Das Asylrecht. Solidarität für Sinti und Roma?


Hausarbeit, 2014

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sinti und Roma
2.1 Die Geschichte der Sinti und Roma
2.2 Solidaritat mit Sinti und Roma heute

3. Das Asylrecht in Deutschland

4. Die Bundesregierung und die Verscharfung des Asylrechts
4.1 Vorhaben der GraBen Koalition
4.2 Auswirkungen auf die Roma- Solidaritat und Gerechtigkeit
4.3 Eigenverantwortung oder Prinzipen

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Immer wieder hort man in den Medien von den Sinti und Roma, einer Bevolkerungsgruppe, die seit etwa 700 Jahren in Europa beheimatet isL Das Wortpaar Sinti und Roma ersetzt den Begriff des Zigeuners, der seit der Btirgerrechtsbewegung, Ende der 70er Jahre, als diskriminierend abgelehnt wird, In West- und Mitteleuropiiischen Uindern sind vor allem die Sinti, und in den osteuropaischen Landern, die Roma vertreten, In Deutschland Ieben etwa 120,000 Sinti und Roma, die neben Deutsch auch die Sprache Romanes beherrschen, Diskriminierung, Stigmatisierung und politische Verfolgung sind wesentliche Kennzeichen in der Geschichte von Sinti und Roma und sie bemtihen sich vor allem in Verbanden, Organisationen und Vereinen, urn eine Verbesserung ihres sozialen Lebensstandards und einer Anerkennung ihrer kulturellen Werte, 1

Das Asylrecht ist ein, im Artikel 16 des Grundgesetz, verankertes Grundgesetz, Es ist das einzige Grundrecht im Grundgesetz was nur Auslandern zustehL Laut Grundgesetz ist eine Verfolgung dann politisch, ,wenn sie dem Einzelnen in Ankntipfung an seine politische Uberzeugung, seine religiose Grundentscheidung oder an ftir ihn unverftigbare Merkmale, die sein Anderssein pragen, gezielt Rechtsverletzungen zuftigt, die ihn ihrer Intensitat nach aus der iibergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen",2 Das Asylgesetz ist in Deutschland, aber auch in der Europaischen Union einer standigen Kritik ausgesetzL Die aktuelle Schwarz-Rote Bundesregierung plant eine Verscharfung des Asylgesetzes, welche unter anderem die Abschiebehaft ausweiten wtirde, und Uinder wie Bosnien-Herzegowina oder Serbien, als sichere Herkunftslander von Fltichtlingen einstufen soiL Seit dem tobt ein Streit zwischen Bund und Landern tiber die Reform des Asylgesetzes, 3

Diese Hausarbeit soli deshalb das Asylgesetz untersuchen, die Situation der Sinti und Roma im Asylverfahren erortern und die zentrale Frage beantworten, ob die Politik durch die Verscharfung des Asylgesetzes solidarisch handelt oder nichL Urn die Fragestellung dieser Hausarbeit bearbeiten zu konnen, sollte zunachst die Geschichte der Sinti und Roma, sowie ihre aktuelle Situation genauer analysiert werden. Was genau sind Sinti und Roma und wie ist wird ihr Weg zur Anerkennung und Gleichberechtigung gekennzeichnet?

Im Anschluss wird das Asylgesetz genauer beleuchtet, dabei wird die Geschichte des Asylrechts genauer beleuchtet, die Struktur eines Asylverfahrens in Deutschland analysiert und das Asylgesetz der Bundesrepublik Deutschland mit dem Asylrecht der Europiiischen Union verglichen. Wo bestehen Unterschiede? Wo Gemeinsamkeiten und welche Kritik wird am Asylgesetz geauBert? Schwerpunkt der vorliegenden Hausarbeit wird die aktuelle Politik der Bundesregierung sein, die das Asylgesetz bekanntlich verschiirfen mochte. Dabei wird vor allem die Diskussion zwischen Bund und Landern genauer betrachtet, Handelt die Politik mit dem neuen Gesetz solidarisch? Was ist Solidaritat und zeigen wir sie vor allem mit Sinti und Roma? Das Privileg dieser Arbeit ist es die Situation der Sinti und Roma mit dem Asylverfahren in Relation zu bringen. Wo liegen die Probleme? Welche Schwierigkeiten gibt es? Und wie wirkt sich die Situation von f!tichtenden Sinti und Roma auf das neue Asylverfahren aus?

