Wertorientiertes Performance Measurement: Darstellung und Vergleich ausgewählter Konzepte


Magisterarbeit, 2003

130 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Beispielverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit

2 Performance Measurement
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Performance
2.1.2 Performance Measurement
2.2 Performance Measures
2.2.1 Statistisch-methodischer Gesichtspunkt
2.2.2 Zeitliche Ausrichtung
2.2.3 Bewertungsansatz
2.2.4 Betrachtungsebene
2.2.5 Adressaten

3 Unternehmenswertorientierung
3.1 Die Grundidee
3.2 Entwicklung des Shareholder Value-Gedankens
3.2.1 Kritik an traditionellen Erfolgskennzahlen
3.2.1.1 Fundamentale Mängel absoluter, buchhalterischer Gewinngrößen
3.2.1.1.1 Gesetzliche Spielräume im externen Rechnungswesen
3.2.1.1.2 Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes
3.2.1.1.3 Vernachlässigung des Risikos
3.2.1.1.4 Vernachlässigung von Investitionserfordernissen
3.2.1.1.5 Vernachlässigung ökonomischer Wirkungen nach dem Betrachtungszeitraum
3.2.1.1.6 Mangelnde Korrelation mit der Wertentwicklung am Kapitalmarkt
3.2.1.1.7 Auswirkungen der Kritik an „traditionellen“ Steuerungsgrößen
3.2.1.2 Fundamentale Mängel relativer, buchhalterischer Gewinngrößen
3.2.1.2.1 Gesamtkapitalrentabilität (ROI)
3.2.1.2.2 Eigenkapitalrentabilität (ROE)
3.2.2 Weitere Wegbereiter des Shareholder Value-Ansatzes
3.2.2.1 Die Mergers- und Acquistions-Welle
3.2.2.2 Entstehen eines Marktes für Unternehmenskontrolle
3.2.2.3 Informationsasymmetrien
3.2.2.4 Zunehmende Bedeutung institutioneller und ausländischer Anleger
3.2.2.5 Weiterentwicklung des strategischen Managements
3.2.2.6 Zunehmende Mobilität des Kapitals
3.3 Conclusio

4 Unternehmenswertorientierte Kennzahlen
4.1 Grundlagen der Unternehmensbewertung
4.1.1 Deutschsprachige Bewertungslehre
4.1.2 Entwicklung in den USA
4.2 Das Shareholder Value-Konzept
4.2.1 Grundlagen
4.2.2 Ermittlung des Shareholder Value
4.3 Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF)
4.3.1 DCF-Grundkonzepte
4.3.1.1 Entity-Approach
4.3.1.2 Equity-Approach
4.3.1.3 Adjusted Present Value-Verfahren
4.3.1.4 Kritik der DCF-Verfahren
4.3.2 Moderne DCF-Konzepte
4.3.2.1 Ansatz nach Rappaport
4.3.2.2 Ansatz nach Copeland/Koller/Murrin
4.4 Methode des internen Zinsfusses
4.4.1 Grundkonzept
4.4.2 Cash Flow Return on Investment
4.5 Residualgewinnkonzepte
4.5.1 Grundkonzept des Residualgewinns
4.5.2 Lücke-Theorem
4.5.3 Moderne Residualgewinnkonzepte
4.5.4 Economic Value Added
4.5.5 Economic Profit
4.5.6 Cash Value Added

5 Vergleich der vorgestellten Konzepte
5.1 Anforderungen an wertorientierte Performance Measures
5.2 Der Vergleich
5.2.1 Wertorientierung
5.2.1.1 Zukunftsorientierung
5.2.1.2 Zahlungsstrombezug
5.2.1.3 Berücksichtigung von Risiken
5.2.1.4 Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes
5.2.1.5 Korrelation zum Börsenwert
5.2.2 Eignung zur Performancemessung
5.2.2.1 Manipulationsfreiheit
5.2.2.2 Anwendbarkeit
5.2.2.2.1 Datenverfügbarkeit und Ermittlungsaufwand
5.2.2.2.2 Verständlichkeit und Akzeptanz
5.2.2.3 Vergleichbarkeit
5.2.2.3.1 Vergleichbarkeit unterschiedlicher Unternehmen
5.2.2.3.2 Vergleichbarkeit im Zeitablauf
5.2.2.4 Periodengerechtigkeit
5.2.2.5 Anreizorientierung
5.3 Zusammenfassende Beurteilung der wertorientierten Performance Measures

6 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Performance Measurement als Phase des Steuerungskreislaufs

Abbildung 2: Buchhalterische vs. residualeinkommensbezogene Erfolgsmessung

Abbildung 3: Grundtypen der Verhaltensunsicherheit der Eigentümer in der Beziehung zum Management

Abbildung 4: Hauptfunktionen der Unternehmensbewertung

Abbildung 5: Ausprägungsformen des Entscheidungswerts

Abbildung 6: Komponenten des Shareholder Value-Konzepts

Abbildung 7: Wertorientierte Performancemaße und ihre „modernen“ Berechnungsmethoden

Abbildung 8: Überblick über die DCF-Verfahren

Abbildung 9: Überblick über verschiedene FCF-Definitionen

Abbildung 10: Ermittlung des Free Cash Flow

Abbildung 11: Ermittlung der Eigenkapitalkosten auf Basis des CAPM

Abbildung 12: Das Shareholder Value-Netzwerk

Abbildung 13: Zusammenhang zwischen Free Cash Flow und zentralen Wertreibern im Konzept von Copeland/Koller/Murrin

Abbildung 14: Berechnungskomponenten im CFROI-Konzept

Abbildung 15: Ermittlungsschema für EBV und NOPAT

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bilanzpolitik und Bilanzkennzahlen

Tabelle 2: Wachstum des Gewinns pro Aktie und Eigentümerrenditen des Standard & Poor’s 500 Index, 1986-1996

Tabelle 3: Empirisch erhobene Marktrisikoprämien

Tabelle 4: Beurteilung der Wertorientierung

Tabelle 5: Bewertung der Manipulationsfreiheit

Tabelle 6: Bewertung der Anwendbarkeit

Tabelle 7: Bewertung der Vergleichbarkeit

Tabelle 8: Bewertung der Periodengerechtigkeit

Tabelle 9: Bewertung der Anreizorientierung

Tabelle 10: Zusammengefasster Vergleich der wertorientierten Konzepte

Beispielverzeichnis

Beispiel 1: Unterinvestitionsanreiz des ROI

Beispiel 2: Lücke-Theorem

Beispiel 3: Alternative Abschreibungsmethoden für Economic Value Added

Beispiel 4: Eignung der Konzepte bei Anreizproblemen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Suche nach geeigneten Maßzahlen zur Messung der betrieblichen Leistung stellt einen wesentlichen Bereich in Theorie und Praxis der Unternehmensführung dar. Schließlich liegt es im besonderen Interesse der Stakeholder eines Unternehmens zu wissen, wie erfolgreich das Unternehmen wirtschaftet.

Ab Mitte der achtziger Jahre begann der Shareholder Value-Ansatz in den USA Fuß zu fassen. Shareholder Value ist ein vieldiskutiertes und stark polarisierendes Reizwort. Eine treffende Übersetzung des Begriffes ins Deutsche ist „Marktwert des Eigenkapitals“. Die dahinter stehende Idee lautet, dass das primäre Ziel der Unternehmensführung darin bestehen müsse, sich am Marktwert des Eigenkapitals auszurichten und den Wert einer Unternehmung nachhaltig zu steigern. Diese Idee ist nicht neu. Eine Hauptrichtung der ökonomischen Theorie fordert seit langem von Managern in Unternehmen, in denen eine Trennung zwischen Eigentum und Management vorliegt, ihre Entscheidungen an den Interessen der Eigentümer auszurichten, da diese als Inhaber von Residualansprüchen das größte Risiko tragen. Eigentümerorientierung muss nicht im Gegensatz zu den Interessen anderer Stakeholder (z.B. Kreditgeber, Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten, öffentliche Hand) eines Unternehmens stehen, denn erst durch Berücksichtigung dieser vertraglich abgesicherten Ansprüche kann eine marktwertmaximierende Strategie realisiert werden.[1]

Beginnend mit Rappaport [2] im Jahre 1986 wurden an amerikanischen Business Schools einige Konzepte zur unternehmenswertorientierten Steuerung entwickelt. Dabei wurde vorhandenes Gedankengut aus der Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie auf die Unternehmensführung übertragen. Die Ideen wurden von Unternehmensberatungen aufgegriffen, die sich auf die Umsetzung von Shareholder Value-Ansätzen spezialisierten.[3] Dies unterstützte die weite Verbreitung des Shareholder Value-Gedankens in der unternehmerischen Praxis.

