produktionsprozess“ bestimmten Klassen zugeordnet werden und dabei nicht das Einkommen ein entscheidender Faktor ist, sondern „Eigentum (Bourgeoisie) oder Nichteigentum (Proletariat) […] an Produktionsmitteln.“ Die Eigentümer beherrschen dabei die Nichteigentümer und drängen sie in ein „Ausbeutungsverhältnis“ (k.A. o. J., S.1).

1.1.2. Soziale Schicht

Die soziale Schicht ist eine hierarchische Einteilung von Menschen einer sozialen Einheit, definiert durch deren unterschiedliche Statusklassen. Bezeichnend ist, dass die Angehörigen gleicher Klassen den gleichen Status aufweisen. Häufig grenzen sie sich von Angehörigen anderer Klassen mit einem höheren oder geringeren Status ab und weisen in vielen Lebenssituationen ein schichtspezifisches Verhalten auf. Es werden fünf Klassen unterschieden:

(1) Die erste Klasse bezeichnet die „Oberschicht“. Hierzu gehören „Manager großer Unternehmen, hochrangige Beamte, die Oberschicht der Angestellten etc.“.
- Eine Untergruppierung dieser Klasse ist die „Obere Mittelschicht“, wozu „Manager mittelständischer Unternehmen, Stellvertreter etc.“ zu zählen sind.
(2) Die nächste Klasse ist die „Mittlere Mittelschicht“. Sie bildet sich aus „Manager[n] von Klein- und Mittelbetrieben, mittlere[m] Management und Beamte[n]“.
(3) Eine weitere Klasse ist die „Untere Mittelschicht“. Sie schließt die „Eigentümer von Klein- und Mittelbetrieben, Beamte in niedrigen Stellungen, Büropersonal [und] Handwerker“ ein.
(4) Die „Unterschicht“ definiert die nächste Klasse und besteht aus „ungelernte[n] Arbeiter[n], Arbeitslose[n] etc.“
(5) Eine Untergruppierung dieser Klasse ist die „Untere Unterschicht“. Hierzu gehören „Rentner, verwitwete Personen [und] Gelegenheitsarbeiter“ (Geißler, R. 2017, S.1).

Grundsätzlich gehören zu einer sozialen Schicht alle Individuen gleichen Status. Sie zeichnen sich jeweils durch gleiche Kennzeichen wie Beruf, Herkunft oder Einkommen aus. Um die sozialen Schichten abgrenzen zu können, ist es erforderlich, folgende Charakterisierungen zu differenzieren:

„[…] die subjektive Einschätzung der fraglichen Person über ihrer [sic!] eigene Schichtzugehörigkeit – und die anderer – und ihrer [sic!] tatsächliche Schichtzugehörigkeit“ (Geißler, R. 2017, S.1). Die Messung kann entweder direkt durch Befragung oder indirekt mit Hilfe von Indikatoren durchgeführt werden.

Helmut Schelsky hat seine Definition von sozialer Schicht klar definiert als „eine willkürliche schichten-mäßige Gliederung jeder größeren Bevölkerung aufgrund objektiver Positionsmerkmale […], bei der subjektive, vom Schichtangehörigen erlebbare Aspekte wie Prestige und Klassenbewußtsein [sic!] keine Rolle spielen müssen“ (Geißler, R. 2017, S.2).

Auch Theodor Geiger, ein bekannter dänischer Soziologe, hat eine Definition von sozialer Schicht. In seinem entwickelten Schichtmodell sind die „Klassen- und Schichtstruktur“ zentrale Themen und somit auch sein Verständnis von einer Schicht (Burzan, N. 2011, S.26). So ist die soziale Schicht die Beschreibung für eine besondere „soziale Lage“ und spiegelt die „Sozialstruktur einer Gesellschaft“ wider. Geiger unterscheidet hierbei gezielt zwischen „‘objektiven‘ und ‚subjektiven‘ Schichtbegriffen“. Objektive Bezeichnungen beziehen sich ausschließlich auf äußere Kennzeichen der sozialen Lage. Die subjektive Anlehnung fokussiert sich auf einheitliche Ansichten, Gedanken oder psychische Verfassungen. Hierzu gehören ausschließlich Personen, die sich auch „solidarisch fühlen und so verhalten“ (Burzan, N. 2011, S.27).

1.1.3. Relevanz und Zuordnung zu meiner Fragestellung

In Bezug auf die Fragestellung, in welchem Ausmaß die soziale Herkunft der Eltern Einfluss auf die Bildungschancen der Kinder hat, ist der Schichtenbegriff am anschaulichsten. Zur Vereinfachung werden wir nur nach den im allgemeinen Sprachgebrauch genutzten drei Schichten „Unterschicht“, „Mittelschicht“ und „Oberschicht“ differenzieren. Diese Schichten lassen sich für die Einteilung nach Herkünften der Familien anschaulich charakterisieren.

Der Begriff Schicht wird auch heute noch als gängiger Begriff genutzt, wohingegen der Klassenbegriff, der um das 19. Jhd. entstand, eher als „veraltet“ zu bezeichnen ist. Zu dieser Zeit wurde die Zuordnung zu einer bestimmten Klasse durch die Eltern, bzw. deren Besitz beeinflusst und die soziale Klasse der Eltern auf die Kinder übertragen. So waren die Aufstiegsmöglichkeiten der Kinder eine große Herausforderung. Heute ist diese „Erblast“ nicht mehr so ausschlaggebend und mangelnde Ressourcen der Eltern müssen nicht zwingend eine unabwendbare Benachteiligung der Kinder zur Folge haben. Zwar werden auch in einer Schicht die Kinder von der Schichtzugehörigkeit der Eltern oder deren Beruf, der „verschiedene Faktoren wie […] Qualifikation, Einkommen, Prestige und Einfluss“ zusammenfügt, deutlich beeinflusst, jedoch ist ein Auf- oder Abstieg nicht ausgeschlossen (Geißler 2002 zit. n. Burzan 2011, S.75).

