Literarische Sozialisation zwischen Pubertät und Adoleszenz


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

21 Seiten, Note: noch sehr gut (1,3)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Mediennutzung von Jugendlichen
2.1 Überblick
2.2 Das Fernsehen
2.3 Auditive Medien
2.4 Neue Medien

3. Jugendliche und Lesen
3.1 Das Lesverhalten von Jugendlichen
3.2 Der „Leseknick“ zwischen Pubertät und Adoleszenz
3.3 Lesen und adoleszente Entwicklungsaufgaben

4. Jugendlektüre
4.1 Geschlechterdifferenzen
4.2 Neue Rezeptionsformen beim Lesen
4.3 Warum lesen Jugendliche?
4.4 Lektürebeispiele

5. Welche Faktoren fördern das Lesen?

6. Schluss

1. Einleitung

Kinder und Jugendliche wachsen heutzutage in einer Unwelt auf, in der Medien nahezu allgegenwärtig sind, so dass man von einer zunehmenden „Mediatisierung der Kindheit“ sprechen kann (vgl. Schön, 2000, S. 921). Angesichts der starken Konkurrenz anderer Medien fällt es dem Buch immer schwerer, seinen Platz im Medienmix der Kinder und Jugendlichen zu behaupten, wie die PISA-Studie 2003 belegt, die von einem nachlassenden Leseinteresse der 15jährigen Schülerinnen und Schüler berichtet. Dass sich mit der permanenten Zunahme des Fernsehkonsums und der Computernutzung im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts gleichzeitig das Buchlesen reduziert hat, geht aus fast allen empirischen Untersuchen hervor (vgl. Franz, 2002, S.2). Andererseits ist das Buch nach wie vor ein wichtiger Bestandteil im Leben vieler Jugendlicher und wird von einigen Jugendlichen dem Film ausdrücklich vorgezogen. Darüber hinaus leistet das Lesen einen wichtigen Beitrag zur aktiven Bewältigung anstehender Entwicklungsaufgaben, da es die Möglichkeit zu einem spielerischen und sanktionslosen Umgang mit eigner und fremder Identität bietet (vgl. Schön, 1990, S. 262), so dass man mit allzu negativen Prognosen über das Leseverhalten von Jugendlichen vorsichtig sein sollte.

Die vorliegende Arbeit legt den Schwerpunkt ihrer Betrachtung auf den Abschnitt zwischen Pubertät und Adoleszenz, was ungefähr dem Zeitraum vom 15.-17. Lebensjahr entspricht.

In einem ersten Teil soll zunächst der Mediengebrauch der Jugendlichen allgemein

beschrieben werden. Im Folgendem wird der Fokus auf das Lesen im Besondern gelegt und nach Gründen für den „Leseknick“ zwischen Pubertät und Adoleszenz gesucht, sowie Lesegewohnheiten und Lieblingslektüren der Jugendlichen betrachtet. Weiter wird die Frage möglicher Interdependenzen zwischen dem Lesen und dem Fernsehen hinsichtlich der Rezeptionsgewohnheiten erörtert und die erheblichen Differenzen im Leseverhalten der beiden Geschlechter aufgezeigt.

Abschließend wird die Frage aufgeworfen, inwiefern man als Erwachsener zur Ausbildung stabiler Lesegewohnheiten bei den Heranwachsenden beitragen kann.

2. Die Mediennutzung von Jugendlichen

2.1 Überblick

Trotz der intensiven Nutzung der neuen Medien wäre es falsch anzunehmen, dass Kinder und Jugendliche die Nutzung „alter“ Medien (z.B. Bücher) zugunsten der „Neuen Medien“ aufgeben würden. Vielmehr nutzen sie neue Medien am schnellsten und in größerem Maße, aber ohne dass sie allein deswegen die Nutzung der alten Medien in nennenswertem Umfang reduzieren (vgl. Schön, 2000, S. 921).

Genauso wenig wie sich die These vom Fernsehen als „Fressfeind des Lesens“ bewahrheitet hat, wirkt sich die Nutzung der neuen Medien negativ auf die Lesegewohnheiten aus. Lesen ist vielmehr heute in die Mediennutzung allgemein eingebettet und geschieht in funktionaler Interdependenz mit anderen Formen der Mediennutzung (vgl. Schön, 2000, S. 921/22).

Lediglich das Lesen von Tageszeitungen ist in dieser Altersgruppe leicht rückläufig (vgl. Feierabend/Klingler, 2003, S.452).

Folglich wäre es falsch, einen genuinen Gegensatz zwischen der Nutzung von neuen Medien und dem Lesen zu konstruieren.

