LOVE LETTERS BUILDING - Postfuhramt Berlin Mitte - ein Denkmal im Sog von Werbung und Marketing


Seminararbeit, 2002

35 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

2. Vorwort
2.1. Das LOVE LETTERS BUILDING
2.2. Der Ort

3. Das Gebäude
3.1. Geschichte
3.2. Wiederherstellungsarbeiten an der Fassade
3.3. Begründung für die Aufnahme in die Denkmalpflege

4. Der Künstler
4.1. Die Person
4.2. Der Lebenslauf
4.3. Die Muse
4.4. Aktionen und Ausstellungen
4.5. Sponsoring
4.6. Beispiele für Aktionen

5. Der Sponsor
5.1. Unternehmensbereiche Deutsche Post AG
5.2. Bedeutung der Werbung für Deutsche Post AG

6. Das Projekt
6.1. Vermarktung des Projektes
6.2. Resonanzen
6.3. Zusammenarbeit Künstler und Deutsche Post AG
6.4. Behörden

7. Resümee
7.1. Mehr schein als Sein?
7.2. Und was wird mit dem Denkmal?

8. Abbildungsverzeichnis

9. Quellenverzeichnis

2. Vorwort

2.1. Das LOVE LETTERS BUILDING

Das LOVE LETTERS BUILDING ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Deutsche Post AG und dem Künstler HA Schult. Mit der ersten Pressekonferenz am 03. Juli 2001 wurden alle Menschen dazu aufgerufen, Liebesbriefe einzusenden. HA Schult formulierte seinen Aufruf: „… Ich bitte Sie, einen Brief zu schreiben, wie Sie ihn schon immer im Herzen getragen haben. Erklären Sie sich darin in Liebe zu den Ihnen nächsten oder entferntesten Menschen, zu den erreichbaren oder unerreichbaren Orten und Dingen des Lebens. Träumen Sie in Worten … . “

Ziel des Aufrufes war es ein Gebäude vollständig mit Briefen zu umhüllen. Somit entstand die größte Liebesskulptur der Welt.

An den Wochenenden vom 13. Oktober bis zum 11. November 2001 konnte das LOVE LETTERS BUILDING besucht werden.

2.2. Der Ort

Das ausgewählte Gebäude ist das Alte Postfuhramt in Berlin Mitte. Es befindet sich in der Oranienburger Str. 35 - 36, Ecke Tucholskystraße, direkt an der S-Bahnstation Oranienburger Straße.

Ein Zitat aus dem Online-Stadtführer von Berlin beschreibt den Ort wie folgt:

„ Drei große Gebäude prägen das Bild der Oranienburger Straße. Aber während die neue Synagoge und das Tacheles allseits bekannt sind, ruht der dritte Bau noch im Dornr ö schenschlaf. Kaum einer kennt seinen Namen und seine Geschichte. Das Postfuhramt ist einer der prächtigsten historistischen Bauten Berlins. “ [s. Abb. 01]

3. Das Gebäude

3.1. Geschichte

In den Jahren 1705 bis 1713 entstand auf Anweisung des Generaloberpostmeisters von Wartenberg auf dem Baugrund des Postfuhramts ein Postillionhaus. Die Wahl dieses Grundstückes ist im Zusammenhang mit dem nahe gelegenen Schloss Monbijou zu sehen, das 1705 im Besitz der Frau von Wartenberg war. Das Postillionhaus diente vorerst als private Posterei.

1874 erwarb die Deutsche Reichspost das Grundstück um das Gebäude von 1875 bis 1881 abzureißen. Erst jetzt entstand das heutige Postfuhramt nach einem Entwurf von Carlo Schwatlo unter dem Postbaurat Wilhelm Tuckermann. Der Kostenaufwand damals betrug 1.277.308 Reichsmark.

