Erfolgsfaktoren bei der Einführung, Durchführung und Umsetzung von Mitarbeiterbefragungen


Diplomarbeit, 2005

100 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise und Zielsetzung

2 Definitionen und Erläuterungen
2.1 Ursprung und Geschichte der Mitarbeiterbefragung
2.2 Definition der Mitarbeiterbefragung
2.3 Funktionen einer Mitarbeiterbefragung
2.3.1 Diagnoseinstrument
2.3.2 Führungsinstrument
2.3.3 Instrument der Organisationsentwicklung
2.3.4 Teil eines Systems
2.4 Arten der Mitarbeiterbefragung
2.5 Mitarbeitermodelle und Motivationstheorien
2.6 Merkmale einer modernen Unternehmensführung
2.7 Mitarbeiterbefragung und andere Kommunikationsformen

3 Ablauf einer Mitarbeiterbefragung
3.1 Phasenschema
3.2 Erläuterung

4 Erfolgsfaktoren bei der Einführung einer Mitarbeiterbefragung
4.1 Bereitschaft der Organisation
4.1.1 Grundeinstellung der Unternehmensleitung
4.1.2 Grundeinstellung der Mitarbeiter
4.1.3 Grundeinstellung des Betriebsrats
4.2 Positionierung der Mitarbeiterbefragung
4.2.1 Einfluss des Initiators
4.2.2 Zielfindung und Problemanalyse
4.2.3 Kosten- und Nutzenüberlegungen
4.2.4 Grobkonzept und Entscheidung
4.3 Projektgruppe
4.3.1 Schema der Projektgruppe
4.3.2 Erläuterung
4.3.3 Hidden Agendas
4.4 Fragebogenkonzeption
4.4.1 Sichtung des Inhalts
4.4.2 Gestaltung des Fragebogens
4.4.3 Pretesting und Prognosefragebogen

5 Erfolgsfaktoren bei der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung
5.1 Information und Vermarktung
5.1.1 Vorgehensweise
5.1.2 Fallbeispiel Henkel KGaA
5.1.3 Praxisfehler
5.2 Befragungsmethoden
5.2.1 Befragung im Wahllokal
5.2.2 Postalische Befragung
5.2.3 Elektronische Befragung
5.3 Datenmanagement
5.3.1 Sinnvolle Datenauswertung
5.3.2 Interne versus externe Datenauswertung
5.4 Präsentation der Ergebnisse
5.4.1 Präsentation im Leitungskreis
5.4.2 Mitarbeiterpräsentation

6 Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung einer Mitarbeiterbefragung
6.1 Folgeprozesse
6.2 Durchführung von Workshops
6.3 Maßnahmenvereinbarung und Umsetzung
6.4 Maßnahmencontrolling
6.5 Überarbeitung des Fragebogens

7 Grobe Fehler bei einer Mitarbeiterbefragung

8 Schlussbetrachtung

Anlagenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Gesprächsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Komplexität und Härte des Wirtschaftslebens hat innerhalb weniger Jahrzehnte deutlich zugenommen. Gründe für diese Entwicklung sind z.B. die mit dem technischen Fortschritt einhergehende Globalisierung, eine anhaltende Kapitalmarktschwäche (Niedrigzinsphase), gestiegene Kundenerwartungen (Preis, Qualität, Lieferzeiten, usw.), verschärfte gesetzliche Rahmenbedingungen (Basel II u.a.), eine gestiegene Marktdynamik (immer kürzere Produktlebenszyklen, usw.) sowie ein grundsätzlicher Wandel der Märkte von Verkäufermärkten hin zu Käufermärkten. In diesem Umfeld stehen Unternehmen unter einem erheblichen Kostendruck, wenn sie erfolgreich am Markt agieren und nachhaltig ihre Existenz sichern wollen. Um den heutigen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden, müssen sie außerdem in der Lage sein, schnell auf veränderte Marktgegebenheiten zu reagieren und die passenden Lösungen erfolgreich umzusetzen. Markttrends müssen rechtzeitig erkannt und genutzt werden. Die Konsequenz daraus ist, dass ein erfolgreiches Unternehmen der heutigen Zeit einem ständigen Wandel unterliegt. Von diesem Wandel sind in erster Linie die Mitarbeiter des Unternehmens betroffen. Dies führt oftmals dazu, dass Ängste und Widerstände in der Belegschaft entstehen. Die Schwierigkeit des beständigen Wandels liegt deshalb insbesondere darin, die Akzeptanz des Personals für die notwendigen Neuerungen zu gewinnen und damit dessen Loyalität und Motivation langfristig zu sichern. Gelingt dies nicht, so verliert das Unternehmen ggf. wichtige und hoch qualifizierte Mitarbeiter, die sich nur schwer ersetzen lassen. Der Verlust von Mitarbeitern oder deren Demotivation kann die Existenz eines Unternehmens bedrohen, da kompetente Mitarbeiter das Kernelement eines Betriebs darstellen. Ist das Unternehmen jedoch erfolgreich im Umgang mit seinen Angestellten, so können Ideenreichtum und Kreativität der Mitarbeiter einen großen Teil zum Unternehmenserfolg beitragen.

Moderne Führungsinstrumente sollen helfen, die Mitarbeiter auf Neuerungen einzustimmen und ihnen darüber hinaus die Möglichkeit einräumen, selbst Ideen einzubringen und bei Veränderungsprozessen mitzuwirken. Ein Führungsinstrument, das diese Anforderungen erfüllen kann und zudem eine Reihe weiterer Möglichkeiten bietet, ist die Mitarbeiterbefragung (künftig auch als MAB bezeichnet). Die Problematik einer Mitarbeiterbefragung liegt darin begründet, dass sie ein komplexes Instrument ist und daher bei ihrer Anwendung zahlreiche Aspekte beachtet werden müssen, um einen Misserfolg zu vermeiden.

1.2 Vorgehensweise und Zielsetzung

Nach einem Überblick über den Ursprung und die geschichtliche Entwicklung von Mitarbeiterbefragungen sowie der Beschreibung ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten wird eine Abgrenzung zu anderen Kommunikationsformen im Unternehmen vorgenommen. Anhand eines Phasenschemas werden im Weiteren die typischen Ablaufphasen einer Mitarbeiterbefragung schrittweise einer Analyse unterzogen. Zur Analyse der verschiedenen Phasen wurden neben literarischen Quellen auch Meinungen aus der Praxis eingeholt und wahlweise mit eingebunden. Hierzu wurden Interviews mit Vertretern von Unternehmen geführt, in denen Mitarbeiterbefragungen bereits eine langjährige Tradition haben. Bei den Gesprächspartnern handelte es sich um zwei Vertreter deutscher Großunternehmen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden im weiteren Verlauf die Interviewpartner mit Herr A vom Unternehmen A und Herr B vom Unternehmen B bezeichnet. Beide sind Experten auf dem Gebiet der Mitarbeiterbefragung. Die Protokolle der Gespräche liegen dem Anhang bei.[1]

Die Zielsetzung der folgenden Ausführungen besteht darin, die Erfolgsfaktoren bei der Einführung, Durchführung und Umsetzung einer Mitarbeiterbefragung klar herauszuarbeiten. Meinungen aus der Theorie und Praxis sollen hierbei gleichermaßen einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Neben den Erfolgsfaktoren sollen auch Fehler, die in der Praxis in den unterschiedlichen Ablaufphasen häufig auftreten, aufgezeigt werden. Aufgrund des begrenzten Umfangs musste der Betrachtungsrahmen zuweilen einschränkt werden.

2 Definitionen und Erläuterungen

2.1 Ursprung und Geschichte der Mitarbeiterbefragung

Bereits im Jahr 1880 setzte Karl Marx Mitarbeiterbefragungen zu politischen Zwecken ein um die schlechten Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse (Proletarier) aufzuzeigen und damit seine Idealvorstellung einer klassenlosen Gesellschaft (Kommunismus) zu stützen. Heute hat die MAB vorwiegend wirtschaftliche Hintergründe.[2] Anfang des 20. Jahrhunderts fanden in den USA erste Studien mit MABs statt. Den höchsten Bekanntheitsgrad erreichten dabei die sog. „Hawthorne-Studien“, bei denen unter der Leitung der Professoren Elton Mayo und Marcel Roethlisberger mehr als 20.000 Arbeitnehmer-/innen[3] über ihre Arbeit und Arbeitsbedingungen befragt wurden. Das Ergebnis dieser Studien war der Beweis eines positiven Zusammenhangs zwischen Arbeitsbedingungen und Leistungsfähigkeit. Außerdem stellte man überraschenderweise fest, dass nicht primär die Arbeitsbedingungen, sondern vielmehr das Betriebsklima einen Einfluss auf die Arbeitsmotivation zu haben schien. Im Lauf der Zeit wurde auch der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Produktivität bewiesen.[4] Diese Erkenntnis führte dazu, dass der Mitarbeiter nicht mehr nur als reiner Produktionsfaktor angesehen wurde. Basierend auf den Erkenntnissen wurden neue Mitarbeitermodelle und Motivationstheorien sowie modernere Unternehmensführungskonzepte entwickelt.[5] Zusammen mit diesen Theorien entstanden auch verschiedene neue Arten der MAB (siehe Kapitel 2.4).

