E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung


Diplomarbeit, 2005

82 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Ziele, Formen und Entwicklungsstufen von betrieblicher Weiterbildung und E-Learning
2.1 Betriebliche Weiterbildung
2.1.1 Definition und Ziel von betrieblicher Weiterbildung
2.1.2 Formen der betrieblichen Weiterbildung
2.2 E-Learning
2.2.1 Grundsätzliche Definition von E-Learning
2.2.2 Die Entwicklungsstufen von computergestützen Lernprogrammen und ihr lerntheoretischer Hintergrund
2.2.2.1 Programmierte Unterweisung
2.2.2.2 Computer Based Training (CBT)
2.2.2.3 Web Based Training (WBT)
2.2.3 Lernportal, Lernplattform und Learning Management System

3 Vergleich von klassischen Lernformen und E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung
3.1 Anforderungen an die betriebliche Weiterbildung
3.1.1 Technologische, gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung
3.1.2 Ziele und Interessen der Unternehmen
3.1.3 Ziele und Interessen der Mitarbeiter als Lerner
3.1.4 Anforderungskatalog für den Vergleich
3.2 Vergleich nach wirtschaftlichen Anforderungen
3.2.1 Kostenreduktion
3.2.2 Flexibles Lernen am Arbeitsplatz
3.3 Vergleich nach didaktischen Anforderungen
3.3.1 Themen
3.3.2 Akzeptanz der Lernenden
3.3.3 Lernformen
3.3.4 Medieneinsatz
3.3.4.1 Wissenspräsentation
3.3.4.2 Wissensvermittlung
3.3.4.3 Wissenswerkzeug
3.3.4.4 Probleme bei Multimedia
3.3.4.5 Virtuelles Seminar
3.4 Zusammenfassender Vergleich

4 Blended Learning als zukunftsweisender Ansatz für die betriebliche Weiterbildung
4.1 Blended Learning als neues Schlagwort der betrieblichen Weiterbildung
4.2 Blendend Learning Konzepte

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung des E-Learning-Marktes

Abbildung 2: Formen der Weiterbildung

Abbildung 3: Begriffe im Bereich E-Learning

Abbildung 4: Gründe für den Einsatz von E-Learning

Abbildung 5: Rangfolge der Gründe für den Einsatz von E-Learning

Abbildung 6: Bedeutung der Weiterbildungsthemen

Abbildung 7: Einsatzschwerpunkte interaktiver Medien

Abbildung 8: Bedeutung der Weiterbildungsthemen, Allgemeines Weiterbildungsangebot und E-Learningeinsatz

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anforderungskatalog

Tabelle 2: Beispielhafter Kostenvergleich Präsenzseminar/WBT

Tabelle 3: Lernzieldimensionen

Tabelle 4: Mediale Elemente des E-Learning

Tabelle 5: Zusammenfassender Vergleich von E-Learning und klassischen Weiterbildungsformen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Gegen Ende der 90er Jahre und noch um die Jahrhundertwende herrschte eine E-Learning Euphorie. Das Lernen sollte schneller, einfacher, effizienter, effektiver sein und mehr Spaß machen.[1]

Große Hoffnungen wurden in diese Lernform gesetzt und von einer „tief greifenden Innovation“ oder auch „Revolution des Lernens“ wurde gesprochen. Wie die schnelle Verbreitung von Computer und Internet im beruflichen und privaten Bereich, sollte sich auch E-Learning in kurzer Zeit durchsetzen.[2]

So erwartete man eine Verzehnfachung des Marktvolumens von 120 Mio. Euro im Jahr 2000 auf 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2004, also innerhalb von nur vier Jahren.[3] Schüle hat im Auftrag der unicmind.com AG im Mai 2001 eine Studie zur Verbreitung von E-Learning in den Unternehmen durchgeführt. Darin kommt er zum Schluss, dass „fast 90% der 350 deutschen TOP-Unternehmen E-Learning nutzen“. Bei genauerer Betrachtung ergab sich jedoch, dass zwar 93% der Unternehmen CBTs und 67% Schulungsvideos nutzen, aber nur 25% WBTs und 19% virtuelle Klassenräume.[4] Weiterhin bleibt unklar, welche Unternehmen als „TOP-Unternehmen“ gelten.