2. Sinti und Roma

2.1 Die Geschichte der Sinti und Roma

Urn untersuchen zu konnen, ob das neue Asylgesetz mehr Solidaritat mit Sinti und Roma bedeuten konnte, sollte zunachst geklart werden, wie sich diese Bevolkerungsgruppe in den letzten 700 Jahren entwickelt hat und in wieweit Solidaritat eine Rolle spielte.

Der traditionelle Begriff ftir Sinti und Roma war ursprtinglich der Begriff des ,Zigeuners",

heute sagt man Sinti und Roma, wei!,Zigeuner" als diskriminierend abgelehnt wird. Sinti sind tiberwiegend in den westeuropaischen Staaten vertreten, wahrend Romas in Osteuropa beheimatet sind.4

Die Sinti und Roma gelangten zwischen dem 5 . und 10. Jahrhundert in unterschiedlichen Gruppen, tiber Persien und Armenien nach Westeuropa. Seit dem spaten 14. Jahrhundert ist ihre Anwesenheit in Ungarn in Mitteleuropa belegt. Die Sprache der Sinti zeigt an, dass es sich bei ihnen urn die alteste in deutsches Sprachgebiet zugewanderte Teilethnie der Roma handelt. Der alteste Beleg ftir die Ankunft der Sinti in Deutschland stammt aus dem frtihen 15. Jahrhundert. Die damalige Bezeichnung der ,Tataren" liiste eine Jahrhunderte lange Verfolgung und Diskriminierung aus. Die Angehiirigen dieser ,Minderheit" wurden sowohl aufgrund ihrer sozialen Situation, wie auch ihrer ethnischen Zuschreibung diskriminiert und entwertet. Dadurch entstand relativ frtih eine gewisse Form von gesellschaftlicher Ausgrenzung. Die im Nationalsozialismus ab 1933 ihren Hohepunkt fand.5

Es entwickelte sich in der Zeit von 1933-1945 ein V61kermord an Sinti und Roma. Die ,Zigeunerfeindlichkeit" ist auch unter dem Fachbegriff des Antiziganismus bekannt, emer Analogie zum Antisemitismus. Mit den Nurnberger Gesetzen vom 15. September 1935 wurden die Sinti und Roma endgtiltig gesellschaftlich ausgegrenzt und der Verfolgungsstrategie Hitlers preisgegeben. An Solidaritat war kaum zu denken. Im zweiten Weltkrieg eskalierte der Volkermord an Sinti und Romas. Viele starben in Sammellagern an Hunger oder Krankheit oder wurden in Konzentrationslagern ermordet. Neben der Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus wurden in einigen Lagern Sterilisationen durchgeftihrt, urn die Gruppe der Sinti und Roma endgtiltig auszuloschen.6

Nach 1945 ging die Diskriminierung und Stigmatisierung von Sinti und Roma weiter. An ein Ende war nicht zu denken. Die Integration fand nur miillig statt, wei!die Lebensbedingungen der unter der NS-Zeit, gelittenen Sinti und Roma katastrophal waren. In Niedersachsen wurde 1955 das ,Merkblatt zu Bekampfung des Zigeunerwesens" eigeftihrt. Nur maBig gelang es den Sinti und Roma an Anerkennung zu gewinnen.7 Erst Ende der 1970er Jahre und vor allem ab den 1980er Jahren konnten die Situation ftir Sinti und Roma verbessert werden. Es begannen sich Verbande, Organisationen und Vereine, mit politisch Verfolgten zu solidarisieren.