Ausgehend von diesem Boom des Shareholder Value-Gedankens in den USA finden unternehmenswertorientierte Konzepte seit dem Beginn der neunziger Jahre auch im deutschen Sprachraum starke Verbreitung. So trug vor allem Bühner mit zahlreichen Publikationen zur Verbreitung des Gedankenguts bei. Einige Großunternehmen, wie z.B. Siemens, Veba oder RWE begannen ihre Unternehmensziele um das Ziel der Schaffung von Aktionärsvermögen zu erweitern.[4] Heute findet sich auch unter den Unternehmen des A-Segments der Wiener Börse kaum ein Unternehmen, dass in seinen Geschäftsberichten nicht auf die Wichtigkeit dieser Zielsetzung hinweisen würde. Aufgrund der in der öffentlichen Meinung vorherrschenden Ressentiments gegenüber dem Begriff „Shareholder Value“ werden für das Bekenntnis zur Orientierung am Unternehmenswert jedoch mitunter variierende Ausdrücke verwendet (z. B. „Value Management“ bei Wienerberger oder „Value Based Management“ bei der VA Tech).[5]

Mit dem Bekenntnis zum Shareholder Value stellt sich die Frage, wie diese Zielsetzung in der betrieblichen Praxis umgesetzt und gemessen werden kann. Dafür wurden in den vergangenen 15 Jahren einige Kennzahlen entwickelt, deren Einsatzbereich sich von der ursprünglichen Idee der Ermittlung eines (Gesamt-)Unternehmenswertes zu Bewertungszwecken heute über die Ressourcenallokation bis hin zur Leistungsbeurteilung erstreckt.

Die bekanntesten und gebräuchlichsten wertorientierten finanziellen Maßzahlen sind die von McKinsey propagierte Discounted Cash Flow-Methode, der von der New Yorker Beratung Stern Stewart & Company entwickelte Economic Value Added[6] (EVAâ) und der vor allem von der Boston Consulting Group verwendete Cash Flow Return on Investment (CFROI).

1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit

Im Rahmen dieser Arbeit sollen diese Konzepte einem kritischen Vergleich auf ihre Eignung als Instrumente zur Messung der betrieblichen Leistung unterzogen werden.

In einem ersten Schritt wird der Begriff „Performance Measurement“ erörtert. Aus der vorhandenen Literatur zum Thema wird die für diese Arbeit maßgebliche Begriffsdefinition abgeleitet. Besonderes Interesse liegt darin, den Zweck und die Funktionen von Performancekennzahlen heraus zu arbeiten sowie die unterschiedlichen Einsatzbereiche dieser Größen darzulegen (Kapitel 2).

In weiterer Folge werden der Shareholder Value-Gedanke und die Entwicklungen, die zu seiner weiten Verbreitung im amerikanischen aber auch deutschsprachigen Raum geführt haben, dargestellt. Das Hauptaugenmerk gilt dabei der Kritik von buchhalterischen Erfolgsmaßstäben, denn gerade die Unzufriedenheit mit diesen Maßzahlen war einer der wichtigsten Gründe für die rasche Verbreitung der Shareholder Value-Idee (Kapitel 3).

In weiterer Folge werden die Konzepte Discounted Cash Flow, Economic Value Added und Cash Flow Return on Investment im einzelnen vorgestellt (Kapitel 4). Dabei werden zunächst die theoretischen Grundlagen der einzelnen Konzepte und anschließend deren moderne Ausprägungsformen dargestellt.

Aufbauend auf diesem Basiswissen erfolgt ein Vergleich der wertorientierten Konzepte zur Performancemessung anhand der Kriterien Wertorientierung, Manipulationsfreiheit, Anwendbarkeit, Vergleichbarkeit, Periodengerechtigkeit und Anreizorientierung (Kapitel 5). Die Anforderungskriterien wurden nach Durchsicht der relevanten Literatur zu den Themen Performance Measurement und Wertorientierte Unternehmensführung definiert. In einer zusammenfassenden Kritik werden die jeweiligen Stärken und Schwächen der einzelnen Shareholder Value-Konzepte.

In Kapitel 6 werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Ein Ausblick auf aktuelle Entwicklungen im Bereich des Performance Measurement unter besonderer Berücksichtigung nicht-finanzieller Größen rundet die Arbeit ab.

2 Performance Measurement

„The choice of performance measures is one of the most critical challenges facing organizations. Performance measurement systems play a key role in developing strategic plans, evaluating the achievement of organizational objectives, and compensating managers.“ [7]

2.1 Begriffsdefinitionen

2.1.1 Performance

Der oft verwendete Begriff „Performance“ hat noch keine eindeutige Übersetzung in der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Literatur erfahren. Tatsächlich findet sich eine Vielzahl oft unterschiedlicher Definitionen.

„Performance zu erbringen“ heißt, gewünschte Ziele bzw. angestrebte Zustände zu erreichen oder einen Beitrag zur Erreichung bestimmter Ziele zu leisten.[8] „Performance existiert folglich nie absolut, für sich selbst, sondern ergibt sich stets im Kontext spezifischer (Unternehmungs-)Ziele.“[9] Der Blickwinkel des Betrachters bestimmt die Bedeutung des Begriffes und seine Messung. Frei übersetzt könnte der Begriff „Performance“ mit „Leistung“ umschrieben werden.[10],[11]

Doch selbst der Begriff "Leistung" eröffnet einen großen Interpretationsspielraum. Der Leistungsbegriff kann als produzierende Tätigkeit (Leistung als Begriff des Handelns) oder als Ergebnis dieser Tätigkeit (Leistung als Begriff des Seins) aufgefasst werden.[12]

In der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Literatur bezeichnet „Leistung“ zumeist entweder das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit im allgemeinen oder die im Gebiet der Kostenrechnung zu den Kosten komplementäre, positive Komponente des Betriebserfolgs.[13] Die Rechengröße Leistung umfasst die bewerteten, sachzielbezogenen Gütererstellungen einer Periode.[14]

Unabhängig vom zugrundeliegenden Datenmaterial kann unter Leistung der bewertete Beitrag zur Erreichung der Ziele einer Organisation verstanden werden, der von Individuen oder Gruppen innerhalb der Organisation als auch von externen Gruppen erbracht wird.[15]

Im Rahmen dieser Arbeit sollen unter dem Begriff „Performance“ bereits realisierte oder zukunftsorientierte Ergebnisse unternehmenszielbezogener Aktionen verstanden werden.[16]

Realisierte Ergebnisse beziehen sich auf Erfolgsgrößen (z.B. Gewinne oder Cash Flows) vergangener Perioden, während zukunftsorientierte Ergebnisse auf Aktionen abstellen, die erst in zukünftigen Perioden zu realisierten Ergebnissen werden (z.B. geplante Strategien oder Projekte). „Unternehmenszielbezogen“ bedeutet, dass die relevanten Aktionen einen Beitrag zur Erreichung gesetzter Unternehmensziele leisten.[17]

2.1.2 Performance Measurement

Ähnlich wie „Performance“ wird auch der Begriff „Performance Measurement“ sehr oft in der betriebswirtschaftlichen Literatur verwendet, doch hat sich bis dato keine einheitliche Definition und Einordnung herauskristallisiert. Vielfach wird Performancemessung mit der Kontrollfunktion des systemtheoretischen Steuerungskreislaufs (Planung – Steuerung – Kontrolle) gleichgesetzt (siehe Abbildung 1).[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Performance Measurement als Phase des Steuerungskreislaufs[19]