Kerres bezeichnet daher Aussagen über einen Verbreitungsgrad von 90% als irreführend und unseriös.[5] Er weist auf eine repräsentative Studie im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma KPMG vom Jahr 2002 hin. Danach lag die Verbreitung von E-Learning in deutschen Großunternehmen mit über 1.000 Beschäftigten bei nur 46%. Beachtenswert hierbei ist besonders, dass innerhalb dieser Unternehmen nur 10% der Mitarbeiter E-Learning tatsächlich nutzen.[6]

Der Nutzeranteil unter den mittelständischen Unternehmen Deutschlands mit zwischen 50 und 1.000 Beschäftigten liegt laut einer Studie des MMB im Jahr 2000 bei nur 24%.[7]

Eine weitere MMB-Studie 2001 geht bei den kleineren Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten sogar von maximal 5% Nutzeranteil aus.[8]

Beim Vergleich der Studien zu E-Learning ist also Vorsicht geboten. Sie unterscheiden sich in ihren Erhebungsbedingungen teilweise erheblich. Die Unterschiede liegen in den befragten Zielgruppen (Großunternehmen oder Klein- und Mittelbetriebe) oder dem Befragungsraum (regional oder ganz Deutschland), oder auch der Erhebungsart (repräsentativ oder zufällig). Auch der Erhebungszeitraum spielt durch die schnellen Entwicklungen beim E-Learning eine entscheidende Rolle. Weiterhin muss beachtet werden, ob es sich um tatsächliche Daten handelt oder Schätzungen.

Am schwierigsten ist jedoch schon eine einheitliche Definition von E-Learning. Dabei unterscheiden sich nicht nur die Studien voneinander. Gemäß der Studie von unicmind.com waren auch die befragten Unternehmen unterschiedlicher Meinung darüber, ob E-Learning ausschließlich web-basiert sein muss oder nicht.

Trotz dieser Schwierigkeit, verlässliche und vergleichbare Daten zu finden, werden die hohen Erwartungen an E-Learning erkennbar. In diesem Sinne wird besonders die oben vorgestellte unicmind.com Studie in der Literatur als Beleg für die E-Learning Euphorie angeführt.

Die geringere Verbreitung, die von den Studien des KPMG ausgemacht wurde, ist ein Indiz dafür, dass inzwischen eine Enttäuschung eingetreten ist.[9] Auch Kerres stellt eine Diskrepanz zwischen den erwarteten Möglichkeiten von E-Learning und dem tatsächlich eingetretenen Nutzen und Verbreitungsgrad fest.[10] Als Zeitpunkt für diesen Umschwung wird bei Niegemann 2002 angegeben.[11] Der MMB sieht aufgrund seiner Studien das Jahr 2001 als Wendepunkt zwischen „Hype“ und Enttäuschung. Er erstellte die folgende Graphik, um die Entwicklung der Aufmerksamkeit um E-Learning zu veranschaulichen. In der Grafik wird deutlich, dass nach der Enttäuschung ein Realismus einsetzte. So ist E-Learning nicht gescheitert, aber die Erwartungen sind inzwischen gedämpfter und vorsichtiger.[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung des E-Learning-Marktes

Quelle: MMB 2002 nach: Michel/Goertz (2003), S. 26

Diese Arbeit wird sich kritisch mit E-Learning auseinandersetzen. Das Ziel ist zu prüfen, welchen Nutzen der Einsatz von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung im Vergleich mit anderen Weiterbildungsformen tatsächlich bietet und wo die Grenzen von E-Learning liegen.

