Der wissenschaftliche Ansatz von Georg Simmel. Oder die "Philosophie des Geldes" im Kontext heutiger Werbungsstrategien


Akademische Arbeit, 2016

21 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Georg Simmel

Die Philosophie des Geldes
Gründe für die „Philosophie“ des Geldes
Der wertend-rationale Mensch als Teil der Philosophie
Geld – Die Funktion als Tauschmittel & Symbol
Das Geld als Mittel zum Zweck
Das Geld im Weltbild

Die Werbung als Gegenstand des Transfer

Schluss

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Geld regiert die Welt.“ Dieses Sprichwort ist im Volksmund weit verbreitet und beschreibt den vielerorts verschiedenen genannten, universellen Zahlungsträger unserer Gesellschaft – das Bargeld.

Im Lexikon ist das Geld im Allgemeinen als Tausch- und Zahlungsmittel beschrieben. Diese Rolle ist jedoch weit komplexer, je tiefgründiger die Materie untersucht wird. So kann Geld einen größeren Einfluss auf die verschiedenen Teile der Gesellschaft ausüben, als es die – recht simpel klingende Erläuterung in Nachschlagewerken erahnen lässt.

Die Werbeindustrie ist stetig am Wachsen, es gibt kaum noch Geschäfte, Bildschirmwerbungen oder Internetseiten, die nicht mit Werbe-Slogans oder sogenannten Catchy-Slogans arbeiten. Diese Art von Werbung ist ein Massenphänomen geworden. So nimmt die breite Masse diese Werbekampagnen unreflektiert hin – aber welchen Inhalt kann man zum Beispiel aus Persils: „Da weiß man, was man hat“ – oder Saturns, „Geiz ist geil!“ herauslesen?

Prinzipiell versuchen die beiden Slogans zu verdeutlichen, dass das Geld als Tausch- und Zahlungsmitteln einen global wirkenden Zugriff auf unsere Gesellschaftspsychologie erhalten hat. Denn dem Marketing kommt in der heutigen Wirtschaft ein gewichtiger Teil zu. Die Gründe dieser Entwicklung – und die Frage ob Menschen das Geld auch mit Werten in Verbindung setzen sind die Kernfragen dieser Hausarbeit. Dabei wird anhand Georg Simmels Werk „Die Philosophie des Geldes“ die Untersuchung stattfinden.

In „Die Philosophie des Geldes“ versucht Simmel die Wertschöpfung der Soziologie der Moderne darzustellen. So versucht er ein Konzept zu erstellen, das eine Alternative zur materialistisch geprägten Analyse unserer global gewordenen Geldwirtschaft darstellt. Dabei thematisiert Simmel fundamentale psychologische menschliche Prozesse, die entstehen, wenn Geld im Spiel ist. Diese haben eine Auswirkung auf unsere Alltagskultur.

Zu Beginn der Arbeit werden jedoch zunächst das Leben und Wirken von Georg Simmel beleuchtet und die wichtigsten wissenschaftlichen Ansätze benannt. Daraufhin folgt die Untersuchung der Philosophie des Gelds. Schließlich findet ein Transfer statt, der aktuelle Werbungen mit den Prinzipien Simmels vergleicht, dessen Ergebnis am Ende kritisch diskutiert werden soll.

Georg Simmel

Georg Simmel wurde am 01.03.1858 in Berlin geboren. Er ist das jüngste von sieben Kindern der Familie. Der Vater, der Fabrikant Edward Simmel war mit Flora Simmel (geb. Bodenstein) verheiratet. Simmel wurde evangelisch getauft.

Durch den beruflichen Hintergrund des Vaters war die Familie gesellschaftlich und finanziell besser aufgestellt – und konnte von seinem Vermögen nach seinem Tod 1874 leben. So nahm Simmel im Jahr 1876 das Studium auf – und schrieb sich für Geschichte und Philosophie an der Universität Berlin. Nachdem seine erste Promotion abgelehnt wurde, fand seine Habilitation 1886 statt. In seiner Abschlussschrift untersuchte er Kants Lehre von Raum und Zeit. So wurde er zum Privatdozenten, der durch seine fachliche und rhetorische Qualität seine Hörsäle füllen konnte.

