Anthropologie und Bildung


Seminararbeit, 2002

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Grundsatzbestimmung des Verhältnisses Menschenbild und Bildung

III. Erläuterungsversuche der Grundsatzbestimmung - Theoretische Entwürfe anthropologische Pädagogik oder pädagogische Anthropologie
III.1. Pädagogische Anthropologie – Erziehungsbedürftigkeit als bestimmendes Wesensmerkmal
III.2. Anthropologische Pädagogik - Erziehungsmöglichkeit nur durch zuvor geleistete anthropologische Bestimmung

IV. Erwachsenenbildungstexte - Blick auf die praktische Umsetzung
IV.1.Volksbildungswesen, Erwachsenenbildung
IV.2. Erwachsenenbildung

V. Vergleichende Darstellung des Menschenbild-Erwachsenenbildungszusammenhang anhand eines nationalsozialistischen Erwachsenenbildungstextes und einem aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts
V.1. Erwachsenenbildung im Lichte der nationalsozialistischen Ideologie
V.2. Erwachsenenbildung gegründet auf anthropologisch bestimmender Ich-Du-Begegnung

VI. Schluss

I. Einleitung

Mir geht es nicht um die vollständige Wiedergabe der in der Geschichte der Pädagogik immer wieder auftauchenden Diskussion des Zusammenhangs von Anthropologie und Bildung. Dies ist in der Kürze dieser Arbeit nicht zu gewährleisten. Vielmehr möchte ich auf einige markante historische Einzelaspekte verweisen. Sinn dieser methodischen Vorgehensweise ist der Versuch, sich über das wechselseitige und durchaus nicht einfach einzuordnende Verhältnis von Menschenbild und Bildung klar zu werden. Dabei werde ich zuallererst die Bestimmungsmöglichkeiten in ihrer Allgemeinheit angeben. Danach soll durch die kurze Darstellung von anthropologischer Pädagogik und pädagogischer Anthropologie versucht werden, die Verweisungszusammenhänge aufzuklären. Im abschließenden Teil dieser Arbeit werde ich durch die kurze Wiedergabe zweier Texte zur Erwachsenenbildung versuchen, das in den vorhergehenden Teilen eher theoretisch Dargestellte, an einem Beispiel zu verdeutlichen. Dabei geht es weniger um die Unterscheidung, ob anthropologische Pädagogik oder pädagogische Anthropologie die theoretische Grundlage des jeweiligen Autors war. Vielmehr soll gezeigt werden, dass die Verbindung Menschenbild und Bildung grundlegend von Bedeutung ist und entscheidenden Einfluss auf die jeweilige Vorstellung und Verwirklichung von Bildungskonzeptionen nimmt.

Ich verwende dafür bewusst zwei zeitlich und vor allem ideologisch weit auseinanderliegende Texte, um die Unterschiede der jeweiligen Definition von Bildung noch deutlicher zu machen.

Die Schlussbemerkung dieser Arbeit möchte ich nutzen, um eine persönliche Einschätzung zum Menschenbild, beziehungsweise zur Notwendigkeit desselben, in unserer Zeit zu wagen. Dabei werde ich aus philosophiegeschichtlicher Sichtweise vor allem auf die nihilistischen Auswirkungen zu sprechen kommen, die in ihrer Konsequenz auch nicht vor den der Bildung immanenten Werten halt gemacht haben. Die Berechtigung philosophische Entwicklungslinien als signifikant für den Zusammenhang Menschenbild – Bildung zu rezitieren, gründet sich auf der Annahme, dass trotz erheblicher Einwände gegen die Fähigkeit der Philosophie, die Bestimmung des Menschen entscheidend mitgestalten zu können, dieselbe unerlässlich bleibt. Entscheidend für diese Annahme, ist vor allem die Tatsache der relativ vorhandenen Zweckfreiheit einer philosophischen Untersuchung. Auf welche Art und Weise sie dann zu verstehen ist, soll hier nur angedeutet werden. Genealogisch wandelt sie sich seit der Entstehung der Einzelwissenschaften von einer Allgemein- zu einer Metawissenschaft, die versucht, die Erkenntnisse der einzelnen Wirklichkeitsbereiche in einen zusammenhängenden, erst dadurch für das Ganze des menschlichen Daseins sinnvollen Bedeutungszusammenhang, zu stellen.