Performance Measurement dient der Entscheidungsunterstützung und der Verhaltensbeeinflussung im Unternehmen. Entscheidungen in größeren Unternehmen werden typischerweise nicht zentral getroffen, sondern Entscheidungsbefugnisse werden delegiert: Besser informierte Manager sollen „vor Ort“ Entscheidungen treffen, die im Interesse der Zentrale bzw. der Eigentümer sind. Die Ziele der Tochtergesellschaften (Manager) und der Zentrale stimmen nicht notwendigerweise überein. In einer solchen Situation ist es Aufgabe der Zentrale, geeignete Rahmenbedingungen für Investitionsentscheidungen zu schaffen. Dabei müssen sowohl personelle als auch sachliche Koordinationsprobleme[20] beachtet werden. Es kommt unter anderem darauf an, wie der Erfolg einzelner Abteilungen gemessen wird und welche Konsequenzen an die Performancemaße geknüpft sind.[21]

Performancemessung ist ein Mittel, um die Aufmerksamkeit auf die Ziele einer Organisation zu richten.[22] Leistungsmessung hat sich eng an den Informationsbedürfnissen der Verwender dieser Messgrößen zu orientieren (i.d.R. die Stakeholder des Unternehmens). Es besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen der Zielsetzung und den Adressaten des Performance Measurement.[23]

Lebas identifiziert fünf Ursachen, warum Performance gemessen wird. Bei all diesen Gründen stehen Planungs-, Koordinations- und Kontrollaufgaben im Vordergrund. Die fünf Ursachen lassen sich in Frageform wie folgt umschreiben:[24]

- Wo stand die Organisation in der Vergangenheit?
- Wo steht die Organisation heute?
- Wohin soll sich die Organisation in Zukunft entwickeln?
- Wie wird die Organisation dorthin gelangen?
- Woran wird die Organisation erkennen, dass sie ihre Ziele erreicht hat?

Diese Fragestellungen liefern jene Informationen, die von Simons et. al. bereits 1954 als die kritischen Informationen zur Steuerung eines Unternehmens betrachtet wurden: Informationen zum "Scorekeeping", "Attention directing" und "Problem solving".[25]

Kaplan/Atkinson halten in ähnlicher Weise fest, dass der Steuerungsprozess folgende Stufen umfasst:[26]

- das Setzen eines Leistungsziels,
- die Messung der Performance,
- den Vergleich von Ziel und tatsächlicher Performance,
- eine Abweichungsanalyse und
- das Ergreifen adäquater Maßnahmen falls notwendig.

Nach Klingebiel wird das Steuerungsverständnis von folgenden drei Auffassungen geprägt:[27]

- “You cannot manage what you cannot measure.
- What gets measured gets done.
- Measurement influences behavior.”

Bei diesem Zugang wird vor allem der verhaltensbeeinflussende Aspekt der Leistungsmessung betont. Er zeigt, dass ein Performance Measurement-System mit einem Anreizsystem gekoppelt sein sollte, um auf Mitarbeiterebene ein hohes Maß an Zielidentifikation sicher zu stellen.

Performancemessung muss jedoch keineswegs rein vergangenheits- und gegenwartsorientiert, sondern soll durchaus auch zukunftsorientiert sein. So kann zwischen drei unterschiedlichen Messungen bzw. Arten von gemessenen Größen unterschieden werden:[28]

- Realisierte, vergangenheits- und gegenwartsorientierte Ist-Größen,
- prognostizierte, zukunftsorientierte Wird-Größen und
- normative bzw. gesetzte, zukunftsorientierte Soll-Größen aus der Planung.

Im Rahmen dieser Arbeit bezeichnet Performance Measurement die Messung der Ergebnisse unternehmenszielbezogener Aktionen. Es handelt sich um einen Prozess zur Quantifizierung der Performance (Zielerreichung) eines Unternehmens, seiner Subsysteme und Mitarbeiter.[29]

2.2 Performance Measures

Performance Measurement erfolgt mit Hilfe von Performance Measures. Unter einem Performance Measure wird eine Metrik verstanden, anhand derer die Performance eines Unternehmens bzw. seiner Teileinheiten oder Mitarbeiter gemessen sowie bewertet werden kann und anhand derer Performanceziele formuliert werden können. Performancemaße stellen eine informatorische Verdichtung betriebswirtschaftlich relevanter Sachverhalte dar.[30]

Performance Measurement ist nicht ausschließlich auf die Messung finanzwirtschaftlicher Größen beschränkt. In den vergangenen fünf Jahren konnte ein starker Trend zur Berücksichtigung und Messung nicht-finanzieller Erfolgsfaktoren (z.B. Kundenzufriedenheit, Innovationskraft) festgestellt werden.[31] Das wohl bekannteste Konzept, das auch nicht-finanzielle Indikatoren berücksichtigt, ist die von Kaplan/Norton entwickelte „Balanced Scorecard“.[32]

In der Praxis lässt sich eine Dominanz finanzieller Indikatoren feststellen. Kaplan/Atkinson führen zwei Gründe für die starke Verbreitung monetärer Größen an: Erstens korrespondieren diese Maßzahlen direkt mit den langfristigen Zielen eines Unternehmens, die zumeist finanzieller Natur sind. Zweitens geben sie einen zusammenfassenden Blick über die Gesamtperformance eines Unternehmens.[33]

Da die Zielsetzung dieser Arbeit darin besteht, finanzielle Performance Measures vorzustellen und miteinander zu vergleichen, werden in weiterer Folge nur mehr diese berücksichtigt.

Finanzielle Maßzahlen sind aggregierte Größen, die über den monetären Erfolg eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensbereiches Auskunft geben. Sie stammen zumeist aus dem internen oder externen Rechnungswesen des Unternehmens und können anhand folgender wesentlicher Dimensionen kategorisiert werden:

2.2.1 Statistisch-methodischer Gesichtspunkt

Finanzielle Performancemaße können in absolute und Verhältnisgrößen eingeteilt werden. Bei den absoluten Größen kann es sich um Einzelzahlen, Summen oder Mittelwerte handeln (z.B. Umsatz, Gewinn). Relative Größen sind auf Vergleiche ausgerichtet und können in Beziehungs-, Gliederungs- oder Indexzahlen unterteilt werden (z.B. Umsatzrentabilität, Eigenkapitalquote, %-Umsatzwachstum).[34] Ein Manko absoluter Größen besteht darin, dass sie für sich genommen, d.h. ohne Vergleich mit anderen Zahlen, kaum Aussagegehalt haben.

2.2.2 Zeitliche Ausrichtung

Bei der Messung des Erfolges von betrieblichen Aktivitäten lassen sich statische (periodenbezogene) und dynamische (periodenübergreifende) Kennzahlen unterscheiden. Während bei den statischen Verfahren die Erfolgsbeurteilung für eine Periode erfolgt, steht bei den dynamischen Konzepten eine stichtagsbezogene Erfolgsbewertung auf Basis einer Mehr- oder Totalperiodenbetrachtung im Mittelpunkt. In der betrieblichen Praxis werden Planungs-, Investitions- und Anlageentscheidungen in der Regel aufgrund dynamischer Konzepte getroffen (zukunftsorientiert), wogegen Honorierungsentscheidungen durch statische Konzepte unterstützt werden (vergangenheitsorientiert).[35]

2.2.3 Bewertungsansatz

Den finanziellen Performance Measures kann entweder ein rechnungswesenbasierter (pagatorischer oder kalkulatorischer) oder zahlungsstromorientierter Bewertungsansatz zu Grunde liegen. Wie in Kapitel 3 gezeigt wird, war die Unzufriedenheit mit traditionellen Erfolgsmaßstäben wie buchhalterischem Gewinn oder dem darauf aufbauenden ROI eine wesentliche Strömung, die zur schnellen Akzeptanz unternehmenswertorientierter Konzepte geführt hat, die in der Regel zahlungsstrombasiert sind.

Interessant in diesem Zusammenhang erscheint, dass in der betrieblichen Praxis Investitionsentscheidungen oft von den erwarteten Cash Flows abhängig gemacht, die Kontrolle und Leistungsbeurteilung dagegen häufig auf Basis der Daten des periodenbezogenen Rechnungswesens durchgeführt werden.[36]

2.2.4 Betrachtungsebene

Performance kann für jeden Unternehmensbereich gemessen werden, für den Ziele definiert sind. Performance Measurement erfolgt daher auf Gesamtunternehmensebene, unternehmensbereichs-/abteilungsorientiert, für einzelne Investitionen und Anlagen oder auf Arbeitsplatzebene.[37]

2.2.5 Adressaten

Alle Stakeholder eines Unternehmens haben in unterschiedlichem Ausmaß Interesse an Informationen über die Performance desselben. Die Motive dafür sind jedoch unterschiedlich. Das Management als interner Adressat benötigt in erster Linie detaillierte Informationen zur Steuerung des Unternehmens.