2.2 Das Fernsehen

Nach wie vor ist das Fernsehen das Medium, dass die meisten Jugendlichen erreicht. 94% sehen mindestens mehrmals pro Woche fern (vgl. Feierabend/Klingler, 2003, S.452). Jedoch ist für die Jugendlichen das Fernsehen weniger wichtig als für die Erwachsenen. Dies lässt sich daran erkennen, dass die tägliche Fernsehzeit von Kindern und Jugendlichen sich in der Zeit von 1992-1998 lediglich um sechs Minuten täglich erhöhte gegenüber 33 Minuten bei den Erwachsenen. Jedoch nicht nur quantitativ spielt das Fernsehen für die Jugendlichen eine geringere Rolle, sondern auch qualitativ: Ist es für die Erwachsenen noch das uneingeschränkte Leitmedium hat es diese Rolle bei den Jugendlichen an den internetfähigen PC abgegeben. Das Fernsehen reagiert auf die schwindende Aufmerksamkeit der Jugendlichen mit musikbetonten Programmen ohne klassischen Inhalt (MTV, VIVA) sowie Daily Soaps (vgl. Schön, 2000, S. 929).

Auch die Nutzung von Videos hat für die Jugendlichen an Bedeutung verloren. Lediglich 20% der Jugendlichen können noch als regelmäßige Nutzer bezeichnet werden. Auffällig ist, dass Videos für Jungen deutlich attraktiver sind als für Mädchen (vgl. Feierabend/Klingler, 2002, S.452). Darüber hinaus lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Videogeräten und Bildung konstatieren: Je höher die Bildung, desto seltener sind Videogeräte im Haushalt vorhanden (vgl. Schön, 2000, S. 930/931).

2.3 Auditive Medien

Nach dem Fernsehen folgt die Nutzung von Tonträgern auf dem zweiten Platz der Beliebtheitsskala. 93% der Jugendlichen nutzen dieses Medium mindestens mehrmals pro Woche (vgl. Feierabend/Klingler, 2003, S.452).

Die große Bedeutung der repetitiven Audio-Medien erklärt sich aus ihrer Funktion für das Musikerleben der Jugendlichen als zentrales Element aktueller Jugendkultur (Schön, 2002, S. 16).

Das Radio wird immerhin noch von 83% regelmäßig genutzt (vgl. Feierabend/Klingler, 2003, S.452). Es muss jedoch beachtet werden, dass inzwischen der überwiegende Teil der Radionutzung Sekundär- oder sogar Tertiärtätigkeit ist (vgl. Schön, 2000, S. 927).

Die Musik ist für die Jugendliche das wichtigste Radioelement. Dahinter folgen Nachrichten und regionale Veranstaltungshinweise. Für etwa die Hälfte der Jugendlichen sind Sport, Informationen über Musikkonzerte der jeweiligen Radiosender, themenspezifische Radiosendungen oder generell regionale Beiträge wichtige Bestandteile des Radioprogramms. Interaktive Elemente wie Hörerwünsche aber auch Tipps rund ums Internet und Computerspiele haben für die Jugendlichen nur nachrangige Bedeutung. Die Präferenzen für einzelne Programmbereiche weisen teilweise geschlechtsspezifische Unterschiede auf: Regionale Veranstaltungshinweise, Veranstaltungen und Konzerte von Radiosendern, Moderation und Hörerwünsche sind für Mädchen wichtiger als für Jungen. Demgegenüber sind insbesondere Sportberichte und Tipps zu Computerspielen für Jungen und junge Männer von größerer Bedeutung (vgl. Feierabend/Klingler, 2002, S. 455).

2.4 Neue Medien

Die Nutzung der so genannten „Neuen Medien“ ist mittlerweile für junge Menschen zu einer Selbstverständlichkeit geworden: Nach Angaben der JIM-Studie von 2002 nutzen 93% der Jugendlichen im Alter von 12 -19 Jahren den PC mindestens einmal im Monat. Hierbei wird die Bedeutung des Internets immer größer: 56% der Jugendlichen sind täglich bzw. mehrmals pro Woche online, zumindest selten nutzen 83% das Internet und zwar bevorzugt, um E-Mails zu verschicken, Musik zu hören, Informationen zu suchen oder an Chats teilzunehmen (vgl. Media Perspektiven, 2003, S.194).

Weibliche und männliche Benutzer setzen bei der Beschäftigung mit Computern unterschiedliche Schwerpunkte. Bei Mädchen und jungen Frauen hat das Internet die höchste Priorität. Danach folgen das Schreiben von Texten und die Arbeit für Schule oder Ausbildung. Jungen und junge Männer nutzen den Computer am häufigsten zum Spielen. Die Faszination von Computerspielen nimmt jedoch mit zunehmendem Alter immer weiter ab. Das Surfen im Internet hat aber auch für die männlichen Nutzer einen sehr hohen Stellenwert. Sehr viel häufiger als ihre weiblichen Altergenossen hören männliche Jugendliche an ihrem PC Musik (vgl. Feierabend/Klingler, 2002, S. 456).