Dazu werden zunächst im Kapitel 2 die beiden grundlegenden Begriffe betriebliche Weiterbildung und E-Learning näher erläutert und für die Arbeit definiert. Darüber hinaus werden Ziel und Formen der betrieblichen Weiterbildung vorgestellt. Eine dieser Formen ist E-Learning. Ihre Entwicklungsstufen werden im Anschluss erläutert.

Den Hauptteil dieser Arbeit stellt Kapitel 3 dar. Hier wird E-Learning mit den klassischen Formen der Weiterbildung, insbesondere dem Präsenzseminar, verglichen. Dafür wird anhand der Interessen und Ziele der Unternehmen und der Mitarbeiter als Lerner ein Anforderungskatalog erstellt. Im nächsten Schritt soll geprüft werden, inwieweit E-Learning und die klassischen Weiterbildungsformen den Anforderungen gerecht werden. Den Schwerpunkt der Betrachtung bilden dabei die didaktischen Anforderungen. Zusammenfassend werden die jeweiligen Vor- und Nachteile gegenübergestellt.

Abschließend wird in Kapitel 4 der integrierte Ansatz des Blended Learning vorgestellt. Dazu sollen mögliche Konzepte und aktuelle Entwicklungen betrachtet werden.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit die maskuline Form verwendet. Die Bezeichnungen Lerner und Lehrende schließt selbstverständlich auch die weiblichen Rolleninhaber mit ein.

2 Ziele, Formen und Entwicklungsstufen von betrieblicher Weiterbildung und E-Learning

2.1 Betriebliche Weiterbildung

2.1.1 Definition und Ziel von betrieblicher Weiterbildung

Die betriebliche Weiterbildung gehört zu den zentralen Aufgaben der Personalentwicklung.[13] Ebenso ist sie in die Konzepte der Organisationsentwicklung eingebunden und nimmt daher im Unternehmen einen wichtigen Stellenwert ein.[14]

Das Ziel der betrieblichen Weiterbildung ist es "dem Unternehmen dasjenige Potential an Arbeitskräften zur Verfügung zu stellen, das zur Erreichung des Betriebsziels erforderlich ist."[15]

Daher werden unter betrieblicher Weiterbildung "alle betrieblich veranlassten oder finanzierten Maßnahmen verstanden, die dazu dienen, beruflich relevante Kompetenzen der Mitarbeiter oder des Unternehmens zu erhalten, anzupassen, zu erweitern oder zu verbessern."[16]

Hierbei werden Anpassungs- und Aufstiegsweiterbildung unterschieden. Durch die Anpassungsweiterbildung sollen die bereits erworbenen beruflichen Qualifikationen aktualisiert werden. Der Mitarbeiter wird auf den neuesten Wissensstand seines Fachbereiches gebracht. Die Aufstiegsweiterbildung bereitet den Mitarbeiter für die Übernahme einer höheren Position vor.[17]

Die Bildungsmaßnahme kann entweder intern oder extern durchgeführt werden. Maßnahmen die vom Unternehmen organisiert, durchgeführt und verantwortet werden, sind intern oder auch innerbetrieblich. Hierbei stellt das Unternehmen Lehrpersonal fest an oder beauftragt freie Trainer. Alternativ kann das Unternehmen Mitarbeiter außerbetrieblich in externen Weiterbildungseinrichtungen schulen lassen. Diese Form der Weiterbildung wird oft von Klein- und Mittelbetrieben praktiziert, die aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl keine eigene Weiterbildungsabteilung haben. Aber auch Großunternehmen nutzen diesen Weg, wenn nur wenige Mitarbeiter eine bestimmte Schulung erhalten sollen und sich somit die Durchführung einer eigenen Maßnahme nicht lohnt.[18]