2. Theorien sozialer Ungleichheiten/Theoretischer Hintergrund

2.1 Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu

Pierre Bourdieu war ein französischer Soziologe und leistete mit seiner Kapitaltheorie einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung soziologischer Theorien. Er beschäftigte sich mit Prozessen, wie soziale Ungleichheiten entstehen und sich immer wieder nachbilden. Zudem lieferte er Ansatzpunkte zur Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Bourdieu unterscheidet in seinem Modell grundlegend den Subjektivismus vom Objektivismus: Der Subjektivismus basiert darauf, dass sich die Akteure ihrer Denkweise und Wahrnehmung widmen, diese jedoch nicht hinterfragen. Der Objektivismus richtet sich auf den objektiven Sinn, die Erfahrungen werden hierbei nicht beachtet. In Bourdieus entwickelter Habitustheorie sorgt er für eine Vermittlung zwischen Objektivismus und Subjektivismus.

2.1.1 Soziale Positionen und Klassen

In seiner Kapitaltheorie hält Bourdieu grundsätzlich fest, dass jedes Individuum Kapital besitzt und lediglich aus der Anzahl und Verteilung des jeweiligen Kapitals soziale Ungleichheiten resultieren. Die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit des Kapitals kann für eine Ausgrenzung oder Integration in der Gesellschaft sorgen. Nach Bourdieu wird abhängig vom jeweiligen Kapital eine einhergehende Klassenzugehörigkeit festgelegt. So wird die soziale Stellung von „Kapitalvolumen, der Kapitalstruktur und schließlich einem zeitlichen Faktor, der sozialen Laufbahn“ bestimmt und eine hierarchische Einteilung der Gesellschaft disponiert (Burzan, N. 2011, S. 125).

Bourdieu erweitert für sein Modell den marxistischen Kapitalbegriff und schließt neben dem ökonomischen Kapital auch kulturelles und soziales Kapital mit ein. Das Kapital beruht nun im Hinblick auf soziale Ungleichheiten nicht mehr ausschließlich auf materiellem Vermögen, sondern auch auf der Beziehungsebene und dem Bildungsgrad. Er definiert vier Arten von Kapital:

(1) „Ökonomisches Kapital“
(2) „Kulturelles Kapital“
(3) „Soziales Kapital“
(4) „Symbolisches Kapital“ (ebd., S.125-127)

(1) Das „ökonomische Kapital“ ist das wichtigste Kapital, da alle anderen Kapitalien darauf aufbauen und in Verbindung mit dem ökonomischen Kapital erlangt werden. Es bestimmt sich durch Besitz und Reichtum eines Individuums und ist unmittelbar in Geld konvertierbar.

(2) Das „kulturelle Kapital“ ist eng verknüpft mit Bildung. Es kann zum Teil sowohl selbst errungen werden als auch vererbt sein und ist unter bestimmten Bedingungen in ökonomisches Kapital umsetzbar. Das kulturelle Kapital gliedert sich in drei Formen:

I. Das „inkorporierte Kulturkapital“ bezeichnet Wissen und Bildungsstand (Burzan, N. 2011, S. 126). Hierbei ist nicht bloß das Wissen gemeint, welches in der Schule erworben wurde, sondern auch außerschulisches Wissen, beispielsweise durch die Erziehung in der Familie. Die Aneignung beansprucht Zeit und ist weder materiell zu erwerben noch zu verschenken. Die Bedingungen des Erwerbs prägen die Person ist besonderem Maße. Vor allem die Sprechweise des Individuums wird dadurch beeinflusst.
II. Das „objektivierte[] Kulturkapital“ zeichnet sich durch den Besitz von Kulturgütern aus. Hierzu zählen „Bücher, Gemälde [und] Instrumente“ (ebd., S. 126). Es ist auf andere verteilbar, jedoch können diese es sich nur mit inkorporiertem Wissen, also der nötigen Bildung aneignen. Dieses Kapital ähnelt dem ökonomischen Kapital in hohem Maße (vgl. ebd., S.126).
III. Das „institutionalisierte Kulturkapital“ schließlich basiert auf formalen Bildungsabschlüsse oder Titeln (ebd., S.126). Der Besitzer eines solchen Titels hat ein durch kulturelle Kompetenz erworbenes Zeugnis mit einem rechtlich abgesicherten Wert erlangt. Dieses ist anerkannt und geht meist einher mit ökonomischem Kapital, was sich im Laufe der Zeit jedoch ändern kann. Beispielsweise kann sich ein Abiturient heutzutage eines gut bezahlten Jobs aufgrund seines Bildungsabschlusses nicht mehr so sicher sein, wie noch vor einigen Jahren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss der sozialen Schicht der Eltern auf die Bildungschancen von Kindern
Hochschule
Fliedner Fachhochschule Düsseldorf
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
19
Katalognummer
V489109
ISBN (eBook)
9783668999770
ISBN (Buch)
9783668999787
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, schicht, eltern, bildungschancen, kindern
Arbeit zitieren
Alina Welke (Autor:in), 2018, Der Einfluss der sozialen Schicht der Eltern auf die Bildungschancen von Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/489109

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