Das neue Gebäude war eine multifunktionale, zweiflügelige Anlage mit einem großen Hof und mehreren Stallungen. Es beherbergte die Zentrale des Berliner Rohrpostsystems und war das Hauptpaketamt, der Stadt. Neben Wagenremisen, dem Postkutschenlager, den zweigeschossigen Stallanlagen mit obenliegenden Schlafräumen enthielt das Gebäude auch das Postamt 24, die Post - und Telegrafenschule, das Rohpostmaschinenhaus sowie mehrere Vereines- und Versammlungsräume. [s. Abb. 02 u. 03]

Die Fassade des Backsteinbaus ist durch Gesimse und Farbstreifen geprägt und somit horizontal gegliedert. Über der Schalterhalle thront eine achteckige Kuppel, die von mit zwei Türmen flankiert wird.

Zu dieser Zeit galt das Postfuhramt sogar als das schönste architektonische Gebäude Berlins.

Nachdem der Grundriss 1881 2324 m² umfasste, waren es 1896 schon 6597 m².

Im zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von verschiedenen Dienststellen der Post wie dem Zentralamt für Materialwirtschaft genutzt. Durch einen Bombentreffer wurde 1945 der Gebäudeflügel Oranienburger Straße stark zerstört!

Die Wiederherstellung des Gebäudes erfolgte in vereinfachter Form.

Nachdem das Postfuhramtes 1973 in die Melchionerstraße verlegt wurde, erfolgte die Unterbringung verschiedener Dienststellen wie dem Postzeitungsvertrieb im Gebäude. Nach der Wiedervereinigung wurde das Postfuhramt wieder Eigentum der Deutschen Post AG und diente dieser als Verwaltungsgebäude. Eine Werkstatt zur Wartung von Kraftfahrzeugen, ein Betriebsarzt, eine Filiale und diverse andere Dienststellen befanden sich dort. Im Lauf der Zeit wurden immer mehr Bereiche ausgegliedert, so dass das Gebäude seit 1996 ungenutzt ist.

Seit Mitte der 90er Jahre gibt es auch ein Tauziehen zwischen dem Berliner Senat und der Deutsche Post AG um den Verkauf des Gebäudes. Allerdings kamen diese Verhandlungen aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen zum Erliegen. Die Post wollte 50 Millionen DM für das Gebäude haben, aber der Senat war nur bereit 20 Millionen DM zahlen.

Momentan werden verschiedene Nutzungsgutachten erstellt, um die zukünftige Art und Weise der Nutzung des Postfuhramtes zu klären. Eine kommerzielle Nutzung der Räumlichkeiten, wie z.B. Hotel oder Verwaltung oder eine reine Nutzung als Kunst- und Kulturstandort sowie eine Verknüpfung dessen wäre möglich. Nach Angaben der Deutsche Post AG wäre auch eine Veräußerung der Immobilie

Postfuhramt möglich. Zwischen 1996 - 2001 fanden dann in den Räumlichkeiten des Postfuhramtes nur diverse temporäre Ausstellungen statt. So z.B. die „abdiepost“, die „berlin-biennale“, die „aktionsgalerie“ oder die „magnum-ausstellung“.

3.2. Wiederherstellungsarbeiten an der Fassade

Zunächst wurde der Gebäudeflügels Oranienburgerstraße, der im Krieg zerstört wurde, wiederhergestellt. Die Renovierung der Außenfassade und des Dachgesims, einschließlich der Balustrade, folgten. Um 1987 zur 750 Jahrfeier Berlins das Gebäude komplett wiederherzustellen, wurden die um 1953 abgetragenen Figurengruppen über dem Eingang Ecke Oranienburger- Tucholskystraße wieder aufgebaut und die Hoffassade am Gebäudeflügel Tucholskystraße renoviert. Jüngere Renovierungen lassen das Gebäude wieder in seiner ganzen Schönheit erstrahlen.