Die Nutzung des Mobiltelefons gewinnt für die Jugendlichen ebenfalls einen immer größeren Stellenwert. Der JIM-Studie zur Folge besaßen im Jahr 2002 82% der Jugendlichen ein Mobiltelefon. Dieses wird nicht ausschließlich für Telefonate genutzt, sondern auch um per SMS (Short Message Service) zu kommunizieren. Das verschicken von Kurznachrichten, dass so genannte „Simsen“ gehört zu den beliebtesten Kommunikationsformen unter den Jugendlichen (vgl. Media Perspektiven, 2003, S.194).

Generell verfügen die Mädchen im Allgemeinen über weniger eigene Medien und Geräte der Unterhaltungselektronik als Jungen. Dies gilt auch hinsichtlich der persönlichen Verfügbarkeit von Computern und Internet. Bei den Mobiltelefonen hingegen liegt der Versorgungsgrad der Mädchen über dem der Jungen (vgl. Feierabend/Klingler, S. 455).

3. Jugendliche und Lesen

3.1 Das Leseverhalten von Jugendlichen

Schlagworte wie „Die Jugend von heute liest nicht mehr“ sollten nur mit äußerster Vorsicht verwandt werden, da im Durchschnitt nach wie vor mehr von den Jugendlichen gelesen wird als von den Erwachsenen (vgl. Schön, 2000, S. 924).

Dennoch zeigt ein Vergleich der Studien der Stiftung Lesen von 1992 und 2000 die geringer werdende Bedeutung des Lesens. Der Anteil der 14-19jährigen, die mindestens einmal pro Woche in einem Buch lesen, sank von 83% auf 71%.

Auch die Nutzungsdauer ist gesunken: Bei Sach- und Fachbüchern, die in der Freizeit gelesen werden, sank die Lesedauer der 14- bis 19jährigen von 319 Minuten pro Woche auf 281 Minuten; bei den Büchern zur Unterhaltung bzw. bei der Lesezeit für einen Roman, Erzählungen oder Gedichte von 205 Minuten auf 162 Minuten pro Woche. Mindestens ebenso große Bedeutung wie dem Rückgang der Lesedauer ist der qualitativen Veränderung des Lesens selbst beizumessen. Seit der ersten Lese-Studie von 1967 ist eine Veränderung im Verhältnis zum Buch zu beobachten, weg vom bildungsbürgerlich-respektvollen, hin zu einem instrumentellen Umgang mit Büchern. So stieg beispielsweise der Anteil derer, die der Aussage „Ich überfliege manchmal die Seiten und Lese nur das Interessante“ zustimmten von 1992 bis 2002 bei den 14- bis 19Jährigen von 11% auf 31% an (vgl. Schön, 2002, S.18/19).

3.2 Der „Leseknick“ zwischen Pubertät und Adoleszenz

Das Leseverhalten von Kindern und Jugendlichen ist starken Schwankungen unterworfen, die mit der biographischen- und psychosozialen Entwicklung der Heranwachsenden zusammenhängen (Schön, Kinder und Jugendliche im aktuellen Medienverbund, S. 925). Der Lesehöhepunkt lässt sich in der Pubertät (bis ca. 15. Lebensjahr) beobachten und dann einen zweiten, niedrigeren, in der Adoleszenz (ab ca. 18. Lebensjahr) (Lehren und Lernen, 1989, S.23).

Überraschend stark fällt der Einbruch zwischen diesen beiden Hochphasen (also mit 16/17 Jahren) aus, der sich sowohl für die Lesemenge als auch für die subjektive Bereitschaft, sich selbst als Vielleser einzuschätzen, konstatieren lässt. Als Grund für das nachlassende Interesse am Lesen werden andere Aktivitäten, wie das Treffen mit Freunden, die erste Liebesbeziehung sowie die Hinwendung zum richtigen Leben genannt. (Schön, 1993, S.267).

Die Frage nach der emotionalen Beteiligung der 16/17jährigen fördert eine weitere überraschende Erkenntnis zu Tage: Vereinfacht lässt sich sagen, dass trotz des Tiefs bei der subjektiven Bedeutungszuordnung zum Lesen, die emotionale Beteiligung am Gelesenen höher als nachher und vorher ist. Diese Entwicklung ist für beide Geschlechter zu konstatieren, wobei sie bei den Mädchen auf einem insgesamt höheren Niveau verläuft (vgl. Schön, 1990, 253/254).

Das Nachlassende Interesse dieser Altergruppe am Lesen lässt sich auch an den Lese-Biographien von erwachsenen regelmäßigen Lesern dokumentieren:

[...]

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Details

Titel
Literarische Sozialisation zwischen Pubertät und Adoleszenz
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für Deutsche Sprache und ihre Didaktik)
Veranstaltung
Literarische Sozialisation - Die biographische Perspektive
Note
noch sehr gut (1,3)
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V47930
ISBN (eBook)
9783638447652
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Literarische, Sozialisation, Pubertät, Adoleszenz, Literarische, Sozialisation, Perspektive
Arbeit zitieren
Florian Rolf (Autor:in), 2005, Literarische Sozialisation zwischen Pubertät und Adoleszenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47930

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