Die Bedürfnisse externer Adressaten (v.a. Gläubiger und Fiskus) werden weitgehend mit Zahlen aus der Finanzbuchhaltung gedeckt. Mit dem handelsrechtlichen Gewinn wird eine Größe definiert, mit deren Hilfe die Ansprüche der Gesellschafter auf Gewinnausschüttungen untereinander abgegrenzt werden. Dabei wird insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes bestimmt, bis zu welchem Betrag Zahlungen aus dem Unternehmen abgezogen werden können. Nicht zuletzt werden mit dem handelsrechtlichen Gewinn die Ansprüche des Fiskus festgelegt. Darüber hinaus hat der Jahresabschluss die Aufgabe, die Stakeholder über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu unterrichten und über den Geschäftsverlauf Rechenschaft abzulegen.[38] Da sich Gewinnermittlungsstandards im deutschsprachigen Raum weitgehend am Gläubigerschutz und am Vorsichtsprinzip orientieren, scheinen die Zahlen des externen Rechnungswesens zur Steuerung des Unternehmens ungeeignet (vgl. dazu auch Kapitel 3).

Im nun folgenden Kapitel wird die Idee und die Entwicklung der Unternehmenswertorientierung dargestellt. Auf die Anforderungen, die an unternehmenswertorientierte Performance Measures gestellt werden, wird erst in Kapitel 5 eingegangen, nachdem die einzelnen wertorientierten Konzepte vorgestellt sind und der Leser mit der Thematik besser vertraut ist.

3 Unternehmenswertorientierung

3.1 Die Grundidee

„‚Wirtschaften’ bedeutet ethymologisch nichts anderes als ‚Werte schaffen’. Werte entstehen dann, wenn die Summe aller in ein Produkt oder eine Dienstleistung eingehenden bewerteten Ressourcenverbrauche kleiner ist als der Wert des Produktes oder der Dienstleistung, die aus der Transformation hervorgeht.“[39]

Kern der (unternehmens-)wertorientierten Unternehmensführung ist es, die Rendite des langfristigen Anteilseigners (Eigentümers) zur zentralen Zielgröße der Unternehmensführung zu erheben.[40] Das wertorientierte Management rückt den/die Eigentümer eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Eigentümerrendite, deren Komponenten Gewinnausschüttungen und Änderungen des Unternehmenswertes – bezogen auf den Kapitaleinsatz der Eigentümer – sind, repräsentiert den unter den Anteilseignern konsensfähigen Maßstab, um zugleich den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg und die Managementleistung zu messen.[41] Die Grundidee lautet dabei einfach wie einleuchtend: Die Eigenkapitalgeber haben Anspruch auf eine ausreichende Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals; Wert für die (langfristigen) Anteilseigner wird erst dann geschaffen, wenn auch die Kosten des eingesetzten Kapitals gedeckt sind. Ein Investment gilt als lukrativ, wenn bei gleichem Risiko kein höherer Ertrag mit einer Alternativanlagemöglichkeit erwirtschaftet werden kann. Die Eigenkapitalgeber werden sich vice versa zurückziehen, wenn dies auf Dauer nicht gelingt. Da diese "Mobilität" der Anteilseigner auf lange Sicht zu einer effizienten Ressourcenallokation beiträgt, darf die Maximierung des Shareholder Value als sinnvolles Unternehmensziel angesehen werden.[42]

Eigentümerrenditen werden mittels Dividenden und Kurswertsteigerungen geschaffen. Die wichtigste Kenngröße dafür ist der Total Shareholder Return (TSR), der sich aus Kursgewinn und Dividende zusammensetzt und anzeigt, was der Aktionär unter dem Strich tatsächlich verdient.

Die Idee der Shareholder Value-Orientierung kann auf mehreren Ebenen betrachtet werden. Das Shareholder Value-Konzept diente ursprünglich zur (externen) Beurteilung des Wertes börsennotierter Aktiengesellschaften. Aktuell wird es insbesondere als Management- bzw. Controllinginstrument für private Unternehmen aller Rechtsformen und Größen diskutiert.[43] Die Hauptanwendungsfelder des Shareholder Value-Konzepts liegen somit in der Bewertung, Investitionsplanung, Erfolgs- bzw. Leistungsmessung, unternehmenswertorientierter Entlohnung und als Führungskennzahl sowohl auf Gesamtunternehmensebene als auch für einzelne Geschäftsbereiche und Projekte. Die Bewertung und Erfolgsmessung wird neben unternehmensinternen auch von externen Anwendern durchgeführt (z.B. Finanzanalysten).[44]

Die Maximen der wertorientierten Unternehmensführung lauten:[45]

- "Es soll nur in Projekte investiert werden, die einen risikoadäquaten Mindesterfolg versprechen. Nur in diesen Bereichen kann durch Wachstum ein Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung geleistet werden.
- Minder rentierliche – nur durch Quersubventionen überlebensfähige – Geschäftsfelder sind zu verkaufen oder zu zerschlagen.
- Frei verfügbare Mittel, für die aktuell keine i. S. der Mindestrendite lukrative Investitionsmöglichkeit besteht, sind an die Anteilseigner auszuschütten."

3.2 Entwicklung des Shareholder Value-Gedankens

Die Entstehung unternehmenswertorientierter Unternehmensführung ist in großem Maß auf die Kritik an „traditionellen“ Steuerungskennzahlen (Erfolgskennzahlen) zurückzuführen, die den Ruf nach adäquateren finanziellen Führungsinstrumenten laut werden ließ. Die am häufigsten verwendeten buchhalterische Erfolgskennzahlen sind der Gewinn und daraus abgeleitete Rentabilitätskennzahlen (Umsatzrendite, Eigenkapital- und Gesamtkapitalrendite). Vor allem in den USA verbreitet sind der Wachstum des Gewinns pro Aktie sowie das Kurs-Gewinn-Verhältnis.[46]

3.2.1 Kritik an traditionellen Erfolgskennzahlen

Der im Jahresabschluss eines Unternehmens ermittelte Gewinn stellt einen wichtigen Erfolgsmaßstab dar und begründet für das Unternehmen Rechte und Pflichten: Er stellt beispielsweise die Bemessungsgrundlage für Steuerzahlungen und die Basis für die Entscheidung über die Höhe der auszuschüttenden Dividenden dar. Daher steht das Gewinnkonzept meist an der Spitze betriebswirtschaftlicher Zielhierarchien.[47] Neben dem buchhalterischen Gewinn gibt es weitere Gewinnbegriffe. Je nach Definition können unterschiedliche Gewinnziele und Gewinnbegriffe Leitlinien des Managements sein. Als Maßstäbe zur Messung der Gewinnerzielung unterscheidet Heinen zwischen absolutem und relativem Gewinn (Rentabilität).[48] Zu den absoluten Gewinngrößen zählen z.B. pagatorischer Gewinn, kalkulatorischer Gewinn oder Kapitalgewinn. Die wichtigsten Rentabilitätskennzahlen sind die Eigenkapital- (ROE) und Gesamtkapitalrentabilität (ROI).

Im Zusammenhang mit dem Shareholder Value-Ansatz wird den buchhalterischen Steuerungsgrößen vorgeworfen, für eine Messung der Ziele der Anteilseigner ungeeignet zu sein, weil diese in erster Linie an zukünftigen Ausschüttungen und am Wert ihrer Kapitalanteile interessiert sind.[49] Kritiker führen an, dass buchhalterische Performancegrößen eine auf kurzfristige Erfolge ausgerichtete Unternehmensführung fördern und bewertungsabhängig, d.h. vom Management gestaltbar sind. Der Zeitwert des Geldes und Risikoaspekte blieben unberücksichtigt. Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass diese Maßstäbe falsch „geeicht“ seien (Abbildung 2).[50]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Buchhalterische versus residualeinkommensbezogene Erfolgsmessung

Diese Kritik ist sehr schwerwiegend, wenn man berücksichtigt, dass die Daten aus dem Jahresabschluss zu den wichtigsten Informationsquellen für Anteilseigner und sonstige Kapitalmarktteilnehmer zählen.[51] Folglich kann es zu einer gesamtwirtschaftlichen Fehlallokation knappen Kapitals kommen, wenn Anlageentscheidungen aufgrund des ausgewiesenen, buchhalterischen Gewinns getroffen werden.[52]

In weiterer Folge werden zunächst die Mängel der absoluten (buchhalterischen) Gewinngrößen dargestellt. Im Anschluss daran folgt eine ergänzende Kritik der relativen Gewinngrößen.