Im Jahr 1890 veröffentlichte er seine Schrift: „"Über soziale Differenzierung. Soziologische und psychologische Untersuchungen" und leistete damit fundamentale Entwicklungsarbeit, um die Sozialpsychologie als eigenständige Wissenschaft zu etablieren. Außerdem heirate Simmel im selben Jahr Getrud Kinel. Nach der Geburt des einzigen Sohn im Jahr darauf veröffentlichte Simmel im Jahr 1894 einen weiteren großen Aufsatz mit dem Titel „Das Problem der Soziologie“ – wo Simmel wiederum das Feld der Soziologie als selbständige Wissenschaft beschreibt. Im Jahr 1900 erscheint schließlich das Werk „Philosophie des Geldes“ – wo Simmel die Konsequenzen des alltäglichen Geldgeschäftes untersucht. Es gilt als seine wissenschaftliche Hauptschrift. Nach der Jahrhundertwende folgten noch Aufsätze wie das 1903 erschienene „Die Großstädte und das Geistesleben“ oder das 1908 veröffentlichte „Soziologie. Untersuchung über die Formen der Vergesellschaftung.“

So wurde Simmel 1911 Ehrendoktor der Freiburger Universität, um seine Leistung zur Begründung der Soziologie als eigenständige Wissenschaft zu ehren. Im Jahre 1918 starb Simmel schließlich in Straßburg an Leberkrebs.1

Die Philosophie des Geldes

Gründe für die „Philosophie“ des Geldes

Georg Simmel hat einen stark philosophischen Hintergrund. Im Vorwort zur Philosophie des Geldes heißt es, dass jede konkrete Einzelwissenschaft an zwei Punkten auf die Philosophie angewiesen ist. Während jede Einzelwissenschaft von Axiomen ausgeht, die nicht weiter begründet werden, versucht die Philosophie zum einen diese zu begründen, d.h. sie hat das Ziel, voraussetzungslos zu denken. Zum anderen aber versucht die Philosophie, in all den fragmentarischen Inhalten des positiven Wissens das Allgemeine zu erkennen, und es zu eine m Weltbild zusammenzufügen. Wenn Simmel nun eine Philosophie – in dem eben angeführten Sinne - des Geldes schreibt, so distanziert er sich vom Blickpunkt der Einzelwissenschaft2 Ökonomie auf das Phänomen Geld. Die Untersuchung des Geldes ist also folgendermaßen angelegt:

„Die geschichtliche Erscheinung des Geldes, deren Idee und Struktur ich so aus den Wertgefühlen, der Praxis den Dingen gegenüber und den Gegenseitigkeitsverhältnissen der Menschen als ihren Voraussetzungen zu entfalten versuche, verfolgt nun der zweite, synthetische Teil in ihren Wirkungen auf die innere Welt: auf das Lebensgefühl der Individuen, auf die Verkettung ihrer Schicksale, auf die allgemeine Kultur.“ Simmel 1989, S.6)

Will man den Inhalt dieses äußerst umfangreichen Werkes kurz wiedergeben, so verfolgt Simmel die Frage: Wie entwickelt sich aus dem indifferenten, primitiven Naturmenschen der heutige, individualisierte Mensch in seiner komplexen, differenzierten und kapitalistischen Gesellschaft? Dabei zeigt sich, dass zum einen das heutige Geld nicht ohne die Geschichte des Menschen und der Gesellschaft möglich gewesen wäre, aber zum anderen wäre auch der heutige Mensch in der heutigen Gesellschaft nicht ohne die Geschichte des Geldes denkbar. Damit ist auch schon angedeutet, was Simmel mit dem bei ihm zentralen Begriff der Wechselwirkung verbindet.

Zugleich klingt schon eine Differenz zu Karl Marx an, denn nach Marx kann das Geld keine Geschichte machen. Simmel betont in der Vorrede zur Philosophie des Geldes, dass der historische Materialismus sehr brauchbare Erklärungen für die geistige Kultur geliefert habe, indem diese aus den wirtschaftlichen Formen abgeleitet wurden. Zugleich aber müsse auch die geistige Kultur zur Erklärung der wirtschaftlichen Formen herangezogen werden, sodass keine dominant sei, sondern beide sich nur in einer steten Wechselwirkung entwickeln und damit Geschichte machen. Dieser Unterschied hat damit zu tun, dass Simmel einen anderen erkenntnistheoretischen Standpunkt vertritt und ein anderes Menschenbild hat als Marx.