2.1.2 Formen der betrieblichen Weiterbildung

Die Formen der betrieblichen Weiterbildung sind vielfältig. Die weitverbreitete sogenannte "klassische" Form ist das Seminar.[19] E-Learning und sein Vorgänger Computer-Based-Training (CBT) reihen sich in die Vielfalt der Weiterbildungsformen ein. Köllinger unterteilt sie in solche, die die physische Anwesenheit eines Kursleiters erfordern (face-to-face) und solche die selbständig ohne ihn durchgeführt werden und auf Medien basieren (non face-to-face).[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Formen der Weiterbildung

Quelle: Köllinger (2002), S. 16 (mit Ergänzung)

Face-to-face Formen unterscheiden sich von medienbasierten Formen, dadurch, dass sie zeit- und ortgebunden sind. Ein weiteres zentrales Merkmal ist die interaktive, direkte Kommunikation (face-to-face). Ergänzend zu Köllingers Modell gibt es bei face-to-face noch weitere Kommunikationsvariationen. So kann Lernen im Seminar (one-to-many) aber auch am Arbeitsplatz in Gruppen ohne Lehrenden (many-to-many) oder in Form von Coaching (one-to-one) stattfinden.[21]

2.2 E-Learning

2.2.1 Grundsätzliche Definition von E-Learning

Auf der Suche nach einer Begriffsdefinition kann zunächst von der Wortbedeutung ausgegangen werden. Der Buchstabe „E“ in E-Learning steht für „electronic“.[22] Daher ergibt sich eine grundlegende Definition für E-Learning als das Lernen mit elektronischen Medien.[23] In diesem Punkt herrscht noch Einigkeit in der Fachdiskussion. Die Meinungen divergieren allerdings in der Frage, welche elektronischen Medien gemeint sind.

So sehen Bendel und Hauske E-Learning als Oberbegriff für alle Lernformen, die durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) unterstützt sind.[24] Sie haben eine Graphik ihrer Definition entwickelt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Begriffe im Bereich E-Learning

Quelle: Bendel und Hauske (2004), S. 27

In der Graphik wird deutlich, dass diese Definition von E-Learning elektronische Präsentationsmedien wie den Beamer nicht einbezieht. Dennoch ist diese Definition recht umfassend. Denn sie schließt Distance Learning, als klassisches Fernstudium mit Informationstechnologien wie Fernsehen und Radio ein.

Diese werden bei Stang ausgegrenzt. Er bezeichnet Informations- und Kommunikationstechniken als „Neue Medien“, unter die er alle computergestützten Techniken (Hardware), Anwendungen (Software) und Netzwerke fasst.[25] Diese Definition beschränkt sich also auf den Computer als elektronisches Medium.

Die stärkste Einschränkung erfährt der Begriff E-Learning bei Kerres und de Witt. Sie beschränken sich auf das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium im Zentrum des Lernprozesses.[26] Hier zählt also das CBT nicht zu E-Learning. Diese Definition erklärt sich daraus, dass der Begriff E-Learning erst nach CBT entstand. Über den genauen Zeitpunkt herrscht Uneinigkeit, so nennt das Wörterbuch von Bendel und Hauske 1999 als Geburtsjahr.[27] Niegemann formuliert vorsichtiger „seit Mitte der neunziger Jahre“[28]

Der Begriff E-Learning gehört ferner zu der Gruppe der e-terms z.B.
E-Banking, E-Business, welche im Grunde auf elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien hinweisen sollen, aber im engen Zusammenhang mit dem Internet gesehen werden. Daher wird das E in
E-Learning oft auch mit „I“ für Lernen im Internet gleichgesetzt.[29]

Arnold weist darauf hin, dass sich der Begriff E-Learning durch seine Zugehörigkeit zu den e-terms im betrieblichen Kontext durchgesetzt hat. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch ist der im gleichen Sinne gebrauchte Begriff „virtuelles Lernen“ besonders verbreitet. Arnold selbst benutzt den Begriff „Online Lernen“ und betrachtet damit ebenfalls das Internet als Basis dieser Lernform.[30]