3.2.1.1 Fundamentale Mängel absoluter, buchhalterischer Gewinngrößen
3.2.1.1.1 Gesetzliche Spielräume im externen Rechnungswesen

Die gesetzlichen Regelungen eröffnen zahlreiche Ansatz- und Bewertungswahlrechte für die Erstellung eines Jahresabschlusses. Vor allem die nachfolgend angeführten Ansatz- und Bewertungswahlrechte haben wesentlichen Einfluss auf die Höhe des ausgewiesenen Gewinnes:[53]

- Die Wahl des Bewertungsverfahrens (z.B. „last-in, first-out“ bzw. LIFO oder „first-in, first-out“ bzw. FIFO),
- die Wahl der Abschreibungsmethode (linear, degressiv, gemischt) und des Abschreibungszeitraumes,
- die Art und Weise der Behandlung von Leasing,
- die Möglichkeiten zur Aktivierung und Abschreibung bestimmter Aufwendungen (z.B. Firmenwert oder die Aufwendungen zur Ingangsetzung und Erweiterung eines Betriebes) oder
- die Bildung und Auflösung stiller Reserven.

Die Verfechter der Shareholder Value-Idee kritisieren diese bilanzpolitischen Maßnahmen, da sie zu einer Verzerrung der Erfolgskennzahlen beitragen und sowohl den innerbetrieblichen Vergleich im Zeitablauf als auch den zwischenbetrieblichen Vergleich erschweren.[54] Sie empfehlen stattdessen die Verwendung von Cash Flow-Größen, die sich einer individuellen Bewertung weitgehend entziehen. „Ein und Auszahlungen [sind] bewertungsunabhängige Vorgänge, nämlich Zuflüsse und Abflüsse bei Zahlungsmitteln. Erträge und Aufwendungen beruhen ebenfalls auf realen Vorgängen, doch kommt, soweit es sich nicht zugleich um Ein- und Auszahlungen handelt, immer noch ein weiteres hinzu, nämlich ein Bewertungsvorgang und damit eine theoretische Interpretation des realen Vorgangs.“[55]

Zahlreiche empirische Untersuchungen haben versucht, die Einflüsse der Bilanzpolitik auf die Höhe des ausgewiesenen Gewinnes zu messen. Herausgegriffen sei eine Fallstudie von Küting und Weber aus dem Jahre 1987.[56] Sie haben mit Hilfe verschiedener bilanzpolitischer Instrumente den Spielraum bei der Erstellung eines Jahresabschlusses analysiert. Als Ergebnis dieser Fallstudie wird die Höhe des Bewertungsspielraumes bei verschiedenen Bilanzkennzahlen abgebildet, wenn je nach Strategie sehr hohe oder sehr niedrige Gewinne ausgewiesen werden sollen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Bilanzpolitik und Bilanzkennzahlen[57]

Ein weiterer Kritikpunkt an jahresabschlussorientierten Kennzahlen liegt darin, dass sich kontinentaleuropäische Rechnungslegungsvorschriften einseitig am Gläubigerschutz orientieren. Als Folge des Vorsichtsprinzips werden Aktiva eher zu niedrig bewertet, Verbindlichkeiten und Rückstellungen eher zu hoch angesetzt und viele Erfolgsfaktoren bilanziell nicht erfasst.[58]

Als klassische Beispiele für die Nicht-Aktivierbarkeit derartiger Erfolgsfaktoren gelten:[59]

- die Ausgaben für Forschung & Entwicklung,
- die Ausgaben für die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern,
- die Ausgaben für langfristige Marketingaktivitäten oder
- selbstgeschaffene Software des Anlagevermögens.

Handels- und Steuerrecht schaffen durch die Möglichkeit zur Bildung von stillen Reserven Spielräume für das Management, Gewinnverschleierung gegenüber den Anteilseignern zu betreiben.[60] Die Gestaltungsmöglichkeiten der Gewinnqualität führen in Verbindung mit dem Informationsvorsprung des Managements dazu, dass der buchhalterische Gewinn sowohl für die Anteilseigner als auch für externe Adressaten, die auf die Berichterstattung des Managements angewiesen sind, als Performancemaß ungeeignet erscheint.[61]

Unterschiedliche Ansatz- und Bewertungswahlrechte in internationalen Rechnungslegungsvorschriften haben zur Kritik geführt, dass Jahresabschlüsse verschiedener Staaten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar seien. Günther führt an, dass eine unterschiedliche Ausnutzung von Wahlrechten nicht zu Problemen bei Performance-Vergleichen führt, wenn innerhalb eines Unternehmens für alle Geschäftsbereiche einheitliche Regelungen getroffen werden. Bei der Aufstellung eines Konzernabschlusses nach §§ 244ff. HGB müssen für alle Tochterunternehmen die gleichen Bilanzierungswahlrechte ausgeübt werden.[62] Die Hauptaufgabe des Konzernabschlusses liegt in der Informationsvermittlung. In diesem Zusammenhang soll auch auf die Harmonisierungsbestrebungen im internationalen Rechnungswesen in Form der US-GAAP[63] und viel mehr der IAS[64] hingewiesen werden.

3.2.1.1.2 Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes

Eine weitere Ursache für Verzerrungen der buchhalterischen Erfolgsgrößen liegt in der Annahme von Preiswertstabilität begründet.[65] Die Berechnung des Gewinnes ignoriert den Zeitwert des Geldes („Zeitpräferenz“), da sie auf nominalen Wertgrößen beruht. Inflatorische Einflüsse werden in der Regel ignoriert. Die Zeitpunkte, an denen das Einkommen den Anteilseignern ausbezahlt wird, finden keine Berücksichtigung. Aus Sicht eines Anteilseigners ist aber ein Euro, der ihm heute ausbezahlt wird, mehr wert als ein Euro in einem Jahr, weil er das Geld zwischenzeitlich alternativ zinsbringend veranlagen kann.[66] Bei der Ermittlung des ökonomischen Wertes im Shareholder Value-Konzept werden inflationäre Wirkungen durch Diskontierung der zukünftig erwarteten Cash Flows mit dem Diskontierungssatz explizit berücksichtigt.[67]

3.2.1.1.3 Vernachlässigung des Risikos

Die Höhe des Risikos ist für den ökonomischen Wert jedes Vermögens von zentraler Bedeutung. Es wird in buchhalterischen Gewinngrößen aber nicht berücksichtigt. Das Risiko, das jeder Anteilseigner zu tragen hat, bestimmt sich aus dem Wesen der operativen Tätigkeit („Geschäftsrisiko“) des Unternehmens und dem Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital („Finanzielles Risiko“).[68] Der rationale Anleger verlangt für jede riskantere Investition eine Risikoprämie, die im Shareholder Value-Ansatz durch Differenzierung des Diskontierungszinsfusses berücksichtigt werden kann.