3.3. Begründung für die Aufnahme in die Denkmalpflege

Das Postfuhramt ist eines der wenigen Ziegelrohbauten mit Terrakotta und weiterem Fassadenschmuck italienischer Renaissance aus den Gründerjahren Berlins. Über den Fenstern im Erdgeschoss des Flügels Tucholskystraße befinden sich zahlreiche Nachbildungen von Köpfen bedeutender Physiker, die im Telegraphen- und Fernsprechwesen tätig waren. Die Marmortreppenstufen am Aufgang zum 1. Obergeschoss sind besonders zu beachten. Der Fußboden im Flur des 1. Obergeschosses im Gebäudeteil Tucholskystraße ist mit Schmuckelementen ausgelegt. Des Weiteren befinden sich dort zwei gusseiserne Säulen. Die kassettenförmige Decke im Kuppelraum ist mit feinstem Stuck verziert. Außerdem findet man das Großrelief einer „Personenpost“ von Steineman aus dem Jahr 1878, auf dem Hof.

4. Der Künstler

4.1. Zur Person

HA Schult zählt zu den bedeutendsten Aktionskünstlern der Gegenwart. Das folgende Spiegelzitat macht klar was man darunter verstehen kann:

„ Auf einer Kreuzung hat es gekracht, ratlos gestikulierende Chinesen stehen um drei ineinander verkeilte Volkswagen herum. „ Was für eine Skulptur “ , schwärmt Schult. Ein wunderbarer Unfall: macht Lärm, st ö rt und zieht Schaulustige an. Folglich gefällt er Schult, dessen Kunst auf genau diese Wirkung abzielt. “

In den 60er Jahren erfand Schult die Begriffe "Macher", "Biokinetik" und "Unwelt". Außerdem stellt er seitdem die soziale Fauna von Städten und Landschaften in den Mittelpunkt seines Schaffens. Dadurch, dass er als erster Künstler das Ungleichgewicht des ökologischen Haushalts zum Hauptthema seiner Arbeit gemacht hat, leistete er einen entscheidenden Beitrag zu einem geschärften Umweltbewusstsein.

Kim Kevin aus New York beschreibt HA Schult als „ politisch, poetisch, einen Populist in der Absicht und einen beunruhigenden Klassiker in der Wirkung. Seine Kunst sei eine phantastische Kombination von banalen Symbolen und prächtigen Schauspielen. “

Ein anderes Kommentar von G.A. Cibotto aus Venedig besagt: „ Unermüdlich führt HA Schult seinen Feldzug gegen die Banalitäten des Alltags “ . [s. Abb. 04]

4.2. Lebenslauf

HA Schult ist 1939 in Berlin geboren worden und auch dort nach dem 2. Weltkrieg aufgewachsen. Von 1958 bis 1961 studierte er bei K.O. Götz an der Düsseldorfer Kunstakademie. Der Künstler lebte und arbeitete seit 1967 mit seiner Muse Elke Koska zusammen in München, Köln, Essen, Berlin und in den Jahren 1981 bis 1986 sogar in New York. Nach seiner Rückkehr aus den USA 1986 gründete er sein "HA Schult-Museums für Aktionskunst“ in Essen, welches 1995 nach Köln umzog. Dort lebt der Künstler auch heute wieder um noch immer mit der Hilfe von Elke Koska seine neusten Arbeiten zu verwirklichen.

4.3. Die Muse

Seit 1969 beeinflusst Elke Koska mit ihrer positiven Kreativität die Arbeit von HA Schult. Aus diesem Grund nennt er sie auch gern seine Muse. Vor der Zusammenarbeit mit Schult hat sie in München Schauspielerei studiert und mit vielen Regisseuren des „Neuen Deutschen Films“ gearbeitet. Sie spielte beim „Living Theatre“ bei Fassbinder und war die Jeannie im Musical „Hair“. Ihre Hauptrolle bis heute ist die der „Living Sculpture“ auf der Alltagsbühne und die des Organisationsgenies bei allen HA Schult-Aktionen. [s. Abb. 05]

4.4. Aktionen und Ausstellungen

Viele Aktionen und Ausstellungen hat HA Schult von 1968 bis heute schon überall in ganz Deutschland veranstaltet. Seine Kunst war und ist in Köln, München, Aachen, Stuttgart, Ingolstadt, Kiel, Bochum, Wolfsburg, Frankfurt/Oder, Osnabrück sowie Heidelberg usw. zu bewundern. 1993 fand sogar auch eine Ausstellung in der Brandenburgischen Kunstsammlung in Cottbus statt.