Gegen diese enge Definition sprechen sich Reglin und Severin aus. Sie vertreten die Meinung, dass der Unterschied zwischen den Lernprogrammen CBT und WBT lediglich im „Transportmittel“ liegt und damit zu gering ist, um hier die Grenze der Definition zu ziehen. Sie entscheiden sich dafür, alle Arten computergestützten Lernens einzuschließen.[31]

Im Rahmen dieser Arbeit soll der Begriff E-Learning als umfassender
Oberbegriff für unterschiedliche Systeme computergestützten Lernens dienen. In der schnelllebigen Praxis der Weiterbildung ist zwar nur die jeweils jüngste Entwicklung relevant, für eine wissenschaftliche Betrachtung greift diese Sichtweise aber zu kurz. Um zu einer fundierten Überprüfung der Möglichkeiten und Grenzen von dem zu kommen, was heute in den Unternehmen unter E-Learning verstanden wird, müssen die Entwicklungsstufen dahin ebenso Beachtung finden.

Aus diesem Grund werden im folgenden Kapitel diese Entwicklungsstufen vorgestellt. Dabei wird deutlich, dass nicht nur die technischen Möglichkeiten den Einsatz des Computers als Lernmedium prägen. Auch die unterschiedlichen Lerntheorien üben entscheidenden Einfluss aus.

2.2.2 Die Entwicklungsstufen von computergestützen Lernprogrammen und ihr lerntheoretischer Hintergrund

2.2.2.1 Programmierte Unterweisung

Die Anfänge des computergestützten Lernens wurden in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Programmierte Unterweisung, Programmierter Unterricht oder auch Programmierte Lernprogramme genannt. Grundlage hierfür war die Lerntheorie des Behaviorismus. Diese beschränkt sich auf die sichtbare Reaktion von Lebewesen (Menschen und Tieren) auf einen Reiz. Innere Prozesse finden beim Behaviorismus keine Beachtung. Lernen ist das Bilden und Festigen einer Reiz-Reaktions-Kette durch Strafe und Belohnung.[32] Dieses Prinzip lässt sich laut B.F. Skinner, dem Hauptvertreter dieser Lerntheorie, mit dem Computer konsequenter und effektiver umsetzen als mit einem Menschen als Lehrer, da der Computer den Lerner immer unmittelbar verstärken (Bestrafen oder Belohnen) kann und im Gegensatz zu Personen nicht emotional beeinflussbar ist.[33]

Der Ablauf einer Programmierten Unterweisung ist durch kleinste Lernschritte vorgegliedert. Nach der Präsentation jeder Informationseinheit folgen Fragen (Reiz), die mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig beantwortet (Reaktion) werden können. Bei einer richtigen Antwort wird der Lerner zur nächsten Einheit weitergeleitet, was als Belohnung gilt, bei einer falschen Antwort wird die Frage erneut gestellt oder zurückgesprungen (Verstärkung). Eine typische Übungsform nach diesem Prinzip sind Lückentexte.[34]

In der Anwendung zeigte sich jedoch, dass diese Art des Lernens unerträglich stereotyp ist, so dass trotz einer Aktivierung des Lernenden nach dem anfänglichen Neuigkeitseffekt die Motivation stark sinkt. Auch beschränkt sich das Wissen des Lernenden auf einfaches Faktenwissen. Ein tieferes Verständnis des Lerninhaltes ist mit dieser Methode nicht zu erreichen. Trotzdem ist das Prinzip der Programmierten Unterweisung bis heute einflussreich.[35] Denn obwohl der Behaviorismus als Lerntheorie inzwischen als überholt und unzureichend kritisiert wird, behält er in einigen Bereichen des Lernens seine Gültigkeit. Für das Einschleifen und Üben von bekannten Inhalten ohne viel Fachtiefe werden noch heute „Practice & Drill“ Programme benutzt.[36] Beispiele hierfür sind Lernprogramme zum Auswendiglernen von Flughafenabkürzungen und Programme zum Erlernen des Schreibens mit der Tastatur.

