Formelle und materielle Anforderungen an den Bußgeldbescheid


Referat (Ausarbeitung), 2005

20 Seiten, Note: 10 Punkte


Leseprobe


A. Einführung

Ordnungswidrigkeiten werden gemäß §§ 1 I, 65 ff. OWiG[1] im Regelfall in Form eines Bußgeldbescheids geahndet. Der Bußgeldbescheid ist ein Verwaltungsakt (VA), der den Betroffenen aufgrund der Begehung einer Ordnungswidrigkeit zu einer Zahlung verpflichtet. Es ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG, sondern ein VA eigener Art, da er lediglich eine vorläufige Entscheidung darstellt.[2] Die Geldbuße beinhaltet im Gegensatz zur Geldstrafe kein ethisches Unwerturteil gegenüber dem Adressaten. Die Zahlung kann nicht ersatzweise durch Freiheitsstrafe abgegolten werden, allerdings ist Erzwingungshaft gemäß §§ 96 ff. denkbar. Die Ordnungswidrigkeit wird durch die Verwaltungsbehörde verfolgt, diese handelt nach dem Opportunitätsprinzip.[3]

B. Ermächtigungsgrundlage

Der Erlass eines Bußgeldbescheides setzt gemäß § 3 eine Ermächtigungsgrundlage voraus. Die Ermächtigung der Behörde ist gemäß §§ 65 ff. iVm § 1 bei allen qualifizierten Ordnungswidrigkeiten gegeben (Vgl.I).[4] Insoweit gilt „nullum crimen sine lege“.

C. Formelle Rechtmäßigkeit

1. Sachliche Zuständigkeit:

Nach § 36 I Nr.1 ist die per Gesetz bestimmte Behörde sachlich zuständig.

Hilfsweise zuständig ist die fachlich qualifizierte oberste Landesbehörde oder ein entsprechendes Bundesministerium , § 36 I Nr.2 a und b. Bei einem Mangel ist der Bescheid nichtig, wenn dieser einem unvoreingenommenen und sachverständigen Betrachter ohne weiteres auffällt.[5]

2. Örtliche Zuständigkeit:

Die örtliche Zuständigkeit liegt bei der Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Ordnungswidrigkeit begangen worden ist (Vgl. II) oder in der der Betroffene seinen Wohnsitz hat, § 37 I. Der Bußgeldbescheid ist nichtig, wenn er insoweit fehlerhaft ist.

3. Instanzielle Zuständigkeit:

- 37 I verweist auf die Verwaltungsbehörde als zuständiger Instanz. Mangels genauerer Angaben ist demnach der Behördenleiter (Bürgermeister, III) instanziell zuständig. Er kann die Zuständigkeit auf verschiedene Verwaltungsangestellte übertragen, ein Fehler bei der instanziellen Zuständigkeit führt nicht zur Nichtigkeit des Bescheids.[6]

II. Verfahren

Gemäß § 55 I erfolgt eine Anhörung des Betroffenen vor Erlass eines Bußgeldbescheids (IV).

III. Form:

Der Bußgeldbescheid ist schriftlich zu erstellen, vergleiche §§ 51 II, 66 Abs. I und II.[7] Er enthält die Angaben gemäß §§ 66 I und II (Tat, Person etc..) und lässt die erlassende Behörde erkennen. Der Bescheid ist zu unterschreiben. Keine Unterschrift ist erforderlich, sofern der Bescheid im Wege eines EDV-Verfahrens erstellt wurde;[8] allerdings ist kein völlig automatisiertes Verfahren zur Erstellung des Bescheids zu verwenden. Fraglich ist, ob eine aktenkundige Verfügung erforderlich ist.[9] Die Befürworter sehen in dieser Erfordernis einen Gewinn für die Rechtssicherheit. Dagegen spricht: Es reicht aus, dass im Wege des Freibeweises feststellbar ist, dass der Erlass des Bußgeldbescheides auf einem Willensakt der Behörde beruht.[10] Der Streit muss entschieden werden: Der Freibeweis ist zur Feststellung des Willensaktes der Behörde ebenso hilfreich wie ein Aktenvermerk. Der Aktenvermerk gibt zudem nicht hinreichend Auskunft über den Bescheid, da beispielsweise Verfahrenshindernissen nicht zu vermerken sind.[11] Demnach ist ein Vermerk in den Akten nicht erforderlich.

Die Zustellungspflicht des Bescheids ergibt sich aus § 50 I 2; das Verfahren der Zustellung richtet sich nach §§ 51 OWiG, 2 ff. VwZG.

D. Materielle Voraussetzungen

I. Bestimmtheit des Bescheides und Konkretisierung

In materieller Hinsicht müssen die inhaltlichen Anforderungen

nach § 66 I-III erfüllt sein.