Dem nicht genug. HA Schult ist auch Weltweit, wie in Wien, Basel, Venedig, New York, St. Petersburg, Peking, Paris sowie Tokio usw. tätig.

Diese große Zahl an verwirklichten Projekten in den wichtigsten Metropolen der Welt, verdankt HA Schult zum einen seiner genialen Überredungskunst. Er bekommt so gut wie alles erlaubt, da er ein Meister im Weichreden von Vorstandsvorsitzenden ist. Zum anderen hat HA Schult schon sehr früh angefangen, sich seine Kunst von Sponsoren finanzieren zu lassen. [s. Abb. 06-09]

4.5. Sponsoring

Ähnlich wie heute politische Entscheidungen in den Vorstandsetagen internationaler Konzerne getroffen werden, beeinflusst die Wirtschaft mit Sponsoring das Profil der Kulturlandschaft Deutschlands.

Nachdem HA Schults Projekte 1970 schon nicht mehr allein von herkömmlichen Kunstbudgets finanziert werden konnten, begann die Zusammenarbeit mit Sponsoren. Somit waren alle seine großen Projekte nur durch Sponsoring möglich. Ein Spiegelzitat zeigt HA Schults Verhältnis zu großen Sponsoren:

“ Schult ben ö tigt also die Verursacher der Weltzerst ö rung, gegen die er mit seiner Kunst protestiert (so sieht er es selbst), für die er zugleich wirbt (so muss er es den Firmen verkaufen.) “

4.6. Beispiele für Aktionen

1985-1986 New York, The Solomon R. Guggenheim Museum, New York ist Berlin Weinachten 1985, also fünf Jahre vor ihrem Fall, verrückte Schult die Mauer von Berlin nach New York und damit die Grenze zwischen Ost und West.

1989 Köln, Römisch-Germanisches Museum, Fetisch Auto Golden Bird (Flügelauto)

Der „Flügel-Fiesta“ auf dem Turm des kölnischen Stadtmuseums vor dem Kölner Dom zählt schon fast als ein Wahrzeichen der Stadt. Dieses Kunstwerk von HA Schult war 1989 ein Teil der Aktion „Fetisch Auto“ zum Anlass der Vorstellung des neuen Fort Fiesta und wurde natürlich auch von diesem Automobilhersteller gesponsert.

Zum Event des LOVE LETTERS BUILDING setzte HA Schult seine Zusammenarbeit mit Ford fort.

Die 5 zu diesem Zwecke gestalteten, individuellen und limitierten Ford Ka werden als Preise für die Gewinner der Aktion LOVE LETTERS BUILDING zur Verfügung gestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
LOVE LETTERS BUILDING - Postfuhramt Berlin Mitte - ein Denkmal im Sog von Werbung und Marketing
Hochschule
Brandenburgische Technische Universität Cottbus  (Lehrstuhl Denkmalpflege, BTU Cottbus, Fak2)
Veranstaltung
Denkmäler im Sog von Werbung und Marketing
Note
2,0
Autoren
Jahr
2002
Seiten
35
Katalognummer
V4850
ISBN (eBook)
9783638129602
Dateigröße
4369 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
LOVE LETTERS BUILDING - Das Postfuhramt, in der Oranienburger Straße, Berlin-Mitte. Ein Denkmal im Sog der Werbung. Untersuchung der Auswirkungen von Marketingstrategien der Deutschen Post AG auf das Denkmal. Sehr dichte Arbeit. Zuzügl. 31 Präsentationfolien (PDF-Format).
Schlagworte
LOVE, LETTERS, BUILDING, Postfuhramt, Berlin, Mitte, Denkmal, Werbung, Marketing, Denkmäler, Werbung, Marketing
Arbeit zitieren
Nico Schröter (Autor:in)Kai Giesler (Autor:in)Philipp Kohde (Autor:in), 2002, LOVE LETTERS BUILDING - Postfuhramt Berlin Mitte - ein Denkmal im Sog von Werbung und Marketing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4850

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