Ein wichtiger Baustein war dabei die Griindung des Zentralrats der Sinti und Roma im Februar 1982 und ein Empfang einer Delegation beim damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der den Volkermord der Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus anerkannte und von seinen Nachfolgern im Amt stets bestatigt wurde. Btirgerrechtsarbeit war ein wichtiger Baustein in den letzten 30 Jahren, urn die Vergangenheit aufzuarbeiten und urn sich mit dieser ethnischen Minderheit solidarisieren zu konnen. Seit 1995 setzte der Zentralrat durch, die Sinti und Roma als ,nationale Minderheit" anzuerkennen und zu schtitzen.

2.2 Die Situation der Sinti und Roma in Deutschland und Europa

Sinti und Roma kampfen auch heute noch urn Anerkennung und Gleichbehandlung, s1e werden dabei von zahlreichen Verbanden und Organisationen untersttitzt. Mit Ende des Btirgerkriegs in Jugoslawien und dem Kosovo Konflikt in den 1990er Jahren trat in Deutschland eine neue Situation ein. Etwa 50.000 Roma kamen als Fltichtlinge nach Deutschland, darunter 20.000 Kinder. Heute Ieben etwa 120.000 Sinti und Roma in Deutschland, davon besitzen 50.000 keine deutsche Staatsbtirgerschaft. Ein GroBteil der Fltichtlinge ist bis heute nur geduldet und standig von Abschiebung bedroht. Ftir Kinder ist ein Schulbesuch in manchen Bundeslandern nicht moglich. Viele Fltichtlingskinder wachsen in Deutschland auf ohne, je eine Schule besucht zu haben. Dies ftihrt nattirlich auch zu Ausgrenzung aus der Gesellschaft. 8

Ftir Erwachsene ist die Situation noch komplizierter, sie dtirfen keine Arbeit aufnehmen und Sprach- und Integrationskurse besuchen. Auch die Unterktinfte sind teils provisorisch.

In zahlreichen Beratungsstellen, Verbanden und Organisationen zeigt sich Solidaritat mit Sinti und Roma, da sie die soziale Lage verbessern, rechtliche Anspriiche durchzusetzen, und den Abbau von Diskriminierung und Vorbehalten erwirken wollen. Die Arbeit sieht sich in der Mittlerfunktion zwischen Betroffenen und Behorden. Schwerpunkte der Arbeit liegen unter anderem auch in der Beratung von Antragsstellen und die Durchsetzungen von Antragen im Asylverfahren. 9

In der Europaischen Union zeigt sich die Solidaritat mit Fltichtlingen vor allem in der besonderen Verantwortung ftir Sinti und Roma in den Europaischen Mitgliedsstaaten. Die Verantwortung der Mitgliedsstaaten wird vor allem mit der Charta der Grundrechte verkntipft. Ziel der EU ist es die Lebensbedingungen der Sinti und Roma zu verbessern und eine Anerkennung ihrer ethnischen Minderheit zu erreichen. Eine Schwierigkeit bildet jedoch die Einigung tiber eine gemeinsame politische Strategie ftir die Integration der Roma. Da eine Einigung kaum vorstellbar ist beschrankt die Europaische Union ihre Arbeit auf vielfiiltige Bemtihungen urn die Situation der Sinti und Roma zu verbessern.

Diese Untersttitzungen, die das Ziel haben die Partizipationsmoglichkeiten der Roma zu f6rdern, werden vor allem durch den Europaischen Sozialfond, der sich urn die Verbesserung der Lebensstandards ktimmert, dem Europaischen Fond ftir regionale Entwicklung, welcher sich urn den wirtschaftlichen Wandel bemtiht und dem PROGRESS-Programm, eine Informationskampagne fiir ,Vielfalt gegen Diskriminierung.", finanziert. Im September 2008 fand der erste EU-Roma Gipfel statt, auf welchem die Zehn gemeinsamen Grundsatze ftir die Eingliederung der Roma veroffentlicht wurde. Die Grundsatze besitzen keine politische und rechtsverbindliche Bedeutung, aber sie dienen als Grundlage ftir Initiativen, die sich urn die Solidaritat mit Sinti und Roma bemtihen.10