II. Grundsatzbestimmung des Verhältnisses Menschenbild und Bildung

Es gilt sich zunächst klar zu machen, aus welchem Antrieb heraus die Diskussion um Anthropologie auf der einen Seite und Bildung auf der anderen Seite, ihre Dynamik erlangt. Bildung als Wissenschaft hatte sich zuallererst als eigenständige Disziplin zu behaupten, womit die Bemühungen, sich von der Anthropologie abzugrenzen, verständlich werden. (Bokelmann, 1970, S. 257). Dass dennoch ein nachzuweisender und entscheidender Verweisungszusammenhang existiert, kann mit Reble und dessen Auseinandersetzung mit Schleiermacher in folgenden Worten beschrieben werden:

„Es handelt sich hier also um Grundstrukturen des Menschseins, und Erziehung vollzieht sich nicht nur zu ihnen hin, sondern ebenso von ihnen her; besser gesagt: sie vollzieht sich in ihnen, sie ist als Tatsache und als Aufgabe mit ihnen und aus ihnen heraus gegeben und wird in diesem Zusammenhang eben erst möglich. Und die philosophische Analyse des menschlich-geschichtlichen Lebens, die Schleiermacher, in seiner Ethik gibt, ist für die Pädagogik nicht eigentlich Ziel-, sondern echte Grundwissenschaft.“ (Reble, 1967, S.7)

Dieser Verweis auf die notwendige anthropologische Bestimmung bildungstheoretischer Ansätze kann weiter radikalisiert werden und erscheint zuletzt als absolutes Verständniskriterium jeglicher Bildungskonzeption (Vgl. Bollnow, 1952).

Ein weiterer wesentlicher Verbindungspunkt von Menschenbild und Bildung wird in diesen Vorschlägen nur mittelbar deutlich. Zu suchen ist er in der Zielbestimmung des erzieherischen Vorhabens. Wird die Anthropologie verstanden als die Lehre vom Menschen, so erscheint mir damit die Benennung bildungsspezifischer Ziele nicht ohne ein Verständnis vom Wesen des Menschen auszukommen,. Es hat damit, wie genannt erhebliche Relevanz für die Zielsetzung, aber auch für den didaktischen Ansatz (Vg. Keim, Wittig, 1985). Die Problematik hinsichtlich eines nicht zu bestimmenden Menschenbilds soll hier nicht ausgeführt werden. Für den hier untersuchten Bereich der Bildung kann mit Müller-Herlitz dennoch eine Notwendigkeit der Philosophie als Wissenschaft von Menschsein nachgewiesen werden.

Bildungstheorien müssen in ihrer Eigenständigkeit anerkannt werden, können jedoch nach dem Anspruch untersucht werden, inwieweit philosophische Reflexionen die Grundlage derselben darstellen. Diese Explikation bietet dann die Möglichkeit, bildungsspezifische Vorstellungen wie Ziel, Didaktik und Praxis neu zu beurteilen und gegebenenfalls neu zu entwerfen. Dieser Neuentwurf verändert folglich wiederum die Art und Weise der Reflexion, womit ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Bildung und Philosophie erreicht ist (Vgl. Müller-Herlitz, 1974, S.160f). Dies zu betonen ist die Absicht Müller-Herlitz´ und bietet uns einen weiteren Vorschlag zur Grundsatzbestimmung des Verhältnisses von Bildung und Menschenbild. Im selben Sinne äußert sich Drechsler, wenn er davon spricht, das Bildung mit der ihr eigenen Problematik des „Aufgegebenen des Menschseins“ im Gegensatz zum „Gegebenen und Vorgegebenen“ der Philosophie und Soziologie, sich „zugleich aber in der Wirklichkeitsverwurzeltheit des Menschen wieder begründe[n MJ] ... muß.“ (Drechsler, 1965, S. 5f). Um dieser allgemeinen Bestimmung des Verhältnisses von Anthropologie und Bildung ergänzend eine spezifischere hinzuzufügen, werde ich in Darstellung der grundsätzlichsten Merkmale, kurz auf die Konzeptionen der anthropologischen Pädagogik und pädagogischen Anthropologie eingehen.

