Der Begriff des "Glauben" in David Humes Untersuchung über den menschlichen Verstand


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Einführung in Humes Begriffe des menschlichen Verstandes

2. Der Begriff des Glauben in David Humes Untersuchung
über den menschlichen Verstand
2.1. Der Glaube und der Kausalzusammenhang
2.2. Der Glaube als Instinkt
2.3. Der Glaube an menschliches Zeugnis
2.4. Religiöser Glaube (faith) und Wunderglaube

3. Fazit

Literatur

Einleitung

Im folgenden soll der Begriff des Glaubens in David Humes Werk Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand (im engl. Original: An Enquiry Concerning Human Understanding) erörtert werden. Der Glaube nimmt in diesem Werk eine sehr zentrale Stellung ein. Der englische Philosoph David Hume (1711-1776) vollendete die Untersuchung über den menschlichen Verstand im Jahr 1748. Er setzt sich in dieser Arbeit mit den Grenzen und Möglichkeiten des menschlichen Verstandes auseinander und will beim Leser Einsichten dafür bewirken, in welchen Grenzen der menschliche Verstand zu Erkenntnissen kommen kann und welches die Prinzipien und Werkzeuge eines fundierten Denkens sind.

Die zentrale Aussage der Untersuchung ist die von Hume immer wieder erläuterte Einsicht in die Abhängigkeit unseres Denkens und Handelns von Erfahrung, Erinnerung, Gewohnheit, Übung und dem Glauben, dass wir die in der Vergangenheit wiederholt erlebten Beziehungen von Gegenständen und Ereignissen auf unsere Zukunft übertragen können.

Hume wendet sich mit seinem Buch besonders gegen die Willkür der Metaphysiker seiner Zeit, die sich seiner Meinung nach in ihren Überlegungen von den Erdichtungen der Einbildungskraft leiten ließen.

Hume beschäftigt sich besonders im letzten Kapitel seines Buches aber auch kritisch mit dem Skeptizismus. Im Gegensatz zu einer vollständigen Auflösung der den Dingen eigenen Eigenschaften, wie sie von den Skeptikern betrieben werde, seien die Einsichten, die wir mit den uns gegebenen Möglichkeiten haben können zwar in gewisser Hinsicht begrenzt, taugten aber durchaus zu einem nutzvollen Umgang mit unserer Umwelt. Gerade die skeptische Sicht auf unsere Möglichkeiten des Denkens aber ist es, die Hume zu den Schlüssen gebracht hat, auf denen sein Denkgebäude ruht. So betont er auch, dass der Skeptizismus am Anfang jeder philosophischen Überlegung stehen sollte, dass er aber nicht alle dadurch ausgelösten Gedankengänge vereinnahmen dürfe, da dies am Ende zu einem totalen Stillstand des Handelns führen müsse.

Das vorliegende Buch kam nicht zuletzt deshalb zu seinem heutigen Ruhm, weil Immanuel Kant bekannte, er sei dadurch aus seinem „dogmatischen Schlummer“ erweckt und zu seinen kritischen Untersuchungen bewegt worden.

Als Textgrundlage für diese Arbeit dient die Übersetzung von Raoul Richter von 1907 in der Philosophischen Bibliothek Band 35 des Felix Meiner Verlages.

Nach einer kurzen Einführung in Humes Begriffe des menschlichen Verstandes werden wir uns einer genaueren Betrachtung des Glaubensbegriffes zuwenden. In diesem Zusammenhang werden wir uns auch mit seinen Stellungnahmen bezüglich dem Wunderglauben beschäftigen.

Interessant wird hier die Herangehensweise bezüglich der Annahme der Wirklichkeit solcher Erscheinungen sein: Humes Argumentation bestreitet nicht die Existenz von Wundern, bestreitet aber durchaus die Glaubwürdigkeit jeglichen Wunderberichts.

In die Überlegungen zum Glaubensbegriff werden wir Sekundärliteratur von folgenden Autoren in unsere Betrachtung einbeziehen: Jens Kulenkampff, Otto Quast, Gerhard Streminger, Ulrich Voigt und Josef Buchegger. Zur Begriffsklärung hier und dort ist uns das Metzler Philosophie Lexikon behilflich.

Hume schmückt seinen Text ausgiebig mit Beispielen, anhand derer er seine Gedankengänge lebhaft verständlich macht.

Es gelingt ihm leicht den Leser durch seine klare Argumentation für seine Ideen zu erwärmen. Seien wir also gespannt, welcherlei Widersprüche bei näherer Betrachtung auftauchen. Hume begründet mittels empirischem Argument: So wie er jede Art von Vorstellung auf Erfahrung zurückführt, argumentiert er auch zumeist anhand dieser Erfahrung.

Hume trat mit zwölf Jahren bereits in die Universität Edinburgh ein und widmete sich dort philologischen, philosophischen und juristischen Studien.

Im Alter von sechzehn Jahren verließ er die Universität.