Die Nicht-Berücksichtigung des Risikos führt darüber hinaus zu Problemen bei der Steuerung eines Unternehmens, da sämtliche Geschäftsfelder und Strategien unabhängig vom jeweiligen Risikoniveau die gleichen Investitionshürden zu überwinden haben.[69] Günther weist jedoch auf die Möglichkeit hin, auch buchhalterische Kennzahlen durch Vorgabe risikoangepasster Hürden („Cut-Off-Rate“, z.B. in Form risikoangepasster Kapitalmarktkosten) zu differenzieren.[70]

3.2.1.1.4 Vernachlässigung von Investitionserfordernissen

Veränderungen des Anlagevermögens und des Netto-Umlaufvermögens sind bei ihrem Zugang zunächst gewinnneutral und wirken sich erst über ihre Periodisierung (i.d.R. Abschreibungen) auf den Gewinn aus. Verfechter des Shareholder Value-Gedankens betonen, dass derartige Investitionen zur Substanzerhaltung des Unternehmens erforderlich sind und fordern, dass die Liquiditätswirkung von Managemententscheidungen bei der Ermittlung des unternehmerischen Erfolges berücksichtigt werden muss. Nur damit würde der Finanzierungsbedarf für zukünftiges Wachstum abgebildet.[71]

3.2.1.1.5 Vernachlässigung ökonomischer Wirkungen nach dem Betrachtungszeitraum

Aufwendungen oder Ausgaben einer Periode führen in vielen Fällen zur Entstehung von bedeutsamen Wertanteilen (z.B. Etablierung eines Markennamens, Aufbau von Marktanteilen und weiteren Wettbewerbsvorteilen).[72] Buchhalterische Kennzahlen vernachlässigen diesen Restwert. Copeland/Koller/Murrin und Rappaport zeigen jedoch in zwei voneinander unabhängigen Untersuchungen, dass der Barwert der für die nächsten fünf Jahre geschätzten Dividenden von börsenotierten Unternehmen lediglich 10 bis 20 % des aktuellen Börsenkurses ausmacht.[73]

„Ein Unternehmen, das versucht, seinen Marktanteil auszubauen und seine Wettbewerbsposition zu verbessern, wird voraussichtlich die Produktentwicklung forcieren, die Marketingausgaben erhöhen, eine aggressive Preispolitik wählen sowie in die Erweiterung der Produktionskapazitäten und des Umlaufvermögens investieren.“[74] All diese Maßnahmen wirken sich während der Perioden, in denen sie getätigt werden, negativ auf das buchhalterische Ergebnis eines Unternehmens aus, obwohl sie darauf abzielen, die strategische Position zu stärken.

3.2.1.1.6 Mangelnde Korrelation mit der Wertentwicklung am Kapitalmarkt

Die bislang angeführten Mängel buchhalterischer Erfolgsgrößen veranlassen Rappaport zu folgender Aussage: „Gewinnwachstum führt nicht notwendigerweise zur Schaffung ökonomischen Wertes für die Eigentümer.“[75]

Insbesondere in den USA ist eine starke Fokussierung auf quartalsweise veröffentlichte Gewinngrößen wie Gewinn je Aktie (Earnings per Share – EPS) festzustellen. Rappaport hat jedoch die These widerlegt, wonach der Wachstum des Gewinns je Aktie auch zu einer Steigerung des Aktienkurses führe.[76] In einer Untersuchung stellte er fest, dass 172 der Standard & Poor’s 400 Unternehmen zwischen 1974-1979 Wachstumsraten der EPS von 15 % und mehr erzielten. Bei 27 (16 %) davon erzielten die Anteilseigner einen negativen Total Shareholder Return (TSR) und bei weiteren 60 Unternehmen (35 %) reichten die Eigentümerrenditen nicht aus, um einen Inflationsabgleich zu bieten. Für den Zeitraum 1986-1996 ergibt sich folgende Gegenüberstellung von jährlichen Wachstumsraten der EPS und des TSR für die Standard & Poor’s 500 Unternehmen:[77]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Wachstum des Gewinns pro Aktie und Eigentümerrenditen des
Standard & Poor’s 500 Index, 1986-1996[78]

Aus diesem und weiteren empirischen Befunden,[79] die zu ähnlichen Ergebnissen kommen, leiten die Wegbereiter des Shareholder Value-Gedankens die Untauglichkeit buchhalterischer Erfolgszahlen als Führungsinstrumente zur Schaffung von Unternehmenswert ab.

3.2.1.1.7 Auswirkungen der Kritik an „traditionellen“ Steuerungsgrößen

Trotz der teilweise berechtigten Kritik an traditionellen Steuerungsgrößen, weist vor allem Günther darauf hin, dass eine Reihe der Problempunkte durch Modifikationen der buchhalterischen Größen adäquat berücksichtigt werden kann:[80]

1. Gesetzliche Spielräume im externen Rechnungswesen

Durch die Vorgabe einheitlicher Richtlinien für den Gesamtkonzern kann zumindest für die Beurteilung dezentraler Einheiten die Verzerrung durch Ansatz- und Bewertungsspielräume behoben werden. Nach wie vor problematisch bleibt dabei jedoch der Vergleich verschiedener Unternehmen.

2. Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes

Der Zeitwert des Geldes kann dadurch berücksichtigt werden, dass Betriebsergebnisse aus der Kostenrechnung gewählt werden, da für die Bewertung in der Regel Wiederbeschaffungswerte zugrundegelegt werden.

Für die restlichen Kritikpunkte (Vernachlässigung des Risikos, Vernachlässigung von Investitionserfordernissen, Vernachlässigung ökonomischer Wirkungen nach dem Betrachtungszeitraum, Mangelnde Korrelation mit der Wertentwicklung am Kapitalmarkt) bieten sich jedoch keine adäquaten Anpassungen für traditionelle Erfolgskennzahlen an. Sie erfordern die Bildung wertorientierter Kennzahlen.

3.2.1.2 Fundamentale Mängel relativer, buchhalterischer Gewinngrößen

Die Erkenntnis, dass Gewinnzuwächse nicht automatisch mit der Entwicklung des Eigentümerwertes korrelieren, führte in den 1970er Jahren zu einer zunehmenden Verbreitung von Rentabilitätskennzahlen, im besonderen des Return on Investment (Gesamtkapitalrentabilität) in seinen verschiedenen Rechenvarianten und der Eigenkapitalrentabilität.[81] Rentabilität ist das Verhältnis eines Periodenerfolges zum eingesetzten Kapital bzw. zum eingesetzten Vermögen. Relative Kennzahlen werden vor allem für einen Vergleich verschiedener Geschäftsfelder oder Unternehmen als besser geeignet angesehen als absolute Größen.[82] Doch die Verwendung eines unzuverlässigen Zählers (z.B. buchhalterischer Gewinn) und eines Nenners, der im gleichen buchhalterischen Prozess ermittelt wird, stellt keine Lösung des grundlegenden Problems dar, nämlich dass buchhalterische Gewinngrößen für die Ermittlung des Eigentümerwertes ungeeignet sind.[83] Nach den bisher dargelegten Mängeln absoluter buchhalterischer Erfolgsgrößen, die selbstverständlich auch in die Rentabilitätskennzahlen einfließen, sollen im folgenden die spezifischen Unzulänglichkeiten der relativen Gewinnkonzepte behandelt werden.

3.2.1.2.1 Gesamtkapitalrentabilität (ROI)

Der Return on Investment bezeichnet die Gesamtkapitalrentabilität, nämlich das Verhältnis von Gewinn zum investierten (bzw. gebundenen) Kapital.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als buchhalterische Gewinngröße wird üblicherweise der Jahresüberschuss oder das Gesamtergebnis vor Steuern und Fremdkapitalzinsen herangezogen.[84]

Der Siegeszug des ROI als Steuerungsinstrument in der Praxis ist untrennbar mit der DuPont -Company verbunden. Donaldson Brown hat im Jahre 1912 als Finanzchef des Unternehmens folgende definitionslogische Zerlegung der Renditegröße vorgenommen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die darin aufscheinenden Basisgrößen Gewinn, Umsatz und Kapital können jeweils weiter aufgespalten werden. So kann z.B. das Kapital in Anlage- und Umlaufvermögen der verschiedenen Bereiche gegliedert und der Umsatz nach den einzelnen Bereichen differenziert werden. Ähnlich kann der Gewinn bereichsbezogen zerlegt und weiter nach Aspekten wie Deckungsbeiträge, fixe Kosten usw. aufgespaltet werden. Diese Zerlegung wird auch als DuPont -Schema bezeichnet.[85]

Bereits 1966 hat Solomon auf analytischem Weg systematische Unterschiede zwischen buchhalterischen Renditen – auf Basis des Return on Investment (ROI) – und „realen“ ökonomischen Renditen – gemessen als interner Zinssatz – festgestellt.[86] Er kommt zu dem Schluss, dass generell eine Überschätzung der „realen“ Renditen durch den ROI erfolgt. Die Abweichung ist dabei weder konstant noch in ihrer Richtung konsistent, d.h. es existiert kein systematisches Fehlermuster, das eine Fehlerkorrektur erlaubt. In der Regel erfolgt jedoch eine Überschätzung der ökonomischen Renditen durch den ROI. Die dabei wesentlichen Einflussfaktoren sind:[87]

- Lebensdauer eines Projektes: Je länger die Projektdauer, desto größer die Überschätzung.
- Kapitalisierungspolitik: Je kleiner der Anteil der aktivierten Investitionsaufwendungen, desto größer die Überschätzung.
- Abschreibungsdauer: Je schneller die Investitionen abgeschrieben werden (z.B. degressive Abschreibung), desto größer die Überschätzung.
- Zeitliche Verzögerung zwischen Investitionsausgaben und Rückflüssen: Je größer die Verzögerung, desto höher die Überschätzung.
- Unternehmenswachstum: Bei schnell wachsenden Unternehmen ist die Überschätzung geringer als bei Unternehmen ohne Wachstum.
- Inflation: Je höher die Inflationsrate, desto größer die Überschätzung.