In Deutschland wurde die MAB als Personalführungsinstrument etwa Mitte der siebziger Jahre populär.[6] Im Jahr 1980 wurde daraufhin die „ Projektgruppe Mitarbeiterbefragung “ gegründet. Dieser Projektgruppe gehören verschiedene Großunternehmen (z.B. IBM Deutschland, BASF, Siemens, Bertelsmann usw.) an. Innerhalb der Projektgruppe findet ein Erfahrungsaustausch über die MABs der verschiedenen Unternehmen statt. Darüber hinaus werden neue Einsatzmöglichkeiten von MABs in Verbindung mit neuen Technologien (siehe Kapitel 5.2.3 - Elektronische Befragung), sowie Verbindungen von MABs mit Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheitsanalysen, Zielvereinbarungen, variablen Bezügen und Balanced Scorecards diskutiert und untersucht. Die Leitung der Projektgruppe obliegt Prof. Dr. Michael E. Domsch.[7] Die Einrichtung dieser Gruppe und die Größe ihrer Mitgliedsunternehmen verdeutlicht die Relevanz, die Mitarbeiterbefragungen im heutigen Wirtschaftsleben erlangt haben.

2.2 Definition der Mitarbeiterbefragung

In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen für die Mitarbeiterbefragung. Die Definition der „ Projektgruppe Mitarbeiterbefragung“ wird von verschiedenen Autoren zitiert und soll den weiteren Ausführungen zugrunde gelegt werden. Laut Definition der Projektgruppe handelt es sich bei einer Mitarbeiterbefragung um ein Instrument der modernen Unternehmensführung. Für eine MAB wird ein Teil oder die Gesamtheit der Belegschaft eines Unternehmens systematisch zu Fragen ausgewählter unternehmensrelevanter Bereiche befragt (schriftlich und/oder mündlich).[8] Die Fragebögen können eine standardisierte Form aufweisen, oder entsprechend den Anforderungen eines Unternehmens abgeändert worden sein.[9] Mit Hilfe der Fragen zu den einzelnen Bereichen werden Informationen über die jeweiligen Einstellungen, Bedürfnisse, Erwartungen und Werthaltungen von Mitarbeitern gesammelt. Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig und für jeden Teilnehmer anonym. Das Ziel der Mitarbeiterbefragung liegt vor allem darin, betriebliche Stärken und Schwächen aufzudecken, diese in einem gemeinsamen Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungskräften zu analysieren und ggf. Veränderungsmaßnahmen einzuleiten. Während der Einführung und Durchführung einer MAB sollten methodische, organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden. Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat) sind mit in das MAB-Projekt einzubinden.[10]

2.3 Funktionen einer Mitarbeiterbefragung

2.3.1 Diagnoseinstrument

In der Vergangenheit diente die MAB vorrangig der Analyse von Mitarbeiterzufriedenheit und Betriebsklima. Mit ihren Ergebnissen sollte das nötige Wissen gesammelt werden, um besser führen zu können und damit die Arbeitsleistung der Mitarbeiter zu erhöhen. Heute sind die Ziele tief greifender.[11] Die moderne MAB gilt als beteiligungsorientiertes Führungsinstrument, mit dem Mitarbeiter partnerschaftlich in den Betrieb eingebunden werden sollen.[12] Die Diagnosefunktion ist jedoch weiterhin von Bedeutung, da sich durch Erkenntnisse über die Schwächen eines Betriebs Informationen für Verbesserungspotenziale gewinnen lassen.[13] Hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit können die Informationen z.B. verwendet werden, um Schwächen in der Kommunikation zu erkennen und diese durch gezielte Maßnahmen zu bekämpfen und effizienter zu machen. Solche Informationen sind „wertvoll“, da derartige Schwächen im Unternehmen oftmals nicht entdeckt werden und damit erhebliche Kostenseinsparungspotenziale ungenutzt bleiben.

2.3.2 Führungsinstrument

Als Führungsinstrument kann die MAB sehr vielseitig eingesetzt werden. In der Personalführung bietet sie sich z.B. an, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der Höhe ihrer Gehälter zu prüfen und ggf. Gehaltsanpassungen vorzunehmen.[14] In der Planung können mit ihren Daten Entscheidungsprozesse im Unternehmen zuverlässiger gestaltet und in ihrer Qualität verbessert werden.[15] Nach Planung und Umsetzung eines Projekts gehört die Kontrolle zu den wichtigsten Führungsaufgaben. Die MAB kann hierbei die Funktion eines Controllinginstruments übernehmen. Anhand der Befragungsergebnisse können Informationen über die aktuelle Lage eines Unternehmens und den Fortschritt bereits eingeleiteter Veränderungsprozesse gewonnen werden. Die Unternehmensführung erhält Einblick in eventuelle Schwachstellen und ist so in der Lage, frühzeitig Korrekturen im Prozessablauf vorzunehmen. Somit dient die MAB der zielorientierten Unternehmenssteuerung. Sind die Veränderungsprozesse abgeschlossen, so kann durch entsprechende Fragestellungen festgestellt werden, ob die durchgeführten Neuerungen im Betrieb zu dem gewünschten Erfolg geführt haben.[16] Nach Ansicht des Autors übernimmt die MAB auch eine wichtige Funktion der Unternehmensführung nach außen. Die Verkörperung eines positiven Unternehmensimages ist nicht unerheblich für den Erfolg in der Personalrekrutierung. Imageschäden bewirken u. U. einen Rückgang der Bewerberzahl. Erfolgreich eingesetzte Mitarbeiterbefragungen unterstreichen das Bemühen der Geschäftsleitung, die Belegschaft an der Entwicklung und den Entscheidungen des Unternehmens teilhaben zu lassen. Sie sind Zeichen der Wertschätzung der beschäftigten Menschen und damit ein Anreiz für qualifizierte Bewerber, sich dem Unternehmen anzuschließen. Grundsätzlich kann man daher auch die MAB als einen gestalterischen Eingriff in die Organisation betrachten. Mit ihr wird die soziale Distanz zwischen Management und Mitarbeitern verringert, indem der sachliche Dialog der beiden Parteien gefördert wird. Dies steigert die Arbeitszufriedenheit und verbessert das Betriebsklima.[17]

2.3.3 Instrument der Organisationsentwicklung

Die Organisationsentwicklung ist eine Strategie des „geplanten und systematischen Wandels, der durch die Beeinflussung der Organisationsstruktur, Unternehmenskultur und individuellem Verhalten zustande kommt, und zwar unter größtmöglicher Beteiligung der betroffenen Arbeitnehmer.“[18] Der Funktion einer MAB als ein Instrument der Organisationsentwicklung kommt heute eine besondere Bedeutung zu. Unternehmen stehen einem verschärften Wettbewerbsumfeld gegenüber und sind daher zu einem ständigen Wandel gezwungen. Die MAB zählt heute zu den „am meisten verwendeten Instrumenten der Organisationsführung und Organisationsentwicklung“.[19] Sie kann bei vielen Gelegenheiten, wie z.B. der Neueinführung einer Software oder der Fusion von Unternehmen usw., eingesetzt werden. Die Ziele sind hierbei vielschichtig. Sie liegen insbesondere darin die Akzeptanz für die Neuerungen zu sichern und die Motivation der Belegschaft zu erhalten. Aufkommende Ängste und Widerstände der Angestellten sollen durch die Mitsprache der Mitarbeiter innerhalb der MAB bekämpft werden. Diese Form der Integration der MA führt dazu, dass sie von „Betroffenen zu Beteiligten“ gemacht werden.[20] Über diesen Weg kann das Potenzial der Mitarbeiter besser genutzt werden. Indem man die Belegschaft in den Fragebögen mit aktuellen Themenstellungen des Unternehmens (z.B. Umsetzungsfortschritt neuer Strategien) konfrontiert, ist es möglich, ihre Einschätzung der Lage und Verbesserungsvorschläge zu erhalten. Nebenbei kann auch mit geschickten Fragestellungen die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges aktuelles Unternehmensthema gelenkt werden.[21]