1739 brachte er Treatise of Human Nature heraus, 1741/42 erschienen Essays, Moral, Political and Literary. Beide Werke erregten damals kaum Aufsehen in der gelehrten Welt.

Hume arbeitete unter anderem als Bibliothekar und Gesellschafter bevor er 1767 eine Anstellung als Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt annahm.

1754-1762 erschien seine sechsbändige History of England, 1779, also bereits nach seinem Tode, erschien Dialogues Concerning Natural Religion.

1. Einführung in Humes Begriffe des menschlichen Verstandes

Humes Überzeugung nach ermöglicht die Kenntnis der verschiedenen Kräfte und Fähigkeiten, die auf den menschlichen Geist wirken, die Bestimmung von wahren Behauptungen, also solchen, die durch Erfahrung und die Möglichkeiten unserer Sinne gedeckt sind.

Vorstellungen[1], so Hume, kämen ohne die ihnen zugrunde liegenden Eindrücke[2] (wie: hören, sehen, tasten, lieben, hassen, wünschen, wollen) nicht aus. Selbst Vorstellungen, die anscheinend reine Produkte unserer Phantasie sind, entstünden nur durch die Verbindung, Umstellung, Vermehrung oder Verminderung, die unser Geist mit ihnen anstellt.[3] Somit würde jede Zergliederung unserer Gedanken sehr einfache Vorstellungen zutage fördern, die aus alltäglichen Eindrücken gewonnen worden sind.

Jedem Menschen wäre die Vorstellung eines ihm unbekannten Gegenstandes und die spezifische Wahrnehmung die dieser in ihm auslösen würde zunächst vollständig unbekannt.

Anhand dieser Prämissen wäre der Sinngehalt eines jeden philosophischen Ausdrucks auf seine Stimmigkeit zu prüfen; man müsse nur prüfen, auf welchen Eindruck er sich zurückführen lässt bzw. ob er sich überhaupt auf einen Eindruck zurückführen lässt.[4]

Hume betont die grundsätzliche Verschiedenheit des Denkens in Beziehungen und Vorstellungen (Geometrie, Arithmetik und Algebra) von dem Denken, das sich auf Tatsachen bezieht. Während Behauptungen, die sich auf Beziehungen und Vorstellungen stützen, von intuitiver und demonstrativer Gewissheit[5] sind und durch reine Denktätigkeit möglich sind, stehe das Denken über Tatsachen in Abhängigkeit von Erfahrungen.[6]

Alle Denkakte, die sich auf Tatsachen beziehen, gründeten sich auf die Beziehung von Ursache und Wirkung. Nur mit Hilfe dieser Beziehung sei ein Hinausgehen unserer Denktätigkeit über die direkten Eindrücke unserer Sinne und unseres Gedächtnisses hinaus möglich. Gemeint ist hier die Leistung, Wirkungen zu antizipieren bzw. Ursachen zu erahnen. Diese Leistung unseres Verstandes, so Hume, werde nicht durch Denkakte a priori gewonnen, sondern sei lediglich Produkt unserer Erfahrung. Ersichtlich sei dies an der Tatsache, dass ein Gegenstand niemals durch seine bloßen Eigenschaften, die den Sinnen erscheinen, seine Ursache oder seine Wirkung offenbare. Diese seien lediglich durch Erfahrung zu entdecken. Man müsse sich ja ein willkürliches Ereignis ausdenken, das man dem Gegenstand als Wirkung zuschreibt. Daraus folge, dass alle Naturgesetze und Vorgänge an Körpern lediglich aus Erfahrung gekannt werden und nicht auf einem Denkakt oder sonstigen Verstandesvorgängen beruhen.

Das tragende Prinzip unserer Denktätigkeit, durch das wir vergangene Erfahrungen auf die Zukunft übertragen, müsse die Gewohnheit sein. Nur durch sie würden wir beispielsweise beim Erblicken einer Flamme auch Hitze erwarten können. Geistige Arbeit und zweckbringende Handlungen wären ohne sie nicht möglich. Jede Art der Vernunfttätigkeit, die sich auf Tatsachen bezieht, müsse als ein Produkt der Gewohnheit zu sehen sein, die wir aus Beobachtung und Erfahrung erlangen.

Hier führt Hume einen neuen Begriff ein: den Glauben. Diese Eigenschaft des menschlichen Verstandes müsse weniger als eine Vernunfttätigkeit, sondern vielmehr als ein natürlicher Instinkt gesehen werden, der uns befähigt, über die bloße Hypothese hinaus zu einer Sicherheit im Umgang mit der Zukunft zu gelangen.