Aber wie weit reicht die Solidaritat der EU-Mitgliedsstaaten und wo liegen die Grenzen der Internationalen Solidaritat? Dies lasst sich sehr gut mit dem Erklarungen und Definitionen nach Ulrich PreuB darstellen. Ulrich PreuB ist ein deutscher Politikwissenschaftler, der sich unter anderem mit der Unterteilung zwischen Supranationaler, internationaler und transnationaler Solidaritat befasste. Sein Konzept, welches die Solidaritat jenseits des Nationalstaates erlautert, lasst sich sehr gut auf die Europaische Union und der Fltichtlingsproblematik anwenden. Solidaritat im Nationalstaat ist durch eine gemeinsame Identitat mit der Bevolkerung, sowie einer Organisationsfunktion gekennzeichnet. Solidaritat ist nach PreuB immer mit einer gewissen ,Organisiertheit" verbunden, da sie im Nationalstaat besonders ausgepragt ist. Das Konzept der Internationalen Solidaritat wird in der Wissenschaft selten angewandt und gemieden. 11

[...]


1 VgL: Nds, Beratungsstelle ftir Sinti und Rom a: Geschichte der Sinti und Roma nach 1945, <http://www,sinti­ niedersachsen,de/nach_1945,html>, am 17,08,2014,

2 VgL: Dallinger, Gemot: Artikel 16a, Das Asylrecht, in Bundeszentrale ftir politische Bildung(Hgg,): Das Grundgesetz ftir die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2011, Seite 20,

3 VgL: tagesschau,de, <http://www,tagesschau,de/inland/asylrecht-100,html>, abgerufen am 14,07,2014,

4 VgL: Meyer, Gabi: Die Geschichte der Sinti und Roma bis 1933, Gabi Meyer(Hgg.): Offizielles Erinnern und die Situation der Sinti und Romain Deutschland. Konstauz 2012, Seite 25.

5 Vgl.: Reiter, Raimond: Zur sozialen Lage der Sinti und Rom a in Deutschland, in Tectum Verlag (Hgg.): Sinti und Roma im ,Dritten Reich" und die Geschichte der Sinti in Brauschweig. Marburg 2002, Seite 19-39

6 Vgl.: Meyer, Gabi: Der nationalsozialistische Volkermord au den Sinti und Roma, Gabi Meyer (Hgg.): Offizielles Erinnem und die Situation der Sinti und Romain Deutschland. Konstanz 2012, Seite 47-50.

7 Vgl.: Meyer, Gabi: Die Geschichte der Sinti und Roma von 1945-1949- die Nachkriegsjahre, Gabi Meyer (Hgg.): Offizielles Erinnem und die Situation der Sinti und Romain Deutschlaud. Konstanz 2012, Seite 57.

8 Vgl.: Plauet Wissen.de: Sinti und Rom a in Deutschland, < http://www.planet­ wissen.de/politik_geschichte/voelker/sinti_und_roma/index.jsp>, Abgerufen am 11.06.2014.

9 Vgl.: Niedersachsische Beratungsstelle ftir Sinti und Roma e.V: Aufgaben, <http://www.sinti­ niedersachsen.de/aufgaben.html>, Abgerufen am 17.08.2014.

10 Vgl.: Eine Initiative der Europäischen Union: 10 Gemeinsame Grundprinzipien für die Einbeziehung der Roma, Eine Initiative der Europäischen Union, Für Vielfalt Gegen Diskriminierung (Hgg.): EU-Maßnahmen für die Roma.

11 Vgl.: Preuß, Ulrich K. (1998): Nationale, supranationale und internationale Solidarität. In: Kurt Bayertz (Hg.): Solidarität. Begriff und Problem. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 399–401.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Asylrecht. Solidarität für Sinti und Roma?
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Politikwissenschaft und Japanologie)
Veranstaltung
Seminar Solidarität
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
20
Katalognummer
V477213
ISBN (eBook)
9783668962163
ISBN (Buch)
9783668962170
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Solidarität, Sinti, Roma, Politikwissenschaft
Arbeit zitieren
Michael Schubert (Autor:in), 2014, Das Asylrecht. Solidarität für Sinti und Roma?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/477213

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