2.3.4 Teil eines Systems

Die MAB kann auch eine Funktion innerhalb eines Systems erfüllen. Als Beispiel kann hier das Total Quality Management-Modell der „European Foundation for Quality Management“ (kurz: EFQM-Modell) aufgeführt werden.[22] Betriebe, die dieses Modell in ihre Unternehmensphilosophie übernehmen, versuchen damit eine „Optimierung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens in allen Funktionsbereichen und auf allen Ebenen durch [die] Mitwirkung aller Mitarbeiter“ zu erreichen.[23] Hier bietet sich folglich die Einbindung einer MAB in das System an. MA können aus ihrer Sicht den Fortschritt der Qualitätsverbesserung in verschiedenen Bereichen bewerten. Ebenso kann eine Einschätzung der Zufriedenheit der Kunden aus Mitarbeitersicht in die Befragung einfließen. Diese kann mit den Ergebnissen einer Kundenbefragung kombiniert und abgeglichen werden. Eine ähnliche Anwendung von MABs als Teil eines Systems ist beim Einsatz einer Balanced Scorecard (BSC) im Unternehmen denkbar.[24]

Zusammenfassend findet sich unter Anlage 7 im Anhang eine Statistik über die strategischen Ziele von Befragungen aus Unternehmenssicht, die aus einer Untersuchung der Managementberatung Hewitt Associates hervorgeht.[25]

2.4 Arten der Mitarbeiterbefragung

Die folgende Aufstellung zeigt fünf verschiedene Haupttypen der Mitarbeiterbefragung (nach Ingwer Borg):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 : Fünf Haupttypen von Mitarbeiterbefragungen und einige ihrer Merkmale[26]

Eine Meinungsumfrage soll dem Management einen Einblick in die Sichtweisen der Mitarbeiter ermöglichen. Beispielsweise kann sie nach einer Fusion eingesetzt werden, um die Stimmungslage der Belegschaft zu überprüfen. Ebenso können die Mitarbeiter nach ihrer Zufriedenheit mit der Kantine befragt werden. Die Anzahl und Gruppe der Befragungsteilnehmer richtet sich nach der Art und Wichtigkeit des Themas. Die Meinungsumfrage soll einen ersten Überblick gewähren. Wiederholungen der Umfrage sind nicht zwingend.[27]

In einer Benchmarkingumfrage werden Arbeitnehmer z.B. nach den Voraussetzungen zur Leistungserbringung gefragt. Die Ergebnisse werden mit den Ergebnissen anderer Unternehmensbereiche oder Unternehmen derselben Branche verglichen. Damit ein Vergleich möglich ist, muss die Benchmarkingumfrage regelmäßig wiederholt werden. Da jede Befragung der Mitarbeiter Daten über subjektive Wahrnehmungen (weiche Faktoren), Wünsche, Einstellungen usw. liefert, bieten sich die Ergebnisse der Benchmarkingumfrage als Ergänzung der „üblichen“ Unternehmensdaten (z.B. Rentabilität, Wachstum usw.) an. Die Daten des Benchmarking können in einer Rangliste angeordnet werden. So haben Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werte zu evaluieren. Stellt ein Unternehmen fest, dass z.B. 70% seiner Mitarbeiter mit den Voraussetzungen zur Leistungserbringung zufrieden sind, so wäre dies ein guter Wert, wenn der Branchendurchschnitt bei 50% liegt. Ohne Vergleichsmöglichkeit ließe sich in diesem Fall keine Aussage treffen.[28]

Die Klimabefragung mit Rückspiegelung ist die ursprüngliche Form der MAB. Bei der Klimabefragung sollen vor allem das Betriebsklima und die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und MA verbessert werden mit dem Ziel, die Voraussetzungen für die Zufriedenheit der Belegschaft insgesamt zu erhöhen. Damit ist oft die Überzeugung verbunden, dass zufriedene MA mehr leisten. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Arbeitszufriedenheit eine komplexe Größe ist, die nicht ausschließlich vom Betriebsklima abhängt, sondern durch viele Faktoren bedingt wird, wie z.B. dem Einklang der persönlichen Ziele eines Mitarbeiters mit den Unternehmenszielen.[29] Die systematische Rückspiegelung (survey feedback) der Befragungsergebnisse ist wichtiger Bestandteil der heutigen Klimabefragung. Beim survey feedback findet die Diskussion der Ergebnisse meistens in Arbeitsgruppen (siehe hierzu Kapitel 6.2) statt. Innerhalb der Workshops werden (falls notwendig) geeignete Verbesserungsmaßnahmen geplant und umgesetzt.[30]

Bei dem Auftau- und Einbindungsmanagement-Programm (kurz: AEMP) fungiert die MAB als Instrument der Organisationsentwicklung. Die Befragung ist nur ein Teil des Gesamtprozesses. Im Vordergrund steht ein zyklisches Verbesserungs- und Veränderungsprogramm. Die Arbeitnehmer sollen in betriebliche Veränderungsprozesse eingebunden werden, indem ihre Meinungen „gehört“ und ihre Verbesserungsvorschläge in die Veränderungsprozesse des Unternehmens eingehen. Eine MAB innerhalb des AEMP kann in den Fragestellungen von einer Meinungsumfrage abweichen. So können beispielsweise auch Fragen zu aktuellen Themen gestellt werden, bei denen bereits vor der Befragung klar ist, dass die Mitarbeiter sich kaum eine Meinung zum jeweiligen Thema gebildet haben. Auf diese Weise kann die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen gelenkt werden (Auftauen). Innerhalb der im AEMP wichtigen Folgeprozesse nach einer Befragung (z.B. Workshops) können diese Themen erneut aufgegriffen und vertieft werden.[31]

Die systematische MAB ist der modernste Typ der MAB. Sie ist kein Projekt und keine einmalige Aktion. Stattdessen ist sie ein Bestandteil von bestehenden Systemen im Unternehmen. Bei solchen Systemen kann es sich beispielsweise um ein Leistungsbeurteilungssystem der Führungskräfte handeln. Hier werden je nach den Ergebnissen der MAB variable Gehaltsanteile der Führungskräfte festgelegt. Ebenso denkbar ist die Einbindung der MAB in ein EFQM-Modell oder in die Balanced Scorecard (siehe Kapitel 2.3.4). Da sie fester Bestandteil des jeweiligen Systems ist, muss sie regelmäßig durchgeführt werden, da sonst das Gesamtsystem nicht mehr funktionieren kann.[32]

2.5 Mitarbeitermodelle und Motivationstheorien

Die Konstruktion einer Mitarbeiterbefragung wird von dem Bild, das die Manager von ihren Mitarbeitern haben, beeinflusst. Vielfach ist die Meinung der Manager „festgefahren“. Dies zeigt sich z.B. in Äußerungen wie „Mitarbeiter wollen im Grunde straff geführt werden“.[33] Diese Äußerung würde gut in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts passen. Dort wurde der Mitarbeiter nur als „Maschine“ angesehen. Die Inhalte einer MAB drehten sich vorwiegend um die Bereiche der Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation und Arbeitssicherheit. Der Mitarbeiter soll durch die MAB wie ein „Messfühler“ Daten liefern, die vom „Ingenieur“ (Führungskraft) genutzt werden, um ihn und den Arbeitsablauf so einzustellen, dass eine optimale Arbeitsleistung erbracht wird. In diesem Maschinenmodell wird die Arbeitsmotivation als gegeben unterstellt, d.h. der Mitarbeiter handelt immer nach dem Prinzip des homo oeconomicus und ist somit ausschließlich an der Entlohnung (Gewinnmaximierung) interessiert.[34]