2.2.2.2 Computer Based Training (CBT)

Als Weiterentwicklung der Programmierten Unterweisung ist das Computer Based Training (CBT) seit den 80er Jahren besonders in größeren Unternehmen aber auch im privaten Bereich weit verbreitet.[37] Es handelt sich um eigenständige Lernprogramme, die auf Datenträgern wie zunächst der Diskette und später der CD-ROM gespeichert sind. Letztere hat eine weitaus höhere Speicherkapazität, was sich auch auf die Qualität bei Animationen und Simulationen auswirkt. So ist eine Einbindung von Video- und Audiosequenzen zum Standard geworden.[38]

Auch bei diesen Lernprogrammen werden mehrere Begriffe synonym gebraucht, die Arnold mitsamt ihren Abkürzungen aufgelistet hat. So gibt es neben der vornehmlich in Unternehmen üblichen Bezeichnung Computer-Based-Training (CBT) und dem im akademischen Bereich gebrauchten Computer Assisted Instruction (CAI) auch Computer Based Learning (CBL), Computer Based Instruction (CBI), Computerunterstütztes Lernen (CUL), Computerunterstützer Unterricht (CUU), Teachware und Courseware.[39]

Die Lerntheorie hinter dieser Form computergestützten Lernens ist der Kognitivismus. Dabei stehen im Gegensatz zum Behaviorismus die Verarbeitungsprozesse im Gehirn im Mittelpunkt der Betrachtung. Lernen wird als ein komplexer Prozess der Wissensverarbeitung verstanden. Neue Informationen werden in Abhängigkeit von Vorkenntnissen und Fähigkeiten selektiv aufgenommen und individuell verarbeitet.[40]

Für das CBT bedeutet dies, dass nun nicht mehr wie bei der Programmierten Unterweisung die Kontrolle der richtigen Antwort im Mittelpunkt steht, sondern die Informationsdarbietung. Die Informationen werden nicht schrittweise und isoliert dargeboten, sondern als vernetzter Gesamtkomplex. Der Lerner soll nicht mehr einfache Antworten auf einfache Frage geben, sondern selbstständig und mit einem tieferen Verständnis für den Inhalt Wege zu einer Problemlösung finden.[41]

Daher erfolgt in einem klassischen CBT nach dem Start zunächst eine Einweisung in das Programm, um dem Lerner einen Überblick zu verschaffen. Danach kann er das komplette Lernprogramm linear bearbeiten oder selbst eine individuelle Auswahl treffen und die Reihenfolge der dargebotenen Lerninhalte bestimmen. Da der Lerner mit seinem Computer offline, also nicht vernetzt ist, kann er nicht mit anderen Lernenden oder einem Lehrer kommunizieren. Er lernt allein.[42]

2.2.2.3 Web Based Training (WBT)

Durch die starke Verbreitung des Internet in den Unternehmen und zunehmend auch in privaten Haushalten, entwickelten sich Anfang der 90er Jahre neue Möglichkeiten für das computergestützte Lernen.

Das Web Based Training befindet sich nicht wie das Computer Based Training auf Datenträgern, sondern wird über das Internet oder Intranet von einem Server abgerufen. Daher wird das WBT auch synonym Internet Based Training (IBT) genannt.[43]

Doch ein CBT das über ein Netz (Inter- oder Intranet) abgerufen werden kann, ist noch kein WBT, sondern nach Bruns und Gajewski ein Network Based Training (NBT).[44] Die Vorteile gegenüber dem CBT liegen in der stetigen Aktualisierbarkeit der Inhalte und der logistischen Einsparung der Datenträger. Die Nachteile ergeben sich aus der Notwendigkeit eines Internetanschlusses und der geringeren Datengröße, die über das Internet übertragen werden kann. So gestaltet sich die Übermittlung von Audio- und Videodateien schwierig.[45] Diese Schwierigkeiten werden jedoch mit der weiteren Verbreitung der Breitbandanschlüsse schrittweise überwunden.