Trotz der Tendenz zur Überschätzung der realen Renditen, wird der ROI wegen seines inhärenten Unterinvestitionsanreizes kritisiert.[88] Dies soll anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht werden.

Unterinvestitionsanreiz des ROI

Gegeben sei der Geschäftsbereich A mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 200 und investiertem Kapital in Höhe von 1.000. Daraus ergibt sich ein ROI von 20%. Die Kapitalkosten betragen 10%. Zur Diskussion steht eine Investition in Höhe von 100, die den Jahresüberschuss um 15 erhöhen würde. Der ROI dieser Investition liegt mit 15% über den Kapitalkosten von 10%. Mit der Neuinvestition errechnet sich der Gesamt-ROI wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da der ROI des Geschäftsbereiches A durch die Investition sinkt, ist das Management motiviert, die Investition zu unterlassen, obwohl ein positiver Wertbeitrag für das Unternehmen geleistet würde, weil die Rendite über den Kapitalkosten liegt.

Beispiel 1: Unterinvestitionsanreiz des ROI

Kaplan/Atkinson weisen darauf hin, dass dieses Problem immer dann entsteht, wenn die Performance eines Geschäftsbereiches mit einer Verhältniszahl evaluiert wird.[89] Das Management kann die Verhältniszahl entweder durch Erhöhung des Zählers (i.e. steigende Gewinne bei gleicher Kapitalbasis) oder durch Senkung des Nenners (i.e. gleichbleibende Gewinne bei sinkender Kapitalbasis) maximieren. Somit ist jede Investition, deren Rendite unter dem durchschnittlichen ROI liegt, ein potentieller Kandidat für Desinvestition bzw. Nicht-Investition. Langfristig orientierte Investoren erleiden durch Unterinvestition einen Wertverlust ihres Anteiles in Höhe des Kapitalwertes der nicht durchgeführten Investitionen.[90]

Wenn als Zähler für die Berechnung des ROI der Jahresüberschuss herangezogen wird, hat die jeweils gewählte Kapitalstruktur Einfluss auf die Höhe der Kennzahl. Da im Jahresüberschuss Fremdkapitalzinsen gewinnmindernd berücksichtigt sind, kann durch Verlagerung von Fremd- auf Eigenkapital der Zinsaufwand gesenkt und dadurch der Jahresüberschuss erhöht werden.[91] Die Manipulierbarkeit relativer, buchhalterischer Gewinngrößen durch Finanzierungsentscheidungen wird noch deutlicher bei der Diskussion der Eigenkapitalrentabilität.

3.2.1.2.2 Eigenkapitalrentabilität (ROE)

Die Eigenkapitalrentabilität (Return on Equity, ROE) wird allgemein definiert als Quotient aus Gewinn und Buchwert des Eigenkapitals:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben den bereits am ROI dargestellten Mängeln wird beim ROE vor allem dessen Beeinflussbarkeit durch finanzpolitische Entscheidungen kritisiert.[92] Diese Einflussmöglichkeit lässt sich verdeutlichen, wenn der ROE in folgende Komponenten zerlegt wird:[93]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Faktoren, die eine Zunahme der Eigenkapitalrendite verursachen, sind eine Steigerung der Gewinnmarge, eine Zunahme des Vermögensumschlages und eine Erhöhung des Fremdkapitalanteils. Dadurch kann im nachhinein nur schwer beurteilt werden, ob eine Steigerung des ROE auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens oder auf eine höhere Verschuldung zurückzuführen ist. Darüber hinaus führt Inflation bei Verwendung nominaler Wertgrößen zu einer Erhöhung der Vermögensumschlagshäufigkeit.[94]

Hergert zeigte im Jahre 1983 anhand einer Analyse der Standard & Poor’s 400 Industrieunternehmen, dass trotz eines Rückganges der Umsatzrendite in den 1970er Jahren durch eine erhebliche Erhöhung des Vermögensumschlages und des Verschuldungsgrades ein Anstieg der Eigenkapitalrendite erzielt werden konnte.[95] Die im Betrachtungszeitraum erhebliche Inflation schlug sich schneller im Umsatz als im Gesamtvermögen nieder, das aus Vermögensgegenständen unterschiedlicher Anschaffungszeitpunkte besteht, die maximal mit ihren (nominellen) Anschaffungskosten zu Buche stehen dürfen. Besonders für kapitalintensive Unternehmen gilt die Aussage, dass eine Zunahme des Vermögensumschlages sich eher auf die Inflation als auf eine bessere Nutzung des Vermögens zurückführen lässt.[96]

Weit wesentlicher erscheint in diesem Zusammenhang jedoch die Anreizproblematik, die sich aus dem Einfluss des Finanancial-Leverage-Effektes auf den ROE ergeben kann. Ein risikoneutraler oder –freudiger Manager, der eine möglichst hohe Eigenkapitalrentabilität anstrebt, wird eine hohe Fremdfinanzierung wählen, wenn die erwartete Gesamtkapitalrendite über dem Fremdkapitalzins liegt. Dies führt bei Wirken des Leverage-Effektes zu einer Steigerung des ROE. Diese Zunahme muss jedoch gegen die Erhöhung des finanziellen Risikos und den daraus resultierenden Einfluss auf den Unternehmenswert abgewogen werden.[97]

3.2.2 Weitere Wegbereiter des Shareholder Value-Ansatzes

In Anlehnung an Günther [98] sind weitere Ursachen für die rasante Verbreitung der unternehmenswertorientierten Unternehmensführung vor allem in folgenden Aspekten zu sehen:

3.2.2.1 Die Mergers- und Acquistions-Welle

Die weltweite Übernahmewelle in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre förderte die Verbreitung des Shareholder Value-Ansatzes in mehrfacher Hinsicht. Empirische Studien zeigen, dass bis zu 50 % der Unternehmensübernahmen als Misserfolg einzustufen sind.[99] Diese hohen Misserfolgsraten haben dazu geführt, dass methodische Probleme der Bewertung von Akquisitionen, im Sinne einer Suche nach dem „wahren Wert“ eines Akquisitionskandidaten, neu aufgeworfen wurden.

Diesen Flops sind jedoch die äußerst erfolgreichen Übernahmen gegenüberzustellen, die gezeigt haben, dass vielfach erhebliche Differenzen zwischen dem aktuellen Wert eines Unternehmens[100] und dem nach einer Restrukturierung erzielbaren Wert aufgedeckt wurden (Wertlücken). Beispielhaft sei dazu die Übernahme des Lebensmittelkonzerns RJR Nabisco durch die Investmentbanker Kohlberg Kravis Robert & Co. im Jahre 1988 angeführt. Diese Wertlücken können auf Überoptimismus der Käufer bzw. Dritter, auf suboptimale Entscheidungen des Managements oder auf unzulängliche Informationen zur Bewertung bzw. ineffiziente Informationsverarbeitung zurückgeführt werden.[101]

[...]


[1] Vgl. Schüler (1998), S. 1

[2] Vgl. Rappaport (1986)

[3] Vgl. Günther (1997), S. 1

[4] Vgl. Günther (1997), S. 1

[5] Vgl. Marizzi (2000), S. 5

[6] Economic Value Added und EVA sind eingetragene Markenzeichen der Stern Stewart & Co.