Die Erkenntnisse der Hawthorne-Studien (30er Jahre des 20. Jahrhunderts) waren Ausgangspunkt zu neuen Mitarbeitermodellen und Motivationstheorien. Basierend auf den Erkenntnissen entstand das sog. Kindmodell, in dem die Motivation des MA neben materiellen Anreizen auch mit der Befriedigung emotionaler und sozialer Bedürfnisse verknüpft ist. MABs sollen die Zufriedenheit der Belegschaft messen und verbessern. Im Zuge der Hawthorne-Studien stellte man fest, dass bereits die Durchführung einer MAB die Stimmung der MA verbessern konnte, weil sie das Gefühl hatten „gehört“ zu werden.[35] Die Rolle des MA geht über die Eigenschaft eines Messfühlers hinaus. Er wird in diesem Modell als eine Art Kind angesehen, das sich vertrauensvoll an die Führungskräfte (Patriarchen) wendet, wenn es Probleme hat. Eine Mitbestimmung ist jedoch ausgeschlossen.[36] Etwa zur selben Zeit der Entdeckung sozial-emotionaler Aspekte der Mitarbeitermotivation entwickelte sich eine lern- und denkpsychologische Sichtweise des MA, das sog. Robotermodell. In diesem Modell wird der MA als intelligente Maschine (Roboter) dargestellt. Damit der MA seine Aufgaben erfüllt, genügt es Anreize wie z.B. Geld, Sicherheit oder Aufstiegsmöglichkeiten im richtigen Moment einzusetzen. Arbeitet er gut, so erhält er Belohnungen, bei schlechter Arbeit wird er bestraft (z.B. keine Beförderung). Auf diese Weise lernt der Mitarbeiter am Erfolg und Misserfolg. Individuelle Motive wie z.B. der Wunsch des MA nach Freizeit bleiben unberücksichtigt. Der Mitarbeiter erhält die Rolle eines „Diagnostikers“, da er laut Modell nicht mehr nur Einzeldimensionen seines Arbeitsplatzes (z.B. Lärm) beurteilen, sondern ganze Systeme diagnostizieren (z.B. Klarheit der Zielvorgaben) kann. Eine entsprechende MAB soll vor allem die Leistungshemmnisse in den Arbeitsabläufen klären. Dem MA wird zugestanden, dass er der Unternehmensleitung aufzeigt, welche Hindernisse ihm bei der Produktivität im Wege stehen. Eine Mitbestimmung seinerseits bei der Unternehmensführung bleibt ihm jedoch weiterhin verwehrt.[37]

Eine weitere Motivationstheorie wurde von Douglas McGregor entwickelt. Die X/Y-Theorie geht von zwei Grundannahmen aus, die eine Führungskraft zum Wesen des Mitarbeiters haben kann.[38] Eine Führungskraft die nach der X-Theorie eingestellt ist, sieht den durchschnittlichen MA als unreif an. Nach dieser Theorie benötigt er ständige Kontrolle und Führung, weil er eine angeborene Abneigung gegen Arbeit hat und keine Verantwortung übernehmen will. Der Lohn reicht oftmals nicht aus, um den MA zur geforderten Arbeitsleistung zu bewegen. Deshalb bedarf es Drohungen und Strafen bei „Ungehorsam“. Der Führungsstil nach dieser Theorie ist folglich eher autoritär. Dagegen ist das Menschenbild der Y-Theorie geprägt vom kreativen MA, der Verantwortung sucht und gerne arbeitet, wenn er sich für ein Ziel verpflichtet fühlt. Der Mangel an Ehrgeiz ist nach dieser Theorie einem Menschen nicht angeboren, sondern Ergebnis schlechten Erfahrungen, die er gemacht hat. Ein Manager mit diesem Menschenbild wird sich eher kooperativ verhalten und dem Mitarbeiter Mitspracherechte einräumen. Ein Hauptanliegen der Theorie von McGregor ist, dass die Mitarbeiterführung tendenziell eher auf der Y-Theorie basieren soll.[39]

Die Motivationstheorien von Abraham Maslow und Frederick Herzberg gestehen dem Mitarbeiter individuelle Motive bzw. Bedürfnisse zu, die über materielle Anreize hinausgehen. Maslow ordnet diese Motive in einer Hierarchie nach ihrer Dringlichkeit an. Grafisch stellt er diese Anordnung in Form einer Bedürfnispyramide dar.[40] Nach Maslow hat der Mensch Motive, die zielorientiert sind und deshalb sein Verhalten steuern. Herzberg ist zudem der Auffassung, dass bestimmte Bedürfnisse aus der Pyramide von Maslow, wie z.B. das Grundbedürfnis nach Nahrung oder soziale Bedürfnisse in Form zwischenmenschlicher Beziehungen, erfüllt sein müssen (Hygienefaktoren), um eine normale Arbeitsleistung der Mitarbeiter zu gewährleisten. Höher gelagerte Bedürfnisse (Motivatoren), die nicht zu den Grundbedürfnissen zählen, dienen hingegen dazu, die Leistung über das normale Maß hinaus zu steigern. Hierzu zählt z.B. die Anerkennung von Leistungen des MA seitens der Führungskräfte. In Kontrast zu dem Robotermodell führen die Modelle Maslows und Herbergs zu der Erkenntnis, dass ein Mitarbeiter nicht zwingend auf Anreize des Unternehmens reagiert. Ist einem Mitarbeiter z.B. sein betrieblicher Aufstieg zur Selbstverwirklichung wichtig, so wird seine Motivation nicht durch eine höhere Gehaltsstufe gesteigert, wenn er sich eine Beförderung oder ein neues Aufgabenfeld wünscht. Der Mitarbeiter überprüft somit immer die Übereinstimmung seiner persönlichen Ziele (Selbstverwirklichung) mit den Organisationszielen.[41] Diese Überzeugung findet sich im Individuenmodell des Mitarbeiters wieder. Die Fragen einer dementsprechenden MAB richten sich nach den Sichtweisen und individuellen Werten sowie den Zielen und Hoffnungen des Mitarbeiters. Mit den Ergebnissen soll durch Kompromisse ein Ausgleich der Ziele des Unternehmens und der Individualziele des Mitarbeiters erreicht werden. Der Mitarbeiter wird hierbei vom Diagnostiker zum „Sich-Artikulierenden“.[42]

Das Modell des Geschäftspartners stellt den Mitarbeiter als Partner der Unternehmensführung dar. Die Unternehmensführung tritt in den Dialog mit den Angestellten, um gemeinsam Konzepte zur Umsetzung der Unternehmensstrategien auszuarbeiten. Der Mitarbeiter bringt kreative Ideen ein und beteiligt sich aktiv an den Entscheidungsprozessen. Er wird zu einer Art „Unternehmer im Unternehmen“, der auch ohne sofortige Belohnung (Motivatoren) im Interesse des Unternehmens handelt und dieses Handeln als „Bürgerpflicht“ ansieht. Mitarbeiterbefragungen sollen dem Einstieg in einen Dialog dienen und sind oftmals ähnlich ausgestaltet wie im Individuenmodell beschrieben.[43] Eine Übersicht der Mitarbeitermodelle und entsprechender MABs ist dem Anhang beigelegt.[44]

2.6 Merkmale einer modernen Unternehmensführung

Der Definition nach umfasst der Begriff Unternehmensführung sämtliche „Tätigkeiten, die von Führungskräften in allen Bereichen der Unternehmung (Personalwesen, Beschaffung, Absatz, Verwaltung, Finanzierung etc.) in Erfüllung ihrer Führungsaufgabe [...] zu erbringen sind.“[45] Die Unternehmensführung kann als Prozesskreislauf mit fünf Phasen dargestellt werden: Ziele setzen – Planen – Entscheiden – Realisieren – Kontrollieren.[46] Der Grad der Beteiligung (Entscheidungsspielraum) von Mitarbeitern in den einzelnen Phasen des Führungsprozesses ist mit dem jeweils vorherrschenden Führungsstil des Unternehmens verbunden.[47] In der Vergangenheit war die Meinung der Mitarbeiter selten gefragt. Die Führungsstile waren autoritär und bevormundend. In den heutigen Demokratien und freien Marktwirtschaften hat sich dies zunehmend verändert.[48] Bereits in den 60er und 70er Jahren wurden MABs zunehmend in Betrieben eingeführt. Damals wurden diese noch primär angewendet, um Erkenntnisse über die Zufriedenheit der Beschäftigten zu erlangen und eher sekundär zum Zweck der Beteiligung an Führungsentscheidungen.[49] Die heutige Wettbewerbslage stellt hohe Anforderungen an die Unternehmensführung. In Verbindung mit modernen Motivationstheorien, technischem und gesellschaftlichem Wandel wird daher der Mitarbeiter zunehmend als Geschäftspartner wahrgenommen. Zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit werden in vielen Unternehmen neue Handlungsmaximen aufgestellt, wie beispielsweise die kontinuierliche Verbesserung (KVP), Verantwortungsdelegation, Kundenorientierung und Fehlervermeidung.[50] Die gestiegenen Ansprüche kann ein Unternehmen nur durch qualifizierte und engagierte Mitarbeiter bewältigen. In den 80er Jahren gab es erste Versuche, Mitarbeiter aktiv in den Führungsprozess zu integrieren.[51] Die MAB wurde in diesem Rahmen verstärkt eingesetzt. Sie bietet hier, angewandt als modernes Führungsinstrument, viele Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung. In der Realisierungsphase einer Unternehmensentscheidung z.B. kann das Management die Mitarbeiter über den bisherigen Erfolg von Neuerungen, Schwachstellen und Verbesserungspotenziale befragen. Ebenso denkbar ist die Beteiligung der Mitarbeiter in anderen Phasen. In einer Planungsphase können so z.B. zusätzlich Ideen der Mitarbeiter einfließen. So kann die Belegschaft selbst auf Veränderungsprozesse im Unternehmen Einfluss nehmen. In einer Studie der Forschungsgruppe Management + Marketing vom September 2004 bei der 470 Verantwortliche des Personalsbereichs von deutschen Unternehmen befragt wurden, lässt sich die zunehmende Bedeutung von mitarbeiterbezogenen Faktoren auf den Unternehmenserfolg ablesen. Die Studie zeigt auf, dass der größte Einfluss auf den Unternehmenserfolg beim Mitarbeiter-Engagement gesehen wird.[52] In einigen erfolgreichen Betrieben ist aufgrund empirischer Forschungsergebnisse und positiver Erfahrungen eine moderne Unternehmenskultur entstanden, in der partizipatives Verhalten gefördert wird.[53] Allerdings haben auch viele Firmen noch nicht erkannt wie sie ihre MA am besten führen und ihre Motivation langfristig sichern können. Viele glauben noch, sie könnten ausschließlich mit Gehaltserhöhungen, Arbeitszeitverkürzungen und einer Erhöhung der betrieblichen Sozialleistungen ihre Personalprobleme lösen.[54]