Das WBT bietet über die Möglichkeiten des CBT und NBT hinaus den Zugang zu anderen ergänzenden Informationsquellen im Internet.[46]

Der wichtigste Unterschied liegt allerdings darin, dass das Internet nicht nur ein Informations- sondern auch ein Kommunikationsmedium ist. So kann der Lerner mit anderen Lernern, Experten oder Tutoren kommunizieren und zusammenarbeiten.[47]

2.2.3 Lernportal, Lernplattform und Learning Management System

Ein Portal ist in der eigentlichen Wortbedeutung ein geschmückter Eingang zu großen Gebäuden, der gleichzeitig Orientierung ermöglicht. Im Inter- oder Intranet ist ein Portal eine spezielle Website, die Gliederung und Zugang zu Angeboten innerhalb eines Themenbereiches bietet. Folglich sind Lernportale komplexe Systeme, die Informationen, Lernprogramme und Serviceleistungen beinhalten und strukturieren.[48] So stehen neben CBT/WBTs auch Lexika, F requently A sked Q uestions (Häufige Fragen und Antworten), und Dateien zum Download zur Verfügung. Serviceleistungen stellen beispielsweise Suchfunktionen und die Teilnehmerverwaltung dar.[49] Die Lernenden können im Fachforum, im Chat oder per E-mail kommunizieren und zusammenarbeiten. Mehrere Experten stehen den Lernenden für inhaltliche, didaktische oder technische Fragen zur Verfügung. Neben dem umfassenden Lernangebot liegt in dieser Betreuung der entscheidende Mehrwert gegenüber den bisher vorgestellten Systemen.[50] Aufgrund der Komplexität der Lernportale sieht Dittler darin die Möglichkeit, sie als virtuelle Bildungszentren in Unternehmen aufzubauen.[51]

Weitere synonym gebrauchte Bezeichnungen für Lernportale sind Lernplattformen[52] oder, wie bei Arnold und auch Bendel et al. zu finden, der Begriff des Learning Management Systems.[53]

Nach seiner Anmeldung erhält der Lerner entweder Zugriff auf alle Funktionen und Inhalte oder nur auf eine spezifische Auswahl, wie es häufig im Intranet von Unternehmen der Fall ist. Diese kann sich nach dem Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters richten oder thematisch zusammengestellt sein. So können Bildungsverantwortliche oder Dozenten eine Auswahl von Medien und Inhalten wie in einem Lehrplan in eine didaktisch sinnvolle Ordnung bringen und sie einer Zielgruppe zur Verfügung stellen. Der Mehrwert von Lernportalen, der jüngsten und komplexesten Form von E-Learningsystemen liegt folglich in der Kombination und Strukturierbarkeit der bisher vorgestellten Systeme.[54]

Den Hintergrund für die Vielfältigkeit der Lernportale bietet die Lerntheorie des Konstruktivismus. Im Gegensatz zum Kognitivismus geht der Konstruktivismus nicht davon aus, dass Menschen die äußere Welt objektiv erkennen können. Vielmehr erstellen sie sich ein eigenes Konstrukt der Wirklichkeit, das durch individuelle Erfahrungen entstanden ist und die Wahrnehmung, Bewertung und Verarbeitung neuer Erfahrungen beeinflusst. Daher ist Wissen nicht objektiv vorhanden und vermittelbar, sondern subjektiv und situativ (situationsgebunden).[55] Im Folgenden sollen die Konsequenzen dieser Sichtweise für das Lernportal aufgezeigt werden.

Da Konstruktivismus von einem aktiven Lerner ausgeht, der sich auf der Grundlage seiner individuellen Vorerfahrungen mit dem Lernstoff auseiandersetzt, kann es keinen optimalen Lernweg für alle Lernenden geben.[56]

Im Lernportal kann der Lerner nicht nur wie im CBT und WBT Zeit, Ort und Tempo seines Lernprozesses selbst bestimmen, sondern auch die Art und Weise. Daher steht im Lernportal eine Auswahl von Medien zur Verfügung, mit denen der Lerner seinen individuellen Lernprozess gestalten kann.