[7] Ittner/Larcker (1998), S. 205

[8] Vgl. Schüler (1998), S. 19

[9] Vgl. Riedl (2000), S. 16

[10] Vgl. Hoffmann (2000), S. 7

[11] Die Begriffe „Performance“ und „Leistung“ sowie „Performance Measurement“ und „Leistungsmessung“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

[12] Vgl. Mellerowicz (1963), S. 188; Engelhardt (1966), S. 159, in: Gleich (2001), S. 36

[13] Vgl. Riedl (2000), S. 16

[14] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000b), S. 5

[15] Vgl. Hoffmann (2000), S. 8

[16] Vgl. Riedl (2000), S. 17

[17] Vgl. Riedl (2000), S. 17

[18] Vgl. z.B. Riedl (2000), S. 30; Gleich (2001), S. 21

[19] Vgl. Riedl (2000), S. 30

[20] Zu Koordinationsproblemen vgl. Ewert/Wagenhofer (2000b), S. 446ff.

[21] Vgl. Pfaff/Bärtl (1999), S. 88

[22] Vgl. Hoffmann (2000), S. 8

[23] Vgl. Hoffmann (2000), S. 10f.

[24] Vgl. Lebas (1995), S. 24

[25] Vgl. Hoffmann (2000), S. 11

[26] Vgl. Kaplan/Atkinson (1998), S. 442

[27] Vgl. Klingebiel (2000), S 3

[28] Vgl. Riedl (1998), S. 19

[29] Vgl. Riedl (200), S. 19

[30] Vgl. Riedl (2000), S. 20; ähnlich, in Bezug auf den Begriff „Kennzahl“: Reichmann (1995), S. 19; Weber (1998), S. 197

[31] Vgl. Ittner/Larcker (1998), S. 217ff.

[32] Vgl. Kaplan/Norton (1996)

[33] Vgl. Kaplan/Atkinson (1998), S. 442

[34] Vgl. Reichmann (1995), S. 21; Horváth (1996), S. 545; Gladen (2001), S. 15f.

[35] Vgl. Hoffmann (1999), S. 12; Riedl (2000), S. 22f.

[36] Vgl. Franke/Hax (1990), S. 102f.

[37] Vgl. Hoffmann (1999), S. 13ff.

[38] Vgl. Pfaff (1994), S. 1068f.

[39] Günther (1997), S. 2

[40] Vgl. Rappaport (1999), S. 69

[41] Vgl. Lorson (1999), S. 1329

[42] Vgl. Pfaff/Bartl (1999), S 87

[43] Vgl. Lorson (1999), S. 1329; Hoffmann/Wüest (1998), S. 187

[44] Vgl. Lorson (1997), S. 168

[45] Lorson (1999), S. 1329

[46] Vgl. Günther (1997), S. 50

[47] Vgl. Heinen (1991), S. 19f.

[48] Vgl. Heinen (1991), S. 17

[49] Vgl. u.a. Rappaport (1995), S. 19-45; Stewart (1990), S. 22-56; Copeland/Koller/Murrin (1991), S. 73-95

[50] Vgl. Lorson (1999), S. 1330

[51] Vgl. Rappaport (1995), S. 19; Bischoff (1994), S. 11

[52] Vgl. Bischoff (1994), S. 13

[53] Vgl. Günther (1997), S. 54ff.; Rappaport (1998), S. 20ff.; Bischoff (1994), S. 26ff.

[54] Vgl. Günther (1997), S. 55; Bischoff (1994), S. 32f.

[55] Franke/Hax (1990), S. 32

[56] Vgl. Küting/Weber (1987)

[57] Baden (1992), S. 138

[58] Vgl. Bischoff (1994), S. 27

[59] Vgl. z.B. Rappaport (1998); S. 45f.; Günther (1997), S.54

[60] Vgl. Bischoff (1994), S. 27f.

[61] Vgl. Bischoff (1994), S. 33

[62] Handelsgesetzbuch (HGB) vom 10. Mai 1897

[63] US Generally Accepted Accounting Principles

[64] International Accounting Standards, herausgegeben vom „International Accounting Standards Comitee“, dem 153 Ständevertretungen aus 112 Ländern angehören (für Österreich: Kammer der Wirtschaftstreuhänder und Institut der österreichischen Wirtschaftsprüfer)

[65] Vgl. Kaplan/Atkinson (1998), S. 514

[66] Vgl. Rappaport (1995), S. 27f.; Bischoff (1994), S. 16f.

[67] Vgl. Rappaport (1995), S. 27

[68] Vgl. Rappaport (1995), S. 21

[69] Vgl. Günther (1997), S. 55

[70] Vgl. Günther (1997), S. 55

[71] Vgl. Günther (1997), S. 57f.; Rappaport (1995), S. 23ff.

[72] Vgl. Günther (1997), S. 58

[73] Vgl. Copeland/Koller/Murrin, S. 88f.; Rappaport (1995), S. 41f.

[74] Rappaport (1995), S. 42

[75] Rappaport (1995), S. 28

[76] Vgl. Rappaport (1995), S. 31

[77] Vgl. Rappaport (1998), S. 21

[78] Standard & Poor’s und Stocks, Bonds, Bills, and Inflation-1997 Yearbook (Chicago: Ibbotson Associates, 1997)

[79] Vgl. Lewis/Stelter (1993), S. 111; Copeland et al. (1991), S. 85

[80] Vgl. Günther (1997), S. 211ff.

[81] Vgl. Rappaport (1995), S. 32

[82] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000b), S. 542

[83] Vgl. Rappaport (1995), S. 32

[84] Vgl. Bühner (1990), S. 26

[85] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000b), S. 544

[86] Vgl. Solomon (1969), S. 232ff., in: Günther (1997), S. 53

[87] Vgl. Solomon (1966), S. 239f., in: Günther (1997), S. 53; vgl. auch Rappaport (1995), S. 34f.

[88] Vgl. Bischoff (1994), S. 35ff.; Kaplan/Atkinson (1998), S. 505f.; Ewert/Wagenhofer (2000b), S. 543f.

[89] Vgl. Kaplan/Atkinson (1998), S. 506

[90] Vgl. Bischoff (1994), S. 37

[91] Vgl. Bischoff (1994), S. 35

[92] Vgl. Bischoff (1994), S. 37ff.; Rappaport (1995), S. 43ff.

[93] Vgl. Hergert (1983), S. 101, in: Rappaport (1995); S. 44; Günther (1997), S. 55f.; Bischoff (1994), S. 38

[94] Vgl. Bischoff (1994), S. 38ff.; Rappaport (1995), S. 44f.; Günther (1997), S. 55

[95] Vgl. Hergert (1983), S. 101, in: Rappaport (1995), S. 44; Günther (1997), S. 55

[96] Vgl. Rappaport (1995), S. 45

[97] Vgl. Bischoff (1994), S. 38ff.; Rappaport (1995), S. 45

[98] Vgl. Günther (1997), S. 5ff.

[99] Vgl. Porter (1987), S. 43ff.; Coley/Reinton (1988), S. 29f.; Möller (1983), S. 61ff. und Gerpott (1993), S. 399ff.

[100] Bei börsennotierten Unternehmen handelt es sich beim aktuellen Unternehmenswert um den Börsenwert zuzüglich des Marktwerts des Fremdkapitals, bei nicht börsennotierten Unternehmen wäre eine Bewertung des Unternehmens „wie es steht und liegt“ vorzunehmen.

[101] Vgl. Günther (1997), S. 10ff.

Ende der Leseprobe aus 130 Seiten

Details

Titel
Wertorientiertes Performance Measurement: Darstellung und Vergleich ausgewählter Konzepte
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien  (Institut für Unternehmensführung)
Note
2.0
Autor
Jahr
2003
Seiten
130
Katalognummer
V48678
ISBN (eBook)
9783638453127
ISBN (Buch)
9783638708371
Dateigröße
1077 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wertorientiertes, Performance, Measurement, Darstellung, Vergleich, Konzepte
Arbeit zitieren
Mag. Rudolf Dömötör (Autor:in), 2003, Wertorientiertes Performance Measurement: Darstellung und Vergleich ausgewählter Konzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48678

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