2.7 Mitarbeiterbefragung und andere Kommunikationsformen

Neben der MAB existieren viele andere Dialogmöglichkeiten zwischen Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitern in einem Unternehmen. Eine Übersicht ist im Anhang enthalten.[55] Anhand eines Beispiels soll verdeutlicht werden, warum andere Kommunikationsformen oftmals problembehaftet sind. Wenn sich ein Mitarbeiter z.B. über Schwächen im Führungsverhalten seines Vorgesetzten beschweren möchte, so kann er dies tun, indem er diesen direkt auf die Problematik anspricht. In liberalen Unternehmen kann ein persönliches Gespräch den gewünschten Erfolg (z.B. Verhaltensänderung des Vorgesetzten bzw. Kompromiss) erzielen. Handelt es sich bei dem Vorgesetzten jedoch beispielsweise um eine autoritäre Führungskraft mit mangelnder Kritikfähigkeit, so wird er eine Kritik des Mitarbeiters möglicherweise als persönlichen Angriff oder Beleidigung auffassen und entsprechend reagieren. Dies kann zu ernsthaften Störungen der Atmosphäre im Betrieb und der Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters führen. Jede Form des direkten und nicht anonymen Dialogs ist mit hohen Anforderungen an die Gesprächspartner verbunden. So kann bereits die Wortwahl entscheidend für den Erfolg des Gesprächs sein. Einen Einblick in die psychologischen Aspekte des direkten Dialogs gewährt das Sender-Empfänger-Modell (siehe Anhang).[56] Eine weitere Problematik im direkten Dialog liegt darin, dass „unangenehme“ Themen wie z.B. Stärken und Schwächen der Arbeitsbeziehungen oftmals in den Gesprächen überhaupt nicht thematisiert werden. Dafür kann es eine Vielzahl verschiedener Ursachen geben. Eine Thematisierung könnte bei der Fähigkeit und Bereitschaft von Mitarbeitern und Vorgesetzten, Kritik zu äußern, scheitern. Mitarbeiter könnten falsche Aussagen treffen, damit sie keine Nachteile im Unternehmen (z.B. verschlechterte Aufstiegschancen) haben. Falsche Aussagen oder verschwiegene Mängel können jedoch zu Fehlplanungen und Fehlentscheidungen der Geschäftsleitung führen. Im indirekten Dialog findet die Vertretung der Mitarbeiter durch Betriebsräte, Sprecherausschüsse usw. statt. Die Einflussmöglichkeiten der Mitarbeiter auf Planung und Entscheidungen ihrer Vorgesetzten ist hier lediglich in begrenztem Maß gegeben.[57]

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich Mitarbeiterbefragungen besonders gut eignen, um eine hohe Repräsentanz und einen hohen Wahrheitsgehalt in den Aussagen der MA zu erreichen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist die Anonymität der Befragten. Sie stellt daher einen wichtigen Erfolgsfaktor der MAB dar und soll daher in den weiteren Ausführungen noch näher behandelt werden. Die Mitarbeiterbefragung ist aufgrund ihrer repräsentativen Ergebnisse und ihrer Anonymität eine sinnvolle Ergänzung bereits bestehender Kommunikationsinstrumente eines Unternehmens.

3 Ablauf einer Mitarbeiterbefragung

3.1 Phasenschema

Abb. 2: Ablaufschema einer Mitarbeiterbefragung[58]

3.2 Erläuterung

Für den erfolgreichen Einsatz der MAB im Unternehmen gibt es verschiedene Ablaufschemata in der Literatur. Diese Konzepte unterscheiden sich meistens nur in Details. Das Schema einer Mitarbeiterbefragung der Siemens AG aus Abb. 2 (mit eigenen Ergänzungen) ermöglicht eine gute Darstellung des Ablaufs einer MAB, da die dargestellten Ablaufphasen für die meisten Typen der MAB charakteristisch sind. Die MAB der Siemens AG erfüllt gleichzeitig mehrere Funktionen: Sie dient einer kontinuierlichen Verbesserung der Geschäftsprozesse (Organisationsentwicklung), bewertet und fördert den Einsatz der Personalinstrumente, ist Teil von Systemen (EFQM, BSC) sowie Benchmarkinginstrument und dient darüber hinaus der gezielten Entwicklung der Unternehmenskultur nach dem Leitbild des Unternehmens.[59] Aufgrund dieser Vielseitigkeit eignet sich deshalb ihr Ablaufschema als exemplarische Darstellung. Jede Phase einer MAB enthält erfolgskritische Elemente, die in den weiteren Kapiteln analysiert werden sollen.

4 Erfolgsfaktoren bei der Einführung einer Mitarbeiterbefragung

4.1 Bereitschaft der Organisation

Bei der „Bereitschaft der Organisation“ handelt es sich um einen Faktor, der oftmals zu wenig Beachtung findet. Noch bevor sich ein Unternehmen für eine MAB entscheidet und mit den Vorbereitungen beginnt, sollten wichtige Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Mit der Bereitschaft der Organisation sind insbesondere die Einstellungen der Unternehmensleitung, Führungskräfte, MA und sonstiger Beteiligter (z.B. Betriebsrat) zu der MAB verbunden. Häufig bestehen Vorurteile, Widerstände oder andere Hemmnisse in Organisationen gegen eine Mitarbeiterbefragung. In den verschiedenen Phasen der MAB müssen diese Probleme (sofern möglich) beseitigt werden, um das Projekt zum Erfolg zu führen. In der Vorbereitungsphase geschieht dies mit der Positionierung der MAB (Kapitel 4.2).[60] Ist eine Beseitigung der Hindernisse nicht möglich, so sollte eine Mitarbeiterbefragung unterlassen werden, da sie in diesem Fall eher Probleme hervorruft als beseitigt.