1. Angaben betreffend den Adressaten

a. Natürliche Personen

Besonderes Gewicht bei Erfüllung der Kriterien gemäß § 66 erhält das Bestimmtheitsgebot:[12] Die nach § 66 I Nr. 1 anzugebenden Personalien müssen konkret, genau und zuverlässig sein, sodass jeder Zweifel über die Identität des Betroffenen ausgeschlossen werden kann. Es müssen Familien- und Vorname sowie der Geburtsname bei Namenswechsel (VI) angegeben werden, ein Vorname ist unter mehreren ausreichend.[13] Zudem sind Angaben zu Anschrift, Familienstand, Geburtstag sowie Geburtsort (ferner bei Ausländern die Staatsangehörigkeit), sowie Name und Anschrift der gesetzlichen Vertreter bei minderjährigen Adressaten zu machen. Besonderheiten treten bei einer Person in amtlicher Verwahrung auf - Hierauf ist ein Hinweis mit Beginn und Ort der Unterbringung zu geben. Bei Verkehrsdelikten sind das Datum der Ausstellung und die Klasse des Führerscheins sowie die amtlichen Kennzeichen des bei Tatbegehung benutzten Kraftfahrzeugs (VII) anzugeben. Eine Beschränkung auf die wesentlichen Angaben ist möglich, wobei keinerlei Zweifel über die Identität des Betroffenen sowie etwaiger Nebenbeteiligter aufkommen darf.[14] Mangelhafte Daten haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Bescheides, wenn sich Identität des Betroffenen zweifelsfrei ergibt.[15] Andernfalls ist der Bescheid nichtig.[16]

b. Kaufleute und juristische Personen des Privatrechts

Ein Bußgeldbescheid gegen einen Einzelkaufmann wird an diesen persönlich gerichtet. Bei juristischen Personen und Personenvereinigungen kann eine Geldbuße grundsätzlich nur als Nebenfolge festgesetzt werden, denn nur natürliche Personen können Taten im Sinne einer Ordnungswidrigkeit begehen. Unter den engen Voraussetzungen gemäß § 30 kann eine selbständige Geldbuße direkt gegen die juristische Person verhängt werden.[17] Ergeht ein Bußgeldbescheid gegen einen Geschäftsführer obwohl sich dass Bußgeld gegen die juristische Person oder Personenvereinigung richtet, ist der Bußgeldbescheid nichtig.[18]

c. Sonderfälle

Der Erlass eines einzigen Bußgeldbescheides gegen mehrere Betroffene ist möglich, in ihm sind die einzelnen Rechtsfolgen für jeden Betroffenen getrennt anzugeben.[19]

Auch Nebenbeteiligte, also Personen in deren Rechte aufgrund des Bußgeldbescheides unmittelbar eingegriffen werden kann,

[...]


[1] Alle Paragraphen sind, sofern nicht anders bezeichnet, solche des OWiG

[2] Wieser, § 65 Nr. 2

[3] Schoppmeier-Pauli / Theisen, S.14; Schmitt, S.11-12

[4] Bohnert, Grundriss, S. 9

[5] KK (Kurz), § 65 Rn. 20

[6] OLG Zweibrücken VRS 40, 458

[7] Ferner, § 66 Rn. 1; KK (Kurz), § 65 Rn. 12; Mitsch, § 7 Rn. 4

[8] Mitsch, § 7 Rn. 4

[9] OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; OLG Brandenburg NStZ-RR 1996, 80

[10] BGHSt 42, 380, 383; OLG Hamm NJW 1995, 2937, 2938

[11] OLG Hamm NJW 1995, 2937, 2938

[12] KK (Kurz), § 65 Rn. 2; Brenner, OWiR Lexikon, S. 117

[13] Ferner, § 66 Rn. 4

[14] Ferner, § 66 Rn. 4; Karls. Komm. (Kurz), § 66 Rn. 3

[15] OLG Koblenz VRS 68, Nr. 79, S. 216, 217; Göhler, § 66 Rn. 4; Mitsch, § 7 Rn. 5

[16] Brenner, Ordnungswidrigkeitenrecht, Rn. 510

[17] Karls. Komm. (Kurz), § 66 Rn. 5

[18] Brenner, Ordnungswidrigkeitenrecht, Rn. 510

[19] Karls. Komm. (Kurz), § 66 Rn. 6

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Formelle und materielle Anforderungen an den Bußgeldbescheid
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
10 Punkte
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V47997
ISBN (eBook)
9783638448147
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
10 Seiten Referatsausarbeitung plus 10 Folien
Schlagworte
Formelle, Anforderungen, Bußgeldbescheid
Arbeit zitieren
Sebastian Zellmer (Autor:in), 2005, Formelle und materielle Anforderungen an den Bußgeldbescheid, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47997

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