Der wertend-rationale Mensch als Teil der Philosophie

Georg Simmel lehnt sich in erkenntnistheoretischer Hinsicht stark an Immanuel Kant an. So etwas wie das Ding an sich ist dem Menschen nicht zugänglich. Der Inhalt der Welt kann zerlegt werden in das Sein und den Wert. Diese sind jedoch keine Eigenschaft der Dinge, sondern Grundkategorien der Wahrnehmung, die der Mensch an die Dinge heranträgt und damit Wirklichkeit bzw. das Weltbild konstituiert (Simmel 1989, S.6ff.). Simmel vertritt ein relativistisches Erkenntnisprinzip bzw. Weltbild, denn im Gegensatz zu allen anderen erkenntnistheoretischen Prinzipien kommt dieses ohne ein absolutes erstes Prinzip aus, dass nicht bewiesen werden kann. Das relativistische Erkenntnisprinzip löst alles Absolute in eine Relation auf (ebd. S.82f.).

Theoretisch kann der Satz A zwar durch B bewiesen werden, aber der Satz B muss wieder durch einen weiteren Satz C bewiesen werden usw., sodass sich ein Fortschreiten ins Unendliche ergibt (ebd. S.68). Dass aber eine kausale Verknüpfung zwischen zwei Dingen bzw. Sätzen wahr ist, erkennt der Mensch, weil sich auf eine praktische Handlung hin die seiner Vorstellung gemäßen, erwünschten und nützlichen Folgen einstellen – auch wenn diese Erkenntnis natürlich wieder bedingt bzw. relativ ist. Für die Wahrheit einer Vorstellung vom Seienden gibt es also kein anderes Kriterium, als dass sich auf die Handlungen gemäß dieser Vorstellung die erwünschten Folgen ergeben (ebd. 68ff.).

Diese Ausführungen zum Erkenntnisvermögen der Menschen setzten allerdings schon etwas voraus, was man als die Differenz von Subjekt und Objekt bezeichnet. Diese ist nach Simmel aber nicht naturgegeben, sondern muss sich erst im Verlauf der Geschichte herausbilden. Das seelische Leben beginnt vielmehr in einem Indifferenzzustand, die Natur (Objekte) treten dem Menschen unmittelbar gegenüber, jeder Trieb wird unmittelbar befriedigt. Auf dieser Stufe kommt der Mensch natürlich noch mit sehr wenigen Dingen in Kontakt. Zugleich ist dieser unmittelbare Kontakt (Simmel sprich auch von Nähe) die erste Voraussetzung dafür, dass der Mensch die Dinge kennt. Wenn nun aber ein Ding bzw. Objekt nicht mehr direkt erreicht und genossen werden kann, weil sich dem direkten Genuss Hindernisse allerlei Art entgegenstellen, ergeben sich zwei Aspekte. Zum einen erfährt der Mensch im Praktischen eine Distanz zwischen sich und dem Ding, die er zu überwinden versucht, was nichts anderes heißt, als dass er das Ding begehrt, d.h. erst jetzt erhält es einen (subjektiven) Wert. Um diese Distanz zu überwinden, muss der Mensch ein Opfer erbringen. Nach der Höhe des Opfers bemisst sich der Wert, der dem begehrten Objekt zugeschrieben wird. Zum anderen aber kann das Ding nur begehrt werden, wenn es Inhalt einer Vorstellung wird, und somit sein zukünftiger Genuss antizipiert wird. Erst hierdurch ergibt sich die Trennung von begehrendem Subjekt und begehrtem Objekt, d.h. erst hier erkennt der Mensch sich als Ich, das den Gegenständen gegenüber steht (Simmel 1989, S.11, 19). Der Kulturprozess besteht also darin, dass er „die subjektiven Zustände des Triebes und Genießens in die Wertung der Objekte überführt“ (ebd. S.25).

Zugleich ergibt sich dabei eine Wechselwirkung zwischen Nähe und Distanz. War beim Naturmenschen die Zahl der begehrten Objekte noch sehr gering, dafür aber die Distanz zu ihnen sehr klein, so ist wird für den modernen Menschen die Distanz zu den begehrten Objekten immer größer, zugleich aber können - zumindest ideell – immer mehr Objekte erreicht werden (ebd.).

[...]


1 Vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/SimmelGeorg/

2 Nach Simmel sollen alle Wissenschaftler das Geld als Phänomen behandeln und untersuchen

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der wissenschaftliche Ansatz von Georg Simmel. Oder die "Philosophie des Geldes" im Kontext heutiger Werbungsstrategien
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
2,2
Autor
Jahr
2016
Seiten
21
Katalognummer
V486547
ISBN (eBook)
9783668966215
ISBN (Buch)
9783668966222
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ansatz, georg, simmel, oder, philosophie, geldes, kontext, werbungsstrategien
Arbeit zitieren
Oliver Wendt (Autor:in), 2016, Der wissenschaftliche Ansatz von Georg Simmel. Oder die "Philosophie des Geldes" im Kontext heutiger Werbungsstrategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/486547

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