Ohne dieses Gefühl des Glaubens wäre es uns nicht möglich, einen Unterschied zu spüren zwischen dem Vorstellungsbild, welchem wir zustimmen und dem, welches wir verwerfen. Der Glaube, und nicht der Wille, zeige sich hier als das herrschende Prinzip unseres Handelns. Durch diesen Instinkt seien wir fähig, sinnvoll mit unserer Umwelt umzugehen.[7]

2. Der Begriff des Glauben in David Humes Untersuchung über den menschlichen Verstand

Untersucht werden soll nun die Bedeutung des Begriffes Glaube in den Untersuchungen über den menschlichen Verstand. Werfen wir einen Blick in das Metzler Philosophie Lexikon, so stoßen wir bereits auf einige wesentliche Ausprägungen des Glaubens, wie sie auch Hume gebraucht. Glaube wird hier zunächst allgemein beschrieben als „Vermutung ohne sicheres Wissen. Ohne verallgemeinerungsfähige Begründung“ wird etwas „für wahr gehalten“.[8] Ausgedehnt wird die Bedeutung von Glauben bei Metzler noch auf das Vertrauen in Fremdaussagen. Wir vertrauen Aussagen bestimmter Menschen, wenn wir sie für vertrauenswürdig halten. „Das meiste davon können wir selber nicht nachprüfen, sondern nur durch Glaube an ihm teilhaben. Dieser erweist sich somit als ein soziales Phänomen von großer Tragweite.“[9]

Humes Begriff von Glaube freilich hat eine umgreifendere Bedeutung, wird er doch als die Grundlage ertragbringenden sinnvollen Handelns des Menschen in seiner Umwelt, ja sogar als das „herrschende Prinzip unserer Handlungen“ beschrieben.[10]

Glaube ist im deutschen sowohl mit der Bedeutung des englischen belief, als auch mit der von faith (religiöser Glaube) besetzt. Laut Metzler steht die Bedeutung des religiösen Glaubens sogar in einer Abhängigkeit vom Verständnis der alltäglichen Anwendung von Glaube. Denn ein Glaube an den biblischen Gott und seine Propheten setze ein Vertrauensverhältnis zu diesen voraus. Auch der im Metzler Philosophie Lexikon beschriebene philosophische Glaubensbegriff mutet eher religiös an, wird hier doch als Beispiel Jaspers „Sich-Verwurzeln des Menschen in der durch kein gegenständliches Wissen festzumachenden Transzendenz des schlechthin umgreifenden Seins“ gebraucht, zu dem der Mensch durch Grenzsituationen gelange.

[...]


[1] Siehe Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand, Felix Meiner Verlag; Hamburg 1993 (im folgenden durch die Abkürzung UMV in den Fußnoten nachgewiesen.) Seite 218 (Glossar): „ Idea: stets die mittelbare, reproduzierte Vorstellung, die subjektive Wiederholung oder Abänderung einer ursprünglichen Wahrnehmung, einer impression.“

[2] Siehe UMV Seite 219 (Glossar): „ Impression: jeder unmittelbar erfahrene Bewusstseinsinhalt, äußerer oder innerer. (...)“

[3] UMV, Seite 19: „Denken wir uns einen goldenen Berg, so verbinden wir nur zwei widerspruchslose Vorstellungen, Gold und Berg, die für uns von früher bekannt sind. Ein tugendhaftes Pferd können wir uns vorstellen, weil wir aus unserem eigenen inneren Empfinden uns die Tugend vorstellen können, und diese lässt sich mit der Gestalt und dem Aussehen eines Pferdes vereinigen, eines Tieres, das uns vertraut ist.“

[4] UMV, Seite 22: „Und lässt sich durchaus kein solcher aufzeigen, so wird dies zur Bestätigung unseres Verdachts dienen. Indem wir die Vorstellungen in ein so klares Licht stellen, dürfen wir billig hoffen, allem Streit, der über ihre Natur und Wirklichkeit sich erheben könnte, ein Ende zu machen.“

[5] Intuitiv= unmittelbar, ohne Erfahrung, a priori. Demonstrativ= beweisend

[6] UMV, Seite 34: „Dass das Quadrat der Hypothenuse gleich ist den Quadraten der beiden Seiten, ist ein Satz, der eine Beziehung zwischen diesen Figuren ausdrückt.(...) Sätze dieser Art sind durch die reine Tätigkeit des Denkens zu entdecken, ohne von irgend einem Dasein in der Welt abhängig zu sein.“

[7] UMV, Seite 69: „Wie die Natur uns den Gebrauch unserer Glieder gelehrt hat, ohne uns Kenntnis von den Muskeln und Nerven zu geben, die sie bewegen, so hat sie uns einen Instinkt eingepflanzt, welcher unser Denken in einer Richtung vorwärts treibt, die mit jener übereinstimmt, die sie für die äußeren Dinge festgesetzt hat.“

[8] siehe Metzler Philosophie Lexikon, Stuttgart; Weimar 1999, Seite 214f.

[9] Metzler, ebd.

[10] Siehe: UMV, Seite 62

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Begriff des "Glauben" in David Humes Untersuchung über den menschlichen Verstand
Hochschule
Universität Potsdam  (Philosophie/LER)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V47776
ISBN (eBook)
9783638446495
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Begriff, Glauben, David, Humes, Untersuchung, Verstand
Arbeit zitieren
Steffen Lasch (Autor:in), 2004, Der Begriff des "Glauben" in David Humes Untersuchung über den menschlichen Verstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47776

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