4.1.1 Grundeinstellung der Unternehmensleitung

Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der MAB ist ihre Akzeptanz bei der Unternehmensleitung und den Führungskräften. Oftmals stellt diese jedoch ein Problem dar. Laut einer Studie der Management + Marketing Forschungsgruppe (im September 2004) zur Häufigkeit von Befragungen führen 64% der befragten Unternehmen keine Mitarbeiterbefragungen (mehr) durch, weil sie nicht ausreichend von ihrem Nutzen überzeugt sind. 33% sprechen sich wegen der mangelnden Akzeptanz bei den Führungskräften gegen MABs aus. 18% der Unternehmen verzichten wegen einer unzureichenden Unterstützung der UL auf Befragungen der Belegschaft. Viele Unternehmen (30%) fürchten zudem, dass sie bei der Einführung einer MAB „schlafende Hunde“ wecken und sich mit den Ergebnissen der Befragung ein hohes Konfliktpotenzial ergibt, das bereits bestehende Probleme intensiviert oder die UL in einen ungewollten „Zugzwang“ bringt. Ebenso können Kosten, die mit der MAB verbunden sind, ein „Ko-Kriterium“ sein.[61] Weitere Gründe für die Nichtdurchführung können der Anlage 16 entnommen werden.[62] Wird eine Befragung in einem akzeptanzschwachen Unternehmen eingeführt, dann wirkt sich diese Schwäche nachteilig auf den gesamten Prozessverlauf aus. Aus empirischen Forschungsergebnissen geht z.B. hervor, dass bei geringer Akzeptanz die Bereitschaft der Führungskräfte entsprechend gering ist, die Ergebnisse konstruktiv zu nutzen und ihr Leistungsverhalten entsprechend anzupassen. Das Akzeptanzproblem wird oft durch die Befürchtung der Führungskräfte bestärkt, dass schlechte Ergebnisse der MAB Risiken für ihre Führungsposition (z.B. Bloßstellung, Kontrollverlust, usw.) mit sich bringen könnten. Ein weiterer erfolgskritischer Punkt ist der vorherrschende Führungsstil im Unternehmen. In einem kleinen Unternehmen mit autoritärem Führungsstil wird es schwierig sein, eine MAB erfolgreich durchzuführen. Dies äußert sich z.B. in der Bereitschaft der Vorgesetzten sich an der MAB aktiv zu beteiligen.[63] Eine negative Einstellung beeinträchtigt die Qualität der Organisationsdiagnose insgesamt. In der Methodik werden Fehler gemacht. Die wahren Probleme in der Organisation können nicht identifiziert werden.[64] Deshalb ist es für die Bereitschaft einer Organisation zur MAB von großer Bedeutung, dass die UL und Führungskräfte eine positive Einstellung besitzen, Innovationen wollen und auch bereit sind zu investieren.

4.1.2 Grundeinstellung der Mitarbeiter

Analog zu den Akzeptanzproblemen der Führungskräfte kann es auch bei Mitarbeitern Einstellungsprobleme geben. Das Betriebsklima ist hier von entscheidender Bedeutung. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit einer schlechten Arbeitsmarktlage sind Mitarbeiter vielfach nicht bereit, Missstände im Betrieb aufzuzeigen und offen Kritik zu äußern. Dies geschieht häufig aus der Angst heraus, den Arbeitsplatz zu verlieren. Verstärkt wird die Zurückhaltung der MA, wenn die MAB zu einem ungünstigen Zeitpunkt z.B. im Zusammenhang mit einem geplanten Stellenabbau der Firma durchgeführt wird. Die Zusicherung der Anonymität jedes Befragten spielt eine wichtige Rolle für die Grundeinstellung der MA. Wenn sie von ihrer Anonymität bei der Befragung überzeugt werden können, sind sie eher gewillt, ehrliche und konstruktive Meinungen zu äußern.[65] Bei einem sehr schlechten Verhältnis zwischen Vorgesetzen und MA kann die Anonymität innerhalb der Befragung jedoch auch zum Problem werden. Unter der Belegschaft könnte die Befragung als „Denkzettel“ missbraucht werden. Darin werden Missstände bewusst überzogen oder falsch dargestellt.[66] Unter Umständen führen die genannten Probleme zu weiteren Verstimmungen im Betrieb und bewirken damit das Gegenteil dessen, was die MAB erreichen soll, nämlich der Förderung des Dialogs zwischen Belegschaft und Führungskräften.

4.1.3 Grundeinstellung des Betriebsrats

Der Betriebsrat soll nach der Definition der Projektgruppe Mitarbeiterbefragung in das MAB-Projekt eingebunden werden. Der Grund liegt darin, dass er die MAB positiv im Interesse der Befragten beeinflussen kann und den Mitarbeitern zeigt, dass ihre Interessen gewahrt bleiben. Er kann beispielsweise auf eine Betriebsvereinbarung hinwirken, die negative Konsequenzen, wie z.B. eine Kündigung der Befragten infolge von einer MAB ausschließt. Dies fördert die Teilnahmebereitschaft der Belegschaft.[67] Eine negative Einstellung des Betriebsrats kann andererseits zu einem Misserfolg der MAB führen, wenn er sich gegen die Befragung ausspricht und Widerstände in der Arbeitnehmerschaft begünstigt. Eine negative Einstellung ergibt sich meistens aus der Befürchtung des Betriebsrats, dass die Anonymität der Befragten nicht ausreichend gewahrt wird oder aus der Furcht des eigenen Machtverlustes, wenn Mitarbeiter in einen direkten Dialog mit der UL treten.[68]

4.2 Positionierung der Mitarbeiterbefragung

Unter der Positionierung der MAB versteht man die Schaffung aller notwendigen Rahmenvorgaben für den weiteren Verlauf des Projekts. Auf diese Weise wird die Bereitschaft der Organisation gestärkt, indem klare Leitprinzipien festgelegt werden, die Verunsicherungen und Akzeptanzproblemen der Beteiligten entgegenwirken. Die Befragung muss so angelegt werden, dass Bedenken und Widerstände möglichst breit zerstreut werden können. Zur einer geschickten Positionierung gehört die Vermittlung eines Grundwissens zu Mitarbeiterbefragungen, das Akzeptanzmanagement, die Festlegung der Art, Ziele und des Zwecks der MAB, die Kosten-/Nutzenrechnung, die Zusicherung der Anonymität und des Datenschutzes sowie Regelungen über Auswertungsverfahren und Folgeprozesse nach der Befragung.[69] Die anfängliche Positionierung obliegt dem Initiator der MAB.

4.2.1 Einfluss des Initiators

Die Mitarbeiterbefragung braucht immer einen Initiator im Unternehmen, der den Anstoß dafür liefert. Hier handelt es sich in 80% der Fälle entweder um die Unternehmensleitung oder die Personalleitung. Ein Initiator hat (zumindest teilweise) die Notwendigkeit und die Chancen einer Mitarbeiterbefragung erkannt und verfolgt mit ihr bestimmte Ziele.[70] Theoretisch kann er die Befragung auch ohne weitere Vorbereitungen (/Positionierung) an die Mitarbeiter ausgeben. Ein Personalleiter könnte so z.B. einen standardisierten Fragebogen an die Mitarbeiter verteilen und die Ergebnisse daraus auswerten. In diesem Fall hätte er jedoch keine Unterstützung durch die Unternehmensleitung, wenn es darum geht Maßnahmen nach der Befragung umzusetzen und die Ergebnisse konstruktiv zu verwerten. Gleichermaßen könnte die Unternehmensleitung handeln und würde sich möglicherweise damit einer Konfrontation mit dem Betriebsrat aussetzen, der z.B. datenschutzrechtliche Bedenken hat oder sie könnte auf den Widerstand des mittleren Managements sowie der Mitarbeiter stoßen. Ein Erfolgsfaktor der Mitarbeiterbefragung liegt somit darin, dass der Initiator bereits im Vorfeld alle Beteiligten „ins Boot holt“, indem er sie vom Sinn einer Befragung überzeugt. Hierbei empfiehlt sich die Einschaltung eines externen MAB-Experten, der mit seiner Fachkenntnis das notwendige Grundwissen (z.B. Typen und Potenziale der MAB) vermittelt und Vorurteile damit beseitigt.