III. Erläuterungsversuche der Grundsatzbestimmung - Theoretische Entwürfe anthropologische Pädagogik oder pädagogische Anthropologie

Der in diesen, auf verschiedene Art und Weise verbundenen, Begriffen anklingende Gegensatz verdeutlicht sich in der Betrachtung der jeweiligen Basisbestimmung und deren Ableitungsverhältnis. Mit Pleines lässt sich dies folgendermaßen darstellen:

„Erschien sie [ pädagogische Anthropologie MJ ] bisher, um das Konzept von Roth (Vgl. Roth, 1966) zu wiederholen, als ein „ausgliederungsfähiger Teil der Pädagogik“, als eine „eigene Disziplin“ derselben, welche Fragen nach der Bestimmung oder der Natur des Menschen nur mit Verhalt stellte, so verkehrt sich die Situation jetzt insofern, als die Anthropologie geradezu zum Interpretationsschema der Pädagogik überhaupt erhoben wird [ in der anthropologischen Pädagogik MJ ], deren normgebende Funktion ihr das Recht verschafft, über alle übrigen Disziplinen der Pädagogik in ihrem Stellenwert zu befinden.“ (Pleines, 1973, S.20).

Hiermit wird es durch die Kennzeichnung des Gegensätzlichen möglich, die Grenzbereiche des jeweiligen Ansatzes zu bestimmen. Zu fragen bleibt, woher sich die jeweiligen Positionen erklären. Welche Basis liegt den unterschiedlichen Bewertungskriterien der anthropologischen Pädagogik und der pädagogischen Anthropologie zugrunde?

Zudem aber muss auch noch gefragt werden, ob die hier auszumachende Gegensätzlichkeit der verschiedenen Theorieentwürfe so überhaupt vorhanden und zu verstehen ist. Möglich ist vielmehr, dass es eine unumstrittene Basis gibt, die für beide gilt. Denn trotz aller Bemühungen der Erziehungswissenschaften sich in ihrer Eigenständigkeit zu behaupten, bleiben sie auf einen Vorschlag zur Bestimmung des Menschen verwiesen ( Vgl. Faber, 1988, S. 12).

III.1. Pädagogische Anthropologie – Erziehungsbedürftigkeit als bestimmendes Wesensmerkmal

Schon Kant stellt in der Einleitung seiner Schrift „Über Pädagogik“ fest, dass „der Mensch ... das einzige Geschöpf [ ist MJ], das erzogen werden muss“. Weiter heißt es: „Disziplin und Zucht ändert die Tierheit in die Menschheit um.“ (Kant, 1964, S. 697)

Damit wird nur zu deutlich, inwieweit „[ in MJ ] der Pädagogischen Anthropologie, ... der Mensch als erziehbares und erziehungsbedürftiges Wesen - homo educandus und educabilis – [erscheint MJ].“ (Flitner, 1963, S. 218). In Anlehnung an die Bestimmung Kants wird die Menschwerdung unlösbar mit der Fähigkeit des Lernens beziehungsweise des Bedürfnisses erzogen zu werden, verbunden. Hier möchte ich kurz auf den Artikel Roths eingehen, da er als grundlegend für die Pädagogische Anthropologie anzusehen ist.

Die Problemlage von der her Roth seinen Vorschlag entwirft, schließt sich an das oben Genannte an. Nicht die grundsätzliche Bindung der Bildung an Anthropologie wird aufgekündigt, sondern gerade die Unbestimmtheit der philosophischen, soziologischen, etc. Daseinsentwürfe, lässt Bildung als die einzige Möglichkeit erscheinen, insofern die Gesellschaft sie theoretische entwerfen und praktisch umsetzen kann, um den infiniten Regress der Selbstbestimmung des Menschen umzuwandeln, in ein fruchtbares Relationsverhältnis:

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Anthropologie und Bildung
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Grundlagen der Erwachsenenbildung
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
16
Katalognummer
V48616
ISBN (eBook)
9783638452779
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anthropologie, Bildung, Grundlagen, Erwachsenenbildung
Arbeit zitieren
M.A. Mirko Jungkunz (Autor:in), 2002, Anthropologie und Bildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48616

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