[...]


[1] Vgl. Bendel/Hauske (2004), S. 9-10

[2] Vgl. Michel/Goertz (2003), S. 25

[3] Vgl. ebenda, S. 26

[4] Vgl. Schüle (2001), S. 10

[5] Vgl. Kerres et al. (2002), S. 2-3

[6] Vgl. KPMG (2001), S. 3

[7] Vgl. MMB/BMWI (2000), nach Michel/Goertz (2003), S. 27

[8] Vgl. BIBB (2001), nach Michel/Goertz (2003), S. 27

[9] Vgl. Niegemann (2004), S. 16

[10] Kerres et al. (2002), S. 2

[11] Niegemann, (2004), S. 16

[12] MMB (2002), nach Michel und Goertz (2003), S. 26

[13] Vgl. Dittler (2002), S. 14

[14] Vgl. Wittwer (2001), S. 46

[15] ebenda, S. 45

[16] Sauter (2001), S. 42

[17] Vgl. Becker (2002), S. 155

[18] Vgl. Wittwer (2001), S. 46; Becker (2002), S. 154

[19] Vgl. Sauter (2001), S. 42

[20] Vgl. Köllinger (2002), S. 15-16

[21] Seufert et al. (2001), S. 26

[22] Vgl. Back et al. (2001), S. 29

[23] Vgl. Winkler/Mandl in Dittler (2002), S. 205

[24] Vgl. Bendel/Hauske (2004), S. 27

[25] Vgl. Stang (2003), S. 78

[26] Vgl. Kerres, de Witt (2004), S. 2

[27] Vgl. Bendel/Hauske (2004) S. 7

[28] Niegemann (2004), S. 15

[29] Vgl. Back et al. (2001), S. 28-30

[30] Vgl. Arnold (2003), S. 5-6

[31] Vgl. Reglin/Severing (2003), S.18

[32] Vgl. Dittler (2002), S. 28; Kerres (2001), S. 55; Niegemann (2004), S. 5

[33] Vgl. Kerres (2001), S.55

[34] Vgl. ebenda, S.59

[35] Vgl. ebenda, S.65

[36] Vgl. Mayer (2004), S. 65

[37] Vgl. Bruns/Gajewski (2002), S. 5

[38] Vgl. Dittler (2002), S. 30

[39] Vgl. Arnold (2003), S. 14

[40] Vgl. Bendel/Hauske (2004), S. 79

[41] Vgl. Dittler (2002), S. 29

[42] Vgl. ebenda, S. 30-31

[43] Vgl. Bruns/Gajewski (2002), S. 5, 262; Sailer-Burckhardt et al. (2002), S. 201

[44] Vgl. Bruns/Gajewski (2002), S. 256

[45] Vgl. Dittler (2002), S. 164

[46] Vgl. Bendel/Hauske (2004) S. 136

[47] Vgl. Dittler (2002), S. 164-165

[48] Vgl. Back et al. (2001), S.230-231

[49] Vgl. Dittler (2002), S. 260

[50] Vgl. ebenda, S. 16

[51] Vgl. ebenda, S. 206

[52] ebenda, S. 206

[53] Arnold (2003), S. 62; Bendel/Hauske (2004), S. 87

[54] Vgl. Dittler (2002) S. 260

[55] Vgl. Siebert (2000), S. 17

[56] Vgl. Bruns/Gajewski (2002), S. 14

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
82
Katalognummer
V48217
ISBN (eBook)
9783638449830
ISBN (Buch)
9783638708289
Dateigröße
678 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Grenzen, E-Learning, Weiterbildung
Arbeit zitieren
Dipl. Pädagogin Gesa Gabor (Autor:in), 2005, E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48217

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