4.2.2 Zielfindung und Problemanalyse

Ähnlich wie beim Führungsprozess (siehe Anlage 11) müssen vor Beginn der eigentlichen Planung einer MAB die Ziele, die mit ihr verfolgt werden sollen, festgelegt werden. Hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Punkt der Positionierung einer MAB. Die Ziele für die Organisation sind gemeinsam unter Einbezug aller wichtigen Parteien (Betriebsleitung, Betriebsrat, Führungskräfte) festzulegen und abzustimmen, da hiervon die Identifikation aller Beteiligten mit der Befragung abhängig ist. Durch eine klare Kommunikation der Ziele (auch in die unteren Hierarchieebenen) kann die Akzeptanz der MAB gestärkt und Ängste, die mit ihr verbunden sind, abgebaut werden. In vielen Unternehmen finden MABs jedoch als Einzelprojekte statt, die in keinem Zusammenhang zur Unternehmensstrategie stehen. Eine klare Zielsetzung ist oftmals nur vage vorhanden bzw. sehr allgemein gehalten.[71] Eine derartige Vorgehensweise bewirkt und verdeutlicht zugleich, dass die Akzeptanz der Befragung in solchen Unternehmen nicht besonders hoch ist. Zu den methodischen Rahmenbedingungen einer erfolgreichen MAB gehört folglich die klare Zieldefinition. Die Befragung muss in erster Linie ein Oberziel verfolgen (Leitfrage). Dieses Oberziel bzw. die Leitfrage bestimmt den weiteren Verlauf und die Gestaltung.[72] Ein gutes Beispiel für die Formulierung einer Leitfrage liefert die MAB der Stadtverwaltung Wolfsburg aus dem Jahr 2001. Die Stadtverwaltung hatte vor einigen Jahren das Modell der Vertrauensarbeitszeit eingeführt. In der Befragung lautete die Leitfrage: „Unter welchen Bedingungen funktioniert Vertrauensarbeitszeit?“ Nach dieser klar formulierten Leitfrage konnte die Befragungsinhalte der MAB gewählt werden und die Auswertung zielgerichtet stattfinden.[73] Ist eine klare Zielsetzung (z.B. Ergebnisse zu Verbesserungen nutzen) nicht vorhanden, so besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiterbefragung als „Alibi-Instrument“ der Geschäftsleitung missbraucht wird, um vor den Arbeitnehmern die Illusion einer Mitbestimmung aufrechtzuerhalten.[74] Häufig stehen lediglich die Ziele der Arbeitgeber (/des Initiators) im Vordergrund (z.B. Diagnose der Situation). Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Arbeitnehmer ebenfalls Ziele mit der MAB verbinden (z.B. MAB als Aktionsmittel, um Veränderungen der Arbeitsbedingungen durchzusetzen).[75] Diese Ziele sollten beachtet werden und in die Konzeption der MAB einfließen. Das Gespräch mit Abteilungsleitern, der Blick in die Leserbriefspalte der Werkszeitung usw. können Aufschluss über empfundene Missstände und Ziele der Belegschaft geben. Hinsichtlich der Zielfindung ist es somit nach Ansicht des Autors empfehlenswert vor der Konzeption der MAB zumindest den Ist-Zustand im Betrieb zu ermitteln. So kann vermieden werden, dass sich die Mitarbeiter „übergangen“ fühlen, wenn für sie bedeutsame Fragestellungen in der MAB nicht erkennbar sind oder gar nicht aufgeführt werden. Das Ende der Zielfindungsphase sollte eine klare und transparente Zielhierarchie hervorbringen. Die Ziele sollten im Zusammenhang mit den Unternehmenszielen stehen und von allen Beteiligten mitgetragen werden. Um dies zu gewährleisten, muss eine breite Kommunikation stattfinden (siehe hierzu auch Kapitel 5.1).

4.2.3 Kosten- und Nutzenüberlegungen

Zur Überzeugungsarbeit des Initiators bzw. MAB-Experten gehört die Rechtfertigung der Ausgaben für eine Befragung. Die UL muss bereit sein, die erforderlichen Ressourcen für die MAB aufzuwenden. Wenn diese nicht ausreichend vorhanden sind, sollte die MAB auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden. Bei den Kosten handelt es sich meistens um externe Kosten für Beratung, Konzeption, Datenerhebung, Datenauswertung, Berichtserstellung, Präsentation, Empfehlung, Trainings und interne Kosten für eingesetztes Personal verbunden mit Opportunitätskosten.[76] Eine genaue Abschätzung der Kosten ist schwierig. Hier kann meist nur mit Modellrechnungen gearbeitet werden.[77] Um dennoch einen Einblick in die Kosten zu erhalten, sollen hier die Angaben der Interviewpartner angeführt werden. Bei Unternehmen A arbeitet man mit der Human Resources Consulting GmbH (HRC), einem externen Beratungsinstitut, zusammen. Herr A schätzt, dass die Kosten hierfür zwischen acht und zehn Euro pro befragten Mitarbeiter liegen. Er betont an dieser Stelle, dass die internen Kosten bei einer MAB schwer abzuschätzen sind. Eine genaue Rechnung dieser Kosten sei daher in seinem Unternehmen noch nicht erfolgt. Bei Unternehmen B wird die gesamte Mitarbeiterbefragung intern durchgeführt. Somit entfallen die Kosten für ein externes Institut. Herr B schätzt, dass man für die Befragung der 1600 Mitarbeiter in seinem Bereich etwa zwischen 20.000 und 40.000 Euro aufwenden muss. Dies entspricht ca. 12 bis 25 Euro pro Mitarbeiter. Bei der Angabe dieser Kosten muss beachtet werden, dass sie lediglich eine grobe Leitlinie bieten und je nach Einzelfall erheblich differieren können. Wichtiger für den Initiator bzw. Experten als die Veranschaulichung der Kostenseite ist das Aufzeigen des Nutzens. Es gibt in dieser Hinsicht Studien (z.B. „typical dollar impact“-Studien), die in Prozentsätzen die Steigerung des Umsatzes angeben, die durch eine Erhöhung der Arbeitszufriedenheit bzw. den Einsatz von MABs hervorgerufen werden.[78] Nach Ansicht des Autors sind diese Zahlen für die Argumentation des Nutzens einer Befragung jedoch nur begrenzt geeignet, da die Berechnungsgrundlage solcher Studien oftmals auf einer konstruierten Realität oder auf Erfahrungen anderer beruhen, die nicht ohne Weiteres in jede Firma zu übertragen sind. Einen ersten Ansatzpunkt liefern solche Modelle dennoch. Sie veranschaulichen anhand von Zahlenbeispielen, dass zumindest eine Verbindung zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung besteht. Dies zeigt sich z.B. in Betrieben mit einem schlechten Betriebsklima. Hier ist die Krankheitsrate in den meisten Fällen deutlich höher als in Firmen mit einer zufriedenen Belegschaft. Eine weitere Argumentationshilfe ist die Vorschau auf mögliche Ergebnisse. In vielen Befragungen ergibt sich z.B., dass die Mitarbeiter mit gewissen Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz ihre Arbeitsleistung beträchtlich steigern könnten. Auch wenn es sich hierbei nur um eine Chance handelt, im eigenen Unternehmen ein ähnliches Ergebnis zu erhalten, so wird dies vielen Führungskräften den möglichen Nutzen einer MAB verdeutlichen. Andere Unternehmen bieten sich grundsätzlich auch als Argumentationshilfen an. Es hat sich gezeigt, dass Betriebe, die einmal eine Befragung erfolgreich durchgeführt haben, diese in Zukunft auch wiederholen.[79] So ergab sich nach der Studie der Management + Marketing Forschungsgruppe, dass im Jahr 1999 rund 33% der befragten Firmen eine MAB regelmäßig durchführten, während es im Jahr 2004 schon 42% waren.[80] Eine ähnliche Entwicklung findet auch in den USA statt. Hier führen bereits 70% der Arbeitgeber regelmäßig MABs durch.[81] Dies spricht für die Vorteile, die sich viele Betriebe von diesem Instrument versprechen. Eine weitere Statistik der M+M Forschungsgruppe kann einen Einblick in die Nutzenbewertung der befragten Unternehmen in Deutschland gewähren. Sie ist dem Anhang beigelegt.[82]

Das Ziel der Kosten-/Nutzenanalyse liegt darin, die MAB von einer reinen Betriebsausgabe abzugrenzen und sie als Investition darzustellen. Ihr Potenzial darf hier jedoch nicht überbewertet werden, da sonst Enttäuschungen folgen können. Eine MAB ist nur dann gewinnbringend, wenn ihre Ergebnisse sinnvoll umgesetzt werden. Die Tatkraft der UL ist somit von entscheidender Bedeutung.[83] Eine interessante Analogie ergibt sich hierbei im Vergleich zu Kunden- und Marktanalysen. Viele Firmen sind bereit, für diese Analysen viel Geld zu investieren. Die Ergebnisse werden genau überwacht und konstruktiv eingesetzt. Man lässt sich das Potenzial solcher Analysen selten entgehen. Dagegen kommt es jedoch bei MABs relativ häufig vor, dass sich das Management desinteressiert aus dem Projekt zurückzieht und die Verantwortung weiterdelegiert. Durch den Rückzug verliert die MAB an Triebkraft. Wichtige Entscheidungen werden u. U. nicht getroffen und Chancen verpasst. Das Resultat ist die Verschwendung von Zeit und Geld und ein negativer Einfluss auf das Verhältnis zu den Mitarbeitern. Wenn sie von der Befragung und den Folgeprozessen enttäuscht sind, wird ihre Bereitschaft, sich konstruktiv an zukünftigen MABs zu beteiligen, eher gering sein. Damit dies nicht geschieht, muss der Unternehmensleitung die Bedeutung ihres Engagements in einem MAB-Projekt klar gemacht werden.[84]

4.2.4 Grobkonzept und Entscheidung

Ein Grobkonzept enthält wichtige Gestaltungspunkte der MAB und ist daher die Basis für den weiteren Ablauf des MAB-Projekts. Anlage 18 enthält einen morphologischen Kasten, in dem verschiedene Gestaltungspunkte der Mitarbeiterbefragung aufgeführt sind.[85] Ein wichtiger Punkt ist hier z.B., ob die MAB als Total- oder als Repräsentativbefragung (Stichproben) durchgeführt werden soll, denn danach richten sich einerseits die Menge der benötigten Ressourcen und andererseits die Repräsentanz der Ergebnisse. Im Grobkonzept sollte außerdem ein ungefährer Zeitpunkt für die Befragung festgelegt werden. Ungeeignete Termine (z.B. Ferienzeit) könnten zu einer geringen Beteiligungsquote führen. Das Grobkonzept enthält darüber hinaus erste Grundsatzüberlegungen zur Gestaltung des Fragebogens (Fragenanzahl, Fragenarten usw.) und Angaben über die Handhabung der Anonymität, Freiwilligkeit der Teilnahme und Folgeprozesse der MAB. Optional besteht zudem die Möglichkeit, dass die UL ihre Erwartungen, die sie mit der MAB verbindet, im Grobkonzept ausformuliert.[86] Solche Erwartungen können sich an die Mitarbeiter, aber auch die Führungskräfte und die UL selbst richten. Eine Erwartung an die MA könnte z.B. der Appell an die „Bürgerpflicht“ darstellen, d.h. die Aufforderung an die MA an der Befragung teilzunehmen. Weitere Beispiele sind im Anhang enthalten.[87] Die Kommunikation der Erwartungen bringt in diesem Fall den Vorteil, dass die Teilnahmequote gesteigert werden kann und die UL legitimiert wird „nachzuhaken“, falls z.B. in einem Unternehmensbereich die Beteiligung der MA sehr gering ist. Auf der anderen Seite werden Mitarbeiter durch entsprechende Zugeständnisse der UL legitimiert, sich nach dem Fortschritt geplanter Verbesserungsmaßnahmen zu erkundigen.[88] Wenn das Grobkonzept aufgestellt ist und die Ziele gemeinsam festgelegt wurden, kann die Entscheidung der Geschäftsleitung für die MAB getroffen werden. Gleichzeitig mit der Entscheidung sollte die Auftragserteilung an eine MAB-Projektgruppe einhergehen. Die idealen Eigenschaften dieser Arbeits- bzw. Projektgruppe sollen im folgenden Kapitel erörtert werden.

[...]


[1] siehe Anlage 1, S. 47 sowie Anlage 2, S. 52

[2] Vgl. Borg, I., 2002, S. 9; Vgl. hierzu auch: Mickel, W., 1988, S. 242ff.

[3] im Weiteren wird aus Praktikabilitätsgründen auf eine Geschlechterdifferenzierung verzichtet

[4] Vgl. Bien, D., 1995, S. 14ff.

[5] Vgl. Macharzina, K., 2003, S. 51

[6] Vgl. Bien, D., 1995, S. 14ff.

[7] Vgl. Strey, Dietmar, http://idw-online.de/pages/de/news24819 (Stand: 24.02.2005)

[8] siehe Anlage 3, S. 56

[9] siehe Anlage 4, S. 57

[10] Vgl. Domsch, M.; Schneble, A., 1992, S. 1

[11] Vgl. Winterstein, H., 2002, S. 40

[12] Vgl. Wallner, I., 1999, S. 566

[13] Vgl. Domsch, M.; Schneble, A., 1992, S. 2f.

[14] Vgl. o.V., http://www.krosch-markon.de/downloads/Einige%20der%20vielen%20Gruende%20 unserer%20Kunden.pdf (Stand: 8.04.2005)

[15] Vgl. Domsch, M.; Schneble, A., 1992, S. 4

[16] Vgl. Zeitz, A.; Briegel, K., 1996, S. 36ff.

[17] Vgl. Domsch, M.; Schneble, A., 1992, S. 4

[18] o.V., 2000, S. 2334

[19] Borg, I., 2000, S. 15

[20] Vgl. Gutzeit, M., 2003, S. 19

[21] Vgl. Winterstein, H., 2002, S. 40

[22] siehe Anlage 5, S. 67

[23] o.V., 2000, S. 3069

[24] siehe Anlage 6, S. 68

[25] siehe Anlage 7, S. 69

[26] In Anlehnung an: Borg, I., 2000, S. 22

[27] Vgl. Borg, I., 2000, S. 21

[28] Vgl. Borg, I., 2000, S. 22

[29] Vgl. Borg, I., 2002, S. 37f.

[30] Vgl. Borg, I., 2000, S. 22

[31] ebenda

[32] Vgl. Borg, I., 2000, S. 24

[33] Vgl. Borg, I., Bergmaier, R., 1995, S. 11

[34] Vgl. Borg, I., 2000, S. 28ff.

[35] Vgl. Borg, I.; Bergmaier, R., 1995, S. 33

[36] ebenda

[37] ebenda

[38] siehe Anlage 8, S. 70

[39] Vgl. McGregor, D., 1973, S. 47ff.

[40] siehe Anlage 9, S. 71

[41] Vgl. Meier, H., 2002, S. 215ff.

[42] Vgl. Borg, I., 2000, S. 29ff.

[43] ebenda

[44] siehe Anlage 10, S. 72

[45] o.V., 2000, S. 2042

[46] siehe Anlage 11, S. 73

[47] siehe Anlage 12, S. 74

[48] Hayes, Theodore, 2004, S. 533

[49] Vgl. Heinrichs, S., 2004, S. 172

[50] Vgl. Zeitz, A.; Briegel, K., 1996, S. 36

[51] Vgl. Heinrichs, S., 2004, S. 172

[52] siehe Anlage 13, S. 75

[53] Vgl. Domsch, M.; Ladwig, D., 2000, S. 1

[54] Vgl. o.V., 1997, S. 2f.

[55] siehe Anlage 14, S. 76

[56] siehe Anlage 15, S. 77

[57] Vgl. Domsch, M.; Schneble, A., 1992, S. 1f.

[58] In Anlehnung an: Wallner, I., 2000, S. 50

[59] Vgl. Wallner, I., 1999, S. 567

[60] Vgl. Borg, I., 2000, S. 44f.

[61] Vgl. Töpfer, A., 2005, ohne Seitenangabe

[62] siehe Anlage 16, S. 78

[63] Vgl. Töpfer, A.; Funke, U., 1985, S. 18

[64] Vgl. Ridder, H.-G.; Bruns, H.-J., 2000, S. 37ff.

[65] Vgl. Domsch, M., Schneble, A., 1992, S. 9

[66] Vgl. Sprenger, R., 1997, S. 439

[67] Vgl. Heinrichs, S., 2004, S. 178

[68] Vgl. Burkert, C., 2001, S. 85

[69] Vgl. Borg, I., 2000, S. 36

[70] Vgl. Burkert, C., 2001, S. 78f.

[71] Vgl. Burkert, C., 2001, S. 77

[72] Vgl. Heinrichs, S., 2004, S. 172ff.

[73] Vgl. Hoff, A.; Priemuth, T., 2002, S. 10ff.

[74] Vgl. Töpfer, A.; Gabel, B., 2000, S. 56

[75] Vgl. Heinrichs, S., 2004, S. 172ff.

[76] Opportunitätskosten: Sie stellen den entgangenen Nutzen dar, der entsteht, wenn man sich bei

zwei gegebenen Alternativen für die eine und gegen die andere Alternative entscheidet.

[77] Vgl. Borg, I., 2000, S. 43ff.

[78] Vgl. hierzu ausführlich: Borg, I., 2000, S. 41

[79] Vgl. Borg, I., 2000, S. 41ff

[80] Vgl. Töpfer, A., 2005, ohne Seitenangabe

[81] Vgl. Fralicx, R.; Sanchez, P., 2003, S. 14

[82] siehe Anlage 17, S. 79

[83] Vgl. Borg, I., 2000, S. 42f.

[84] Vgl. Fralicx, R.; Sanchez, P., 2003, S. 14

[85] siehe Anlage 18, S. 80

[86] Vgl. Borg, I., 2000, S. 45

[87] siehe Anlage 19, S. 81

[88] Vgl. Borg, I., 2002, S. 23

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Erfolgsfaktoren bei der Einführung, Durchführung und Umsetzung von Mitarbeiterbefragungen
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart  (Debeka Versicherung)
Note
1,9
Autor
Jahr
2005
Seiten
100
Katalognummer
V48157
ISBN (eBook)
9783638449366
Dateigröße
1960 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erfolgsfaktoren, Einführung, Durchführung, Umsetzung, Mitarbeiterbefragungen
Arbeit zitieren
Lucas Oechsner (Autor:in), 2005, Erfolgsfaktoren bei der Einführung, Durchführung und Umsetzung von Mitarbeiterbefragungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48157

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